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»Schön war die Jugend?« - Ausflüge in die Romanheftvergangenheit: Nach sieben schweren Jahren (Amulett – Der phantastische Liebesroman Bd. 4)

Schön war die Jugendzeit? -  Ausflüge in die RomanheftvergangenheitAusflüge in die Romanheftvergangenheit:
»Nach sieben schweren Jahren«
Amulett – Der phantastische Liebesroman Bd. 4
von Patricia Vandenberg aka Gerty Schiede

Ja, hallo, da bin wieder. Oder nochmal.  Ein paar von euch kennen mich sicher noch aus Abenteuern wie „Wie ich Hütten-Tony die Rösti almabtrieb“ und „Hedwig, der Geistergraf schwimmt Brust in Nevada“ – kann aber auch sein, dass mein Gedächtnis da etwas durcheinander gebracht hat.

Nach sieben schweren JahrenIst ja alles schon etwas länger her, seit ich die „Ausflüge in die Romanheftvergangenheit“ hier angezettelt habe – und sie nie offiziell beendet wurden.

Lag zum einen daran, dass mir für die Bearbeitung des typischen Wahnsinns deutscher 66 Heftromanseiten immer noch viel zu wenig gezahlt wird (also gar nüscht, wobei man das Vergnügen sowieso nicht monetär aufwiegen sollte), so dass mein eigentlicher gelernter Beruf sowie einem bunten Strauß weiterer Gründe meine schriftstellerischen Möglichkeiten stark eingeschränkt werden mussten. Corona war dann später auch noch draußen vor der Tür, aber irgendwie hatte ich das Projekt nach nahezu 140 Ausgaben auch irgendwie für mich kreativ totgeritten, Kulenkampff hatte ja mit EWG auch irgendwann mal aufgehört (und später wieder angefangen) und eine Zeitlang hätte mich jeder „nächste“ Mysteryroman für Frauen locker über die nächste Klippe springen lassen.

Inzwischen laboriere ich dank meines 50.Jubeltags aber weiter tapfer am Rande der Einweisung in die Geschlossene entlang und habe mich mal wieder zu einem (oder zwei) Gastbeiträgen breitschlagen lassen. Da mein Dealer für dime-novel-Resteverwertung leider ziemlich weit entfernt logiert, musste ich auf die Vorräte zurückgreifen, die ich vor zwei Jahren oder so noch im Haus hatte, als mir der Faden terminlich riss. Aber wer mich damals durch alle Ausgaben begleitet hat, wird es nicht so genau nehmen – denkt es euch als so eine Art „Schlefaz im Advent“…

Ach so ja, was hab ich denn zu erzählen? Die Wahl stand zwischen einem Geheimnisroman, einem Commander Scott, einem Mark Baxter und einer Fantasy-Schmonzette, die ich in vermutlich wegen des enorm geschmacklos gephotoshopten Titelbilds mit einer Adels-Lucille in Abendgarderobe mitgenommen hatte.

Natürlich hab ich mit letzterer Story angefangen, denn die kann man in knapp 55 Minuten wegtanken und die Netzhaut löst sich bekanntermaßen erst so ab Minute 62 unwiederbringlich ab.

Diese Saga aus dem Hause der unprätentiösen Resteverwertung namens Kelter nennt sich „Amulett“ oder auch manchmal „Das Amulett“ – die Hintergründe sind nicht ganz klar. Offenbar könnten die soft mit einander verlinkten Romane vorab schon mal als Sammelbände erschienen sein, ehe sie später dann als typische Heftromane wiederverwertet wurden und angesichts der im Internet auffindbaren Titelbilder offenbar auch mehr als einmal.

Effektiv hätten es wohl 24 Romane sein können, veröffentlicht wurden wohl aber als Heftroman nur 12 – letztendlich scheint mein Exemplar aber sowieso den Weg allen Schunds gegangen sein, denn es wird durch einen flotten Tedi-Aufkleber verziert, wo ja alles vor der Einäscherung noch mal für bis zu einem Euro zu haben ist (auch Gewissen, Seele und vor allem Umweltbewusstsein).

