Eschbach, Andreas: Ausgebrannt

Cover

Ausgebrannt
von Andreas Eschbach
Februar 2007
752 Seiten – 19,95 €
ISBN 978-3785722749
Lübbe

Andreas Eschbach hat offenbar ein Faible für Themen, die etwas abseits der ausgetretenen Thriller-Pfade liegen. Das hat er bereits mit „Eine Billion Dollar“ und „Der Nobelpreis“ bewiesen und tut es mit „Ausgebrannt“ erneut. So beziehen viele von Eschbachs Romanen ihre Spannung auch nicht aus actiongeladenen Szenen, in denen der tapfere Held versucht, dem mit einer Knarre fuchtelnden Bösewicht zu entkommen, sondern aus den (zum Teil auch inneren) Konflikten, denen sich seine Figuren stellen müssen.

Eine Inhaltsangabe muss aufgrund der komplexen Handlung entweder unvollständig oder sehr lang sein. Da ich Ihre Zeit nicht über Gebühr beanspruchen will, habe ich mich für die unvollständige Variante entschieden. Markus Westermann hat ehrgeizige Ziele: Er will es bis ganz nach oben schaffen. Er nimmt in den USA einen Job an, der ihm diesem Ziel näher bringen soll. Doch da er mit seinem Chef nicht klarkommt, scheitert er. Als er schon nahe dran ist, seinen Traum zu begraben, lernt er Karl Walter Block kennen, einen grantelnden Österreicher. Block behauptet, eine Methode entwickelt zu haben, mit der er Öl finden kann – und zwar auch dort, wo andere keines vermuten!
Markus sieht seine Chance gekommen und greift zu. Erste Probebohrungen verlaufen erfolgreich. Da die Weltwirtschaft auf eine Ölkrise zusteuert, scheint der Erfolg vorprogrammiert. Doch dann kommt alles ganz, ganz anders ...

Eschbach macht es seinem Leser anfangs nicht leicht, denn er erzählt seine Geschichte in verschiedenen Zeitebenen. Der Roman beginnt damit, dass Markus Westermann einen schweren Autounfall in den USA hat, später in einem Krankenhaus in Deutschland wieder erwacht – und feststellt, dass man ihn hier unter falschem Namen behandelt. In Rückblenden erfahren wir dann Westermanns Story: Sein neuer Job, sein persönlicher American Dream, seine Probleme mit dem Chef, die neue Bekanntschaft mit Block. Gleichzeitig treibt Eschbach aber auch die Gegenwartshandlung voran. Wir verfolgen also Westermanns Laufbahn in der Vergangenheit und wissen gleichzeitig, dass irgendetwas furchtbar schief gegangen sein muss.
Dies sind aber nicht die einzigen zwei Ebenen, denn in regelmäßigen Abständen werden Handlungsstränge eingeflochten von einem CIA-Agenten, einer saudischen Königsfamilie und einer deutschen Familie, die ein großes (und nur aufwendig heizbares) Haus kauft. Und selbst deren Geschichten werden zuweilen durch Rückblenden unterfüttert.
Mit anderen Worten: Eschbach öffnet zunächst einmal die große Tüte mit den einzelnen Puzzle-Teilen und kippt sie einem vor die Füße. Das mag den einen oder anderen Leser überfordern, doch wer die Geduld hat, dabei zuzusehen, wie sich die Puzzle-Teile nach und nach zu einem Bild vereinen, der wird dafür belohnt. Denn es lohnt sich wirklich, das Bild zu betrachten!

Zuweilen wird „Ausgebrannt“ vorgeworfen, Eschbach berichte darin über Theorien, die jeder Galileo-Seher schon seit langer Zeit kenne. Nun, das kann ich nicht beurteilen. Mir waren so manche Gedankenmodelle nicht bekannt (und ich bin auch nicht erst gestern aus dem Wald gelaufen!). Doch selbst wenn es so sein sollte, wo ist das Problem? Auf dem Cover steht eindeutig „Thriller“ und nicht „Sachbuch“. Selbst wenn die Theorien olle Kamellen wären, so verbindet Eschbach sie auf eine Art zu einer spannenden Story, die aller Ehren wert ist. Gut, es ist denkbar, dass der eine oder andere Geologe oder Erdöl-Förderer den Roman nicht so aufregend findet, aber ich zweifle auch an, dass die zur Zielgruppe von „Ausgebrannt“ gehören. Wer aber Wert auf intelligente Unterhaltung legt, auf eine Geschichte, bei der man auch selbst mal ins Grübeln geraten kann, der wird hier bestens bedient. (Womit ich natürlich nie und nimmer nicht andeuten wollen würde, dass Geologen und Erdöl-Förderer keinen Wert auf intelligente Unterhaltung legen. Ganz echt ehrlich!)

Es gibt nur einen kleineren Kritikpunkt, den ich Ihnen nicht verschweigen möchte: Während der ersten Hälfte des Buchs steuert die Handlung unaufhaltsam und voller Spannung auf den großen Knall zu. Und der wird auch erreicht. Allerdings schon auf etwa Seite 400! Erzählt der Roman im ersten Teil von Westermanns Auf- und Abstieg und vom Ringen um die Block-Methode, widmet er sich im zweiten Teil der Frage, wie sich die Welt verändern wird, wenn das Öl so knapp wird, dass es auch wertmäßig als „Schwarzes Gold“ bezeichnet werden kann. Eine interessante Frage, auf die Eschbach auch verschiedene Antworten anbietet. Er entwirft anhand der Schicksale seiner Romanfiguren unterschiedliche Szenarien, die durchaus faszinierend sind. Allerdings hatte ich ein paar Probleme mit diesem unvermittelten Wechsel von einem Teil zum andern, da ich glaubte, plötzlich eine ganz andere Geschichte in Händen zu halten, auch wenn sie zwischen dieselben Buchdeckel gepresst war. Zunächst war ich verwirrt, doch nach einer gewissen Zeit der Akklimatisierung habe ich auch diesen zweiten Teil des Romans sehr genossen.

Eine Warnung möchte ich Ihnen aber noch mit auf den Weg geben: Wenn Sie das Buch gelesen haben, ist es durchaus denkbar, dass Sie nie mehr so gedankenlos Ihr Auto volltanken werden wie bisher.

 

 

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