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Neue Westernreihen am Kiosk: Vom Traum zum Albtraum

Der Heftroman - Die Nr. 1Neue Westernreihen am Kiosk:
Vom Traum zum Albtraum

Jeder Westernheftromaninteressierte, der aktuell eine Kiosk-Bestandsaufnahme macht, wird etwas enttäuscht sein:

Bei den Serien sind einzig noch „Lassiter“ (Erst- und 3. Auflage) und als Neuauflagen der durchaus aus dem normalen Rahmen fallende vierzehntägig erscheinende „Captain Concho“ sowie der altbekannte „Wyatt Earp“ vorhanden – mehr nicht.


Auch bei den Reihen sieht es nicht wirklich besser aus:

„Jack Slade“, der neuerdings ebenfalls nur alle zwei Wochen erscheint und wie „Lassiter“ den Sex-Western zuzuordnen ist (werten will ich nicht, da ich der Reihe nie eine echte Chance gab …), bringt die einzigen neuen Werke. „G.F. Unger“s Romane erscheinen in gleich zwei Autorenreihen (Neuauflage, versteht sich) und Winchester (ebenfalls überwiegend von nur einem Autor verfasst, gleichfalls natürlich Neuauflage): Damit ist Basteis derzeitige Produktpalette schon abschließend aufgezählt.


Kelter als einzig vorhandener Kioskkonkurrent im Westernbereich hat neben dem bereits angeführten „Wyatt Earp“ nur Reihen im Angebot:

Autorenreihen wie „R.F. Garner“ und „Ringo“, „G.F. Waco“ und „Robert Ullman“ sogar je als Dreifachband, dazu „Arizona“ (jeweils 5 willkürlich zusammengefasste Hefte), „Die großen Western“ (neuerdings bei vierzehntägiger Erscheinungsweise auch als Dreifachbände) sowie die „Super-Klassiker-Western“ mit ebenfalls 5 Romanen im Verbund - der Trend bei Kelter geht eindeutig zum Sammelband.

Zeit also, den Romanpreiskatalog in die Hand zu nehmen und ein wenig in die Vergangenheit zu reisen:

Wussten die Leser von damals, wie schön sie es hatten?

Die Leser von „Colt“, „Colorado (Western Story)“, „Rodeo-Western“, „Western-Mustang“, „Western-Gun“ und „Western-Hit“, die am Kiosk eine große Auswahl hatten und sogar neue Romane, die nicht dem Subgenre Sex-Western zuzuordnen sind, kaufen durften?

Meine Auswahl an Serien- und Reihentitel mag verwundern und ich will zugeben: Mir kämen eigentlich ganz andere Titel in den Sinn, wenn ich vor die Wahl gestellt werden würde („Ronco“ wäre der Spitzenreiter – gleich zwei Mal!, „Tombstone“, „Sundance“ und „!Amerika!“ fallen mir zudem auf Anhieb ein …).

Doch wenn sich ein Traum am Kiosk erfüllt, hinterfrägt man ihn gefälligst nicht. Denn die von mir aufgezählten Titel fand ich tatsächlich als Neuware November 2012 am Münchner Hauptbahnhof an einem Kiosk. Einige weitere Serien und Reihen waren dabei, die ich aber nicht der Vergangenheit zuordnen konnte: „Stampedo“, „Montana“ … und … Moment einmal! … „Lassite“.

Die Hefte waren fast alle etwas kleiner geschnitten als die mir bekannten 15,3 cm x 22,5 cm. Die Aufmachung (Titelbilder, Layout) an sich konnte die Verwandtschaft nicht leugnen: 64 Seiten, zwei Spalten/Seite, eingängige, bekannt vorkommende Titelbilder – ja, das waren die Hefte, die ich selbst gerne am Kiosk sehe und bei denen ich gerne die Auswahl haben würde.

