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Laterna Magica - Angst und Schrecken durch die Projektionskunst

Foto

Laterna Magica –
Angst und Schrecken durch die Projektionskunst

DVDs sind eine tolle Erfindung. Man kann Filme wieder und wieder sehen, bei Bedarf anhalten oder wieder ein paar Bilder zurückgehen, wenn man etwas verpasst oder nicht genau verstanden hat. Dann kommt es schon mal vor, dass man beim dritten oder vierten Schauen Details bemerkt, die einem zuvor gar nicht aufgefallen sind. So ist es mir neulich mit Stephen Sommers' Van Helsing gegangen.


Ich habe den Film mittlerweile bestimmt schon vier oder fünf mal gesehen, doch vor kurzem erst ist mir ein sehr interessantes Detail aufgefallen, das ich bis dato schlichtweg nicht wahrgenommen habe.

In einer Szene relativ früh im Film, als sich Gabriel Van Helsing in Rom im Hauptquartier des Ordens befindet, für den er Vampire, Werwölfe und ähnliches jagt, zeigen einige Ordensmitglieder Bilder von seinem neuen Auftrag, der die Vernichtung Graf Drakulas beinhaltet. Wirlich interessant an dieser Szene ist das zum Zeigen der Bilder eingesetzte Projektionsgerät, eine so genannte Laterna Magica oder Magic Lantern.

Zeichnung

Als Student der Medienwissenschaft finde ich es immer wieder toll, alte, heute fast vergessenen Medien im Gebrauch zu sehen, sei es live oder in (Historien-)Filmen. Doch meine Faszination für die Laterna Magica reicht noch etwas weiter, da ich ein Fan von phantastischer Fiktion in den verschiedensten Spielarten bin. Lange bevor die Menschheit auch nur an Kino und Fernsehen dachte, zeigten Künstler ihrem Publikum mit Hilfe der Projektionskunst Bilder aller Art und erschreckten die Zuschauer in unheimlichen Phantasmagorien.

Doch immer schön eins nach dem anderen. Da heutzutage nicht mehr allzu viel bekannt ist über Magic Lanterns, fange ich einfach mal ganz vorne an und versuche zu erklären, was eine Laterna Magica überhaupt ist.

 

Was ist die Laterna Magica?

Grob gesagt kann man die Laterna Magica als den Vorläufer der heutigen Diaprojektoren betrachten. Wer genau sie erfunden hat oder wann sie entwickelt wurde lässt sich nicht eindeutig feststellen. Unzählige Menschen und Erfindungen haben zu ihrer Entstehung und Verbesserung beigetragen. Zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert war sie besonders in Europa weit verbreitet, ihren Höhepunkt als anerkanntes Massenmedium hatte sie im 19. Jahrhundert, bevor sie vom Kino schließlich weitestgehend verdrängt wurde.

Ohne jetzt allzu sehr in technische Details zu gehen: Im Wesentlichen handelt es sich bei der Laterna Magica um einen Kasten mit einer Lichtquelle. Diese war zu Beginn eine einfache Kerze, im Laufe der Jahre setzte man aber weitere, modernere Lichtquellen ein. Zwischen Lichtquelle und Öffnung in der vorderen Wand des Kastens befinden sich die Laternenbilder, zumeist auf Glas gemalt, später aber auch Fotografien, deren Abbild dann über ein Linsensystem stark vergrößert auf eine Projektionsfläche, im Allgemeinen eine Leinwand, geworfen wird. Das Publikum, das sich in einem dunklen Zimmer vor der Leinwand (also getrennt von der Magic Lantern) befindet, kann diese Abbilder dann sehen und bewundern.

Das klingt zunächst noch recht einfach und wenig aufregend, doch mit der Zeit wurden die Lanterns um Mechanismen erweitert, mit denen Bilder bequem und schnell gewechselt und sogar bewegt  werden konnten. Auch das Zusammenspiel mehrerer übereinandergelegter Bilder, entweder über spezielle Mechanismen oder mit Hilfe mehrerer Laterna magica, war möglich. Da die Apparaturen auf Rollen befestigt waren, konnte man sie auf die Leinwand zu und wieder von ihr wegbewegen, wodurch es schien, als kommen die im Abbild gezeigten Gegenstände auf einen zu oder bewegen sich von einem weg. Begleitet wurden diese inspirierenden und faszinierenden Darbietungen von Musikern und Animateuren, den so genannten „Lecturers“, die den Besuch einer Vorführung für das Publikum zu einem echten Erlebnis gestalteten.

