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Go West! - 14. Juni 2015

Go WestNoch eine Reise in den ›Wilden Westen‹
14. Juni 2015

Jedes Jahr führe ich zwei kleine Reisegruppen durch den Westen der USA. Dazu lege ich in Facebook ein Reisetagebuch an, das auch im Zauberspiegel erscheinen soll. Es geht zu legendären Orten des Wilden Westen auf den Spuren von Cowboys, Indianern und eines spannenden Stücks Geschichte. -

Folgt mir ...


Der Fundort von Custers Körper ist mit einem besonderen Stein gekennzeichnetLittle Big Horn
Es war der größte Sieg der Plainsindianer über die US-Armee: Am 25. Juni 1876 gingen in den grünen Hügeln Montanas oberhalb des Little Big Horn River 5 komplette Kompanien des 7. US-Kavallerieregiments mit ihrem Kommandeur, Brevet Major General, Lieutenant Colonel George A. Custer vollständig unter, besiegt und vernichtet von den vereinigten Kriegern der Lakota, Cheyenne und Arapaho.

Wir trafen am frühen Nachmittag am Schlachtfeld ein. Wie schon bei früheren Gelegenheiten erlebte ich das Erstaunen meiner Reisenden über die Dimension. Das Gebiet, in dem der Kampf stattfand, hat wohl einen Durchmesser von ca. 10 km. Die Beschaffenheit des Schlachtfeldes läßt alle vorherigen Fragen, warum die Kavallerie letztlich zu Fuß kämpfte, warum Custer keine Geschütze mitführte, usw. sofort verstummen. Selbst militärische Laien erkennen, das dieses Gelände für einen konventionellen Kavallerieangriff nicht geeignet war.

Weit über 1.000 Bücher sind über diese Schlacht geschrieben worden – damit ist dieser Kampf die neben der Schlacht von Gettysburg am meisten beschriebene militärische Auseinandersetzung auf amerikanischem Boden.

Noch immer gibt es einige offene Fragen, aber einige Klischees, die sich hartnäckig bei jenen halten, die sich nicht die Mühe machen, den militärischen Komplex der Plainsindianervölker zu untersuchen oder sich mit den Ausbildungsrichtlinien der US-Offiziere in West Point zu befassen, sind seit vielen Jahren definitiv widerlegt.

- Die Little Big Horn Kampagne war Teil eines großen Feldzugs zur Unterwerfung der Sioux und Cheyenne.

- G. A. Custer griff das Lager nicht an, weil er vom Ehrgeiz zerfressen, leichtsinnig und waghalsig war, sondern weil er aufgrund der ihm vorliegenden Tatsachen und aufgrund seiner Ausbildung überzeugt war, keine andere Wahl zu haben. Er befürchtete, daß bei einem Zögern seinerseits die Indianer ihr Lager abbrechen und sich in alle Winde verstreuen würden – damit wäre der gesamte Feldzug gescheitert gewesen.

- Er verhielt sich – um dieses komplexe Thema so knapp wie möglich zu fassen - „schulbuchgemäß“: Ihm und allen anderen Offizieren war in West Point beigebracht worden, daß Indianer dem direkten Zusammenprall mit großen Armeeeinheiten in jedem Fall auswichen, um ihre Familien in Sicherheit zu bringen und größere Opfer zu vermeiden.

- Das Lager der Indianer war groß. Eine Berechnung anhand archäologischer Ausgrabungen und anhand der durchschnittlichen Größen von Tipis ergab maximal 8.-10.000 Menschen. Aber die meisten davon waren Frauen, Kinder und Ältere.

- Bei einem Lager dieser Größenordnung waren allenfalls 1.800 – 2.500 kampffähige Krieger anwesend. (Pro Tipi ca. 2 Krieger.) Von diesen nahmen wohl nicht mehr als etwa 1.200 am Kampf teil.

Zwar war die 7. Kavallerie mit gut 600 Mann noch immer zahlenmäßig unterlegen. Aber aufgrund der Ausbildung und Erfahrungen amerikanischer Offiziere galt als gesichert, daß es eine gut ausgebildete Truppe mit einem indianischen Gegner von zwei- bis dreifacher Übermacht aufnehmen konnte.

