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Bis ans Ende der Nacht – Verdeckte Ermittlungen

Bis ans Ende der Nacht
Verdeckte Ermittlungen

Mit seinem fünften Langfilm „Bis ans Ende der Nacht“ wagte sich Christoph Hochhäusler in diesem Jahr, einen Genrefilm unter ungewöhnlichen Vorzeichen zu inszenieren. Der Regisseur der Berliner Schule drehte hier einen Kriminalfilm, der aber in dieser Form sicherlich nicht als Beitrag der Reihe „Tatort“ hätte fungieren können. Der preisgekrönte Film ist nun erstmals auf DVD erhältlich.

Schon mit seinem Debütfilm „Milchwald“ erregte der 1972 in München geborene Christoph Hochhäusler erste Aufmerksamkeit, die den Filmemacher im Arthouse-Bereich zu einem der Aushängeschilder seiner Generation werden ließ. Ein frühes Meisterwerk stellt sein im Jahr 2005 uraufgeführter „Falscher Bekenner“ dar, in dem sich ein von Constantin von Jascheroff gespielter junger Mann zu Verbrechen bekennt, die er gar nicht begangen hat. Nachdem Hochhäusler dann eines der Segmente („Séance“) aus dem Kompilationsfilm „Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation“ beigesteuert hatte, verlagerte er sich mehr und mehr auf kühle und dialoglastige Versuchsanordnungen mit hoher gesellschaftspolitischer Sprengkraft. „Unter dir die Stadt“ wurde 2011 als bester Film mit dem „Günter Rohrbach Filmpreis“ ausgezeichnet, „Die Lügen der Sieger“ brachte Teenieschwarm Florian David Fitz eine Jupiter-Nominierung als bester Darsteller ein. Dazwischen hatte Christoph Hochhäusler mit einer Episode der dreiteiligen Miniserie „Dreileben“ seine erste Arbeit fürs Fernsehen abgeliefert. Der 2023 im Wettbewerb der Berlinale uraufgeführte „Bis ans Ende der Nacht“ ist vermutlich Hochhäuslers bisher reifstes und gelungenstes Werk, das seiner Trans-Hauptdarstellerin Thea Ehre für ihr Filmdebüt direkt den Silbernen Bären als beste Nebendarstellerin (sic!) einbrachte. Darüber hinaus wurde sie auch für den Deutschen Schauspielerpreis für die beste Hauptrolle nominiert.

Leni Malinowski (Thea Ehre) ist frühzeitig aus der Haft entlassen worden, um Kriminaloberkommissar Robert Demant (Timocin Ziegler) als verdeckten Ermittler mit einem Großdealer bekannt zu machen. Leni kennt diesen Victor Arth (Michael Sideris) noch aus der Zeit vor ihrer Haft. Damals hieß sie allerdings noch Lennart und war ein Mann. Um sich die teure geschlechtsangleichende Operation leisten zu können, dealte Leni mit Drogen und wurde deswegen festgenommen. Auch zwischen Leni und ihrem Aufpasser Robert gibt es eine gemeinsame Vergangenheit. Die beiden waren ein Liebespaar, das sie nun für die Undercover-Aktion auch wieder spielen sollen. Doch Robert ist in seinen Gefühlen hin- und hergerissen, denn er liebte den Mann, mit der Transfrau kann er deutlich weniger anfangen. Trotzdem gelingt es dem ungleichen Duo, bei einem Tanzkurs Kontakt mit Arth und dessen Lebensgefährtin aufzunehmen. Sie gewinnen das Vertrauen des Clubbesitzers, so dass es nicht lange dauert, bis er Robert als seinen Chauffeur anheuert und bald auch in seine illegalen Machenschaften einweiht. Alles scheint nach Plan zu laufen, aber die widerstreitenden Gefühle zwischen Robert und Leni drohen, das Unternehmen ernsthaft in Gefahr zu bringen.

Es ist erfrischend zu sehen, wie selbstverständlich Christoph Hochhäusler hier die Transthematik in eine spannende Kriminalgeschichte eingewoben hat, die sich im Verlauf der Ereignisse immer mehr zuspitzt und die Spannungskurve gehörig nach oben schraubt. Gleichwohl ist „Bis ans Ende der Nacht“ weit mehr als ein Thriller, denn das Seelenleben der Protagonisten steht hier ebenso im Mittelpunkt und stellt eines der wichtigsten Elemente in der Dramaturgie der Geschichte dar. Die Besetzung der zentralen Rollen mit den noch weitgehend unbekannten Darstellern Timocin Ziegler und Thea Ehre erweist sich dabei als weiterer Glücksgriff, da die beiden eine geerdete Natürlichkeit und Authentizität ausstrahlen, die bekanntere Schauspieler vielleicht gar nicht mehr erreicht hätten. Die DVD-Erstveröffentlichung präsentiert den Film in einem weitgehend gelungenen Bild (im Widescreen-Format 2,00:1), das aber immer mal wieder störende Punkte aufweist, die allem Anschein nach auf eine der Kameras am Set zurückzuführen sind. Der Ton (Deutsch wahlweise in Dolby Digital 5.1 oder 2.0 sowie als Audiodeskriptionsfassung für Sehbehinderte, optional auch mit englischen Untertiteln und deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte) ist soweit in Ordnung. Als Extras gibt es eine kleine animierte Bildergalerie, Regienotizen als Texttafeln, Kurzbiografien von Christoph Hochhäusler, Drehbuchautor Florian Plumeyer und den Schauspielern Timocin Ziegler, Thea Ehre und Michael Sideris als Texttafeln sowie den deutschen Kinotrailer zum Film.

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