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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Der 13. Weg ins Jenseits - Silber Grusel-Krimi Nr. 289 von Roger Damon

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Der 13. Weg ins Jenseits«
Silber Grusel-Krimi Nr. 289 von Roger Damon

Puuuh, Rücksturz in die Normalität!

Nachdem ich vor zwei Wochen mit „Feuerreiter“ einen konzeptarmen Käse genossen und mit „Mörder aus dem Totenreich“ letzte Woche den Wahnsinn auf Stelzen, gab es diese Woche endlich mal wieder Subserienfutter.


Wo Subserie drauf steht, ist normalerweise solide Kost drin, sonst hätte sie sich nicht so lange gehalten und hier habe ich einen Beitrag aus den glorreichen Dauerbrennern des „Silber-Grusel-Krimis“ auf dem Tisch.

Unter dem Pseudonym „Roger Damon“ sind stabile 34 Beiträge zur UWA, der „Unknown World Agency“ veröffentlicht worden und das ist die drittgrößte Subserie überhaupt im SGK, die die Reihe nach dem „golden boy“ Larry Brent und Bob Fishers „Nebelgeistern“ zu bieten hatte.

Auf 50 Romane konzipiert (durch die Einstellung der Reihe leider nie fertig gestellt), flossen die Romane in Wirklichkeit aus der Feder des renommierten Journalisten und SF-Autors Roland Rosenbauer und obwohl er auf dem Gruselsektor sonst nicht wirklich leinwandfüllend arbeitete (man findet ihn auch im Gespenster-Krimi und bei Damona King, aber das waren dann eher Einzelfälle), war diese Subserie sein Filetstück.

Mit dem „13.Weg ins Jenseits“ habe ich – kurioserweise – dann auch gleich den 13.Roman der UWA-Story abgefegt und mir natürlich insgeheim gedacht, ich würde den üblichen Dauerprotagonisten abbekommen, aber offenbar war bei Rosenbauer/Damon kein Kämpfer für die Ewigkeit gebaut und die Hauptfiguren konnten schon mal den Löffel abgeben, weswegen es seitens der Verlags schon mal Schweißperlen gab, denn wie wir vom seligen Richard Kiel in der Schlußszene von „Ein Sprung in der Schüssel“ erfahren, brauchen manche dann doch immer ein Happy End für die Verkaufszahlen.

Irgendwie schade, dass Rosenbauer dann später also wiederholt auf die gleichen Helden zurück greifen musste, die dann eben nicht mal über die Klinge springen durften, denn eigentlich mag ich so was auch ganz gern (ich hätte mich sonst nie im Leben durch das Oeuvre H.P. Lovecrafts fräsen können und das mehrfach), aber der durchschnittliche Leser der 70er/80er wollte sicherlich, dass am Ende die Welt wieder im Lot ist.

Einen generellen Verdacht bezüglich verschiedener Protagonisten hatte ich schon, als auf Seite 2 das Gschpusi des handelnden Agenten auf nur zwei überstandene Fälle hinweist (die Abenteuer Nr. 2 und 9 übrigens), aber wenn man die Romane aus dem Stand und ohne Internetunterbau wegschnökert, kann man so was ja nicht wissen.

Nach der Lektüre fühlte ich mich dann zwar auch nicht gerade von der Innovation verprügelt oder von der Gänsehaut defloriert (die ist leider auch hier mal wieder im Urlaub oder auf Kur...), aber so richtiges Unbehagen hat auch Jason Dark nie hinbekommen, als er für mich noch „the one and only“ war, da heißt es dann eher „Geisterjäger-gegen-Dämonen-Comic“. Was auch ganz schön sein kann.

Ein wenig Stirnrunzeln hatte ich bei den zahlreichen Richtungsänderungen im Plot zwar auch zu überstehen, aber immerhin wurde hier nicht blassester Standard runter geschrieben....


FeuerreiterZum Inhalt:
Ort des Geschehens ist Brighton, wo die deutsch-britische Freundschaft gerade gefeiert wird. Evlyn Harris und ihre deutsche Freundin Ulla Thölken machen sich ein paar schöne Tage.

