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Reboot! - Perry Rhodan startet nochmal zum Mond

Zauberwort - Der Leit(d)artikelReboot!
Perry Rhodan startet nochmal zum Mond

Die Moguln des US-Kinos und Fernsehens haben sich intensiv mit ihren PCs beschäftigt. Immer, wenn der sich aufgehängt hat, haben sie per Tastendruck oder ›Affengriff‹ einen Vorgang ausgelöst, der sie irgendwann fasziniert haben muss. Dessen Potential sie dann auch nach und nach erkannten. Aber irgendwann war es dann so weit.

So hat die Filmindustrie vor einigen Jahren eine Zauberformel entdeckt, die es mit den klassischen Sprüchen wie »Abrakadabra«, »Sesam, öffne dich!«, »Hokuspokus«, »Blockbuster« oder »Sex Sells« aufnehmen kann.

Die Formel lautet schlicht: »Reboot« oder auch »Relaunch«

So bezeichnet man den Neustart einer Serie. ›Star Trek‹, ›Bat-‹ und ›Superman‹ haben ihre Neustarts schon hinter sich. Ebenso »Hawaii Five O«. Der ›Spider-Man‹ steckt gerade mittendrin. Weitere werden da folgen und für manche ist es noch schlicht zu früh, um schon wieder neu gestartet (neudeutsch: ›rebootet‹) zu werden ...

Auch im Comic-Bereich kennt man derartige Neustarts zur Genüge. Zuletzt hatten wir im Zauberspiegel den Bericht über den kompletten Neustart bei DC. Aber auch schon vorher wurde fleißig neu gestartet. In »Heldenhaft« wurde unter anderem von der »Crisis on Infinite Earths« erzählt. Also auch die bebilderten Helden haben oft diverse Inkarnationen hinter sich.

Elke Rohwer Nun besinnt man sich dieses Rezeptes auch im deutschen Heftroman. Monatelang hatte man in Rastatt ein ominöses ›Projekt X‹ angekündigt, und das Rätselraten war groß. Jetzt ist die Katze aus dem Sack. »Perry Rhodan« steht vor dem »Reboot« oder dem »Relaunch« bzw. dem Neustart. So verkündete es der Verlag in Gestalt von Redakteurin Elke Rohwer. Das Ganze stieß – nicht nur hier im Zauberspiegel – auf eine eher (vorsichtig formuliert) durchwachsene Resonanz. Man erkennt den Sinn nicht so recht ... Es gibt doch schon einen »Perry Rhodan« und seine Geschichte wird seit 50 Jahren erzählt. Das muss doch nicht sein, die Serie zu ›re-booten‹, heißt es. Sie läuft doch noch. Beim »noch« liegt der Hase im Pfeffer. Um nicht missverstanden zu werden: Im Moment besteht für die Erstauflage der »Perry Rhodan«-Serie keinerlei akute Gefahr der Einstellung. Das Ganze liegt eher im mittelfristigen Bereich und hängt von Faktoren ab, die jenseits des Einflusses des Verlages, der Redaktion, der Autoren und der Leser liegen.
 
Nun gut, was Hollywood angeht, kann ich einer skeptischen Reaktion auf »Reboots« oft nur zustimmen. Nicht immer erscheint es sinnvoll, ein erfolgreiches »Franchise« schon nach drei Filmen neu zu starten (oder – alternativ – ein sogenanntes »Remake« zu drehen.). Da gibt es doch immer noch so viel zu erzählen. Aber in Hollywood und beim US-Fernsehen misstraut man wohl der Merkfähigkeit des Publikums. Ich will hier aber gar nicht in eine Diskussion einsteigen, ob und bei welchen Filmen oder TV-Formaten ein Neustart nötig und angebracht war/ist/sein wird. Das ist nicht im Moment unser Thema.
 
