Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Fanzine Classics: Fast noch ein Fanboy... - Members: Chris Schwarz

Fanzine ClassicsFast noch ein Fanboy...
Members: Chris Schwarz

Am 25. September 1985 kam der letzte Hexenhammer in einem knalligen Pink/Altrosa auf den deutschen Fandom Markt. Für mich die bis dahin sauberste und ausgewogenste Nummer aus unserer Schmiede. Wir hatten ein durchgehend einheitliches Seitenlayout, spendiert von Ingo Preisner, und dazu seine tollen Überschriften mit den noch tolleren Zeichnungen drumrum. Unsere „Clubzeitschrift“ konnte sich also sehen lassen.


Dirk Thronberens (heute)Oder zumindest mit den anderen Machwerken des sogenannten Horror-Fandoms mithalten. Irgendwie hatte ich es damals verpeilt, mir ein Exemplar auf Halde zu legen und war umso erfreuter, das rosane Ding in Frank Rehfelds Fanzinekiste wieder zu finden. Dazu mehr im zweiten Artikel.

Thematisch lagen die damaligen Club-Magazine so ziemlich auf einer Linie (Sinclair,Zamorra Ballard), aber es gab auch Ausnahmen. Unsere Stärke war der nicht immer ganz ernst gemeinte Ton, die Experimentierfreudigkeit in Sachen Gestaltung und die Affinität zu längst eingestellten Serien wie dem Dämonenkiller. Zum Glück hatten wir, neben eifrigen Artikelschreibern auch eine ordentliche Truppe von Zeichnern in unseren Reihen, die mit ihren unterschiedlichen Stilen für Stimmung sorgten. Die Storys waren ebenso bunt gemischt und nicht immer ganz jugendfrei. Einige „Ehrenmitglieder“ wie W.K.Giesa, Erlik von Twerne oder Walter Appel waren auf Grund ihrer manigfaltigen Fanarbeit zugegeben manchmal etwas oft vertreten, aber wir freuten uns immens über ihre Mitarbeit und ihre ellenlangen Leserbriefe und Verbesserungsvorschläge. Sie lasen sogar die Amateur Storys um sie anschließend kurz zu besprechen. Was wollte man als Fan mehr?

Wer sich besonders am Magazin beteiligt hatte, dem widmeten wir auch schon mal eine ganze Nummer oder er bekam die Aufforderung, sich unter der Rubrik „MEMBERS“ selbst vorzustellen. Das war zwar nicht immer im Sinne des Aufgeforderten (manche genierten sich gar sehr), aber es kam immer etwas Brauchbares bei rum. Ein Mitstreiter und Opfer von Members war Christian Schwarz, ein Mitglied der allerersten Stunde. Ihn hatte ich auf einem ganz frühen Wohnzimmercon in Gelsenkirchen kennengelernt, auf dem ich auch Helmut Rellergerd zum ersten mal ins Autorenauge blickte. Jason war auch der einzige Promi, soviel ich weiß, der eingeladen war und kam sich bestimmt wie ein Alien zwischen den begeisterten Fans vor (oder umgekehrt). Der Clubleiter Roland Fuchert hatte an seinem Hobby zwar schnell die Lust verloren, aber er konnte danach behaupten: Jason Dark war in meiner Bude!  Noch näher dran an sein Idol ging eigentlich nicht (Wohnzimmer ca.15 m im Quadrat) und wird in dieser Form wohl nie mehr stattfinden. Bevor Helmut eintraf, vertrieben wir (Fred, Christian und ich) uns die Zeit mit einem zur Zielscheibe umfunktionierten Reibekuchen (Edding sei Dank) und einer Luftpistole vom Flohmarkt. Natürlich wurden die Reste anschließend vertilgt (samt Diabolos). Da wir in Essen auch das ein oder andere Treffen veranstalteten, war Christian des öfteren beim Fred als Wochenendgast zugegen. An eine  Autorenkariere dachte er, zumindest in dieser Zeit, noch nicht. Diverse Storys und Artikel im Hexenhammer ließen bei ihm aber schon einiges an Talent erkennen. Zumindest bescheinigten ihm so einige „Heftroman-Profis“, dass  er was drauf hatte und das er doch mal ein Manuskript zu einem Verlag schicken solle, was er dann ja auch gemacht hat.

