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Die Schlacht bei Stamford Bridge (25. September 1066)

Große Keilereien - Nicht nur in Issos war was los

Die Schlacht bei Stamford Bridge
25. September 1066

Als Edward der Bekenner, König von England Anfang des Jahres 1066 stirbt, ernennt er seinen Schwager Harold Godwin, Graf von Wessex , zum Nachfolger.

Dieser wird vom englischen Witan (Parlament) bestätigt und bekräftigt seine Wahl durch die Heirat mit Alditha, der Schwester von Edwin, dem Grafen von Essex.


Der Bruder von Harold, Tostig Godwin, ehemaliger Graf von Northumbrien  ist 1065 von Edward abgesetzt worden, nachdem das Volk gegen seine Regentschaft revoltiert hatte. Als nun Tostig hört das Harold König geworden ist, wendet er sich an Sven von Dänemark, William von der Normandie, Malcolm Canmore aus Schottland und Harald Hardraada Sigurdson – König von Norwegen um sie davon zu überzeugen das sie alle Ansprüche auf den englischen Thron hätten und ihn für seine Mithilfe wieder als Graf von Northumbrien einsetzen.
Sven sagt ab.

William war schon selbst aktiv, denn er begründete seinen Anspruch auf ein Versprechen von Edward vor 15 Jahren das er, William, Edward auf den Thron folgen sollte.

Harald Hardraada war der größte Krieger seiner Zeit. Er hatte  in Kleinasien, Russland, Griechenland, Italien, Russland und Dänemark gekämpft. Er war auch kommandierender der Waräger Garde des Byzantinischen Kaisers. Der Anspruch Hadraadas ergab sich aus der Vergangenheit in der Magnus, ehemals König von Norwegen und Dänemark mit Harthacnut (Knut der Große), ehemals König von Dänemark und England ausgemacht hatte, das, wenn einer stirbt, der andere die jeweilige Nachfolge antreten sollte. Die Dänische Nachfolge konnte Magnus antreten, den Thron Englands allerdings nicht, da wurde Edward der Bekenner König.

Harald Hardraada erbte von Magnus Norwegen, Sven erbte Dänemark. Somit hätten beide einen Anspruch auf den Englischen Thron.

Als nun Tostig Harald versprach dass die englische Bevölkerung ihn bei einer Landung unterstützen würde, beschloss dieser raschest eine Flotte zu rüsten und möglichst schnell den Thron Englands zu erobern. Es ist stark zu vermuten das er über die Pläne Williams bescheid wusste und diesem einfach zuvorkommen wollte um dann als König von England mit eigenen und Englischen Truppen den Angriff Williams abzuwehren.

Anzunehmen das Harald und William nicht voneinander wussten ist schon aus der Tatsache unwahrscheinlich das einer Seemacht wie Norwegen kaum entgehen hätte könne das da jemand gnadenlos Schiffe und Mannschaften zusammenzieht und anheuert. Zudem ist Harald sicher auch von Tostig dahingehend informiert worden. William hingegen könnte vielleicht nichts Genaueres über Haralds Pläne gewusst haben, aber sicher war ihm klar dass dieser Gegner irgendwann auftauchen würde.

Hardraada landete in Northumbrien mit 250 bis 500 Schiffen und besiegte bei Fulford die Grafen Morcar von Northumbrien und Edwin von Mercia.

König Harold II war von diesem Angriff überrascht worden. Sein Augenmerk war auf den Vorbereitungen zur Abwehr der Normannen im Süden gerichtet.

Nun sammelte Harold II alles was er an Truppen organisieren konnte und marschierte Richtung York. Er konnte auf dem Weg einige Truppen aufsammeln. Seine Huscarls und Thegn ritten, die leichteren Fyrd waren meist zu Fuß unterwegs. So schaffte er eine Strecke von rd. 300 km in vier Tagen. Die Größe der von ihm gesammelten Armee könnte bis zu 12000 Mann betragen haben – hier sind genaue Zahlen sehr rar und die Schätzungen der Zeitgenossen eher sehr ungenau. (Da gibt es Fantasiezahlen bis 400000 Mann......)

