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Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar - 12. Der zweite Marsch auf Rom

Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar12. Der zweite Marsch auf Rom

Mit den Resten von Fimbrias Heer war Sullas Streitmacht stärker als zu Beginn des Feldzugs. Und während die treu gebliebenen Gebiete privilegiert wurden, preßte er die einstmals an Mithridates abgefallenen Regionen im Winter 85/ 84 v. Chr. gnadenlos aus, um finanziell gleichfalls für sein nächstes Vorhaben gerüstet zu sein.

Indessen hatte auch Cinna wieder eine Armee aufgestellt, die in Illyrien bereits erste Erfahrungen gesammelt hatte.


Lucius Cornelius Sulla Doch als er sich im Frühjahr 84 in Brundisium (Brindisi) einschiffen wollte, tauchten bereits Sullas Schiffe in der Adria auf. Er wich nach Ancona aus, doch kaum war das erste Vorauskommando nach Dalmatien übergesetzt, brach ein Sturm los, und die nächste Welle Legionäre weigerte sich, an Bord zu gehen. Der erboste Konsul berief eine Heeresversammlung ein, bei der es jedoch zu einem Handgemenge kam. Als er sich anschickte, die Unruhestifter hart zu bestrafen, richtete sich die Wut gegen ihn, und er wurde erstochen.

Zurück blieb sein derzeitiger Mitkonsul, Papirius Carbo, und er beorderte die Vorhut aus Dalmatien zurück. Hielt sich von Rom fern, bis ihm die Volkstribunen mit Absetzung drohten, wenn er nicht zurückkehrte, um die Konsulatswahlen für das Folgejahr auszurichten. Alles wartete auf den unausweichlichen Konflikt…

Doch Sulla kam nicht. Den Sommer des Jahres 84 verbrachte er in Griechenland, um sich von einem Taubheitsgefühl und schweren Beinen (nach Christ „von einem starken Gichtleiden“) heilen zu lassen. Ansonsten ließ er sich die Sonne auf den Bauch scheinen, kassierte Ehrungen ein, konfiszierte philosophische Schriften und Kunstwerke, ließ sich in die Mysterien von Eleusis einweihen und erfreute sich an Orgien.

Dafür brachen woanders Konflikte los. In Afrika erhob sich Quintus Caecilius Metellus Pius, und in Spanien der junge Marcus Crassus gegen Cinnas politische Erben. Carbo aber konnte nicht weg; Italien zu verlassen, wäre einer Einladung Sullas gleichgekommen.

Der aber kam auch ohne Aufforderung. In Makedonien, Thessalien und der Peloponnes hob er noch neue Truppen aus, und als er sich im Frühling 83 v. Chr. nahe Dyrrhachium bereit machte, nach Italien überzusetzen, schickte er dem Senat eine Botschaft, daß er gedachte, sich für das zu rächen, was seinen Freunden und Gesinnungsgenossen angetan worden war. Carbo war da nicht mehr im Amt, und so oblag es dessen Nachfolgern, den Heimkehrer zu stellen.

Abermals war das Glück auf der Seite des Corneliers: Brundisium ergab sich kampflos, und auch durch Kalabrien und Apulien marschierte er ohne größere Auseinandersetzungen. Zu seiner Unterstützung landeten Marcus Licinius Crassus und Proconsul Quintus Caecilius Metellus Pius in Süditalien. Weitere prominente Parteigänger waren Gaius Verres und Lucius Sergius Catilina, die später noch als Erpresser bzw. Verschwörer von sich reden machen sollten, aber auch ehemalige politische Gegner, wie beispielsweise der Ritter Quintus Lucretius Ofella. Dazu kam es in Picenum zu einem Aufstand, als ein Schnösel von 22 Lenzen die Veteranen, die unter seinem Vater gedient hatten, dafür begeisterte, mit Sulla zu ziehen. Es war Gnaeus Pompeius, der Sohn von Gnaeus Pompeius Strabo, der im Vorjahr noch zu Cinna gestanden hatte. Alles in Allem brachte er drei private Legionen mit. Und das war gewiß ein Grund für den Cornelier, Pompeius gern zu haben!

Carbo und die Konsuln formierten ihre Truppen in Kampanien, mit der Unterstützung des gleichnamigen Sohns von Gaius Marius. Die unerwartete Gefahr aus Picenum zwang sie dazu, ein Heer dorthin zu schicken – Es wurde geschlagen, noch ehe Sulla dem bedrängten Pompeius zur Hilfe kommen konnte. Die Truppen des ersten Konsuls wurden vor Capua von den Einheiten des Corneliers geschlagen, die des zweiten (ironischerweise wieder ein Scipio) liefen einfach über.

