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Perry – Gewaltlos? - Pazifismus im Salventakt

1 Perry – Gewaltlos?
Pazifismus im Salventakt

Würde die Serie funktionieren, also auch weiterhin Erfolg haben und damit kommerziell in größerem Stil verkaufbar sein, wenn sie auf größere Gewaltdarstellungen verzichten würde?

Braucht eine SF-Serie wirklich Raumschlachten und die explizite Beschreibung von persönlichen, geschilderten Tötungen en masse auf Planetenoberflächen?

So wie es z.B. neuerdings durch die Tiuphoren geschehen ist was ja ausführlich beschrieben und ausgewalzt wurde?

Ist nur der Leser empfindlicher geworden oder finden es vielleicht einige Autoren oder die Expokraten amüsant, solche Schilderungen auch explizit einzuführen? Soll die Serie einen erzieherischen Auftrag annehmen, da sie ja ohne Zweifel die Leser beeinflusst. Gewalt in der Serie gibt es seit den Anfängen: personalisierte Gewalt finden wir bei Gucky, der Bomben legt, um allerdings meistens feindliche Roboterkräfte damit auszuschalten. Raumschlachten bei Scheer sind „antiseptisch“, d.h. es wird die Explosion Tausender Raumer erwähnt ohne explizit auf deren Besatzungen einzugehen, die millionenfach zu Tode kommen müssten. In den Silberbänden hat man dies dann durch den Einsatz von Robotschiffen ersetzt, etwa im Druufzyklus oder bei den achtzigtausend akonischen Raumern im Twinsystem.

Aber die Silberbände sollten ja auch nicht allein den Perryfan befriedigen sondern die Serie im allgemeinen Literatur-Mainstream bekannter machen, was durch die regelmäßige Wiedergabe auf den Verkaufsbestsellerlisten auch erfolgreich praktiziert wurde. Natürlich musste die Schere im Kopf des Bearbeiters dann einige allzu „landserähnliche“ Schilderungen aus den Heften glätten. Sowohl Voltz als auch Hoffmann waren als Bearbeiter der Silberbände schließlich nicht gerade als Säbelrassler oder Militärfans bekannt.

Gewaltdarstellungen mit „heran orgelnden Space-Jets“ und im „Salventakt feuernden Großkampfschiffen“ oder aus allen Rohren schießenden Shifts auf Planetenoberflächen sind nur allzu bekannt. Ebenso die klassische Raumschlacht, die innerhalb eines durchschnittlichen Zyklus  statistisch ca, dreimal erzähltechnisch auftreten muss.

Würde der Perry auch ohne jegliche oder nur mit marginaler Gewalt als Serie funktionieren... etwa, indem man mehr Wert auf Erforschungen legt, das Unbekannte beschreibt, Explorerabenteuer, Prospektoren, freie Erkunder, Scouts und Perry immer dabei und vorneweg...?

Die Serie lebt von der Entschärfung von Gefahren für Terra und die Galaktiker der Milchstraße...könnte es auch Gefahren geben ohne allzuviel explizit durchgeführte und/oder beschriebene Gewalt? Ohne neuerdings  genüsslich beschriebene  Abschlachtungen von Zivilisten durch Tiuphorenmörder oder große Raumkämpfe?

Würde ein Reiz darin fehlen? Und damit die Käufer? Allzuviel Pazifismus tat der Serie schon in der Vergangenheit nicht gut (noch unter Voltz gab es solche Überlegungen). Einer Dauerreihe wie dem Perry muss man wohl einfach eine gewisse Gewaltbeschreibung unterstellen dürfen...andere Serien ohne diesen Aspekt funktionierten nicht auf Dauer oder nur mit marginal kleinem Leserkreis von Liebhabern dieses Genres. Einzelromane der SF kommen recht gut ohne so etwas aus, aber in einer wöchentlich erscheinenden Serie? Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass Perry einst bei einigen Leuten in der Bundeswehr gern gelesen worden war, die einen übersteigerten Pazifismus aufgrund ihrer Realitätssicht eher nicht als Leser tolerieren würden...wie groß dieser Kreis im Gesamtbild der Leser ist oder war, kann ich aber nicht sagen.

Würde als Versuchsballon  ein Kurzzyklus fast ganz ohne Gewalt funktionieren, nur mit Explorerabenteuern in fremden Gegenden? Nicht ohne Konflikte gewiss, aber auch die Überwindung von uralten Fallensystemen  (MdI:Horror z.B.) oder anderen Gefahren können ja recht reizvoll beschrieben werden, ohne dass immer ganze Völkerscharen unter  direkten Beschuss kommen müssten. Aber würde das die Leser oder zumindest einen Großteil davon nicht langweilen...und sie würden sich aus dem Bezug der Reihe verabschieden? Benötigt die Serie diese unbedingte Beschreibung von Gewalttaten? Früher waren diese Modalitäten klar in die Handlung eingebettet und nüchtern und sachlich, objektiv, beschrieben.