Wer nun denkt, der Schreiber dieser Zeilen wacht aus seinem Traum auf, sodass sich die Realität und überschriftsreißerisch der Traum als Albtraum herausstellt, der irrt gewaltig.

Nein, diese Romane gibt es tatsächlich.
In der Realität.
In der Jetztzeit.

Man kann sie sogar kaufen.
Zwei bis drei Euro das Stück.

Nur lesen – lesen kann ich sie nicht.
Es sind nämlich kroatische Ausgaben, die da bei der ‚Internationalen Presse‘ am Münchner Hauptbahnhof ausliegen.

Und trotz dieses Umschwunges des Traumes zu einem Albtraum muss ich gestehen: Es ist schon ein schönes Gefühl, jeden Titel einer Reihe in einer Mindeststückzahl von 10 Stück ausliegen zu sehen, darin stöbern und wühlen zu können.

Das muss das gleiche Gefühl gewesen sein, das die Altvorderen damals hatten, als es noch viele Western am Kiosk gegeben hat.

Und um abschließend die deutschen „Wyatt Earp“- und „Doc-Holliday“-Leser ein wenig zu ärgern: Die kroatische Ausgabe von „Dok Holidej“ (von Frenk Larami) ist derzeit bei Band 459 „SENKE IZ MRAKA“ (laut Umschlag erschienen am 7. September 2012).
Da ergeben sich ganz neue Perspektiven …

Kommentare  

#1 c.r.hays 2014-03-06 04:20
Ja, die gute alte Zeit..

Ich trauere ihr auch des öfteren nach.

Aber mal ehrlich: Etwa gefühlte 20 verschiedene neue Western-Romane jedoch Woche? Wer soll das denn lesen?!

Ich habe zwar nie Western gelesen, dafür aber Grusel-Romane. Aber als ich 1979 anfing (da gab es noch Unmengen an Serien) habe ich auch nicht so viele Romane geschafft. Zumindest nicht zu lesen (Sammeln vielleicht ;-) ).

Der Western-Sektor scheint heute auf jeden Fall aber immer noch besser bestückt zu sein als die Horror-Sparte (oder SF etc.)...
#2 Alfred Wallon 2014-03-06 11:02
Der Western im Heftromanbereich hat schon seit vielen jahren keine neuen Impulse mehr gezeigt und dämmert weiterhin vor sich hin.
Sicherlich fehlt es nicht an Ideen und Impulsen - aber nicht in den Verlagsetagen.

TOMBSTONE erscheint jetzt unter dem Namen COCHISE COUNTY als ebook, eine zweite ebook-Reihe ist WESTERN COUNTRY mit Romanen des ehemaligen Bastei Chefredakteurs Rainer Delfs. Das ist schon interessanter Lesestoff.

Für mich ist der Heftroman ohnehin kein Thema mehr. Die "guten alten Zeiten", die hier regelmäßig verklärt werden, sind vorbei. Ohne Wenn und Aber!

Im Buchbereich gibt es noch Möglichkeiten. Aber nur, wenn man sich sowohl vom Layout und vom Inhalt von der üblichen Schwarzweiß-Malerei deutlich unterscheidet.
#3 GoMar 2014-03-06 12:02
Da hat doch endlich die ständige Keulenschwingerei der Tugend- und Schundliteraturwächter im deutschen Sprachraum gewirkt! :P

Das muss doch im Gegenzug bedeuten, dass die lieben Leser nun umgestiegen sind auf die deutsche Hoch-Literatur, dass sie endlich das lesen, was ihnen schon so lange aufoktroyiert wurde!

Halleluja! Jetzt brechen paradiesische Zeiten an für jede Menge von Literaturpäpsten und -päpstinnen! :-x

Oder doch nicht? :-* :sad: :roll:
#4 Andreas Decker 2014-03-06 12:11
Die gute alte Zeit, in der Tat ... :D

Ich trauere ihr ja auch oft nach, aber Albtraum? Ich weiß nicht. Wenn ich gerade die alten Westernromane heute lese, finde ich sie meistens erschreckend öde und langweilig. Nur keine komplizierten Sätze oder gar Themen, könnte dem Zielpublikum ja zu anspruchsvoll sein.