Harald Hardraadas Truppenstärke betrug rd. 9500 Mann (das ist historischer Konsens aber nicht bewiesen). Auf einem 40-ruderer hatten ca. 100 Mann platz – wie viele Schiffe wirklich landeten ist reine Spekulation – hier steht der Zahlenschieberei jegliche Möglichkeit offen – Historikerkonsens sind ca. 300 Schiffe die dann aber meiner Meinung nach stark unterbemannt waren. Gegen seinen Gegner Sven von Dänemark ist Harald Hardraade 1062 mit 150 Schiffen gezogen – eine plausiblere Zahl – allerdings wurde die Auseinandersetzung in einer Seeschlacht entschieden.

Vier Tage nach Fulford verließen Harald und Tostig mit ca. 6500 Mann die Schiffe bei Ricall unter Zurücklassung einer Schiffsbedeckung von 3000 Mann (man bedenke das dies die einzige Rückfahrkarte für die Männer und das Schiff das allerwichtigste Fortbewegungsmittel der Wikinger war) unter dem Befehl von Eystein „Gorcock“ Orre, Hardraadas Schwager um nach Stamford zu gehen um dort Geiseln und Nachschub aus York zu übernehmen. Da die Wikinger keinen Feind erwarteten hatten sie zwar ihre Waffen mit, aber nicht die schweren Rüstungen. Es war ein heißer Tag und die ca. 15 km wollte man darauf einfach verzichten.

Als die Wikinger Stamford Bridge erreichten lagerten sie auf beiden Seiten des Flusses Derwent. Es waren weder Wachen aufgestellt noch irgendwelche anderen Erkundigungs- und Deckungsmaßnahmen vorgenommen worden. Eine erstaunliche Nachlässigkeit für einen Kriegsveteranen wie Harald Hardraada.

Die in Eilmärschen herangeführten Sachsen erwischten die Wikinger völlig unvorbereitet und die östlich lagernden Truppen wurden überrannt. Die Brücke über den Fluß ist der Legende nach von einem riesigen axtschwingenden Vikinger gehalten worden, der erst durch einen Speerstoß eines unter der Brücke, in einem Faß durchtreibenden Mannes getötet werden konnte. Hardraada hatte sofort zu Beginn der Kämpfe nach Eystein um Verstärkung geschickt.

Die Verzögerung an der Brücke nutzten die Vikinger um sich auf höherem Gelände zu sammeln und einen kreisförmigen Schildwall zu formen.

Es wird erzählt, das Harald seinem Bruder Tostig die Grafschaft Northumbrien wieder anbot wenn er sich an seine Seite stellte (scheint plausibel und Menschen schonend im Angesicht der zu erwartenden Bedrohung im Süden). Als Harald Hardraada fragte was Harald ihm anböte soll dieser nur gesagt haben „Sieben Fuß englischen Boden oder wie viel ein Mann seiner Grösse eben benötigt“.

Tostig lehnte ab und die Schlacht ging weiter.

Manche Quellen sprechen davon dass die Sachsen auch beritten attackierten (eher ungewöhnlich und nicht ganz schlüssig). Anzunehmen ist das es eine reine Fußschlacht war in der die bessere Rüstung der Sachsen den endgültigen Ausschlag gab, vor allem da sie auch Bögen einsetzten und diese gegen ungeschützte Gegner ausgezeichnet wirken. Harald Hardraada soll wie ein Berserker gekämpft haben aber eben diese Bögen machten ihm den Garaus und er wurde in den Hals/Nacken getroffen und fiel. Danach übernahm Tostig die Führung der Wikinger in der Hoffnung das Eystein noch rechtzeitig ankam aber auch Tostig fiel von einem Pfeil getroffen, just als Eystein ankam.

Im ersten Moment sollen die Sachsen gewankt haben und die Wut mit der Eystein seine Truppen in das Gefecht führte brachte die Phrase „Gorcock´s Sturm“ für Männer in großer Gefahr in den Sprachgebrauch. Eysteins Truppen waren fast 15 Kilometer in voller Rüstung gerannt – einige fielen vor Erschöpfung tot um und man kann sich kaum vorstellen, dass die Entsatztruppe noch allzu viel Energie mitbrachte um einen entscheidenden Schlag zu führen. Immerhin durchstießen sie die Umzingelung der Sachsen und schlossen sich ihren Leuten im Schildwall an. Eystein wurde auch erschlagen und bald danach flüchteten die Wikinger bzw. geben auf.

