Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

WOW - Blizzard verprellt seine Kunden

Cover WRATH OF THE LICH KINGWORLD OF WARCRAFT
BLIZZARD verprellt seine Kunden

WORLD OF WARCRAFT ist nach wie vor der Branchenprimus wenn es um MMORPGs geht, das ist nicht zu bestreiten. Auch die Einführung der zweiten Expansion WRATH OF THE LICH KING im November 2008 ist eingeschlagen wie eine Bombe. Kein Wunder, die Inhalte der neuen Erweiterung stimmen. Was jedoch nicht stimmt, ist die Art und Weise, wie Blizzard mit massiven Problemen und damit auch mit seinen Kunden umgeht, die immerhin durchschnittlich 13 Euro im Monat zahlen.


Zwar wurde gestern der Patch 3.0.8 aufgespielt, der zahlreiche Bugs beseitigte und Verbesserungen bringt, das seit Wochen bestehende größte Problem wird dadurch nicht gelöst: »Zusätzliche Instanzen können nicht gestartet werden« lautet die Meldung für viele Spieler, wenn sie einen Dungeon, eine sogenannte Instanz, betreten wollen. Instanzen sind quasi abgeschlossene Gegenden, die vom Server für eine Spielgruppe von 5, 10, 25 oder 40 Spielern erschaffen werden, um dort spezielle Aufgaben zu lösen und besondere Ausrüstungsgegenstände von Bossgegnern zu ergattern.
Cover WRATH OF THE LICH KINGBereits seit ca. Mitte Oktober (als Spielversion 3.0 installiert wurde) liest man beim Versuch, mit einer Gruppe eine Instanz zu betreten oftmals nur die Fehlermeldung: »Additional instances cannot be launched«. Seitens Blizzard gibt es so gut wie keine Informationen, es gab nur kurz den Hinweis, dass die Instanzserver überlastet sind, weil sich so dermaßen viele (auch einzelne) Spieler in den Instanzen herumtreiben.

Mit dem Update auf 3.0 wurden die »Achievements« eingeführt, man erhält als Spieler eine Art »virtuelle Medaillen«, wenn man Im Spiel bestimmte Dinge tut, unter anderem eben auch Instanzen erfolgreich zu Ende bringt. So machten sich offenbar viele Spieler auf, um 5-Mann-Dungeons auf niedrigem Level mal eben alleine zu bewältigen, um die zugehörige Errungenschaft zu bekommen. Das bringt die Instanzserver seit nunmehr drei Monaten an ihre Belastungsgrenze und offenbar auch darüber hinaus.

Blizzard sagt zu dem Thema – wie üblich, von Kommunikation mit dem Kunden hält man erfahrungsgemäß offenbar nichts – nicht viel, außer dem üblichen Mantra: »Wir arbeiten dran…«.

Tun sie aber ganz offensichtlich nicht, denn jeder, der sich ein wenig mit Servertopologien und Loadbalancing auskennt weiß, dass dieses Problem sehr schnell durch ein paar zusätzliche Server gelöst werden könnte. Blizzard steht aber offenbar auf dem Standpunkt, dass sich das Problem von selbst erledigen wird, wenn nicht mehr so viele Spieler in Instanzen gehen und versucht deswegen, die Engpässe auszusitzen. Angesichts der von Blizzard immer wieder kolportierten weltweiten Spielerzahl von fast 12 Millionen weltweit (mal 13 Euro pro Monat; wobei ganz klar zu sehen ist, dass die 12 Millionen Konten nicht gleich derselben Anzahl an aktiven Spielern zu setzen sind, auf der anderen Seite sind die drei meistverkauften PC-Spiele in dEutschland 2008 laut Media Control: 1. WRATH OF THE LICH KING, 2. WORLD OF WARCRAFT und 3. BURNING CRUSADE, so dass auch darüber nochmal heftig Gewinn generiert wurde) ist das Verhalten wohl nur ignorant und unverschämt zu nennen. Ganz klar ist: Das sind keine Einzelfälle – einem bedeutenden Teil der Spieler wird ein zentraler Spielinhalt seit Monaten vorenthalten. Es handelt sich übrigens um ein rein europäisches Problem, in den USA gibt es diese Schwierigkeiten nicht. Da sich Spieler dort nicht anders verhalten als hier, ist die US-Instanz-Serverfarm offensichtlich deutlich größer und leistungsfähiger als ihr europäisches Pendant. Ein Armutszeugnis für Blizzard Europe.