Dass man die Story aus einem längeren Gesamtzusammenhang mit Fortsetzungscharakter gerissen hat, ist dann im Heft auch gut (und fassungslos) erkennbar, aber ich denke, davon könnt ihr euch in der Nacherzählung gleich selbst ein Bild von machen. Ich schildere wie üblich nur, was da gedruckt steht – während ich meine ausgefallenen Augenbrauen wieder einsammele.

„Suzanne betrachtete währenddessen Mona Pears ganz genau. Ganz bestimmt war sie kein leichtes Mädchen. Außer ihrer etwas dunkleren Hautfarbe hatte sie keine typischen Merkmale ihrer Abstammung. Ihre Schönheit war nicht oberflächlich.“

(Nicht ganz so schwarz die Haut, schon kann es noch was werden mit der Gesangskarriere in Europa...)

Eigentlich hatte ich angesichts des Titelbilds ein wenig mit Hochadel gerechnet, aber es geht dann doch um kosmopolitische High Society mit Drama-Appeal.

„Am Anfang stand eine böse Intrige“ ziert den Roman ein Untertitel (der Haupttitel ist vollkommen irrelevant) und das Opfer eben dieser Intrige ist Dr. Bernd Sauter (natürlich ein Deutscher), der bemüht ist, nach allerlei Schicksalsschlägen (in 7 Jahren, nehme ich an) an einem südafrikanischen Krankenhaus als Chirurg zu reüssieren. Just ist er beurlaubt worden, weil er angeblich für eine Wirbeluntersuchung die Ehefrau eines Verwaltungsratsmitglieds widerrechtlich nackisch gemacht haben soll. Zumindest hat Mrs. Francis Lucius das so gekreischt, bevor Anklage erhoben wurde.

Und als sei das nicht genug, hat er eines Abends beim Cruisen auch noch eine „Mulattin“ namens Mona Pears am Wegesrand aufgelesen, die von einem Auto angefahren worden war, hatte sie versorgt und nach Hause gebracht. Das geht bekanntlich in Südafrika gar nicht.

Er ist also am Boden, sein Seelchen Annette nicht minder.

Die liebe Ehefrau ist eins dieser verachtenswerten Weibchen, die stumm und still die Karriere ihres Mannes supporten, bis sie anämisch, aber ohne je geklagt zu haben, eines sehr leisen Todes sterben – die Ehefrau als Beispiel für die totale Selbstaufgabe.

Selbstverfreilich ist Annette schwanger, nachdem sie bereits den inzwischen arschig-altklugen Dirk (6) und die nicht minder wortgewandte Christel (4) auf die Welt gepresst, die natürlich von den ganzen Vorwürfen nichts wissen dürfen.

Bernd ist offenbar ein enormer Pechvogel, denn die Nummer mit den rachsüchtigen Patientinnen oder Bekanntschaften, die seine Karriere zerstören, eben weil er sie nicht ran lässt, spielt er jetzt schon das dritte Mal durch. („Er faszinierte die Frauen und wurde noch interessanter für sie durch seine Zurückhaltung!“)

Doch Rettung naht, denn auf dem nahen Jan-Smuts-Flughafen (wir sind übrigens in Johannesburg) entsteigen Investigativ-Journalist Pieter Houten und seine stenobegabte wie ebenfalls schwangere Gattin Suzanne der Linienmaschine aus Paris. Sie sind im Auftrag des Diamantenmagnaten Sebastian Durant unterwegs, dem auch das Krankenhaus Sauters gehört und sollen der Familie zur Hilfe eilen. Im Gepäck ein mysteriösen Päckchen!

Von einem netten Chaffeur werden sie in einem Nobelrestaurant abgeliefert, wo sie – potz Zufall – am Nebentisch ein Gespräch belauschen, dass sich präzise mit der causa Sauter beschäftigt, offenbar das Paar Lucius und ein weiteres Pärchen. Nach flottem Mitstenographieren sucht man die Sauters auf, die sich über die Hilfe sehr freuen, vor allem Annette über das in dem Päckchen befindliche Amulett, dass von Durants ehedem lange verschollener Tochter übersandt wurde.

Auch dem Schmuckstück steht dann auch das Motto: „Glück dem, der auserwählt ist. Dem Bösen wird die Macht genommen.“ Da kann ja nur alles gut werden.