Unser Thema hier ist »Perry Rhodan« und der Heftroman. Da sind Neustarts eher nicht bekannt. Neuauflagen schon, aber das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Einmal legt man (möglicherweise bearbeitet) eine Serie oder Reihe wieder vor, bei der Alternative beginnt/beginnen der/die Autoren, den Stoff noch einmal neu zu schreiben. Der Plan ist, im Taschenheft die Saga um den ›Erben des Universums‹ neu zu beginnen, um einen zeitgemäßen Start hinzulegen. Einen Start im 21. Jahrhundert. Einen Start in der Sprache unserer Zeit. Einen Start jenseits des Zeitgeistes der sechziger Jahre.

Ich halte das für eine großartige Idee! Ich wiederhole das gern: Eine großartige Idee!

Viele – und auch nicht nur im Zauberspiegel – haben überhaupt nicht begriffen, dass dieser »Reboot« eine Menge Vorteile bietet, Weitsicht beweist und dazu auch, welcher Ansatz damit wohl verfolgt wird. Der Heftroman als Publikationsform liegt in Agonie (darüber mag auch die Neuauflage der Serie »Vampira« und der Start der Miniserie »2012« nicht hinwegtäuschen) und die Auflagen (auch bei »Perry Rhodan«) liegen deutlich unter denen der Sechziger. Der Heftroman stirbt seit mehr als zwei Jahrzehnten (wahrscheinlich noch länger). Er mag seinen Zenit gar schon in den späten Sechzigern, frühen Siebzigern überschritten haben. Seither geht es mit zunehmender Geschwindigkeit bergab mit den verkauften Auflagen, erscheinenden Titeln und verlegenden Verlagen. Ich möchte den Heftroman einmal kommerziell ausgereizt nennen. 

Obwohl nun »Perry Rhodan« der Klassenprimus ist und mit deutlichem Abstand vor allen anderen Serien und Reihen liegt, die Erstauflage von seinen Autoren und Redakteuren immer ›up to date‹ gehalten wird, so gibt es doch mehrere Faktoren, die Besorgnis erregen können. Wenn letztlich immer weniger Serien und Reihen in der Form des klassischen Romanheftes auf dem Markt sind, kann es auch den Primus treffen (Es wäre nicht das erste Mal, dass auch eine gut laufende Serie von VPM eingestellt wird - Fans von Dan Shocker's »Larry Brent« wissen, wovon ich rede.). Einige der noch laufenden Serien und Reihen werden nach meinem Dafürhalten am Markt gehalten, um noch eine hinreichende Menge Titel präsentieren zu können, um überhaupt noch ausgeliefert und in den Verkaufsstellen präsentiert zu werden. Denn wenn »Perry Rhodan« die letzte Heftserie (oder auch nur eine von fünf oder zehn) am Platz wäre, wie würde(n) die noch am Kiosk oder der Bahnhofsbuchhandlung präsentiert werden? Schon jetzt versteckt man die Heftromane und präsentiert lieber die lukrativeren Zeitungen, Zeitschriften und - ja - auch die Taschenhefte.

Der Heftroman ist doch zum Stiefmütterchen geworden. Zudem gibt schon jetzt zunehmend weniger Verkaufsstellen für Hefte. Dazu kommt: Abonnenten und eBook allein tragen nicht nur »Perry Rhodan« (noch) nicht. Man sieht, selbst der Branchenprimus ist in Gefahr. Längst nicht unmittelbar, aber doch absehbar, wenn die Zeichen der Zeit verstanden werden. Wenn man nicht in der Traumwelt lebt, in denen der Heftroman ewig existiert und den Autoren die Honorar-Schecks nur so zufliegen und die Leser in hellen Scharen die Dinger kaufen. Das Heft ist schon seit Jahren (von Ausnahmen wie eben »Perry Rhodan« abgesehen) ein Nischenprodukt und kein Massenmedium mehr.  

Klaus N. FrickEs wäre sträflich fahrlässig, wenn Klaus N. Frick und seine wenigen Mitstreiter vor diesen Entwicklungen die Augen verschließen würden und einfach nur noch hoffen, die Rente noch zu erreichen - und dann kann nach ihnen die Sintflut oder das Ende des Heftromans kommen (was immer zuerst da ist).

