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Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar - 15. Lebensabend!

Lucius Cornelius Sulla – Der Cäsar vor Cäsar15. Lebensabend!

Wenn auch immer wieder die übersteigerte Selbstgerechtigkeit zu Tage tritt, so muß man Sulla doch zugute halten, daß für ihn nicht das eigene Wohl im Vordergrund stand, sondern das der Republik. Tatsächlich trat er, als er sein Werk für getan hielt, im Jahre 79 v. Chr. von seinem Amt zurück , entließ seine Leibwache und legte die Rutenbündel als Amtsinsignien ab. Im Anschluß hielt er sich noch in Begleitung einiger Freunde auf dem Forum zur Verfügung für den Fall, daß jemand gedachte, gegen ihn Anklage zu erheben.


Lucius Cornelius Sulla Dies war auch in der Frühzeit der Republik üblich gewesen, wenn ein dictator seinen Posten niedergelegt hatte. Aber selbst jetzt fürchtete man ihn noch so sehr, daß der Platz menschenleer war. Niemand kam, ihn anzuprangern, aber genauso wenig erschienen Leute, die ihm ihren Dank aussprechen wollten. Erst, als er nach Hause ging, soll ihn ein zeternder Jugendlicher bis vor die Haustür verfolgt haben, so daß er schließlich argwöhnte, wegen dieser vereinzelten Schimpftirade würde niemand nach ihm mehr freiwillig auf die Macht verzichten.

Freilich hatte auch er noch vor seinem Abschied dafür Sorge getragen, daß zwei seiner Anhänger das Konsulat dieses Jahres innehatten. Auch verfügte er immer noch über eine Privatarmee und „Zehntausende(n) ergebener Parteigänger“ (Zitat Fündling), nämlich seine Veteranen (nach Christ an die hunderttausend) und die zehntausend Freigelassenen, die Cornelii. Unter diesen potentiellen Gefolgsleuten waren auch Kandidaten für die Konsulstellen der nächsten Jahre.

Trotzdem wuchs in Rom die Verachtung auf ihn. Dies mag einer der Gründe dafür gewesen sein, warum er die Hauptstadt zunehmend mied, und den Lebensabend lieber auf seinem Landgut bei Puteoli genoß. Viel Gelegenheit dazu hatte er nicht mehr… Dabei war er neben den üblichen Ausschweifungen und Orgien vor allem mit dem Schreiben seiner Autobiographie beschäftigt. Ganze 22 Bücher soll sie am Ende umfaßt haben. Lucius Cornelius Epicadus – einer der Ex- Sklaven, die ihre Freiheit ihm verdankten – sollte sie später in eine publikationsreife Form bringen.

Doch so ganz hielt sich der einstige Diktator dann doch nicht aus der Tagespolitik raus. Beispielsweise kümmerte er sich um die öffentlichen Belange der Stadt Puteoli, und schrieb ihr sogar eine Verfassung, um einen Ausgleich zwischen Alteingesessenen und neu angesiedelten Veteranen herzustellen. Auch kümmerte er sich um verschiedene architektonische Projekte, darunter den Wiederaufbau des abgebrannten Iuppiter- Capitolinus- Tempels. Und als für das Jahr 78 der Popular Marcus Aemilius Lepidus drohte, die erneute Wahl zweier Optimaten (und Sullaner) ins Amt des Konsuls zu verhindern, mischte er sich doch noch mal in den Wahlkampf ein. Seinen Kandidaten Quintus Lutatius Catulus jun. bekam er dann auch durch, doch den Sieg des Lepidus konnte er nicht verhindern (Hier soll auch Pompeius seine Finger im Spiel gehabt haben). Und Lepidus hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Gesetze des Corneliers zu revidieren.

Doch zu größeren Konflikten zwischen dem neuen und dem einstigen Herrscher sollte es nicht mehr kommen. Sullas Memoiren endeten angeblich mit einem Traum, in dem der Ruheständler von seinem toten Sohn gerufen worden sei, bei ihm und dessen gleichfalls verstorbener Mutter (Caecilia Metella) zu weilen.

In einem hastig diktierten Testament wünschte er sich eine Erdbestattung nach patrizischer Tradition, bestimmte Lucullus zum Vormund seines Sohnes Faustus, und gab die Weisung, dem Volk zu seiner Beisetzung Gladiatorenspiele, ein Festmahl und freies Benutzen der Bäder zu schenken. Faustus sollte erst im Jahre 60 v. Chr. dazu kommen, das letztgenannte Versprechen einzulösen.