Das ist jetzt alles aber schon über dreißig Jahre her und deshalb vielleicht auch nicht mehr so in Erinnerung.  Eine Gelegenheit also die alten Kamellen noch mal hervor zu kramen und ein klein wenig in Erinnerung zu schwelgen. Viel ist seit  dieser Zeit passiert und ehrlich gesagt habe ich Christian komplett aus den Augen verloren. Ich weiß nur, dass er für den Gespensterkrimi, Zamorra, Silber-Grusel-Krimi, John Sinclair und diversen Frauenroman-Serien tätig war und zum Teil noch ist. Über seinen derzeitigen Schreibstil kann ich nichts sagen, aber hier geht es ja auch um den Christian Schwarz von vor über 30 Jahren und wie man als junger Mensch/Autor damals so tickte. Ich hatte zumindest sehr viel Spaß beim Überarbeiten und die ein oder andere Schrulle kam dabei auch wieder hoch. So Chriss, jetzt bist du aber an der Reihe

Christian SchwarzChristian Schwarz
Hallo Leute!Ich liege hier auf der Streckbank der Hexenhammer-Redaktion und bin bereits fünf Zentimeter größer geworden. Und weil es in meinen Knochen ächzt und in den Gelenken knirscht, tue ich also den Folterknechten den Gefallen und erzähle ein bisschen etwas über mich, was mir nur zuerst schwer gefallen ist, denn die Streckbank lockert die Zunge enorm (wenn sie auch den Rest des Körpers eher anspannt). Also, ich wurde anno 1960 geboren. Am Rande der schwäbischen Alb, woraus ihr folgern könnt, dass ich Schwabe bin. Und nicht nur das. Ich bin sogar leidenschaftlicher Schwabe, habe aber gegen andere deutsche Nationalitäten überhaupt nichts. Und seit es Otto gibt, sind mir sogar die Ostfriesen an`s Herz gewachsen.

Tja. Und weil es Otto schon länger gibt als mich, mochte ich die Ostfriesen schon immer. Daraus ist bereits zu ersehen, dass ich logisch veranlagt bin. Deswegen habe ich mich in Mathematik auch so schwer getan und bereits nach dem Bruchrechnen abgeschaltet. Nun, es reichte trotzdem zu einer ordentlichen Mittleren Reife, wobei ich glaube, dass ich den Sinn dieses Bildungsweges nicht ganz kapiert habe. Ich bin nämlich heute nicht mal mittelmäßig reif. Das liegt daran, dass ich mich immer strickt geweigert habe, dem schönen Jugendalter zu entfleuchen und endlich erwachsen zu werden. Und ich weigere mich auch jetzt noch vollständig erwachsen zu werden und ich werde mich immer weigern. Doch glaube ich, dass diese Weigerung eines Tages nur noch pro forma besteht. Ich merke schon jetzt, wie der wunderbare Schutzschild der Jugend mehr und mehr abbröckelt und das Erwachsensein seine Spuren hinterlässt. Ganz so ausgelassen und albern wie früher bin ich nicht mehr. Aber es reicht immer noch aus, die Erwachsenen gelegentlich ziemlich zu verschrecken. Vor allem die, die mich noch nicht kennen.

