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Gargoyles statt Vampire Gesa Schwartz' Debütroman »Grim – Das Siegel des Feuers«

GrimGargoyles statt Vampire
Gesa Schwartz' Roman »Grim – Das Siegel des Feuers«

»Grim – Das Siegel des Feuers« ist der Debütroman der deutschen Autorin Gesa Schwartz . In ihrem Erstling kombiniert die junge Schriftstellerin Elemente aus dem Genre der Urban Fantasy mit Aspekten aus dem All Age-Bereich und erzählt die Geschichte zweier ungleicher, leicht tragischer Helden, die um das Schicksal zweier Welten kämpfen. Das Ungewöhnliche dabei: Wo das Gros der Urban Fantasy-Autor(innen) derzeit auf Werwölfe, Vampire und Halbdämonen setzt, stellt Schwartz eine ganz andere Art von phantastischen Kreaturen in den Mittelpunkt: Gargoyles.

 

Grim»Grim – Das Siegel des Feuers«
Zum Inhalt: »Grim – Das Siegel des Feuers« spielt in einer Welt, die gewissermaßen zweigeteilt ist. Auf der einen Seite gibt es die Welt der Menschen, wie wir sie kennen. Neben dieser existiert sozusagen eine zweite Ebene, ein verborgenes Reich, in dem Elfen, Werwölfe, Vampire und andere phantastische Kreaturen leben. Dieses Reich wird vom Volk der Gargoyles beherrscht. Während Menschen im Allgemeinen nicht in der Lage sind, die Anderwelt wahrzunehmen, ist es deren Bewohnern allerdings durchaus möglich, ins Reich der Menschen zu gelangen.

Grim, ein Gargoyle und der Titel gebende Held des Romans, arbeitet für OGP, die Oberste Gargoyle Polizei (ein Name, den er für reichlich bescheuert hält), eine Polizei- und Schutztruppe in Ghrogonia, jener Stadt der Anderwelt, die „auf der anderen Seite“ von Paris zu finden ist. Während eines Routineeinsatzes macht Grim eine ungeheuerliche Entdeckung: Eine alte Bekannte hat Kontakt zu einem Menschen, was nach den Gesetzen Ghrogonias streng verboten ist. Schlimmer noch: Grim beobachtet, wie seine Bekannte einem jungen Mann ein geheimnisvolles Päckchen überreicht.

Der Gargoyle muss unbedingt herausfinden, was der Mensch da erhalten hat. Aus diesem Grund verfolgt er ihn bis zu dessen Wohnung. Hier erblickt er zum ersten Mal Mia, die weibliche Hautfigur der Erzählung. Mia hat zu Romanbeginn einen ungemein schlechten Tag hinter sich, der darin gipfelte, dass sie von unheimlichen Visionen geplagt wurde. Weil ihr diese nicht mehr aus dem Kopf gehen, möchte sie mit jemandem darüber reden. Dieser jemand ist ihr Bruder Jacob – eben jener junge Mann, den Grim verfolgt.

Noch ahnen Grim und Mia nicht, dass ihr Aufeinandertreffen in Jacobs Wohnung den Auftakt zu einem unglaublichen Abenteuer darstellt. Dank Grims Bekannter ist Jacob nämlich in den Besitz des Siegel des Feuers gekommen. Dieses mächtige magische Artefakt könnte das Antlitz der Erde von Grund auf verändern, im Guten wie im Bösen. Das wissen auch einige finstere Mächte – und setzen alles daran, das Siegel in ihre Finger zu bekommen. Der Kampf um das Schicksal zweier Welten nimmt seinen Lauf ...