Aber zum Glück sind die »Perry Rhodan«-Macher rege und ruhen sich nicht auf den Lorbeeren der letzten 50 Jahre aus. Sie fassen Alternativen ins Auge und wollen sich nicht blind ins Schicksal fügen. Entwicklungen muss vorbeugt werden. So wie sich im Herbst eine Grippeimpfung und eine Vitamin-C-Kur empfiehlt. Frick & Co. wollen und müssen handeln, bevor der Heftroman endgültig begraben wird und am Ende ist. Sich erst dann Gedanken über das Überleben der »Perry Rhodan«-Serie zu machen, käme zu spät, viel zu spät. Die Wolken des Schicksals dräuen der Publikationsform ja nicht erst seit gestern. Wir haben das im Zauberspiegel oft genug thematisiert. Hinzu kommt: Ist eine Serie erst einmal aus den Augen (sprich weg vom Kiosk und den Bahnhofsbuchhandlungen), ist sie auch bald aus dem Sinn (der Leser). Diese Weisheit gebietet vorausschauendes Handeln.

Hinter dem »Reboot« der Serie als »Perry Rhodan Neo« steckt ein Versuch, der das Überleben des Heftromans im Allgemeinen und der »Perry Rhodan«-Serie im Besonderen in einer anderen Form bringen kann/soll. Ein Gutteil der Kommentatoren, die rumgewettert haben, sollte nun anfangen, dem Großversuch ihre Daumen zu drücken. »Perry Rhodan Neo« ist mehr, als nur müßiges Herumspielen der Autoren und der Redaktion. Damit werden Weichen für eine Zukunft der Marke »Perry Rhodan« gestellt. Um den regierenden Berliner Bürgermeister zu zitieren: »Und das ist auch gut so!«  

Aber warum muss man alles neu machen? Warum muss es ein »Reboot« sein? Warum muss ›Perry Rhodan‹ denn nochmal zum Mond fliegen? Das ist er doch schon. 1961 in Real-, 1971 in Serienzeit hob die ›Stardust‹ ja schon mal ab. Kann man nicht einfach wieder mit dem Klassiker »Unternehmen Stardust« (erschien am 8. September 1961) beginnen und dann das Ganze wieder laufen lassen? Die Autoren waren doch nicht schlecht. Gerade nach dem ersten Zyklus haben die doch zunehmend an Qualität gewonnen.

Alles sicherlich gut und richtig. Die Serie ist ja nicht umsonst derartig erfolgreich geworden. Doch: Um sich auch Leser einer neuen (der heutigen und kommenden) Generation zu erschließen, muss mehr getan werden, als die Romane zu bearbeiten und wieder auf den Markt zu werfen, denn in jedem »Perry Rhodan«-Roman steckt ein gutes Stück Zeitgeist. Der Zeitgeist jener Jahre, in denen die Romane geschrieben wurden. In jenen frühen Romanen der ersten Stunde der Serie steckt ein gutes Stück dessen, was man einst den ›Kalten Krieg‹ nannte. Das ist für viele Menschen, erst recht jenen, die seit den Achtzigern geboren wurden, schlicht und ergreifend: Geschichte. Das ist nichts, was sie selbst miterlebt haben. Etwas, das sie bestenfalls aus dem Unterricht kennen. Etwas, das diesen jungen Leuten fremd und selbst für mich (Jahrgang 1964) eigentlich nur mehr eine ferne Erinnerung ist. Ein Grund für Kalauer, Anspielungen und Alec Guiness als George Smiley im Fernsehen anzuschauen. 