Mir sagte im Spiel übrigens ein Gamemaster sogar sinngemäß »Das ist kein Fehler, das ist Absicht…«. Aha, demnach  Blizzards Variante von »it’s not a bug, it’s a feature…«?
»Absicht« kann man ja nur  so interpretieren, dass man sich des Problems bewusst ist, aber nicht plant, es zu ändern...

Ein weiteres Problem: Massive Lags auf dem neuen Kontinent Northrend. Ein Lag ist eine Verzögerung im Spielablauf, dies kann durch Serverüberlastung entstehen, es gibt aber auch andere mögliche Ursachen, wie die Internetanbindung des Nutzers. Blizzards Support schiebt dann solche Probleme auch gern mal auf den Spieler bzw. dessen Hardware oder Infrastruktur (die Telekom nennt sowas »Endgerätefehler«, auch beim magentafarbenen Riesen weiß man ja, was davon zu halten ist). Ein Lag führt dazu, dass man Dinge die im Spiel gerade geschehen, erst später zu sehen bekommt (was ärgerlich ist, wenn man grade angegriffen wird) oder beispielsweise eine Fertigkeit erst mehrere Sekunden nach dem Auslösen einer Taste durchgeführt wird. All das kann bis zur Unspielbarkeit führen, ganz sicher aber zu massivem Frust.

Northrend hat nun, wie gesagt, seit einiger Zeit auf allen Servern massive Lagprobleme, was »Endgerätefehler« definitiv ausschließt, obwohl das wie immer zuerst als Grund vorgeschoben wurde. Ausgelöst wurden diese offenbar aber tatsächlich (wie Blizzards Support irgendwann zugab) durch eine Spielgegend namens »Wintergrasp«, in der Spieler gegen Spieler kämpfen können (das sogenannte PvP – Player vs. Player). Mit dem heutigen Patch wurde diese Gegend deswegen einfach abgeschaltet, bedeutet: kein Spieler kann sie mehr betreten. Statt das Problem zu lösen, das auch hier mit Sicherheit auf zu geringe Resourcen zurückzuführen ist, entfernt man (temporär, wie man eindringlich und gefühlt fast verzweifelt erklärt) Spielinhalte.

All das führt dazu, dass auch sonst auf zeitweilige Glitches eher gelassen reagierende Spieler (wie zum Beispiel ich) langsam wild werden und auf eine Beseitigung der Einschränkungen drängen. Man könnte aber auch versuchen, einer Kuh die Hyperphysik zu erläutern und würde wohl dasselbe Ergebnis ernten, wie man von Blizzard bekommt: Gar keins. Das Hörnertier würde wenigstens durch Widerkäuen reagieren. Blizzard reagiert dann doch irgendwie ähnlich: durch das ständige Widerkäuen von leeren Worthülsen.

Man kann hier keine Ausreden gelten lassen. Mittel kommen jeden Monat mehr als genug rein, auch wenn man laufende Kosten abzieht. Der einzige Grund, warum sich über Monate nichts tut, kann eigentlich nur sein, dass die Manager-Reisen auf die Fidschi-Inseln so teuer sind… ;o) Ein Running Gag ist übrigens Blizzards Aussage »Es wurde Hardware aufgestockt«, der seitens der Spielergemeinde aufgrund ausbleibender Verbesserungen wie folgt kommentiert wird: »Ja, ja, das bedeutet, sie haben eine neue Kaffeemaschine gekauft…« :o)

Man zieht sich auf die AGBs (auch TOS genannt, Terms Of Service) zurück, nach denen die Spieler ohnehin kaum Rechte haben (daz zu spielen schon mal gar nicht), die wahrscheinlich ohnehin nicht europäischem Recht entsprechen, und verläßt sich darauf, dass schon kein Spieler deswegen oder wegen der technischen Schwierigkeiten einen Rechtsstreit anfangen wird… Und damit haben sie leider recht.