Schwächen und Stärken eines Debütromans

»Grim – Das Siegel des Feuers« ist ein gut geschriebenes, kurzweiliges Fantasyabenteuer, das dank der bereits erwähnten geschickten Verquickung von Elementen aus der Urban und der All Age-Fantasyfans beider Genres bestens zu unterhalten versteht. Ein überragendes Lese-Erlebnis ist das Buch allerdings, wie ich einschränkend erwähnen möchte nicht. Das liegt im Wesentlichen daran,

  • dass viele Entwicklungen, gerade was die Wandlung von Charakteren anbelangt, zu abrupt erscheinen; die rund 680 Seiten des Buchs sind so voller Handlung, dass die Entwicklung der Protagonisten mitunter zu kurz kommt und allzu beiläufig in einigen wenigen Sätzen abgehandelt wird;
  • dass die Story zwar konstant spannend ist, es ihr aber an echten Höhepunkten mangelt; trotz vieler guter, fesselnd geschilderter Passagen fehlen der Geschichte Szenen, in denen Dramatik und Spannung explizit zugespitzt würden;
  • und daran, dass die Geschichte letzten Endes viel zu brav erscheint. Ob es nun Darstellungen gesellschaftlicher Probleme in Ghrogonia, Beschreibungen der Schrecken der Unterwelt oder auch die Liebesgeschichte zwischen Grim und Mia ist: Viel zu selten wagt sich Schwartz, mehr als einige wenige Details und oberflächlich anmutende Floskeln zu nennen. Das Potenzial für eine intensivere, den Leser stärker berührende Erzählung ist zweifellos vorhanden, wird aber leider nur in Ausnahmefällen (etwa bei der Beschreibung eines im wahrsten Sinne des Wortes höllischen Festmahls) genutzt. In weiten Teilen wirkt die Geschichte (in jeder Hinsicht) einfach zu harmlos, so als bekäme man eine entschärfte, vereinfachte Version einer Story gereicht, die weitaus mehr zu bieten hätte, wenn der Autor, oder in diesem Falle die Autorin, mehr wagen und stärker ins Detail gehen würde.

Ich gebe zu, im ersten Moment mag diese Aufzählung durchaus etwas abschreckend erscheinen. Sollte sie aber nicht. Denn aller Kritikpunkte zum Trotz ist »Grim – Das Siegel des Feuers« ein spannender Roman, dessen Lektüre sich in jedem Falle lohnt. Um nur mal einige Punkte zu nennen, die für das Buch sprechen:

  • Die Hauptperson des Buchs ist endlich mal kein depressiver Vampir und keine melancholische Halbdämonin. Im Zentrum der Geschichte steht das Volk der Gargoyles, was eine angenehme Abwechslung zu gegenwärtigen Trends in der Urban Fantasy darstellt.
  • So manche Entwicklung der Protagonisten ist zwar etwas abrupt geraten, doch alles in allem beweist Schwartz ein Händchen für ihre Charaktere. Die beiden Hauptfiguren des Romans, Grim und Mia, sind in ihren Wesen vorzüglich gezeichnet. Insbesondere die tragischen Aspekte der beiden werden überzeugend vermittelt.

Das echte Highlight in Sachen Charakterzeichnung ist allerdings die Figur des Kartenmanns,     eine zwielichtige und wahrhaft unheimliche Gestalt, der zwar nur eine Nebenrolle zukommt,     deren Auftauchen dem Leser aber stärker im Gedächtnis bleibt als alle anderen Szenen. Kein     Zweifel: Schwartz versteht sich auf die Zeichnung mysteriös-finsterer Charaktere; schade,     dass nicht viel mehr davon auftauchen!

  • Trotz mangelnder Höhepunkte kommt bei der Lektüre von »Grim – Das Siegel des Feuers« keinerlei Langeweile auf. Zum einen gelingt es Schwartz, das Spannungslevel auf einem konstant hohen Level zu halten, zum anderen sind der Umfang der Handlung und die Länge des Buchs perfekt aufeinander abgestimmt. Leerlauf gibt es im Roman ebenso wenig wie übermäßig vollgestopft wirkende Passagen. Für die glaubwürdigere Entwicklung der Charaktere wären einige Seiten mehr zwar durchaus angemessen gewesen. Was die Ausgestaltung der Handlung angeht, hat Schwartz allerdings genau das richtige Maß gefunden.
  • Das Buch ist sehr gut geschrieben. Schwartz versteht es, mit Worten umzugehen und den Leser in ihren Bann zu ziehen. Für ein Erstlingswerk ist das alles andere als selbstverständlich und von daher eine angenehme Sache.