Thölken ist die Freundin von Mike Wismath, einem der Detektive der „Unknown World Agency“, die sich mit der Bekämpfung dämonischer Kräfte überall in der Welt beschäftigt.

Die Mädels gönnen sich einen Besuch bei der Promenadenwahrsagerin Madame Sandra (Clayton), die Evlyn nur Gutes sagt und Ulla gar Finsteres aus den Handlinien (dem Spiegel der Gehirnströme!!!) prophezeit. Was genau das sein soll, darf sie angeblich nicht sagen, warnt aber vor jenem, der den 13.Weg ins Jenseits kreuzt.

Besagter „jener“ heißt übrigens Ben und ist der Gehilfe eines Dämons namens Kavara, dem Geist eines australischen Stammeszauberers. Dank dessen Kräften ist Ben in der Lage, seine Machtphantasien auf ungewöhnliche Art und Weise auszuleben.

Ben sucht eine gewisse Mary Webster auf, mit der sich ein Schäferstündchen gönnt. Prompt kommt der Ehemann nach Hause, den Ben mit einem zugespitzten Knochen berührt, worauf diesem das Herz stehen bleibt. Das alles ist offenbar das Ende eines dreitägigen magischen Experiments, das jetzt außer Kontrolle gerät, weil Mary aus ihrer „Schlaf-mit-mir“-Trance erwacht und ordentlich Terror macht.

Also kloppt er sie bewusstlos, chattet mit Kavara und wendet einen dreitägigen Vergessenszauber an. Er packt die Leiches des Mannes ins Bett und schiebt ihr unter, das als gewöhnlichen „Tod im Bett aus natürlichen Ursachen“ zu sehen, sobald sie aufwacht. Was sie nicht weiß: dann hat sie selbst nur noch drei Tage.

Vor der Tür kreuzt er (logo!) sofort den Weg von Ulla, die auch sofort in seinen Bann und wenig später unter seine Bettdecke gerät.

Als wäre das noch nicht genug, beschwert er sich dann noch bei Madame Sandra, die sowohl vor ihm wie auch vor Mike Wismath Muffensausen hat. Offenbar weiß die Gute mehr, als sie sagt.

Während Mike in London ausharrt und ein ganz schlechtes Gefühl hat, fühlt sich Ulla nach dem Akt mit Ben ganz enorm schmutzig (das kann ich verstehen!). Obwohl sie einen Geisterjägerfreund in Mike hat, befürchtet sie jedoch, er könnte durch Ben zu Tode kommen und hechtet des Nachts vom nächsten Balkon (das finde ich jetzt leicht übertrieben!).

So reißt die Verbindung Ullas mit Ben, doch der hat ganz andere Probleme, denn er wird von einem dunkelhäutigen Australier angegriffen (anno 81 konnte man noch problemlos in jedem dritten Satz von „Neger“ schreiben, aber ich wiederkäue das lieber nicht auf diese Art...), der ihn mit einem ornamentierten magischen Tuch angeht. Ben hat schlechte Karten, doch Kavara hilft ihm und gemeinsam knocken sie den Angreifer aus (er hat übrigens auch einen Namen und heißt „Goromy“, der aber ironischerweise erst auf der drittletzten Seite enthüllt wird, davor ist er halt..der Neger). Bevor sie ihn meucheln können, kann er aber entkommen.

Mary Webster hat inzwischen ihren Mann tot aufgefunden und ist total aufgelöst, dem behandelnden Doc kommt die Sache jedoch irgendwie spanisch vor und er informiert die Polizei über allerlei Merkwürdigkeiten.

Derweil hat Ulla ihren Hechtsprung überlebt und Mike ist angekommen und dementsprechend engagiert. Gemeinsam mit Evlyn besucht er die Wahrsagerin mit Hilfe der guten Evlyn, doch noch bevor er ihr Wissenswertes entlockt hat, hetzt Ben ihr einen Todesvogel auf den Leib, den er aus einer unschuldigen Möwe gemorpht hat. (siehe Titelbild, die nackten Brüste sind im Roman allerdings ausgespart!). Der Vogel erweist sich leider als kugelresistent, erst als Goromy mit seinem Allzwecktuch auftaucht, kann er bezwungen werden. Der Australier kann dann auch zum allgemeinen Verständnis beitragen, wonach der ominöse „13.Weg“ der Tod durch magische Einflüsse sein soll. Goromy ist noch am Erklären, als Ben mittels Beschwörung einer von Goromys Gürtelschnallen (hat er beim Kampf vorher verloren) den Australier in tiefste Bewußtlosigkeit schickt.