Kurt BrandMal davon abgesehen, dass der Jugend von heute (und nicht nur der) die Errungenschaften arkonidischer Technik des Realjahres 1961 Lachtränen in die Augen treiben. Es dürfte sich ihnen kaum erschließen, warum ein Computer eine Folie ausspuckt, die ein anderer Computer dann lesen muss, um sie für den menschlichen Leser (außer Reginald Bull und ein paar anderen) verständlich zu machen. Da war »Star Trek« ja noch deutlich weiter, als Captain Kirk noch das Kommando auf der Brücke hatte. Kurt Brand, einer der Autoren der ersten Stunde, sah seinen ersten Computer in Form eines PCs 1990, kurz vor seinem Tod. Das war ein "AT" mit seinerzeit gewaltigen 16 MHZ, einer Festplatte von unglaublichen 40 Megabyte, einer Grafikkarte, die (schon) 256 Farben darstellen konnte, und der über 640 KB Arbeitsspeicher verfügte. Computer waren für diese Autoren 1961 eben noch das, was sie geschrieben haben: Science Fiction. Sie hörten von ganzen Computern, die ganze Räume füllten. Die Vorstellungen darüber waren bestenfalls vage (was sich auch darin äußerte, dass die leistungsfähigen Computer der »Perry Rhodan«-Serie immer größer wurden, während in der Realität das Gegenteil der Fall ist). Noch 1984 lachten (auch SF-)Autoren über einen Vortrag auf dem Kongress der Phantasie in Passau, in dem es hieß, in zehn Jahren (also 1994) wäre die Schreibmaschine durch den ›PC‹ abgelöst. 

Das Genre Science Fiction ist heute in vielen seiner Sub-Genres im Mainstream angekommen. Fast jeder kennt aus den immer perfekter werdenden Bildwelten (und eine Welle von SF-Filmen ist mal wieder im Kommen), sprechende Computer, die geradezu winzig sind und doch so viel mehr können als der Großrechner ›Nathan‹, der ein Gutteil der Mondoberfläche einnimmt. Gegen diese Bilder- und auch Textwelten der ›Space Operas‹ wirkt das ›Rhodan’sche‹ Startszenario, als hätte der gute Perry noch den Abakus in der Hand. So fern wie die Mondkanone eines Jules Verne dem ›Apollo‹-Programm und dem darauf folgenden ›Spaceshuttle‹ ist, so fern ist die Technik der Frühzeit der »Perry Rhodan«-Serie den digitalen Bildern des TV, des digitalen Kinos und der modernen SF-Literatur. Ratternde Relais wird der Technik-Junkie heutzutage vergeblich bei seinen PC auf dem Schreibtisch suchen. Diese Maschinen für zu Hause leisten ohnehin mehr als jene, mit denen die NASA in den Sechzigern die Landung zum Mond berechnet hat, und sie sind viefältiger nutzbar, als sich das mindestens zwei Generationen »Perry Rhodan«-Autoren vorgestellt haben.

Auch die Wissenschaft im Allgemeinen und die Astronomie im Besonderen hat Erkenntnisse gesammelt. Für SF-Leser der sechziger Jahre (und davor) waren Dschungel auf der Venus und die Wüsten des Mars noch lebendig. Aber heutzutage sind derartige Vorstellungen eher der Fantasy denn der SF zuzurechnen. In der modernen SF spielt das keine Geige mehr. Ich gestehe, ich liebe diese Geschichten. Ebenso wie ich die von Leigh Brackett verfassten Abenteuern ›Eric John Starks‹ auf dem sterbenden Mars liebe. Aber es ist SF aus einer anderen Zeit. Schon Hugh Walker brachte die Abenteuer Starks im Rahmen der »Terra Fantasy«-Reihe, und sie passten da ausgezeichnet hinein. »Perry Rhodan« auf der Venus ist eben auch so ein Fall, und diese frühen Romane schleppt man in der Serie mit.

Jene unter uns, die mit ihren Schmerbäuchen (ich besitze übrigens ein wahres Prachtexemplar) im Unterhemd (aber nicht ein einziges Feinrippunterhemd) auf den Sofas sitzen, mag diese überkommen wirkende Technik und die romantischen Vorstellungen von unserem Sonnensystem nicht so schlimm erscheinen. Die altgedienten Heftleser (und dazu gehöre ich auch) sind mit diesen ›Rhodan‹-Romanen (in diversen Auflagen) groß geworden. Aber für viele der Jüngeren muss das eher wie eine SF-Satire wirken, die das Zwerchfell erschüttert.