An seinem vorletzten Tag soll Sulla zu Ohren gekommen sein, daß der Bürgermeister von Puteoli, Granius mit Namen, die Rückzahlung einer Schuld an die Staatskasse verschleppte, weil er hoffte, daß sie mit dem Tod des Corneliers vergessen sein würde. Noch einmal wurde der einstige Diktator von der Wut gepackt, die man in Rom fürchten gelernt hatte. Er befahl Granius zu sich, machte ihm Vorhaltungen und ließ ihn von seinen Dienern erdrosseln – Noch ehe der Schuldner sein Leben ausgehaucht hatte, fing Sulla an, Blut zu spucken. Schon vorher soll er an der Phtheiriasis gelitten haben, einer mysteriösen Tyrannenkrankheit, die unter anderem dafür gesorgt haben soll, daß sein Leichnam rasch ein Opfer der Würmer wurde. Und ein Leichnam war er am Morgen nach dem Blutsturz.

Noch während seiner Beerdigung im Jahre 78 v. Chr. fiel sein Schatten furchteinflößend über die Hauptstadt der Republik. Konsul Marcus Aemilius Lepidus hatte dem Toten alle Ehren verweigern wollen, die einem Senator und Patrizier zustanden, aber sein Kollege Quintus Lutatius Catulus jun. hatte sich durchgesetzt, mit der Unterstützung von Gnaeus Pompeius. Letzterer leitete auch den in der Tat „pompösen“ Leichenzug vom Golf von Neapel bis nach Rom. Begleitet wurde die Prozession von einem aufziehenden Unwetter, und die schwarzen Wolken über ihr wurden bedeutungsschwanger immer dichter und drohender. Menschen und Gebäude waren hergerichtet für die Feierlichkeiten, doch die Uneinigkeit zwischen den Fraktionen brachte die Luft zum Knistern. Am Marsfeld, wo der Legende nach zuletzt die Könige Roms beigesetzt worden waren, wurde der Diktator während einer Zeremonie, die eines Monarchen würdig war, den Flammen übergeben. Testamentarisch hatte er zwar eine Erdbestattung bestimmt, doch wollte man nicht riskieren, daß ihn politische Gegner später wieder ausbuddelten, und mit seinen Überresten so umsprangen, wie er es mit denen von Marius getan hatte. Doch auch seine Freunde konnten nicht verhindern, daß das Volk den toten Cornelier zu Gesicht bekam. Mancher Spötter sollte später behaupten, der Leichnam sei von den Exzessen zu Lebzeiten entstellt, und dazu auch schon vom Gewürm zerfressen gewesen.

Man schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Asche für die Urne einzusammeln, da brach auch schon der Sturzregen über die Trauergemeinde herein. Alles sah zu, daß es ins Trockene kam, und die beiden Konsuln deckten sich gegenseitig mit Schimpfnamen ein – Noch bevor das Jahr zu Ende war, sollten sie Sullas ambitionierte Pläne über den Haufen geworfen und den Staat in einen weiteren Bürgerkrieg gestürzt haben. Auch wurde man sich nie darüber einig ob der Gewittersturm nun ein Omen für die Zukunft der Republik darstellte, oder aber der zürnende Dahingeschiedene selbst gewesen war.

Sein Tod ersparte es ihm auch, mitzubekommen, daß es ausgerechnet sein Protegé Gnaeus Pompeius sein würde, der die von ihm erarbeitete Neuordnung des Staates wieder in die Auflösung führen würde.

Währenddessen hockte in Spanien immer noch Sertorius (zusammen mit Peperna), den man schon fast vergessen hatte. Er harrte dort noch bis ins Jahr 72 v. Chr. aus, fünf Jahre nach dem Tod des Corneliers.

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Kommentare  

#1 Erlkönig 2017-08-27 20:57
Sehr schöne Artikel-Serie. Das ist lebendiger und sachkundiger Geschichtsunterricht, der Spaß macht. Danke.
Meine 1. Begegnung mit Sulla fand im
"d´Hancarville" statt, wenn ich mich recht erinnere.
Hängen geblieben ist damals leider wenig. :-)
#2 Toni 2017-08-28 20:02
ja, die Artikel habe ich auch gerne gelesen. Wieder etwas gelernt. :-)

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