Frank, Astrid - Das Pferd des Teufels

Frank, Astrid - Das Pferd des TeufelsDAS PFERD DES TEUFELS
von ASTRID FRANK
298 Seiten (Hardcover) – 14,90€
ISBN 978 3 522 17883 9

Thienemann-Verlag 2008

Pferderomane gibt es wie Sand am Meer und hat man sich in das Genre eingelesen, dann stellt man sehr schnell fest, dass es nur wenige Variationen gibt, einige wenige Themen immer wieder und wieder zum Besten gegeben werden. Offenbar werden vor allem die jungen Mädchen nicht müde, diese meist nur mit anderen Namen verpackten Stories von Reitturnieren und Pferdehöfen zu lesen. Alternativen gibt es nur selten, und wenn, dann stammen sie eher von fremdsprachigen Autoren, meist aus südlichen Ländern.

Mit ihrem Buch DAS PFERD DES TEUFELS legt Astrid Frank einmal eine echte Alternative vor. Schon als ich den Klappentext las und das für dieses Genre eher untypische Cover sah, wusste ich, dass mir das Buch gefallen würde. Es zeugt von Mut, in einem Jugendbuch derartige Themen zu verarbeiten und es ist gleichzeitig gefährlich, denn allzu verführerisch ist das Spekulative an solchen Stoffen.

Anna Meutin, ein junges Mädchen, lebt elternlos nur mit ihrer Grossmutter in der Zeit des ausgehenden Mittelalters am Rande von Köln, in einem Armenviertel. Um sich und ihre Grossmutter am Leben zu erhalten bewirtschaftet sie allein ein kleines Feld und verkauft die Waren auf dem Markt. Dabei hilft ihr Christopherus, ein kräftiges Pferd und ein wahrer Freund. Doch eines Morgens tritt das Pferd aus und verletzt den Marktleiter schwer. Christopherus ist krank und die Berührung des Mannes bringt eine nervöse Reaktion hervor. Schnell taucht der Vorwuf der Besessenheit auf und dem Pferd soll der Prozess gemacht werden. Anna kann mit der Hilfe ihres Jugendfreundes Daniel einen Aufschub erwirken, damit sie die Unschuld des Pferdes beweisen kann.

Christopherus wird weggesperrt und Anna kann so kaum noch genug Mittel aufbringen, um für das täglich Brot zu sorgen. Und wie soll sie die Unschuld des Pferdes beweisen? Sie wendet sich an eine alte Frau, die jedoch kurze Zeit später als Hexe verbrannt wird. Dadurch, und durch andere Umstände, gerät sie selbst in den Verdacht eine Hexe zu sein. Und während sie nun versuchen muss, ihrer beider Unschuld zu beweisen, wird das Pferd zunächst gefoltert und in einem tristen Stall untergebracht. Ein Stallbursche versucht Christopherus zu helfen, so weit es in seinen Kräften steht. Es kommt zum Prozess, zu dem Anna überraschend Beistand eines Advokaten bekommt, was sie wiederum Daniel zu verdanken hat...

An dieser Stelle möchte ich die Inhaltsbeschreibung abbrechen, da ich die Hoffnung habe, dass es einige Leute geben wird, die das Buch lesen werden.

Das Buch überrascht in vielfacher Hinsicht sehr positiv. Zunächst einmal ist es die Wahl des Stoffes. Er hätte leicht zu einem spekulativen Roman verführen können, was sicherlich ein sicherer Weg in den Gefilden des Erwachsenenromans gewesen wäre. Geschickt aber schildert die Autorin das Abscheuliche jener Zeit, ohne dabei ins Detail zu gehen. Alles, was man aus den klassischen Szenarien der Hexenverfolgung kennt, wird angerissen, ohne in widerliche Einzelheiten zu verfallen. Und doch hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass einem etwas unterschlagen wird.

Die Autorin schildert kein exaktes (sie arbeitet nicht mit Daten) aber atmosphärisch sehr dichtes Zeitbild. Die Charaktere wirken alle glaubhaft, sind weder zu blass noch zu intensiv dargestellt. Häufig wird der Blick direkt auf das Tier gerichtet, wobei zuweilen sogar die Emotionen und das Seelenleben des Pferdes im Mittelpunkt stehen. Dabei offenbart der Roman Stärken, die man selten in Tierromanen findet. Es ist mehr als offensichtlich, dass die Autorin sich stark mit Tieren auseinandersetzt und ihnen mehr als zugeneigt ist. Dabei wirken die geschilderten Gedanken zu keinem Zeitpunkt kitschig.

Ein zentrales Thema, wenn auch nicht in das Zentrum der Geschichte gerückt, ist der Umgang der Menschen mit Tieren sowie der abstruse Gedanke der Menschen, den Tieren eine ähnliche Intelligenz und ein gleiches Denkvermögen zu unterstellen. Wenn gleich am Anfang eine Sau auf dem Marktplatz öffentlich hingerichtet wird, weil sie wegen angeblicher teuflischer Besessenheit ein paar Menschen umgerannt hat, dann wird man schon eigenartig berührt. Man sollte über so etwas nicht lachen, denn das hat es tatsächlich gegeben. Und so etwas passiert heute noch.

Die Geschichte ist spannend, glaubwürdig und ohne aufgesetzte Momente erzählt. Schon aufgrund des Themas ist es nicht nur ein Buch für junge Mädchen. Hier werden selbst erwachsene Männer sehr gut unterhalten und finden genug, um sogar noch mehr aus diesem Buch zu ziehen. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die Autorin sprachlich sehr gewandt ist und das Werk ein wohl exzellentes Lektorat hatte. Hier gibt es kaum unnötige Worthülsen und Phrasen. Das Ganze lässt sich sehr flüssig lesen.

Man möge mir diesen Spruch verzeihen, denn der Zeitpunkt ist eigentlich noch nicht gekommen: Es ist ein perfektes Buch für den Gabentisch. Eltern, die heranwachsende Töchter haben, sollten sich zu gegebener Zeit an dieses Buch erinnern, um ihren Kindern einmal eine andere Pferdegeschichte zu präsentieren als den üblichen Einheitsbrei. Jene werden sich sicherlich dankbar in dieses tolle Buch vertiefen.

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