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Skandal! Doctor Who wird eine Frau!

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneSkandal!
Doctor Who wird eine Frau!

Die typische Vorgehensweise bei Doctor-Who-Fans, wenn ein neuer Doctor angekündigt wird, geht wie folgt vor sich: "Wer ist das denn?" - "Oh nein, der ist zu jung/zu alt/zu unbekannt." - "Was haben die sich denn dabei wieder gedacht?" - "Der hat doch nicht die Erfahrung/der kann doch nur Theater." -

"Das ist jetzt echt aber nicht mehr mein Doctor."

Vergleichsweise geht sowas auch vor sich, wenn ein neuer Companion angekündigt wird. Als Matt Lucas als Nardole einen Stammplatz in der 10. Staffel bekam, schieden sich da auch die Geister. Allerdings war das alles bisher ja nur ein Sturm im Wasserglas, denn jetzt wird Doctor Who - Achtung! - eine - Frau! Damit geht dann mindestens für die Hälfte der Whovians die Welt unter. Mindestens. Denn das geht ja nun mal gar nicht. Fürchterlich. Wie kann eine Frau nur die bisher männlich besetzte Rolle des Doctors verkörpern?

Wie kann eigentlich Michelle Gomez es verantworten, einen weiblichen Master zu spielen? Unverschämt. Der Master war bisher immer ein Mann! Immer! Ob als halbe Mumie - siehe alte Who-Serie - oder als überdrehter Time-Lord wie John Simm. Der Master war immer ein Mann. Und zack, fertig: Dann präsentiert uns Moffat einfach eine Frau? Missy? Wie konnte er nur... Na ja, er war der Showrunner zu dem Zeitpunkt. Und er hat die Fans auch auf den falschen Fuß erwischt, weil das Geheimnis um Missy immerhin eine komplette Staffel brauchte, um sich zu entfalten. So dass wir als Fans erstens Michelle Gomez als Schauspielerin kennenlernen konnten und dann uns dann ihre Interpretation des Masters gewöhnen konnten. Clever, Mr. Moffat, sehr, sehr clever.

Aber jetzt der neue Doctor - auf deutsch wird das noch seltsam werden: "Hallo, ich bin die Doktorin."? Furchtbar. Grauenvoll. Vor allem, weil wir ja schon so viel von Jodie Whittakers Darstellungs-Kunst gesehen haben! Als Doctor natürlich. Um die 7 Sekunden beim Trailer-Teaser! Das reicht natürlich vollständig, um beurteilen zu können ob sie als Doctor eine gute Figur machen wird. Ähm - ob sie als Doctor der Figur gerecht wird. Natürlich. Vollkommen klar. Dass Jodie Whittaker dagegen in "Broadchurch" sich schon ihre Meriten verdient hat, an der Seite von David Tennant übrigens, als Mutter des ermordeten Sohnes - das ist natürlich total unwichtig. Dass sie auch schon in mehreren Filmen zu sehen war, "Attack on the Block" etwa: Pah, zählt nicht! Sprich: Dass sie erwiesenermaßen eine gute Schauspielerin ist - was Matt Smith damals ja erst noch unter Beweis stellen musste - nein, das kann man nicht in Rechnung stellen.

Ebenso ist Jodie Whittaker natürlich nur ausgewählt worden, damit man auch in der BBC endlich ein politisch korrektes Format hat. Genau! Nur, damit endlich die Diversität in der Serie besser zur Geltung kommt! Die sollten sich was schämen, den Doctor für diesen Wert zu opfern! Dass Bill Potts offen lesbisch, Captain Jack Harkness mehr als bi und wir in der Serie eine gehörlose Schauspielerin hatten - natürlich auch alles Figuren, die unbedingt nach einer politischen Agenda eingesetzt werden mussten. Seltsamerweise hat sich bei Jack Harkness noch nie einer darüber beschwert, dass der Charakter so ziemlich alles in die Betten nimmt, was einen Puls hat. Also wirklich, wenn das nicht skandalös ist, dann weiß ich es auch nicht. Aber nein, stattdessen bekommt der auch noch einen eigenen Spin-Off. Erschreckend! Das verdirbt doch die Jugend!