In der Folge wird man an allen Fronten aktiv: die Polizei, in Person von Inspektor Moore ermittelt nachdrücklich in Richtung der seltsamen Todesfälle, Sandra Clayton enthüllt hilfsbereit, dass Ben ihr Bruder ist und ein Auftragskiller namens Steve Amvers, engagiert von Goromy, erschießt Ben, just als dieser den nächsten Anschlag vorbereitet. Woraufhin der Dämon auf den rassistischen Mietmörder übergeht...

Eindrücke:
Ganz schön was los in der australischen Dämonenwelt.

Gut, die Aborigines, die Traumzeit, das ist alles schon von mehreren Autoren erfolgreich durchgekaut worden, allen voran bei Professor Zamorra, aber hier gibt es frischen, ungewöhnlichen Stoff. Wenn auch reichlich Unausgegorenen für meinen Geschmack. Der Todesknochen, die Vergessenszauber, magische Symbole und ihre dimensionsreisenden Eigenschaften (das folgt noch im etwas bizarren letzten Drittel, das unsere Helden für ein paar Tage in eine Zwischendimension versetzt), das ist alles eher inkonsequent zusammen gesuchter Stoff.

Warum ein von Dämonen beeinflußter Europäer seine magischen Gaben (denen dann übrigens mit Verdünnung durch Wasser beizukommen ist!), diese hauptsächlich für dreitägige Todeszauber mit eingebauten Geschlechtsverkehr benutzt, wird nie so ganz klar. Vielleicht sind seine Allmachtsphantasien auch recht kleinbürgerlich.

Das gilt auch für die Erklärung, warum ein „städtisch wirkender“ Farbiger, der überhaupt nicht nach australischen Ureinwohnern aussieht, hier den magisch versierten Kämpfer für das Gute gibt.

Wie überhaupt die Spielerei mit magischen Elementen der erzählerischen Willkür preisgegeben wird. Wie Bens Utensilien wirken (und mit welcher Zeitverzögerung), was man dagegen tun kann und wie dieses Tuch und die magischen Ornamente wirken, das muss man einfach so schlucken, denn die mitteleuropäisch-amerikanisierten Vorstellungen von weißmagischen Waffen (Kreuz, Dolch, Weihwasser, Pflock, magische Amulette, christliche Symbolik) kommen hier gar nicht vor.

Die Mitarbeiter der UWA haben dann auch keine eigenen Waffen, haben keinen Gegenzauber parat, da ergibt sich die Gegenwehr nur über in die Handlung gezogene Dritte (wie Goromy) oder aus der Handlung selbst heraus (etwa über ein machtvolles Artefakt, dass dann Beteiligte mehr oder minder zufällig zerstören).

Daß die Agenten der UWA auf diese Art und Weise natürlich manchmal ins Gras beißen, wundert da kaum, außer dem stählenden Training und der Vorbereitung auf größtmögliche Belastungen haben die Jungs und Mädels wohl nichts am Start außer normalen Schußwaffen, nicht mal den handelsübliche Laserwaffe eines Larry Brent.
 
Von dessen PSA ist die UWA offenbar soft abgepaust worden, mit dem Computerzentrum, dem alles organisierenden Chef und den unabhängig weltweit agierenden Einsatzkräften – keine schlechte Idee, aber eben ohne die Deus-ex-machina-Elemente, die sonstige Dämonenjäger so erfolgreich machen. Natürlich dürfte man „Plagiat!“ schreien, aber die Umstände im Aufbau haben mir da eigentlich recht gut gefallen.