Unternehmen StardustAlso erscheint es klar, dass man mit den Romanen und dem heutigen Zeitgeist nicht mehr hausieren gehen kann, wenn man eine völlig neue Schicht Leser erreichen will (und nicht immer nur die, die man schon hat und mal verliert oder zurückgewinnt). Es hilft auch keine Überarbeitung. Die muss richtig tiefgreifend sein, so dass die Bearbeitung für die ›Silberbände‹ wie ein vorsichtiges Streicheln erscheinen würde. Es müssen Romane beinahe grundsätzlich umgeschrieben werden. Diese Erkenntnis hatte schon der bereits erwähnte Kurt Brand. Kurz vor seinem Tod  (im November 1991) sagte er, dass seine »Ren Dhark«-Serie grundsätzlich bearbeitet werden sollte. Romane müssten rausfliegen, andere heftig bearbeitet werden. Er nahm seine eigenen Texte davon nicht aus. Er hatte erkannt, dass die Zeit eben nicht spurlos an seinem »Ren Dhark« vorbeigegangen ist.
 
Das Umschreiben ist unglaublich viel Aufwand. Da ist es wesentlich einfacher, den Stoff frisch und mit dem heutigen Zeitgeist erfüllt neu zu erzählen. Wie gerufen kommen da die Planungen der NASA, mal wieder (zunächst) zum Mond und (in der Folge) zum Mars zu fliegen, so in zehn, zwanzig Jahren. Da passt es doch wieder. Mal gucken, um wie viele Jahre sich das Team diesmal irrt. Perry kann also ohne Rückgriff auf das Jahr 1969 in der Realität (bzw. 1971 in der Serie) wieder auf den Mond fliegen (und es wäre aktuell) und seine Abenteuer neu erleben, ohne den erzählerischen Ballast und den Zeitgeist von 50 Jahren im Gepäck zu haben.

Es sprechen nämlich drei Argumente dagegen, die aktuell laufende (und weiter laufende) Erstauflage der »weltgrößten SF-Serie« ins Taschenheft zu transponieren. Zum einen läuft sie noch gut, sehr gut. Diese Erstauflage ist immer noch das kommerzielle Herz und das Rückgrat des (wie die Amerikaner es nennen) ›Franchise‹ »Perry Rhodan«. Zum anderen bringt die Serie eben das erzählerische ›Gewicht‹ von 50 Jahren mit. Das schreckt viele ab, obwohl Jochen Adam (und nicht nur er) bewiesen hat, dass es möglich ist, in »Perry Rhodan« einzusteigen. Zudem steht die Erstauflage erzählerisch für sich, für die Entwicklung von fünf Jahrzehnten mit allen Traditionen. Die lässt man natürlich weiterlaufen. Diese Traditionen (inklusive der Erscheinungsweise und anderer Eigenarten) sind auch nicht nahtlos und reibungsfrei vom Heft zum Taschenheft zu transponieren.

Dennoch wirkt es auf den ersten Blick schwer, in diese ewig fortlaufende Geschichte der Menschheit mit ihren kosmischen Irrungen und Wirrungen, Superintelligenzen, Materiequellen und -senken, Galaxien, Hyperimendanzen, Mächtigkeitsballungen, Kosmokraten, Sternenimperien, zahllosen Völkern und einer völlig neuen Zeitrechnung einzusteigen. Dazu hat sich im Laufe der Jahre eine eigene Serienfachsprache entwickelt, die nicht unbedingt dem entspricht, was andere Serien und SF-Filme benutzen. Dieses babylonische Sprachgewirr ist zum Teil höchst  irritierend, wenn auch letztlich (noch) durchschaubar.

Aber allein dieses ›Eigengewicht‹ an serienspezifischen Dingen macht es für Neuleser der heutigen Generation schwer, sich mit »Perry Rhodan« spontan anzufreunden.

Was bleibt also?