Die Erntesaison und ein harter Winter sorgten für eine Verzögerung; Sulla nutzte die Gelegenheit, mit zahlreichen italischen Stämmen Abkommen zu schließen, die ihnen ihre seit dem Bundesgenossenkrieg erworbenen Bürgerrechte garantierten. Die Konsuln des Jahres 82 dann waren Gaius Marius jun. und wieder Papirius Carbo. Ersterer sah sich gezwungen, Ort um Ort aufzugeben, bis er in der Bergkette des Lepinus bei Sacriportus verschanzt, endlich einen strategischen Vorteil hatte. Als ein Sturzregen Sullas Soldaten dazu zwang, ein Lager aufzuschlagen, wagte er einen Überraschungsangriff. Erneut war das Glück mit dem Cornelier, und Marius jun. konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen, indem er mit einem Seil über die Stadtmauer von Praeneste flüchtete (So will es zumindest die Propaganda; eine ähnliche Geschichte ist bereits über Archelaos nach der Schlacht von Chaironeia erzählt worden). Daß wieder ganze Truppenteile überliefen, mochte auch eine Folge von Bestechung gewesen sein (Fündling kommentiert dies mit: „Es war wirklich ein geschäftiger Winter gewesen.“).

Carbo, dem es gelungen war, Metellus Pius bei Ariminum (Rimini) einzuschließen, mußte unverrichteter Dinge aufbrechen, seinem Mitkonsul zur Hilfe zu eilen. Zumal der Cornelier nach der Umzingelung von Praeneste freie Bahn in Richtung Hauptstadt hatte. Auch bei Carbo sollen fünf Kohorten mal einfach zum Feind übergelaufen sein.

Marius jun. indes schickte seinen Mann fürs Grobe vor, den praetor urbanus Marcus Iunius Brutus Damasippus, um im Senat mit Leuten aufzuräumen, die er für Verräter hielt. Das betraf vor allem die moderaten Kräfte; selbst Carbos leiblicher Bruder war unter den Dahingemeuchelten. Auch die Tempelschätze wurden noch schnell geplündert und nach Praeneste verbracht..

Dann stand Sulla auch schon vor den Toren Roms. Anders als sechs Jahre zuvor, marschierte er aber nicht in den Ort ein – Dann nämlich wäre sein militärischer Oberbefehl formell erloschen (Ein Prokonsul hatte innerhalb der Stadtgrenze kein Kommando). Also gab er lediglich den Befehl aus, die Tore zu besetzen, wenn dies kampflos möglich sei. Außerhalb der Stadtgrenze jedoch (auf dem Marsfeld) ließ er den Besitz der Cinnaner versteigern, und instruierte Parteigänger, seine Interessen zu vertreten. Ansonsten beschloß er, die Hauptstadt auszuhungern, damit sie sich ihm freiwillig ergebe, und weiterzuziehen. In Neapolis (Neapel), das noch tapfer Widerstand leistete, richtete er ein Blutbad an. Carbo dagegen holte sich gegen Metellus Pius eine blutige Nase, und als noch all seine hohen Offiziere bei einem Gastmahl abgeschlachtet wurden, gab einer der Konsuln vom Vorjahr den Kampf auf. Was übrig war, wurde noch einmal bei Placentia (Piacenza) geschlagen, und schließlich von Pompeius nahezu aufgerieben.

Aber den verbliebenen Cinnanern kam jemand zur Hilfe, mit dem wohl keiner mehr gerechnet hatte: Irgendwie hatte niemand den Samniten und Lukaniern gesagt, daß der Bundesgenossenkrieg schon seit ein paar Jahren vorüber war. Zusammen mit dem, was noch zu den Cinnanern hielt, marschierten sie direkt nach Rom. Dem überrumpelten Sulla gelang es erst vor den Mauern der Stadt selbst (am Collinischen Tor), sie zu stellen. Doch seine Soldaten waren vom Eilmarsch ermüdetet, und eher er sich versah, mußte er mitsamt seinem linken Flügel Reißaus nehmen. Der rechte Flügel unter seinem Mitstreiter Crassus jedoch entschied die Schlacht, zusammen mit Lucretius Ofella, der die Belagerung von Praeneste aufrecht erhielt.

Am 2. November 82 v. Chr. stand Rom den Siegern offen. Noch leisteten einige Städte, aber auch die Provinzen Sizilien, Nordafrika und Hispania citerior (Letztere unter dem marianischen Propraetor Quintus Sertorius) Widerstand, doch der Krieg selbst war entschieden. Und der Sieger Sulla war gar nicht erbaut von dem, was sich in der Zeit seiner Abwesenheit alles in der Metropole ereignet hatte. Damit begann die Phase seines Lebens, die der Nachwelt am deutlichsten im Gedächtnis bleiben sollte.

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