Gesa Schwartz Lohnenswerte Fantasy
Letzten Endes lässt sich von meiner Warte aus nur sagen, dass sich die Lektüre von »Grim – Das Siegel des Feuers« trotz der erwähnten Schwachstellen gelohnt hat. Alles in allem überwiegen die Stärken merklich, weshalb das Buch ein spannendes, kurzweiliges Abenteuer ist, das Fantasyfans angenehm zu unterhalten versteht.

»Grim – Das Siegel des Feuers« ist sicherlich kein Roman, den man zwingend gelesen haben muss. Dank seiner abwechslungsreichen Storylines und der ungewöhnlichen Wahl von Gargoyles als Hauptpersonen hebt sich der Roman aber angenehm vom Einheitsbrei der Urban Fantasy ab, der zurzeit sonst auf dem Markt zu finden ist. Fans von Werken wie Cassandra Clares »Chroniken der Unterwelt« sei das Buch daher ans Herz gelegt. Mit der Intensität und der Eindringlichkeit dieser Saga kann Schwartz' Roman zwar nicht ganz mithalten, mit dem Unterhaltungswert aber in jedem Fall. Ein in weiten Teilen gelungenes Debüt, das Lust auf weitere Romane aus der Feder der Autorin macht.

GrimDaten zum Buch
Grim – Das Siegel der Feuers
von Gesa Schwartz

erschienen: Frühjahr 2010 (Deutschland)
678 Seiten; 19,95 €
ISBN: 978-3802583032

Lyx (Egmont)

Kommentare  

#1 blu 2010-03-07 10:53
Klasse, das Buch klingt wirklich interessant.
Gargoyles fand ich schon immer ziemlich faszinierend, schön, daß sich mal jemand diesen Wesen angenommen hat. Grim kommt definitiv auf meine Vormerkliste, schöner Beitrag. :-)
#2 Pisanelli 2010-03-07 17:30
Ist es Absicht, dass das Titelbild sehr stark an jenes des Films "Underworld I" erinnert? Soweit ich mich erinnere, war das auch die 1. Szene des Films.
#3 Gabriel Adams 2010-03-08 17:32
@blu
Danke für das Lob, und ja, das Buch ist für Urban Fantasy Fans definitiv einen Blick Wert. Ich für meinen Teil freue mich schon auf die Fortsetzung (selbst wenn diese von der Story her gar nicht nötig wäre).

@Pisanelli
Ich habe mich mal kundig gemacht und deine Frage weitergeleitet. Anja Arendt aus der Redaktion von VGS/ Lyx meint dazu:

"Thematisch soll das keine Anspielung sein, aber natürlich haben wir uns an der Figur des ?dunklen Engels, der über den Dächern thront?, orientiert. Dafür ist aber Underworld nicht das einzige oder erste Beispiel. Auch Batman ist so eine Figur, die immer wieder so dargestellt wird. Es ist eher ein Motiv, das auch bei Underworld aufgegriffen wurde. Und da Gargoyles ja wirklich über den Dächern thronen, muss man da gar nicht sooo weit denken."

Ich hoffe, das beantwortet deine Frage. Wenn nicht, gib Bescheid und ich hake nochmal nach.
#4 Pisanelli 2010-03-08 19:38
@ Gabriel Adam: Danke für die Auskunft. Hat mich nur mal interessiert. Da lag ich ja nicht ganz falsch mit meiner Vermutung, bin allerdings gar nicht auf die Idee gekommen, dass es sich um einen Topoi handelt. Aber liegt eigentlich nahe :-* Und stimmt, diese Pose kennt man auch von der Flattermaus... :-)

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