Das gilt übrigens für den ganzen Roman, der zumindest – abgesehen von den o.a. Unklarheiten – recht flott und sauber daherkommt, mit seinem Personal brauchbar umgeht und nicht allzu viele Sollbruchstellen zulässt. Offenbar ist Rosenbauer auf halben Weg durch sein Manuskript dann selbst aufgefallen, dass sein Antagonist Ben keine besonders eindrucksvolle Gestalt ist und die Action dann nach etwas mehr als der Hälfte auf ein Missgeschick von Mike und einen rassistischen Killer verlagern lässt. Auch ist Kavara kein besonders beeindruckender Gegner, da er fast nie persönlich auftritt, aber das ist wohl auch Wismath Waffenlosigkeit geschuldet.

Niedlich aber, wenn Rosenbauer erklären muss, wie und wieso ein Farbiger, der wohl zu den Guten gehört, einen rassistischen Auftragskiller engagiert, der dessen Auftrag auch noch (widerwillig) annimmt. Die Erklärungen sind minimum so kurios wie die Erwähnung von Mikes „Spezialimportwagen“ aus Deutschland: der Held fährt einen Opel Manta!

Mein Favorit ist aber die Sequenz, in der Mike vorschnell Bens magische Utensilien mal eben in den Ausguß kippt, was zur Folge hat, dass er und Sandra in ein Zwischenreich flöten gehen, bis die ermittelnde Polizei angesichts des rauchenden Malheurs den Wasserhahn aufdreht (was noch einem Beamten transparente Hände einbringt). Aufgrund dieser Verdünnung erscheinen die Verschollenen dann wieder – zwei Tage zu spät und zweihundert Meter entfernt! Davon hätte ich gern noch mehr gelesen – und Kinder, kippt bloß keine Küchenchemikalien in den Ausguß!

Ansonsten kann ich Rosenbauer das Kompliment machen, mich tadellos unterhalten zu haben – ist schon nicht alles logisch und stringent, so ist es doch abwechslungsreich und mit Tempo konstruiert und hinterlässt keinen bitteren Nachgeschmack. Und warum sollte man nicht mal neue Regeln oder Handlungselemente aufstellen, auch wenn die hier verwendeten wohl keine große Schule gemacht haben.

Mit dem Silber-Grusel-Krimi wäre ich somit halbwegs versöhnt.

Fragt sich natürlich: wo jetzt mal die Nase reinstecken? Oder einfach mal das Genre wechseln und zwischendurch was völlig Anderes probieren? Ich glaub, ich frag mal den alten Archivar, ob er nicht noch irgendwo im Giftschränkchen ein paar Kuriosa hat, an die ich noch keine schön- oder schwarzgefärbten Jugenderinnerungen habe (sondern nur Vorurteile aus dieser Zeit). Womöglich packt mich ja noch der Krimi, der Western oder die Hüttenschmonzette...

Kommentare  

#1 AARN MUNRO 2016-03-08 12:27
...hast Du es schon mit Horrorcomics versucht...?
Ich kenne ja nicht alle deine alten Beiträge für den ZSP.
#2 martin baresch 2016-03-08 12:57
Roland aka Alro aka Roger D. hat das damals schon ganz richtig gemacht: Er hat den ganzen Heftromanzirkus nur bedingt ernst genommen und eher ans Leben gedacht ("Ich muss jetzt mal segeln lernen" - und danach kommt er mit einem UWA-Roman mit dem Titel "Die Untoten von St. Tropez" ums Eck; oder war`s "Von Vampiren gekapert"?). Konsequenterweise hatte er eigentlich wohl auch nie eine "Karriere als Heftroman-Vielschreiber" im Sinn, wie viele andere. Bei damaligen Treffen konnte er sich totlachen beim Erzählen einer skurrilen Idee (siehe oben, die halbtransparenten Hände des Beamten). Manchmal denk ich so vor mich hin: Was könnten da für urige Dinger bei rüberkommen, wenn der Gute heute mal in aller Ruhe neue UWA-Geschichten in die Tasten hauen und als E-Book rausbringen würde. Hey, Alro ... die Einladung nach Mallorca steht übrigens immer noch :)
#3 Andreas Decker 2016-03-09 10:44
Ich konnte mit der Serie nie was anfangen. Ich schreie nicht "Plagiat" :lol: , das hat mich nie gestört und diese Organisationen waren nie plausibel, aber mir war es zu banal und atmosphärelos, ob nun die Figuren oder die Handlung.

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