Bernd klärt die Houtens also über die Backstory auf, inclusive der skandalösen Erstversorgung von Mona Pears, die hier scheinbar irgendwo zwischen „nicht schicklich oder unter Strafe stehend“ einzuordnen war.

Interessiert leiern die Houtens eine Willkommensparty an, um die Beschuldiger mal genauer unter die Lupe nehmen zu können. Gleichzeitig bekommt Pieter heraus, dass Mona von einem gewissen Mac nach Kapstadt gebracht wurde, wo sie in „Ronnys Club“ (vermutlich zur Pop-Show) auftritt.

Derweil kommt es auf der Straße zu einer Konfrontation zwischen Francis und Annette, bei der auch das Amulett auffällt – was Francis natürlich sofort ihrer Freunde Cecile Neven petzt, deren Männe Archi (nein, nicht Archie, sondern Archi, fragt besser nicht…) der chirurgische Vorgesetzte von Bernd Sauter ist. Die Damen sind bitchig, geldgeil und (wenigstens eine) nymphoman und deswegen natürlich nicht zu unterschätzen. („Jetzt aber heißt es kaltes Blut bewahren.“)
Dennoch gerät der Empfang so für sie zum Fiasko, denn offenbar ist Archi beim Operieren auch nicht mehr der Erfolgreichste und steht als drogenabhängiger Kurpfuscher kurz vor der Enthüllung bzw. Verklagung.

Eine interessante Bekanntschaft aber gibt es: einen gewissen Mac Sabeja, der sich als Ceciles Bruder entpuppt. Dennoch will Pieter erstmal der Sängerin Mona Pears hinterher recherchieren, wobei er klare Grenzen zieht – auch zu seiner Frau! („Ich bin der Journalist. Du dagegen bist Hausfrau und werdende Mutter. Darf ich dich noch einmal darauf aufmerksam machen?“)

Ronnys Club erweist sich tags darauf als angesehene Location, in der Monas tiefe Stimme der Hit um Mitternacht ist und alle in ihren Bann zieht. Und auch Mac Sebaja taucht dort auf, der offenbar Mona fördern will, dem es aber an Kohle fehlt. Gefühle sind auch noch im Spiel. Außerdem vermutet man stark, dass entweder Cecile oder Archi Mona in ihrem Sportwagen angefahren haben, was Mac anhand der Beschädigungen am Auto bestätigen kann.

Wir nähern uns jetzt der Romanmitte und Pieter geht jetzt in den journalistischen Konfrontationskurs. Eigentlich möchte er ja Beweise gegen den Suff-Chirurg und seinen ihn deckenden Kumpel im Aufsichtsrat sammeln, stattdessen geht er eine Runde mit Francis plauschen (die Mannstolle!), zeigt ihr die kalte Schulter und hat da dann offenbar schon alle Beweise zusammen oder so. Zwei Zeilen später jedenfalls ist sein Artikel veröffentlicht und die Bösen gehen hysterisch aufeinander los (Cecile hat Mona angefahren, Lucius muss Archi fallen lassen etc.).

Sämtliche Konflikte sind damit praktisch schon gelöst – aber leider sind noch 30 Seiten zu füllen. Also schickt die Autorin den guten Bernd erst mal wieder an die Skalpellfront, weil es für einen ernsten Darmverschluss (den ich auch langsam von der Lektüre bekomme) keinen anderen Kandidaten gibt. Mit Hilfe des Amuletts gelingt nicht nur der schwere Eingriff, durch Ablage des Schmucks auf der Brust des maladen Hans Müller (ja, wirklich) erholt dieser sich mirakulös und gleichzeitig ziehen die Eheleute Lucius auch noch die Anklage gegen Sauter wegen des widerrechtlichen Entkleidens zurück (wieso auch immer).

Aber etwas Drama benötigen wir noch, also lassen wir auch noch Francis Lucius bei den Seiters auftauchen und mit einer Waffe rumfuchteln, während man irre und rachsüchtig mit den Augen rollt. Francis ist zwar zur Trennung bereit, aber vorher hätte sie gern noch das Amulett, dass natürlich bei bösen Leuten nicht gleichwertig funktioniert. Was dann passiert, durch Luftzug oder plötzliche Verteidiger wurde irgendwie aus dem Text entfernt, aber Annette landet jedenfalls sofort im Krankenhaus und hat eine Frühgeburt, die sich nicht mehr stoppen ließ.