Auch bin ich als Träumer verschrien – zu Recht, wie ich finde. Es gibt nichts Schöneres als auch am hellichten Tag vor sich hin zu träumen. Das heißt allerdings nicht, dass ich von der Realität keine Ahnung hätte, oh nein. Durch meine Träumerei lasse ich sie nur manchmal links liegen, ich verdränge sie nicht. Und weil ich im Märzen geboren bin, bin ich meines Sternzeichens Fisch. Wer wissen möchte, was ich noch alles bin, der lese eine Charakteristik der Fischegeborenen. Ich bin ein derart typischer Fisch, dass diese Charakterdarstellungen nur für mich geschrieben zu sein scheinen. Daher rührt wohl auch die Mitgliedschaft in verschiedenen Horror-Clubs. Den Fischen wird ja ein starker Hang zu Okkulten nachgesagt und der ist bei mir zweifellos vorhanden. Ja, ich bestand trotz schlimmer faulheitlicher Anwandlungen also die Mittlere Reife und fühlte mich befähigt, ein Gymnasium aufzusuchen, um auch noch das Abi zu bauen. An meiner Faulheit änderte sich nichts, wohl aber an der Schwere und Intensität des Unterrichtstoffes. Die logische Folgerung daraus ist, dass das Abi nicht so gut ausfiel wie die Mittlere Reife, aber seltsamerweise kann es sich durchaus sehen lassen. Seltsamerweise deshalb, weil mir meine Lehrkörper einheitlich das Nichtbestehen prophezeiten.

Dann aber widerlegte ein mittleres Wunder diese düsteren Propheten. Das mittlere Wunder meines Geistes. Kicher. Noch heute pflegen diese Lehrkörper zu sagen, wenn sie meiner Gedenken: „Der Lehrer, das unbekannte Wesen. Der Schüler, das bekannte Unwesen“. Nun ja, ich hatte aber nicht nur schlechte Seiten. Meine Aufsätze forderten immer geradezu Lobeshymnen heraus und selten war ich mal unter 2-. Man lobte mich also. Doch die Mathematik sorgte dafür, dass ich auf dem Boden der Tatsachen blieb. Sie zeigte mir immer wieder meine Grenzen und vor allem ihre Zähne. Die waren schärfer als die falschen meines Mathematiklehrers. Und dann rückte die Zeit heran, in der ich Vaterlandsverteidiger wurde. Man steckte mich zu den Panzern. 15 Monate agierte ich unter dem Motto „Breit fahren – schmal denken“ als Hinrichtschütze für verschiedene in Panzergestalt geformte Pappdeckel, die ich mit meinen „Oschis“ durchlöcherte. In dieser glorreichen Zeit begann ich wieder Heftromane zu lesen. Schon früher hatte ich mit wahrer Begeisterung Western und Larry Brents gelesen, damals noch im Silber-Krimi. Und im San-Bereich, wo ich mich des öfteren aufhielt, einmal sogar eine ganze Woche, fielen mir Gespenster-Krimis in die Hände. Der allererste den ich damals las (das war während eben diesen einwöchigen Aufenthaltes, während die anderen Kameraden im sturmflutartigen Regen einen imaginären Feind bekämpften) war ein Tony Ballard. Und zwar „Die teuflischen Zwerge“. Ja doch, ich glaube, so hieß er. Von da ab war ich Gruselfan. Ich kaufte mir immer mehr Romane. John Sinclair folgte.Die allererste Nummer hiervon war die Nummer 70.

Gleichzeitig erstand ich einen Sammelband mit den Nummern 23, 25, 21. Genauso geordnet. Und ich beschloss, Sinclair und Ballard zu sammeln. Auch die Gespenster-Krimis sammelte ich eine Zeitlang. Und dann trat ich bald in den ersten Horror-Club ein. Dort sammelte ich meine ersten Erfahrungen im Fandom. Ich hielt damals die Autoren für Götter, zumindest für Übermenschen. Dann traf ich Jason Dark und Bruce Coffin und merkte, dass ich ganz normale nette Menschen vor mir hatte. Ich las die Romane nun noch lieber, kaufte mir die gesamte Sinclair-Sammlung eines Fans von 1-70 (die Sammlung, nicht der Fan). Weil ich ein halbes Jahr hart gearbeitet hatte – die BW hatte mich wieder entlassen -  konnte ich das finanzieren. Damals gab es noch keine Wucherpreise, aber sie waren schon ganz schön gesalzen. Und weil ich so gute Erinnerungen an meine schulische Laufbahn hatte, beschloss ich, diese in Form eines Studiums fortzusetzen. Ich erhielt auf meine Bewerbungen hin auch sofort vier Angebote und entschied mich für Mainz. Dort kümmere ich mich nun um Publizistik, Orientalistik und Ägyptologie.