Harold akzeptiert einen Schwur der Wikinger nie wieder in  seinem Land einzufallen und lässt  Olaf, den Sohn Harald Hardraades die überlebenden Wikinger nach Hause führen. Mit dieser Schlacht endet auch das Zeitalter der Wikinger und es ist ein Nachfahre eines Wikingers der den Englischen Thron erobern wird. William stammt von jenen Wikingern ab die in der Normandie vom französischen König angesiedelt wurden und Frankreich von jener Zeit an vor den Wikingern beschützten.

Die Verluste der Wikinger sind enorm und von einer Streitmacht von 9500 sollen nur rd. 500 überlebt haben die in nur 24 Schiffen nach Hause  gesegelt sein sollen – könnten auch 1500 gewesen sein – die Anzahl der Schiffe wird kaum bestritten.

Harald hat von 7000 Mann ca. 2000 verloren – andere Zahlen sprechen von 4000 Toten bei einer Kämpferzahl von 12000 – egal wie man es rechnet es wird ca. eine Verlustquote von 25 bis 30 % gegeben haben.

Ein Aderlass der in jedem Fall die Geschichte so beeinflusst, das es kaum in Frage gestellt werden kann ob William gegen einen völlig gerüsteten, nicht von Stamford Bridge ausgebluteten, gut vorbereiteten Harald II, bestehen hätte können.

Bevor wir uns in den Süden Englands begeben will ich noch einige Worte über die Ausrüstung und die daraus resultierende Taktik verlieren.

Die Wikinger: Axt, Schwert, Speer als Waffen , Rundschild, Kettenhemd bis zu den Knien und Ellenbogen und – so desillusionierend es sein mag – Helme ohne Hörner oder Flügel. Diese wurden mehr für Zeremonien getragen – im Kampf kann ein Mann der eine beidhändige Axt schwingt  oder mit einem Schwert ausholt nicht ständig auf die Hörner am Haupt achten. Auch für den Gegner bieten sie zuviel sichere Angriffsfläche.

Die Axt gab es ein- und beidhändig. Die „Dänische Axt“ hatte eine Schaftlänge von o,9 bis 1,2 m und eine Blattlänge von 20-30 cm. Längere Schäfte waren eher für zeremonielle Anlässe üblich. Die mit Wucht und Können geführten Äxte waren allerdings in der Lage „Mann und Pferd“ mit einem Schlag zu spalten.

Dolche wurden getragen aber waren keine Hauptwaffe.

Das Schwert war eine wertvolle Prestigewaffe, 60-80 cm lang und auch sehr teuer. Es wird der Preis für ein schönes Schwert von 16 Kühen erwähnt. Es gab sie ein- und zweihändig.

Der Speer wurde geworfen oder als Stoßwaffe eingesetzt und war eine sehr gängige Waffe.

Der Helm war meist ein konischer Helm mit Nasenschutz oder Gesichtsschild bzw. einer Brillenähnlichen Form über den Augen. Auch zusammengesetzte Spangenhelme wurden getragen.

Der Schild war Rund mit ca. 80 – 90 cm Durchmesser und einer Dicke von ca. 1 cm aus Fichte, Kiefer, Weide oder Linde. Er hatte einen Schildbuckel hinter dem die Faust den Schild hielt. Er war aus Holz geleimt, mit Metallbändern zusammengehalten manchmal ganz mit Metall (Bronze) überzogen üblicherweise aber mit Leder bespannt.

Ob jeder Krieger ein Kettenhemd trug ist eher unwahrscheinlich. Lederne Wämser und mit Metall beschlagene gesteppte Jacken dürften sehr häufig gewesen sein. Auch Beinschienen wurden manchmal getragen.

Der Bogen aus Eibe, Esche oder Ulme war den Wikingern bekannt und wurde auch normalerweise viel benutzt. Bei Stamford  Bridge scheint es kaum Wikingerbögen gegeben zu haben – zumindest werden sie nicht erwähnt. Die Zugkraft lag bei ca. 90 Pfund und die Reichweite lag bei rd. 250 Meter.