 

Die Schreckenslaterne: Phantasmagorien

Die Magic Lanterns wurden von den unterschiedlichsten Menschen zu den unterschiedlichsten Zwecken eingesetzt. Mit Hilfe von Bilderserien konnten belehrende oder belustigende Geschichten erzählt werden. Schausteller begeisterten das zahlende Publikum auf Messen und Jahrmärkten. Reisebilder zeigten exotische Orte und die dortige Flora und Fauna. Die Kirchen nutzten die Technik, um junge Menschen vor Gefahren, wie z.B. dem Alkohol, zu  warnen. In Bildungsinstitutionen kamen die Projektoren zur Veranschaulichung des erzählten Stoffes zum Einsatz. Usw., usw.

Was mich persönlich jedoch am meisten fasziniert hat, sind die Phantasmagorien. Die Darstellung unheimlicher und Furcht erregender Bilder, salopp ausgedrückt die Präsentation von Mystery- und Horrorvisionen, die dem Publikum einen (wohligen) Schauer über den Rücken laufen ließen, sind die wohl bekannteste und beliebteste Form des Einsatzes der Laterna Magica.

In einer Zeit, in der Fernsehen und Kino vollkommen unbekannt waren und Freunde dunkler Spannung im Wesentlichen Texte hatten, um ihrem Hobby zu frönen, stellten die Magic Lanterns eine angenehme und für den einen oder anderen durchaus recht gruselige Erweiterung der Medienlandschaft dar. Man bedenke die Anordnung einer Vorführung: Das Publikum in einem Raum, der so dunkel wie möglich ist. Der Projektor unsichtbar für die Zuschauer, entweder hinter einer Leinwand oder einer (Bretter-)Wand mit einem Loch, durch die man das Lichtbild auf künstlich erzeugte Rauchschwaden werfen konnte, was das ganze Erlebnis noch unheimlicher machte. Dazu noch ein bisschen unheimliche Musik, ein mit Grabesstimme vorgetragener Kommentar und etwas Aberglaube und Technikunkenntnis des Publikums, und schon hat man eine Situation geschaffen, die durchaus dazu angetan ist, dem unbedarften Gast einer Vorstellung den ein oder anderen Schrecken zu versetzen.

Die Bilder als solche hatten es natürlich in sich: An die Wand geworfene Darstellungen von Teufelsfratzen, auf Rauch projizierte und dadurch scheinbar im Raum schwebenden Geisterbilder, unheimliche Gestalten, die sich über die Wände des Raumes zu bewegen schienen, Abbildungen des Sensenmannes, der sich (dank eines auf Rollen befestigten Projektionsapparates) auf die Zuschauer zuzubewegen schien,... Angst und Schrecken, und das alles nur mit ein paar kleinen Glasplatten und Fotos, deren Abbild man mit Hilfe von Licht und Linsen auf eine Projektionsfläche geworfen hat.

 

Fazit

Es ist schon interessant zu sehen, in welch vielfältiger Art und Weise fantastische Fiktion Verbreitung findet und immer schon gefunden hat. In dieser Hinsicht war die Laterna Magica lange Zeit ein wichtiges Medium. Heute ist sie leider fast schon in Vergessenheit geraten, was äußerst schade ist.

Mit diesem kurzen Artikel möchte ich zweierlei bewirken: Zum einen hoffe ich, Aufmerksamkeit auf Medien abseits des Mainstreams lenken zu können, seien es historische Medien oder solche, die in der heutigen Welt ein Schattendasein fristen. Es gibt unglaublich viele faszinierende Wege, Fiktion zu erleben, die jenseits von Computer, Film und Büchern sind. Nutzen wir sie.

Zum anderen konnte meine hoffentlich meine Faszination für die Magic Lantern und insbesondere für die Phantasmagorien deutlich machen. Wer die Chance hat, einmal eine Vorstellung zu besuchen, der sollte sie unbedingt nutzen. Ein solches Event ist ein echtes Erlebnis, das heute leider viel zu selten angeboten wird.

In einem derart kurzen Artikel kann man natürlich nur einige wenige Aspekte einer eigentlich viel komplexeren Sache ansprechen, die um so viele interessante Facetten reicher ist, als ich es dargestellt habe. Daher für alle Interessierten hier noch ein paar nützliche Links:

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