Unter den neueren Expokraten wird zunehmend die subjektive Schiene gefahren, die auch das persönliche Grauen des Tötens oder die Gefahren des Getötetwerdens in persönlichen Schilderungen thematisiert. Allerdings gibt es auch die ausführliche Beschreibung von „Rettungskapseln“ während einer Raumschlacht. Auch hier haben sich also die Befindlichkeiten und die  Schilderung der Betroffenheit der Darstellung durch die subjektive Beschreibung ihrer Figuren  durch  heutige Autoren und Expokraten gegenüber früher, etwa Scheer oder Feldhoff, stark geändert. (im Mai 1913 wurde ja im Berliner Stammtisch einiges dazu diskutiert: Perry-Forist Duncan erwähnte, ob Expose-Autoren mit Schweineblut duschen würden, worauf Perry-Forist  K.S. Bygstüg erwiderte, er glaube schon dass Monty (Herr Montillon, einer der beiden  aktuellen Expokraten) in Schweineblut duschen würde...).Soviel also zu Aggressionen, Annahmen und Anforderungen an Expokraten...Zurück zum Thema:

Kann man einen Versuch machen, etwa in einem 12er-Spin-Off oder in einem Kurzyklus,  als Test einmal ganz ohne große Gewaltschilderungen auszukommen?Würde das einen Sinn ergeben? Verkauft sich das? Was sagen die Leser dazu, was die Macher? Was wollen wir?

© 2016 by H. Döring

Kommentare  

#1 Laurin 2016-12-20 03:03
Ich melde mich da mal als Ex-Leser und muss leider sagen, dass dieses glätten hin zu etwas mehr Gewaltfreiheit unter Voltz und Co. mir damals schon die Silberbände verleidet hatte. Die Sache mit den Schlachten nur mit Roboterschiffen empfand ich schon als albern und einer Spannungsserie abträglich. Und je mehr Voltz die Finger in der Serie hatte, um so weniger interessierte sie mich. Als Spannungsserie dürfte PR locker vor die Wand laufen, wenn man hier Gewaltfreiheit zum obersten Ziel erhebt. Natürlich ist auch mal ein Roman recht interessant, wo nicht gleich geschossen wird, aber schon ein Kleinzyklus auf Kinderbuch-Niveau wirkt schon mehr als leicht irritierend. Serien der Spannungsliteratur sollten schon auch in der SF die Realität etwas wieder spiegeln. Nicht umsonst steht die Military-SF gerade so hoch im Kurs bei vielen Lesern und da wird sich PR wohl eher etwas orientieren müssen, will sie nicht viele Leser verprellen.
#2 Peter Glasmacher 2016-12-20 13:28
Wen wunderts? ich könnte mir das sehr wohl vorstellen. Man lann Konflikte duechaus beschreiben, ohne auf explizite grafische Hewaltschilderungen zurückzugreifen. Ich behaupte einfach mal, dass die Raumschlachten der Anfangszeit dem geschuldet waren wie die Macher ihr Publikum sahen. Ala ' die wollen WildWest oder Landser im Weltraum.
vielleicht ist es ja noch so. Mich, ich betrachte mich als durchschnittlicher Follower der Serie, törnen diese expliziten Gewaltorgien eher ab. Wollen vielleicht vom gegenwärtigen Mangel an 'Killerideen' ablenken. Oder von der allzugrossen Verzettelung durch zu viele unausgegorene Geistesblitze. DAS gilt für beide Ausprägungen der Serie.....
#3 Postman 2016-12-20 14:31
Die Gewaltbereitschaft gehört zum Menschen wie das Atmen, warum wollen viele dann nach außen hin fehlerfrei wirken? Für mich wirkt dies eher unrealistisch um nicht zu sagen scheinheilig ...

Jeder Mensch hat eine Reizschwelle und solange man darunter bleibt hat man sich im Griff. Wird diese Schwelle überschritten, handelt man emotionsgesteuert oft nur mit Worten aber ab und an auch mit Taten im Affekt, ob dies nun phsychischer oder physischer Angriff oder eine Verteidigung ist. Warum sollte dies in der Zukunft oder intergalaktisch anders sein?

Mein Ausgleichsventile sind der Film und das Lesen und damit die reine Fantasie, und ich denke gerne über das Gesehen oder Gelesene nach. Darum darf es gerne mal um richtig Negatives gehen und es darf gerne mal politisch inkorrekt gehandelt und auf die Kacke gehauen werden. Dies dient mir der Selbstreinigung, da ich fiktiv über etwas (vielleicht auch Schlimmes) nachdenken kann. Es darf am Ende aber gerne auch eine moralische bzw. mahnende Seite vorhanden sein.

Ergo nicht nur ein plumbes Gewaltdauerfeuer, aber auch kein unrealistisches niemals einhaltbares Handling wie bei den Trekkies mit ihren Direktiven. Die Mischung und eine plausible Motivation und auch im Kontext einer guten Rahmenhandlung machen alles aus ...

Auf Themen wie Religion, eine größere Menge an anderen Meinungen oder auch Angst vor Andersartigkeit treffen wir im täglich im Leben, aber solches auch in Romanheften zu lesen bleibt wohl eine Wunschvorstellung. Vielleicht will ich dies auch gar nicht, mich erschrecken täglich schon die Nachrichten genug,

Im Romanheft würde dies zudem den Rahmen, die Zensur und auch die Zielgruppe sprengen.

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