Eine komplett neue Serie. Die »Sternenfaust« und »Maddrax« haben sich doch auch etabliert. Etabliert ja, aber auf welchem Niveau? Selbst zusammengenommen verkaufen diese beiden Serien meiner Meinung nach wohl nur knapp ein Drittel der Hefte (pro Monat), die die »Perry Rhodan«-Serie wöchentlich absetzt. Ein neuer Name heißt noch lange nicht, dass es sofort läuft. »Perry Rhodan« ist zudem die Dachmarke, wenn nicht gar das Synonym für deutsche bzw. deutschsprachige SF. Das ist eine ganz andere Ausgangslage. Dieser Markenname muss genutzt werden. Den Vorteil darf man nicht verschenken.  

Ein Spinoff? – Mit Perry Rhodan? – Unwahrscheinlich. Zudem: Wie schon »Perry Rhodan Action« wäre es aber auch mit dem ganzen erzählerischen Ballast der laufenden Serie ausgestattet. Man steckt mit den Geschichten dieses Spin-offs letztlich in einem Korsett fest, das über 50 Jahre gewachsen ist. Kein guter Weg. - Ich sage das, obwohl ich durchaus ein Befürworter der Wiederaufnahme und Fortführung von »Perry Rhodan Action« bin, aber dann auch bitte wieder als klassisches und klar Teil des seit 1961 gewachsenen Serienkosmos.

Wir greifen die klassischen Motive von PERRY RHODAN auf und verlagern sie in eine neue Zeit. PERRY RHODAN NEO ist aber kein Abklatsch. Das Autorenteam interpretiert die klassischen Geschichten neu und führt zusätzliche Handlungsstränge ein. Vertraute Charaktere werden im neuen Licht gezeigt, weitere Charaktere kommen hinzu. - Elke Rohwer


»Perry Rhodan Neo« ist der Weg, etwas zu etablieren, das neue und alte Leser anziehen könnte. Neue Leser, weil es das magische Wort »Reboot« bzw. »Relaunch« enthält und so muss man das »neo« dann auch kommunizieren. Das ist aber schon geplant. Sogar von TV-Spots ist die  Rede (und es gibt auf diversen Sendern ein passendes Umfeld dafür (von Tele 5 mit dem SF-Nachmittag bis hin zu PRO 7 und »Fringe«). Dazu würde ich empfehlen: Spots in den Kinos vor den kommenden fantastischen Filmen und SF-Streifen wären auch ein Weg, ›Zielpublikum‹ anzusprechen. Klug ist - auf jeden Fall - das Erscheinen des ersten Bandes geplant. So viel Aufmerksamkeit wie zum anstehenden ›WeltCon‹ hat selbst »Perry Rhodan« nicht jeden Tag. Das ist unbezahlte Werbung vom Feinsten. Auch der »Spiegel« ist in seiner Online-Ausgabe auf die Ankündigung schon eingestiegen.  

Man hat die Chance, von Anfang an dabei zu sein. Storys und Technik und Geschichte sind auf der Höhe der Zeit. Der neue Leser erkennt sich wieder und muss nicht mit 50 Jahren Vorgeschichte ringen oder vielleicht sogar mit den Venusdschungeln. Auch alte Leser können verfolgen, wie die Serie wieder aus den Startlöchern kommt, welche alternativen Handlungsentwürfe auf Basis der Scheer’schen (und Ernsting'schen) Grundidee entstehen. Eine Space Opera auf der Höhe der Zeit. Modern und frisch erzählt. Von einem Autorenteam, das es auch in der Erstauflage ja kann und seit Jahren überdurchschnittlich gute Heftromane hinlegt. 

Frank BorschMit Frank Borsch hat einer der Profilierten aus dem Team die Aufgabe übernommen, den ersten Roman zu schreiben und die Exposés zu gestalten. In seinen Händen liegt es nun, aus den Ideen einer ganz anderen Generation zeitgemäße und spannende SF oder besser Space Operas zu machen. Das Autoren-Team ist auf jeden Fall in der Lage dazu, eine zeitgemäße Ausgabe der Serie zu gestalten.  