Die Wikinger bildeten mit Ihren Schilden einen Wall und schlugen mit den extrem langen Äxten auf den Gegner ein. Ein äußerst grober Stil wie mir scheint und die Verwendung des Schwertes hinter dem Schild ist schon ob der Tatsache dass dies eine Stichwaffe ist durchaus als effizienter zu vermuten.

Und noch etwas wichtiges – die Wikinger waren ein äußerst eitler Haufen – Haarpflege und kunstvolle Frisuren war extrem wichtig und einmal die Woche (Samstag) war Wasch und Badetag.

Engländer:

Harolds  Huscarls (Housecarls, Hauskarls, Þingalið (gesprochen [θiŋalið]) sind das Herz seiner Armee: Es handelt sich um eine Söldnerarmee die in Barem bezahlt wird und eine Größe von ca. 3000 Mann und  40 Schiffen hat. Diese Armee ist immer zur Verfügung und hat im Frieden auch administrative Aufgaben. Ihre Bewaffnung und Ausbildung bezahlen sie selbst und hat nur vom Besten zu sein, dies ist Teil ihres Vertrags mit dem König. Lange Kettenhemden mit Ärmeln bis zum Ellenbogen, Tropfen- oder Rundschild, der konische Helm mit dem Nasenschutz, die Dänische Axt sind die Hauptwaffen. Ein Schwert wird auch geragen. Es wird berichtet dass die Axt linkshändig geführt wurde und somit der Gegner, der üblicherweise den Schild links trug und rechts die Waffe, somit auf seiner rechten Seite nicht gedeckt war. Es ist aber gerade gegen einen ungepanzerten Gegner vorstellbar dass hier die Wirkung enorm ist. Auch ist es für den Gegner sicher ungewöhnlich wenn er nicht darauf trainiert wurde. Der Vergleich mit dem Linkshändigen Tennisspiel drängt sich in gewisser Weise auf.

Die Thegns: sind sich selbst ausrüstender Landadel. Sie sind verpflichtet dem König für eine Anzahl von Tagen im Jahr  zu dienen. Es sind Adelige verschiedener Stufen so gibt solche die mit Vasallen zu kommen haben und andere die nur in eigener Person erscheinen müssen. Je nach Größe des Besitzes.

Sie sind im Allgemeinen gerüstet wie die Huscarl – mit Abstrichen aber in der Masse doch sehr gut.

Fyrd: Die Volksmasse – mit allem bewaffnet was zu kriegen ist – nicht gänzlich ungeübt so doch Bauern und Jäger. Ihre Schutzkleidung ist entsprechend dürftig und wenige dürften mehr als einen Helm besessen haben.

Wenn man Harolds Verluste umlegt kann man annehmen, das die Huscarls und Thegns proportional die schwersten Verluste hinnehmen mussten. Hier gehen die Vermutungen sogar so weit, das von den „möglicherweise 3000“ Huscarl nur noch rd. 900 überlebten – es kann aber auch sein das schon (wie manche Historiker vermuten) von Anfang an relativ wenige Huscarl im Dienste Harolds waren.

Am 1.Oktober erhält Harald die Nachricht dass die Normannen am 27. September gelandet sind. Wieder beginnt der Marsch und wieder versucht Harald alle Waffenfähigen Männer zu sammeln um der Bedrohung Einhalt zu gebieten.

Stamford Bridge ist sehr schlecht dokumentiert, das ist auch logisch, denn Schlachtengeschichtsschreibung ist meist Siegergeschichte und in diesem Fall ist der Sieger kurz danach selbst gefallen. Verlierer schreiben fast nie über ihre Niederlagen. Dazu kommt das beide Parteien dazu neigen den Gegner zu überhöhen, das macht den eigenen Sieg/Niederlage noch wertvoller/plausibler.

Mit Vorsicht sind Schlachtenberichte zu genießen die dann 50 und 100 Jahre später verfasst wurden – wie es wirklich war wissen oft die Teilnehmer direkt danach nicht mehr genau und so gesehen ist jeder Bericht nur eine Annäherung an die Wahrheit.

Bellum Leonicum

 

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