Die Romanhefte lagen mir aber während der ganzen Zeit immer näher als der trockene  Lernstoff, von Ägyptologie abgesehen. Denn die hat mich schon immer interessiert. So blieb es nicht aus, dass ich meiner guten Aufsätze erinnerte und selbst zu tippen begann. Den Anstoß aber gab ein Mädchen, dem ich unbedingt imponieren wollte, weil sie so gar nichts von mir wissen wollte. Wäre sie nicht gewesen, ich würde heute wohl immer noch mit dem Gedanken spielen, einmal das Schreiben anzufangen. Schließlich war ich ja im Aufsatz immer gut... Nun ja. Es entstanden erste Machwerke, die, im Nachhinein betrachtet, recht übel sind. Damals wollte ich das jedoch nicht einsehen, als sie mir alle wieder zurück geschickt wurden. Das ging sogar soweit, mir vollste Tatenlosigkeit zu bescheinigen. Ich war zutiefst gekränkt – schließlich hatte ich ein Mädchen zu erobern – und zugleich zutiefst von mir überzeugt. Und so blieb ich dran. Von Zauberkreis kamen erste Lektoratsgutachten und endlich wusste ich nun wenigstens, was ich falsch und was ich richtig machte. Nun war es nicht mehr weit bis zu Verkauf des ersten Romans „Ein Gehenkter kehrt zurück“. Tja, betreffendes Mädchen blieb mir trotzdem  versagt.. Aber in der Zwischenzeit habe ich bereits elf Romane verkauft. Alles hat seine guten und schlechten Seiten. Ansonsten bin ich riesiger Fussball-Fan (in der Bundesligasaison komme ich in ganz Deutschland herum, war letztens erst beim Pokalendspiel in Berlin). Aktiv mache ich Leichtathletik und Bodybuilding, weil ich finde, dass Einheit von Geist und Körper wichtig ist. Und weil ich zur Zeit solo bin, habe ich viel Zeit zum Schreiben und Reisen. In diesem Sinne ein schwäbischer Pfiagottle.

Einen weiteren bzw. der erste Teil von „Members“ wurde übrigens im Rahmen der „Fanzine Classics“ hier schon mal gebracht. Da ging es um die Zeichner des Clubs, insbesondere um Jürgen Höreth und Ingo Preisner, die ebenfalls ein wenig aus ihrem Leben klönten.

Im  nächsten Teil von MEMBERS kommt dann Frank Rehfeld/Thys an die Reihe. Auch er war zu dieser Zeit... fast noch ein Fanboy.

Kommentare  

#1 Myxin der Magier 2016-12-14 08:45
Sehr sympathisch zu lesen.
Aber wer zum Teufel ist Frank Rehfeld?
#2 Ringo Hienstorfer 2016-12-14 12:03
Frank Rehfeld hat mal für die Dorian Hunter-Reihe des Zaubermonds geschrieben.
#3 Toni 2016-12-14 15:06
Das stimmt Estrangain, aber ich glaube eher, dass Myxin d.M. auf den "Running Gag" von Schönenbröcher anspielt. Auf der Dämonen-Land Leserseite konnte man darüber schon mal schmunzeln. Angeblich hat ihm Rehfi bei einem spontanen Besuch im Verlag was auf die Mappe gehauen. War aber nur eine Schote zwischen den Beiden... Obwohl mich Rehfi mal brutal von einer Mauer gestoßen hat. Das war bei seinem fünfundzwanzigsten "Kindergeburtstag", wo wir mit Besenstielen aufeinander losgegangen sind :-)
#4 Ringo Hienstorfer 2016-12-14 15:44
Hehe, immer diese Insider-Gags ;)
#5 Myxin der Magier 2016-12-14 19:26
Sorry, aber diesen Klassiker konnte ich mir einfach nicht verkneifen. ;-)
#6 Cartwing 2016-12-15 06:19
Frank Rehfeld? Hat der nicht den VHR "Das unheimliche Glasauge" geschrieben? :-)
#7 Toni 2016-12-15 15:09
Ja, das unheimliche Glasauge war wohl sein Erster, aber der kam bei den SGK raus.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.