»Perry Rhodan Neo« als eine (und vielleicht die beste) Möglichkeit, sich auf eine ›Post-Heft-Ära‹ vorzubereiten, die ›Marke‹ »Perry Rhodan« für die Zukunft fit zu machen, so dass in 50 Jahren mal wieder ein »Reboot« fällig sein kann, weil man wieder an einem Punkt gekommen ist, an dem es gilt, neue Leser zu begeistern.

In Hollywood reicht ja schon eine Filmtrilogie für einen »Reboot«. Da kann nach 50 Jahren und fast viertausend Romanen (in mehreren Heftserien, Taschenbuch und Hardcover) wohl kaum die Rede davon sein, dass es sich bei »Perry Rhodan Neo« um eine übereilte und voreilige Aktion handelt. Nein, es ist vielmehr vorausschauendes Denken und überlegtes Handeln, sich an »Perry Rhodan Neo« zu wagen. Ich wünsche der Redaktion und den Autoren jedenfalls viel Erfolg. Letztlich kann und soll es der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft sein.

Die Erstauflage wird dadurch ja nicht entwertet - eher im Gegenteil. Man wird beweisen, dass die Grundideen heute so tragfähig sind wie einst, als am 8. September 1961, als K. H. Scheers Roman »Unternehmen Stardust« an die Kioske und in die Bahnhofsbuchhandlungen kam und die Serie dem Genre Science Fiction einen Schub gab. Die Erstauflage ist nun 50 Jahre lang Klassenprimus und Aushängeschild des Heftromans und wird es noch ein paar Jahre bleiben. Aber sie ist auch Relikt der Geschichte eines Publikationsformats, das, bevor es eben zu spät ist, einen Neustart braucht. Ein neues, zeitgemäßes Gewand muss her, damit »Perry Rhodan« weiter ein Aushängeschild deutscher Unterhaltungsliteratur und Dachmarke der bzw. Synonym für deutsche Science Fiction bleiben kann.

Unterstützt also diesen Versuch, »Perry Rhodan« für die Zukunft fit zu machen.    

Ich persönlich würde den Machern empfehlen, sich dabei durchaus von den Pfaden und Wegen der Mutterserie zu lösen und sich wirklich alternative Wege zu bahnen, ohne dabei komplett auf die erfolgreichen und zeitlosen Elemente zu verzichten. Darauf bin ich gespannt. Denn es gilt zu bedenken, dass uns Serienhistoriker überlieferten, dass gerade in der Frühzeit der Serie niemand mit dem andauernden Erfolg gerechnet hat und dadurch viele Möglichkeiten verschenkt wurden und Storylines deshalb sehr schnell vorangetrieben wurden.
 
Aber alles in allem kann der Wunsch nur sein: Viel Erfolg!
 
Ad Astra, »Perry Rhodan Neo« ... Ich folge dir. Versprochen.
Eine gegenteilige Meinung vertritt Wolfgang Trubshaw hier

 

Kommentare  

#106 Mikail_the_Bard 2011-10-07 23:23
zitiere karl:
Kann mir jemand das Gerücht bestätigen, daß der LKW mit der NEO-Lieferung für Österreich einen Unfall hatte und gänzlich ausgebrannt ist? Und daß daher nachgedruckt werden muß?
Wo waren die Boykottierer zum entsprechenden Zeitpunkt? :-*


OMG... das war bestimmt die Terranische Befreiungsfront oder war die Befreiungsfront Tarraniens? :lol:

Scherz beiseite. Habe heute PRN1 endlich auch im Saarland gefunden (was man so alles findet wenn man Eier und Käse kaufen will!) und schon gelesen. Rezi darüber hat Horst schon.
Aber ein Frage... war bei Euch das Aufklapp-Cover auch kleiner als die Heftseiten???
#107 Laurin 2011-10-08 00:12
Ja, Mikail_the_Bard, das Aufklapp-Cover ist kleiner, was mir auch nicht gefallen hat. So waren die Seitenkanten des Romans bereits etwas...öhm...lediert. Ich hoffe mal, auch das Manko wird im PRN2 nicht mehr vorkommen, weil es schlicht schei... aussieht! :sad:
#108 c.r.hays 2011-10-08 05:11
Bei mir ist auch die Bindung des Taschenheftes schlecht. Die ersten Seiten sind fast lose. Da muß wirklich nachgebessert werden.
#109 Larandil 2011-10-08 11:27
zitiere Laurin:
Ja, Mikail_the_Bard, das Aufklapp-Cover ist kleiner, was mir auch nicht gefallen hat. So waren die Seitenkanten des Romans bereits etwas...öhm...lediert. Ich hoffe mal, auch das Manko wird im PRN2 nicht mehr vorkommen, weil es schlicht schei... aussieht! :sad:

Das war Absicht und nennt sich "Altarfalz" oder so. Damit auf dem hinteren Innenumschlag Platz ist für die farbigen Cover der nächsten Ausgaben bis Band 8 am 6.1.2012. Soll aber schon beim nächsten Band wieder ganz normal sein. So steht's zumindest im Perry Rhodan-Forum; da hatte ich nämlich vorgeschlagen, auf dem hinteren Faltumschlag eine Rißzeichnung zum Roman unterzubringen.
Rißzeichnungen gehören für mich nämlich einfach dazu und haben damals dazu beigetragen, mich "anzufixen".
#110 Laurin 2011-10-08 12:10
*Hmm...Larandil,
Diese "Altarfalz" gehört für mich eigentlich auch auf nen Altar und nicht ans Kiosk. Auf die farbigen Cover im Innenumschlag (Vorschau) hätt ich auch verzichten können dafür, zumal ich mich eh lieber positiv überraschen lasse in Sachen Cover. Mit den Rißzeichnungen ist das schon so eine blöde Sache bei Taschenheften, dass stimmt wirklich.
#111 karl 2011-11-02 10:50
Ich habe jetzt doch alle drei NEOs durch. Hat nicht nicht einmal eine Woche gedauert.
Für mich als bekennenden BBT-Jünger war die Szene im Comicladen in Band 3 das absolute Highlight. Nur die Mutantenheroes bekommen momentan ein bißchen zu viel Screentime. Ansonsten möchte ich meinen "Heftroman" genau so lesen.
Bezugnahmen auf gesellschaftspolitisches Alltagsgeschehen und hie und da ein paar Witze eingestreut.

Außerdem bin ich durch die Originalserie in keinster Weise vorbelastet und genieße diese Science Fiction-Romane als nette Freizeitlektüre und nicht als religiöses Druckwerk, an dessen inhaltlichen Grundfesten in keinster Weise gerüttelt werden darf.
#112 Monster Hunter 2011-11-19 19:00
In den achtziger Jahren habe ich es verschiedentlich mit der Perry Rhodan-Lektüre versucht. Allerdings merkte ich bald, dass ich diesem SF-Epos auf Dauer nichts abgewinnen konnte. Das ganze Handlungsgerüst war viel zu kompliziert aufgebaut, und für Einsteiger wurden deshalb sogar ganze Lexika angeboten, um dem Geschehen einigermaßen folgen zu können. Das war mir denn doch zu aufwendig gewesen - folglich hielt ich mich lieber an Dan Shocker und Co., wenn mir der Sinn nach phantastischer Literatur stand... ;-)
#113 Thomas 2011-11-20 17:35
Richtig... Perry Rhodan, das war für mich immer komplizierter Schund. Ich habe nie verstehen können, wie man sich dafür begeistern konnte. Meistens wurden die Hefte von Gymnasiasten gelesen, bevor diese die erste Freundin kennenlernten. :lol:
#114 joe p. 2014-05-29 09:53
zitiere Artikel:
Die Erstauflage wird dadurch ja nicht entwertet - eher im Gegenteil. Man wird beweisen, dass die Grundideen heute so tragfähig sind wie einst, als am 8. September 1961, als K. H. Scheers Roman »Unternehmen Stardust« an die Kioske und in die Bahnhofsbuchhandlungen kam und die Serie dem Genre Science Fiction einen Schub gab.:lol:

Und so geschah es.

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