Zum Glück war die Dame bereits im siebten Monat, da überleben die Frühchen natürlich auch ohne Brutkasten, aber dass bei allerlei Untersuchungen (wann auch immer und mit welchen Hilfsmitteln) niemals ein Arzt ggf. einen zweiten Herzschlag festgestellt haben soll und allen angesichts einer überraschenden Zwillingsgeburt die Kittel wegfliegen, krieg ich irgendwie nicht recht verdaut.

Francis landet parallel in der Nervenklinik, Neven wird entlassen, Durant errnennt – natürlich – Bernd zum Direktor des Krankenhauses. Cecile taucht zwar noch einmal rachsüchtig bei Mona auf, doch Mac steht schon im Hinterzimmer parat und kann die letzte Attacke mit seiner Stirn abfedern. Er bekennt sich zu der – offenbar damals noch mehr als unpopulären - Liebe hellerer und dunklerer Hautfarben – und man gesteht sich eben diese gegenseitig, ehe Durants Scheck die Möglichkeit eröffnet, künftig Karriere in Frankreich zu machen.

Auch jetzt sind es immer noch 15 Romanheftseiten, die gefüllt werden müssen und die werden dem Fortsetzungscharakter geopfert. Die Houtens und die Sauters geben das Amulett zurück, doch der Schmuck wird beim Zwischenstopp in Casablanca von dem Gauner Tom und seiner widerstrebenden Liebschaft Gladys via eines Koffertauschs entwendet. Doch auch hier wirkt das Amulett vorsorglich: Gladys findet auf der Fluch die Kraft zum Beziehungsbruch, flieht in die Nacht und Tom wird verhaftet. Doch das Amulett bleibt vorerst bei ihr. Bis zum nächsten Abenteuer…

„Annette war anders als alle anderen Frauen in seinem Leben. Niemals forderte sie etwas, immer hielt sie sich still im Hintergrund.“(Man möge sich daran bitte kein Beispiel nehmen...)

Und wie wir alle wissen, mögen erfolgreiche Männer so etwas, wenn die Frauen mithelfen oder zur Verfügung zu stehen, ohne allzu sehr zu nerven oder – Gott bewahre – auch noch Konkurrenz zu machen.

Man muss gar nicht groß erwähnen, dass hier alle Männer beruflich erfolgreich und alle Frauen entweder lauwarme Herzchen, fiese geldgeile Tussis oder eben musikalische Mischlinge (mit Talent!) sind.

Da können noch so viele Qualitäten in den Frauenfiguren schlummern, sie noch so sehr helfen oder unterstützen – ein beschützenswertes Dummerle sind sie ja doch irgendwie alle, diese drolligen Dings...Frauen.

Wir müssen uns jetzt hier gar nicht erst bis zur Hüfte in den rassistischen Muff einarbeiten, den ich befürchtet hatte, sobald das Wörtchen „Südafrika“ auf Seite 2 auftauchte, um diesen Stoff und noch besser seine Autorin in eine Kategorie von eher vorgestern einzuordnen.

Über die Serie ist nicht viel bekannt, im Web wird sie meistens in die Jahre 2001/2002 mit der ersten wahrnehmbaren Veröffentlichung verortet, allerdings habe ich die starke Vermutung, dass die Texte wesentlich älter sind.

Denn der im Roman erwähnte Jan-Smuts-Flughafen in Johannesburg heißt bereits seit 1994 nicht mehr so, als nämlich die alte Regierung mit dem Ende des Apartheidsregimes zurücktreten musste und Mandela an der Spitze des Staates rückte. Alles an dem Roman, der auf spezielle Details unglaublich bemüht verzichtet, wirkt wie in den 70er oder 80er Jahren geschrieben, als die Rassentrennung noch im „full swing“ war, wobei ich allerdings nicht sicher bin, ob die medizinische Versorgung von Schwarzen unter Strafe stand.