Ich höre schon die Schlaumeier, die jetzt sagen: »Ist doch nur ein Spiel, reg dich nicht auf!« Das ist aber grundlegend falsch gedacht. Es geht hier um eine bezahlte Dienstleistung bei der es seit Monaten zu Einschränkungen in der Nutzung kommt, aber trotzdem die gesamte Monatsgebühr erhoben wird. Das ist ungefähr vergleichbar, als ob alle Telekom-Kunden über Wochen keine Großstädte anrufen können. Klar, beim Spiel sind die Auswirkungen lange nicht so schlimm, aber dennoch bezahlt man für eine Leistung, die nicht oder stark eingeschränkt zur Verfügung gestellt wird. Mir ist aber schon klar, dass Nicht-Spieler für die Problematiken wohl nur ein müdes Lächeln übrig haben dürften, wobei ich die deutsche Volksseele gern mal kochend erleben würde, wenn Ähnliches mit dem Pantoffelkino geschehen würde und um 20:00 Uhr zur Tagesschau die Meldung eingeblendet wird: "Zusätzliche Zuschauer können leider nicht zugelassen werden!" Fernsehen braucht man nämlich eng genommen genauso wenig wie WOW... ;o)

Am katastrophalen Blizzard-Service wird sich nichts ändern. Zumindest so lange nicht, wie es keine wirkliche Alternative zu WORLD OF WARCRAFT gibt. Was stört es die Blizz-Manager schon, wenn eine Million Spieler frustriert abwandert? Eben…

Cover WRATH OF THE LICH KING, Copyright 2008 Blizzard (zu denen ich nicht verlinke, denn für miserablen Service spendiere ich keine kostenlosen Werbelinks). :o)

Kommentare  

#1 Holzi 2009-01-24 20:51
Blizzard selbst hat die Situation sogar noch verschärft: Im Moment findet das alljährliche Mondfest statt. Im Rahmen solcher Saisonevents (z. B. Winterhauch oder Braufest) gibt es spezielle Questen, die nur eine gewisse Zeit lang erhältlich sind. Beim Mondfest muss man Älteste besuchen, das sind Questgeber-Charaktere, die überall auf Azeroth herumstehen. Etliche davon leider auch in Instanzen, weswegen jetzt noch mehr Spieler versuchen in Instanzen zu kommen. Das hat den Instanzservern offenbar endgültig den Rest gegeben.

Blizzard schweigt weiterhin zu den Problemen...
#2 Holzi 2009-01-28 20:44
Heute wurde Patch 3.0.8a aufgespielt, der eigentlich nur kleinere Probleme beheben sollte, dafür aber neue Bugs verursacht hat. Beispielsweise funktionieren jetzt die Meetingstones vor den Instanzen nicht mehr. Hierüber können Spieler, die sich vor einer Instanz befinden, die restlichen aus der Gruppe "beschwören", damit die nicht weite Wege zurücklegen müssen. Geht auf einmal nicht mehr, Blizzard kündigt für heute nacht ein Hotfix an, alle Server werden heute nacht ab 5:00 sukzessiv neu gestartet.

An den übervollen Instanzen hat sich nichts geändert, ebensowenig an massiven Instabilitäten ganzer Server. Der deutsche Server "Die Aldor" kickt seine Spieler laut Aussagen diverser dort spielender Kunden regelmäßig raus. Andere (Perenolde, Azshara) haben unter massiven Lags zu leiden. Auch beklagen sich Spieler darüber, dass sie während Raids aus den Instanzen geworfen werden.

Das macht alles den Eindruck, als würde Blizzard das Spiel langsam aber sicher über den Kopf wachsen.
#3 Holzi 2009-01-30 19:34
Ich hab noch zwei: :D Seit dem letzten Patch gibt es Probleme mit dem "Launcher", das ist eine Software, die ihrerseits WOW startet (sowie ein Waschhundprogramm namens "Watcher", das überprüft, ob nicht zugelassene Software läuft). Aus irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Gründen wird bei jedem Start eine Kopie des Launcher erstellt und diese verwendet. Personal Firewalls erkennen, dass die Software geändert wurde und weisen mit einer Warnmeldung darauf hin. Standard-Kommentar seitens Blizzard: "Das Problem ist uns bekannt, wir arbeiten dran".

Weiterhin laufen andere Spieler sowie NPCs bei manchen Gamern massiv im Zickzack und werden nicht dort dargestellt, wo sie eigentlich sein sollen. Standard-Kommentar seitens Blizzard (na, wie wohl?): "Das Problem ist uns bekannt, wir arbeiten dran"...

Dafür kann man die Meetingstones wieder nutzen. Um auch mal was Positives zu vermelden... 8)

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.