Was ich daran interessant finde, ist der herbe qualitative Unterschied auch in der Aufmachung. Nicht nur bei Ronco und Lobo hatte der Verlag die Nase eindeutig vorn; wenn man sich mal die Cover vom Marshall-Western oder dem Colt-Western ansieht und das mit dem durchschnittlichen Kelter oder Marken-Produkt vergleicht, das ist schon ein Unterschied. Da frage ich mich immer, welche redaktionellen Überlegungen da im Vordergrund standen, die zu kleine Portokasse oder die Gleichgültigkeit gegenüber dem Produkt.

Aber das Überangebot war schon erstaunlich. Zu den Heften kamen ja noch die Taschenbücher. Ich habe es jetzt nicht recherchiert, aber ich schätze mal, dass auch noch ein gutes Dutzend im Monat dazukam.
#5 Andreas Decker 2014-03-06 12:22
zitiere GoMar:
Da hat doch endlich die ständige Keulenschwingerei der Tugend- und Schundliteraturwächter im deutschen Sprachraum gewirkt! :P


Das musst du andersherum sehen :D Dass der Lesernachwuchs gerade beim Western irgendwann ausblieb, lag nicht an der Meckerei der Tugendwächter - mal ehrlich, die hat doch eh nur ein kleiner Kreis von Fans je überhaupt wahrgenommen, das hat doch den Durchschnittskäufer nicht interessiert.

Das Thema hat eben keinen mehr interessiert. Im Fernsehen liefen mal genauso viele Westernserien wie heute Krimis, vermutlich noch mehr, wenn man all das obskure Zeug aus den 50ern und 60ern dazuzählt, von dem ja nur ein Prozent den Weg über den Teich gefunden hat. Und dann war plötzlich Schluß, weil es keiner mehr sehen wollte. Und das lässt sich auch auf die Hefte übertragen.

Der Nachwuchs hat nicht mehr gekauft und gelesen, weil er auf vermeintlich bessere Produkte umgestiegen ist - schön wärs! -, sondern er hat nicht mehr gelesen, weil sich das PC-Spiel viel leichter konsumieren lässt und er sein Hirn abschalten kann.
#6 GoMar 2014-03-06 12:32
Zu #4 Andreas Decker:

Völlig richtig, Andreas! Ich bin total Deiner Meinung!

Mein Posting war ja auch reine Satire. ;-) 8)

