Die Kinder des Hoteliers - »Hotel New Hampshire«
Die Kinder des Hoteliers
»Hotel New Hampshire«
Tony Richardson (1928-1991) ist eines der Aushängeschilder der Britischen „New Wave“-Bewegung, die in den 1950er und 1960er Jahren mehr Realismus und Authentizität in die Geschichten in Film und Fernsehen brachte, aus den Filmstudios hinaus an reale Locations ging und von den Sorgen und Nöten der Arbeiterklasse berichtete. International erfolgreich geworden war Richardson mit „Blick zurück im Zorn“ und „Bitterer Honig“, im Laufe der Jahre sollte er noch weitere britische Filmklassiker verantworten, von denen „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“, „Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen“ und „Angriff der leichten Brigade“ sicherlich die bekanntesten sein dürften. Nach der „Garp“-Verfilmung, die u.a. für zwei Oscars nominiert war, zeigte er Interesse daran, John Irvings erstmals 1981 erschienenen Roman „Hotel New Hampshire“ zu verfilmen, einen 600-Seiten-Wälzer, der wie die meisten Bücher Irvings eine Vielzahl an Geschichten in sich versammelt, munter zwischen den Protagonisten und den Zeiten hin- und herspringt und die unterschiedlichsten Gefühle bei der Leserschaft auslöst, die auch hier wieder in ein Wechselbad der Gefühle geworfen wird. Es ist Fluch und Segen zugleich, dass Richardson nichts weglassen konnte und die Handlung nun stellenweise wie eine gehetzte Nummernrevue anmutet.
Win Berry (Beau Bridges) und seine Frau Mary (Lisa Banes) haben sich als Angestellte eines Hotels kennengelernt. Mittlerweile hat das Paar fünf gemeinsame Kinder, drei von ihnen sind bereits Teenager, Lilly (Jennifer Dundas) und Eichen (Seth Green) sind noch Heranwachsende. Zu diesem Zeitpunkt entschließen sich die Berrys, ein leerstehendes Gebäude zu erwerben und in das „Hotel New Hampshire“ zu verwandeln. Alle sind mit Feuereifer dabei, doch es kommt immer wieder zu unvorhergesehenen privaten Rückschlägen. Durch Win Berrys Bekanntschaft mit dem Wiener Psychologen Dr. Sigmund Freud (Wallace Shawn) erhält die Familie einen waschechten Bären als Haustier, dessen Nachfolge einige Jahre darauf Susie der Bär (Nastassja Kinski) antritt, ein junges, schüchternes Mädchen, das seine Unsicherheit in einem Bärenkostüm versteckt. Wins Tochter Franny (Jodie Foster) hat wiederholt Ärger mit dem Schul-Rowdy Chip Dove (Matthew Modine), vor dem sie ihre beiden Brüder John (Rob Lowe) und Frank (Paul McCrane) zu beschützen versuchen. Die Tatsache, dass John mehr für seine Schwester Franny empfindet als nur Geschwisterliebe, macht die Situation im Hotel New Hampshire nicht gerade einfacher.
Das Ergebnis ist ein unterhaltsamer Film nach dem Erfolgsroman von John Irving, der nach der ersten Hälfte etwas nachlässt. Die gesellschaftspolitischen Ansätze werden in der Verkürzung verspielt, gegen Ende herrscht nur noch fröhliches Chaos, dessen Slapstickhumor nicht immer zu den ernsten Szenen passen will. Der erste Teil ist da noch wesentlich runder geraten, bietet mehr ironische Seitenhiebe und bissigen Humor. Der grandiosen Besetzung gelingt es allerdings spielend, Durchhänger der Regie spielend aufzufangen und auszugleichen. Richardson hätte beherzt aus dem Roman kürzen sollen, um gezielter Akzente zu setzen. Kurzweilig ist sein Ergebnis nichtsdestotrotz ausgefallen. Die Erstveröffentlichung des Films im Mediabook bietet bei der BluRay ein akzeptables Bild (im Widescreen-Format 1,85:1), das aber hinter den Standards des Mediums zurückbleibt und bei dem das Filmkorn durchweg noch stark erkennbar bleibt. Der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 2.0) geht soweit in Ordnung und entspricht der Entstehungszeit des Films. Deutsche und englische Untertitel sind optional verfügbar. Auf der DVD liegen die beiden Sprachfassungen in Dolby Digital 2.0 vor. Die überschaubaren Extras umfassen den englischen Kinotrailer zum Film, eine nette Bildergalerie mit internationalen Werbemotiven sowie ein 16seitiges Booklet mit einem fundierten Hintergrundtext von Wieland Schwanebeck.
Kommentare
Nach dem langweiligen "Bis ich dich finde" lese ich Irving auch nicht mehr.
Die Verfilmungen sind bis auf Garp alle schlecht, vor allem "Gottes Werk und Teufels Beitrag" ist ein schlechter Witz wenn man das Buch kennt.
Bezeichnenderweise hat Irving selbst das Drehbuch dazu verfasst...