Die Wörtchen „schwarz“ und „weiß“ fallen übrigens so gut wie gar nicht in diesem Roman, auch die Dienerschaft, Chauffeure etc werden nicht in dieser Hinsicht definiert, allein die Beziehung zwischen Mac („weiß“) und Mona („Mulattin“) riskiert da mehr, was aber die Sache nicht besser macht, denn offenbar wird das, was die Leserschaft ggf wirklich als skandalös empfinden würde, hier mittels „Mischeltern“ etwas abgeschwächt präsentiert. Dass der Begriff „Mulattin“ ebenfalls zutiefst rassistisch ist, brauchen wir gar nicht groß zu diskutieren, insofern spricht auch das (und die Abwesenheit jeglicher Form etwa von Mobiltelefonen z.B.), dass der Text aus einer Zeit stammt, in der man es damit nicht so wichtig nahm oder diese abgeschwächte Form für „angenehm genug“ empfand. Klar, die Chose ist uralt, damals meinte man, mit solchen Geschlechterrollen sogar der weiblichen Leserschaft in Sachen „still, aber stark“ entgegen zu kommen, aber bei so etwas wird es an dem Punkt dann riskant, an dem es ungekürzt und nicht redigiert wieder mal aufgelegt wird.

Ansonsten watet man – abgesehen von den zitierten Sätzen – zum Glück nicht in allzu üblen Klischees, allerdings wohnt Mona laut Autor in einer „hübschen Wohnung im Eingeborenenviertel“, was irgendwie ekelhaft postkolonialistisch klingt.

Den Rest lässt man nett beiseite, denn da wo Köche und Diener nur kurz mit Namen erwähnt werden, kommt so etwas wie ein rassistisches Regime oder ein entsprechender Konflikt kaum zur Wirkung.

Geschickt aufgepfropft oder auch nur aus der Not geboren wirkt allerdings der Fortsetzungscharakter der „Folge“, die das eigentliche Abenteuer tatsächlich zur Hefthalbzeit schlichterdings einfach für beendet erklären, in dem der engagierte Journalist offenbar einfach mal ein paar noch unbelegte Kritikpunkte (wie fatal falsch gelaufene Operationen) in die nächste Zeitung haut, worauf das komplette Kartenhaus sofort und auf der Stelle zusammenfällt, ohne gerichtliche Gegenverfügungen, Dementi oder Androhungen von Verleumdungsklagen.

Schuld und Erlösung des Geschlechts „Mann“ liegen hier vollends in den Händen der Frauen: Mona hat Talent, aber die falsche Hautfarbe, Mac hat den Willen und die richtige Hautfarbe (ahem…), aber eben keine Kohle. Die korrupten Herren sind nicht mit ihren Handlungen das Grundübel, kommen aber hauptsächlich durch gierige, verschwendungssüchtige und mannstolle Ehefrauen zu Fall; Bernd Sauter übersteht das alles nur durch die tiefe Hoffnung seiner Frau (und das Amulett) und Houten ist ein mäßiger Rechercheur, der seine schwangere Ehefrau da kurz hält, wo sie ihm investigativ durchaus den Tag rettet.

Die gesamte zweite Hälfte ist dann auch ein einziger Murks rund um einen deutschen Darmverschluss (im Anschluss an die gelungene Not-OP wird der Gatte sofort Chef, um „instantly“ seine Familie daheim aufgrund von spontanen Überstunden wieder zu vergessen), eine unglaublich ziellose Pistolenattacke der einen bösen Dame und einem nicht minder funktionslosen Auftritt der Anderen, bis das Happy End so übermächtig wird, dass man gleich das nächste Abenteuer einleitet, weil Gladys an einen Windhund wie Tom geraten ist. Im Hintergrund spielt Sam dann „You must remember this“ oder „Ri-Ra, die Hex ist tot“, ich kann mir beides vorstellen.