Bei seinem Angriff auf das Lager hat sich G. A. Custer also aus militärischer Sicht sehr konventionell nach den Richtlinien seiner Ausbildung verhalten. Keineswegs besonders leichtsinnig oder waghalsig, aber auch nicht kreativ oder besonders klug. Er konnte nicht wissen, daß er eine Kriegerschar vor sich hatte, die gar nicht daran dachte, sich an die alten militärischen Weisheiten einer Offiziersakademie zu halten und vor einem direkten Zusammenprall die Flucht zu ergreifen. Und er wußte nicht, daß nur eine Woche vorher die große Armeekolonne unter General Crook, die ihm eigentlich hätte zu Hilfe kommen müssen, am Rosebud-Fluß von Crazy Horse geschlagen worden war – was die Motivation der Krieger am Little Big Horn noch erhöhte.

Besagter General Crook saß in den Big Horn Mountains beim Angeln, während die 7. Kavallerie schmählich unterging; er hatte sich nach dem Schock vom Rosebud kurzerhand aus dem Feldzug ausgeklinkt.

Hier ist auf Facebook nicht Platz genug, die komplexen Einzelheiten dieser großen Schlacht auszubreiten. Nach militärischen Maßstäben war dieser Kampf allenfalls ein Scharmützel, aber die psychologische Wirkung auf die amerikanische Nation und die Bedeutung für die Kriege auf den Plains war ungleich größer.

In aller Bescheidenheit möchte ich auf eine der umfangreichsten Abhandlungen über die Schlacht in deutscher Sprache verweisen, die ich selbst vor ca. 10 Jahren für die militärwissenschaftliche Zeitschrift PALLASCH geschrieben habe und die in meinem Buch SOLDIERS im vorigen Jahr neu erschienen ist.

Ich zeige hier ein Foto (322) von dem mächtigen Monument, unter dem nach offiziellen Angaben ca. 220 Soldaten bestattet sind, sowie einige weiße Marksteine (Bild 323), von denen das Schlachtfeld übersät ist. Jeder markiert die Fundstelle einer Leiche.

Ferner den Gedenkstein für die gefallenen Kavalleriepferde. (Bild 324)

Der Fundort von Custers Körper ist mit einem besonderen Stein gekennzeichnet. Die höchste Konzentration von Marksteinen findet sich auf dem Last Stand Hill, wo er den letzten Kampf ausfocht. (Bilder 325 und 326)

Gegenüber dem Denkmal für die gefallenen Soldaten steht seit 2003 das Indian Monument, das für die gefallenen Indianer errichtet worden ist – auch für die Indianerscouts, die mit der 7. Kavallerie geritten waren. (Bild 327)

Seit einigen Jahren stehen rote Marmorsteine zum Gedenken an die gefallenen Krieger auf dem Schlachtfeld – es sind etwa 60 Indianer während des Kampfes ums Leben gekommen. (Bilder 328 – 331)

Danach fuhren wir zum Reno Schlachtfeld, wo sich die verbliebenen Kompanien verschanzten und es schafften, die Angriffe der Indianer abzuwehren.

Ein Foto zeigt auch die Bodeneinschnitte, durch die sich die Wasserträger zum Fluß únd wieder zurück kämpften, um vor allem die Verwundeten mit Wasser zu versorgen. Dabei machte sich vor allem der deutschstämmige Kavallerist Charles Windolph einen Namen, der noch auf dem Schlachtfeld von Capt. Benteen zum Sergeant befördert wurde und später die „Medal of Honor“ erhielt. (Bild 332 und 333)

Die folgenden Fotos zeigen den Weir Point, wo Thomas Weir einsehen mußte, daß er den Custer-Einheiten nicht zu Hilfe kommen konnte. (Auch ein Beispiel für die ausgezeichneten Erklärungstafeln, die dem Besucher den Verlauf des Kampfes erläutern.) (Bild 334)

Ferner den Markstein an der Stelle, wo Custers Lieblingsscout Bloody Knife fiel. Sowie ein Blick über das Schlachtfeld – kein Foto kann die Ausdehnung und Vielfalt wirklich erfassen. (Bilder 335 und 336)

Neben dem Schlachtfeld, das auf Initiative des damaligen Cheyenne-Senators Nighthorse Campbell in den 1990er Jahren von „Custer Battlefield“ zu „Little Big Horn Battlefield“ umgetauft wurde, liegt der große „Custer Nationalfriedhof“, auf dem sich die Gräber einiger sehr prominenter Personen befinden, u. a. ist Major Reno hier ebenso beigesetzt wie einige der Crow-Scouts der 7. Kavallerie, und die Männer des Fetterman-Kommandos, die in Red Clouds Krieg am Bozeman Trail untergingen. (Bild 337-339)

Gegenüber vom Schlachtfeld befindet sich die große Trading Post meines Freundes Putt Thompson, der über ein überwältigendes Angebot indianischer Artefakte verfügt. (Bilder 340 – 342)

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