Bis auf den letzten Satz vielleicht ...
#7 Alfred Wallon 2014-03-06 15:32
Es gibt schon noch neue Western, aber solche neuen Impulse wird man im Heftromanbereich ganz sicher nicht finden....
#8 Zorro01 2014-03-08 17:13
Da ja kaum Western (mal abgesehen von Wiederholungen) in unserer vielfältigen Fernsehlandschaft laufen, ist doch verwunderlich, dass keiner mal wagt eine neue Westernserie mal in Gedruckter Form auf den Markt zu bringen. Ich glaube schon, dass eine neue Reihe mit "neuen Impulsen" (um Alfred Walons Worte zu nutzen) eine ausreichende Leserschaft finden würde. Will sagen: Western ist im Moment die einzige Genre, die in anderen Medien kaum/gar nicht beachtet wird. Inwieweit neue, jüngere Leser auch mit angesprochen werden, sei mal hingestellt. Ich glaube aber, dass es immer noch mehr als genug Fans gibt.
#9 Alfred Wallon 2014-03-09 16:36
@Zorro:
Ich glaube das nicht, denn in den Verlagsetagen sitzen Entscheider aus jüngeren Generationen, die nichts über Western wissen und demzufolge auch nicht qualifizierte Entscheidungen treffen können.Weli sie sich eben nicht auskennen. Ich merker das immer wieder in Gesprächen und bin zu der Erkenntnis gekommen, dass sich hier nichts mehr ändern wird.
Die Zahl der Westernfans ist - sagen wir mal - sehr überschaubar. Und neue potenzielle Leser wissen viel zu wenig über dieses Genre. Somit können sie auch nie zu Fans werden. Weil man ihnen keine neuen Ideen präsentiert. Zumindest nicht im Heftroman.
Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, wenn sich da mal was tun sollte. Aber die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen mir, dass von den noch existierenden Heftromanverlagen da nichts mehr kommen wird.
Und selbst wenn es so wäre: wer sollte diese Romane schreiben? Es gibt unter den Autoren nicht mehr viele, die mit diesem Genre vertraut sind und wissen, wovon sie schreiben.
mu5x
#10 Advok 2014-03-10 18:58
#8 Zorro:
!Amerika! war, wenn ich richtig zurückblicke, die letzte neue Westernserie. Da wurde vieles sehr richtig gemacht, die Romane waren sicherlich im Vergleich zur Masse der Westernhefte herausragend (wenngleich leider nur von einem Autor, so dass sie sich vom Handlungsaufbau in den einzelnen Romanen zu oft wiederholte). Zudem hat der Redakteur aus anderen Genres durch viele Hinweise bei anderen Serien versucht, Leser zu finden.

Dennoch erfolgte die Einstellung mit Band 22.

Die Chancen für eine neue Westernserie in gedruckter Form dürften heute noch weit geringer sein.

Nicht zu vergessen: Die Ansprüche sind höher geworden. Viele qualitativ hochwertige Fernsehserien beweisen, dass es genügend Publikum gäbe, das man gewinnen könnte, weil Qualität geschätzt werden würde.
Dann darf man aber keine wirklich neuen Western schreiben - davon gibts ja bereits genug -, sondern historische Romane, die zu dieser Epoche spielen.

Schwierig.
Auch viele der neuen Romane in den Kleinverlagen schaffen diesen Qualitätssprung nicht, erreichen viel zu oft leider nicht einmal die gewohnte Qualität der besseren 70er Jahre-Romane. (Fairerweise sei erwähnt: Viele schaffen auch den Sprung ...)
#11 Werner J. Egli 2015-02-18 13:33
Es gibt sie schon noch, die Western-Romane, auch wenn sie längst tot gesagt und oft beerdigt und ebenso oft wieder ausgegraben worden sind. Beim Blitz Verlag, zum Beispiel, Taschenbücher von deutschsprachigen Autoren.

www.blitz-verlag.de/index.php?action=serie&serieid=266

Bis jetzt ist einer von Thomas Jeier erschienen, einer von Alfred Wallon und vorerst zwei meiner sechs "Delgado" Bände, von denen die ersten drei stark überarbeitete Pabel-Taschenbücher sind, zu denen ich drei neue Folgen geschrieben habe.

Jammern hilft nichts --- neue Helden braucht das Land. :-)
#12 Kerstin 2015-02-19 11:14
Tja, ich habe im letzten Jahr einige Western-Hefte gekauft und gelesen, aber wirkliche Highlights an Kreativität waren die nicht.

Wenn das Genre überleben soll, muss da ein bisschen frischer Wind ran un der Mut, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und mal Inhalt von einer anderen Sorte bringen, so, dass es aber noch Western ist.

Dazu müsste man sich auch mal die Mühe machen, eine neue Zielgruppe zu definieren und deren Wüsche zu erkunden. Die Zielgruppe von früher scheint ja sehr im Schwinden begriffen zu sein.

Mal ehrlich gesagt: Die typischen Westernfilme, die früher so schön stereotyp liefen und die heute noch ab und an wiederholt werden, die machen ja auch nicht wirklich Lust auf mehr, oder? Das könnte man auch besser machen.

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