Für diese Gastbeiträge ein ziemlich hartes Brot, denn Gerty Schiede, die Autorin hinter der Serie hat vermutlich Zeit ihres Lebens alle möglichen Klischees bedient, aber da ich aktuell gerade die alten Folgen von „Der Kommissar“ schaue, wo zumindest in Bezug auf die Ehefrau des leitenden Polizisten (Erik Ode) ein ähnliches Frauenbild transportiert wird (besorgt, begabt, niemals für voll genommen), während man bei den Plots und sonstigen Figuren tatsächlich schon einen Fuß in der realistischen Darstellung normaler Leute hatte, weiß ich, dass das schon in den 60ern ein ganz alter Stiefel gewesen wäre, der perverserweise 60 Jahre später offenbar immer noch ein Publikum findet.

Ich weigere mich natürlich, für dieses Geschwafel auch nur die mindeste Empfehlung auszustellen, dagegen sind sogar die alpengeschwängerten Seligkeiten von früher geradezu postmodern aufgeklärt präsentiert, seien die Protagonisten nun Silvia, Tony,  Dr. Norden oder der dicke Waldemar.

Ich versuch mich, um Neutralisierung eines ziemlich faden Geschmacks im Mund- und Rachenraum wohl noch an einem weiteren Altwerk, aber ihr wisst sicherlich, wie gefährlich das in meinem Alter ist
...

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Kommentare  

#1 matthias 2021-07-11 00:33
Natürlich ist es schick, über diese Art von "Literatur" abfällig zu urteilen. Sicherlich meistens auch zu recht!
Aber sind denn die ganzen Romane um Ghule, Werwölfe, Vampire usw. besser?
Das ist wie mit der Volksmusik: Fans von Hard Rock z.B. winken abfällig ab. "Alles Doofe, die das hören" Klar, aber mit der Volksmusik machen die Musikfirmen die meisten Umsätze. Und wenn ich Volksmusik nicht höre, oder Liebesschmonzetten nicht lese, muss ich die doch nicht schlecht machen (Und die letzten Platten von DEEP PURPLE sind genau so grottig)

Seid einfach tolerant und akzeptiert andere Meinungen (und lest fleißig Bright Angel...)
#2 Cartwing 2021-07-11 08:31
Das ist keine Frage der Toleranz.
Morland zB kann einen richtig schlechten Ballard - Roman über Werwölfe schreiben, dann fällt mein Urteil dementsprechend aus.
Oder er schreibt einen sehr guten Gaslicht Roman.
Dann fällt mein Urteil dementsprechend aus.

Eine Bekannte von mir schaut Bauer sucht Frau.
Das toleriere ich, aber ich kritisiere es auch. Das eine schließt das andere nicht aus.
Das kann gerne auch mal abfällig klingen, die besagte Bekannte kann damit leben und schaut weiter.
#3 Laurin 2021-07-11 12:03
Na ja, es scheinen sich ja alle Probleme wie von selbst in Luft aufzulösen, wenn das Wörtchen Toleranz ins Feld geführt wird.

Aber seien wir doch mal ehrlich, was nutzt mich der gute Wille in Sachen Toleranz, wenn ich mir dabei gleichsam aus lauter Verzweiflung Die Ohren (in Sachen Musik) oder die Augen (ein schlechter Roman) ausreißen möchte.

Die Schmerzgrenze ist da durchaus eine sehr individuelle Angelegenheit, anhand der sich die eigene Toleranz eventuell recht hoch oder aber auch sehr niederschwellig erweisen kann.
#4 Larandil 2021-07-12 11:53
Anna Basener hat mir in bezug auf Adelsromanzen die Augen geöffnet. Und es hat eigentlich auch gar nicht weh getan.
"Liebes- und Heftromane schreiben und veröffentlichen" hat mich tatsächlich dazu gebracht, auch mal so ein Ding auf Kiel zu legen, und ein paar Arbeitskolleginnen waren vom ersten Anblick auch ganz angetan. ES gibt Sachen, die hat man tausendmal gesehen und sie funktionieren trotzdem noch.
Wer das Ganze dann auch mal knallhart aufs Auge bekommen will, der möge sich "Schund und Sühne" geben, von dem ich jetzt schamlos den Klappentext einkopiere:
Zitat:
Ein schwuler Prinz, der für Nachkommen sorgen muss, eine depressive Fürstin, die nicht an Depressionen glaubt, ein Rosenkavalier, der die Welt retten will, eine Prinzessin mit gebrochenem Herzen und Jagdgewehr. Und mittendrin eine junge Groschenromanautorin, die eigentlich aufhören will mit Schund und Kitsch, aber ausgerechnet dafür das Literaturstipendium auf Schloss Rosenbrunn bekommt.
Für vier von ihnen brechen herrliche Zeiten an. Der Fünfte wird diesen Herbst nicht überleben.
#5 Larandil 2021-07-12 13:41
zitiere Friedhelm:

Ich überlege gerade: vielleicht wäre es eine gute "Fingerübung", wenn man sich als Anfänger zunächst an solchen Schund-Geschichten versucht würde. Und sei es auch - wie das hier offensichtlich der Fall ist- als angedachte Parodie. Egal, ob Heimatschnulze oder Gruseler.., , schlechter als das, was ich ich bereits gelesen habe, könnten meine "Ergüsse" im Heft-Roman-Sektor wahrscheinlich auch nicht sein. :-*

Frau Basener weist völlig zu Recht darauf hin, dass beim Nicht-Spannungs-Heftroman (im Gegensatz zu Western, Grusel, SciFi) feste Abläufe und Formeln gibt.
Es schadet natürlich nicht, sich in ein paar Gebieten etwas Hintergrundwissen anzueignen, z.B. wenn die Protagonistin ein Gestüt übernehmen soll ...

In einer Discord-Gruppe habe ich mal grob eine Adelsschnulze hinskizziert: Baron Bodo von Unwerth muß sich eingestehen, dass der Unterhalt des Familienschlosses Altenstein das Budget übersteigt, und daran ändert auch die erfolgreiche Jagdhundezucht seiner Tochter nichts. Also nimmt er Kontakt zu einem Immobilienmanager auf, der einen Teil des Schlosses in ein Hotel mit Tagungsräumen umwandeln soll. Für die Tochter des Barons ist es Abscheu auf den ersten Blick, aber mit der Zeit lernen Manager und Hundezüchterin einander erst schätzen und dann ...
Es regnet. Praktisch rund um die Uhr fällt Wasser vom Himmel, der Weinkeller des Schlosses läuft voll, das Dach wird undicht, die Nerven liegen blank, und da überfährt der Manager mit seinem Sportwagen beim Zurücksetzen den greisen Lieblingshund der Baronesse.
Sie will ihn nie mehr wiedersehen, schweren Herzens läßt der alte Baron dem jungen Mann die Koffer vor die Tür stellen und zieht sich in den Rauchsalon zurück, um über die dunkle Zukunft zu brüten ... da fällt ein Teil des Schlosses in sich zusammen wie ein Kartenhaus und begräbt ihn unter sich, weil der Dauerregen das Fundament unterspült hat. Der Manager krempelt die Ärmel hoch und gräbt den alten Mann aus, Vater, Tochter und Demnächstschwiegersohn liegen sich in den Armen, die Wolkendecke reißt auf, ein Regenbogen spannt sich ... ENDE.
So kann man's machen, ne?

Okay ... der Regenbogen ist vielleicht ein bißchen dick aufgetragen. Aber im Heftroman wird nicht gekleckert, sondern geklotzt.
#6 Max 2021-07-12 16:54
Sorry, aber wer Hunde umbringt, wird nicht gedruckt. Das muss man anders lösen ... also einen anderen Grund fürs Nie-mehr-wiedersehen-wollen finden ... 8)
#7 Larandil 2021-07-12 21:15
zitiere Max:
Sorry, aber wer Hunde umbringt, wird nicht gedruckt. Das muss man anders lösen ... also einen anderen Grund fürs Nie-mehr-wiedersehen-wollen finden ... 8)

Humbug! Wo gehobelt wird, da fallen Hunde. Willst du dir ein Omelett backen, musst du ein paar Hunde knacken. :D
#8 Laurin 2021-07-13 00:45
Nun ja, wenn tote Hunde so unbeliebt sind, könnte man doch auf das hauseigene Frettchen ausweichen. :-* :D
#9 Larandil 2021-07-13 22:14
zitiere Friedhelm:

Jedenfalls hätte ichviel eher einen der Haupt-Charaktere "über die Klinge springen lassen..". :oops:

Dann schreib's halt so. Je nachdem wen du über die Klinge springen lässt kann es allerdings recht schwer werden mit dem Happyend.
#10 Laurin 2021-07-14 13:38
Nun ja, Romanheftchen sind ja nicht nur eine Form der Trivialliteratur, sondern laufen auch unter der literarischen Limbostange als "leichte Lektüre". Und die darf sich in bestimmten Klischees geradezu suhlen, weil die (zahlenmäßig stärkere weibliche) Leserschaft bei Liebes-, Arzt- oder Adelsromanen dies wohl auch erwartet. Die ca. 63 Seiten sind in diesem Bereich eher sogar eine kleine Fluchtmöglichkeit in eine geliebte Traumwelt, die eben auch an wesentlichen Elementen im Inhalt nicht wirklich rütteln darf. Ob dann da so ein No-Happy-End oder das völlig unerwartet abmurksen einer Hauptcharaktere wirklich gut ankommt, will ich daher mal nicht gerade unterschreiben wollen. Im Zweifelsfall dann eben doch den kleinen Chihuahua killen, wenn der bei Frauchen aus der Einkaufstasche glotzt. :lol:
#11 Toni 2021-07-14 16:10
Interessante Diskussion hier :-) .
Wenn du den Heimat, Arzt oder Fürstenroman aufpimpen willst, brauchst du halt neue Themen. Z.B. Bauer XY steht kurz vor dem Ruin und baut im Hinterland Canabis an... oder Fürstin Wilhelmine findet im Keller das Bernsteinzimmer. Dazu noch ein klasse Pseudonym, (für Biertrinker vielleicht sowas wie Andreas Bitschütter) und fertig ist die Heimatschnulze 2.0...
Ne, Scherz beiseite, die sogenannten Grusler hatten schon ihre Berechtigung und so mancher Vampir-Horror, Sinclair, Ballard ging in ähnliche Richtung... zumindest in den 70er-80ern.

Übrigens, wer Heimatfilme langweilig doof findet, sollte sich mal den Förster vom Silberwald bzw. Kohlhiesels Töchter gönnen...
#12 Larandil 2021-07-15 09:08
zitiere Friedhelm:

Aber für richtig motivierte Heftchen-Schreiberlinge wäre es doch mal ein echtes Experiment (wenn es das nicht schon gegeben hat), so einen Schnulzen-Roman einfach mal "unhappy" enden zu lassen. :-* Dann kriegt der Typ seine Angebetete eben nicht..und stirbt am Ende vor Gram (oder umgekehrt) :oops: Wenn man es genau nimmt, dann ist ein unbedingtes Happy End ja auch so etwas wie abgenutztes Klischee. Daran kommen die Autoren offensichtlich nur sehr schwer vorbei, weil man allzu zart besaitete Leser (Erwartungshaltung) wohl auch nicht unbedingt vergräzen möchte :cry:

Du hast ganz offensichtlich das Konzept des Nichtspannungsromans nicht verstanden. Der Leser eines Arzt-, Heimat- oder Adelsromans will, dass es am Ende gut ausgeht. Überraschungen dürfen auf dem Weg dorthin stattfinden, aber das Ende selbst steht fest. Da mäht keine Ebolavariante das medizinische Personal der Klinik am Waldrand inklusive Chefarzt Dr. Sommer nieder, keine Lawine reißt die Berghütte des Hüttenwirts ins Tal und begräbt alle Anwesenden unter Metern von Schnee und Kleinholz, und auch das Schloß Schauderschön brennt nicht mit Mann und Maus nieder.
Genau wie ja auch Geisterjäger John Sinclair, Professor Zamorra, Matt Drax oder Perry Rhodan nicht am Ende eines Romans einfach mal so eben draufgehen.
#13 Laurin 2021-07-15 09:46
Deshalb nennt man diese Art von Romane auch nicht in einem Atemzug mit den Spannungsromanen. Dafür sind sie eher zuckersüß wie Zuckerwatte mit ein paar gebrannten Mandeln als markante Wendungen zwischendurch. Aber am Ende von Arzt-, Heimat- und Adelsromanen steht immer für die Leserschaft der ersehnte Zuckerschock. :P :D

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