Außerdem - und jetzt mal ganz ehrlich: Es ist nun mal in der Serie verankert, dass Time-Lords ihr Geschlecht bei der Regeneration wechseln können. Mir ist ein Kommentar vom 11. Doctor zum Thema The Corsair im Kopf - "The Doctors Wife" - wo er meinte, der Time-Lord war auch mal eine Frau. Im Finale der neunten Staffel haut der Doctor - relativ untypisch für ihn eigentlich - einen Time-Lord mit einer Waffe um und wenige Minuten später haben wir eine Regeneration in eine Frau. Missy neckt Clara in "The Magicians Apprentice" mit einer Aufzählung von Fakten, darunter, dass der Doctor auch mal eine Frau war. "Eines davon ist eine Lüge", meint sie allerdings und lässt im Unklaren, was genau gelogen war. Im Finale der 10. Staffel, kurz bevor Bill tödlich getroffen wird, meint der Doctor, dass er und der Master Freunde seit Kindesbeinen gewesen seien - in "The End of the World" wird das ja auch angesprochen. Oder sie seien auch gute Freundinnen gewesen. Oder Freund und Freundin. Alles kleine Bausteine und Hinweise, die jetzt auf den neuen Doctor in weiblicher Gestalt hinweisen.

Und warum verdammt nochmal sollte das eigentlich im Jahr 2017 AD ein Problem sein? Bei "Voyager" hats doch auch funktioniert. Ich mag die Serie zwar nicht besonders, aber Captain Janeway ist eine wunderbar geschriebene und tolle Figur - und sie ist Captain des Raumschiffes! Wie schon geschrieben: Bei Missy war es kein Problem, nach dem etwas übertriebenen Meister Simms geradezu eine Offenbarung. (Oh ja, auch wenn Simm im Finale der 10. Staffel durchaus bewies, dass er auch in Richtung Delgado agieren hätte können - ich mochte ihn als Meister nicht.) Vielleicht sollte man auch erstmal abwarten, wie Whittaker den Doctor - die Doktorin? Das wird wirklich seltsam in der Synchro - anlegt. Nach dem Capaldi-Schock - dem eher grummeligen, nicht so ganz zugänglichem Doctor - vermute ich mal eine etwas wärmere, eher in Richtung Smith angelegte - ähm - Doktorin. Aber da erst vor kurzem die Weihnachtsfolge abgedreht wurde - David Bradley! DAVID FUCKING FIRST DOCTOR NAILING IT BRADLEY! Tschuldigung. - wird es noch etwas dauern bis wir Material von ihr zu sehen bekommen werden. Spannend wird es auf jeden Fall, denn Chris Chibnall, der neue Showrunner, hat ja schon angedeutet, dass er mit einem sehr ehrgeizigem Konzept an die BBC herangetreten ist und diese das nicht abgelehnt haben. Bis es soweit ist kann ich nur empfehlen: "Broadchurch" anschauen gehen!

Kommentare  

#1 Andreas Decker 2017-07-28 12:09
Ich hätte es ganz interessant gefunden, mal eine Frau als Doktor, wenn sie es nicht schon mit dem Master erfolgreich getan hätten. So ist es wenig originell und nur mehr vom selben. Und erscheint in der Tat eher wie Genderblödsinn als wie dramatisch notwendig. Ich hielt es allerdings schon für einen Fehler, den Doktor zu sexualisieren, egal wie behutsam es erfolgt ist. Egal, ob er nun Mann oder Frau ist. Als Neutrum im Gewand eines Menschen war er interessanter als das dämliche "liebt er/sie sie/ihn oder nicht."

Jodie Whittaker ist da völlig austauschbar, hätte genausogut eine andere Darstellerin aus Broadchurch sein können.

Viel problematischer ist da der Showrunner. Chibnalls Who-Folgen waren sämtlich öde und absolutes Mittelmaß. Auch wenn ich Moffats Arbeit im allgemein am Ende für wirr hielt und sein Motto "Wozu braucht man eine verständliche Geschichte, solange wir schöne Emo-Momente haben" für grenzwertig, waren seine Who-Folgen in seiner Nicht-Showrunner-Zeit doch Highlights. Kann man Chibnall nun wirklich nicht behaupten.

Dr. Who ist nicht Broadchurch. Was weniger funktioniert, die Frau Dr. oder ihr Showrunner, wird sich zeigen.
#2 Laurin 2017-07-28 22:30
Zu "Doctor Who" kann ich ehrlich gesagt kaum etwas sagen, da ich in meinem Leben nur eine Folge gesehen habe, die mich zudem völlig abgeschreckt hatte. Aber warum sollte nicht mal eine Frau in diese Rolle schlüpfen können? Ich finde die Idee durchaus recht cool. :-)
#3 Sarkana 2017-07-29 21:42
Nya, daß bei "Voyager" überhaupt viel was funktioniert hat, würde ich jetzt bestreiten. Hätte das nicht Star Trek dran gestanden, wäre die Serie nach spätestens zwei Staffel den Bach runter gegangen. Zugegebenermaßen lag das aber nur bedingt an Captain Janeway.
#4 Andreas Decker 2017-07-30 14:37
zitiere Sarkana:
Nya, daß bei "Voyager" überhaupt viel was funktioniert hat, würde ich jetzt bestreiten.


:D :lol:

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