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Heyne Science Fiction Classics 15 - Rudolf H Daumann

Heyne Science Fiction ClassicsDie Heyne Science Fiction Classics
Folge 15: Rudolf H. Daumann
Gefahr aus dem Weltall,
Protuberanzen & Dünn wie eine Eierschale

Von den sechziger bis Anfang der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts erschienen als Subreihe der Heyne Science-Fiction-Taschenbücher mehr als hundert Titel unter dem Logo „Heyne Science Fiction Classics“. Diese Romane und Kurzgeschichten werden in der vorliegenden Artikelreihe vorgestellt und daraufhin untersucht, ob die Bezeichnung als Klassiker gerechtfertigt ist.

Betrachtet man die Liste der in den Heyne Science Fiction Classics vertretenen Autoren, ist nur eine kleine Anzahl von deutschen Schriftstellern darunter, die ihre Werke zwischen den beiden Weltkriegen veröffentlichten. Hans Dominik ist dabei der Bestseller darunter, mit Otto Willi Gail stellen wir einen weiteren Autor in einer späteren Folge dieser Serie vor, heute ist Rudolf H. Daumann dran. War also in der Weimarer Republik nichts in Bezug auf utopischer Literatur los? Ganz so kann man das nicht sagen. Einige Beispiele gefällig: Es gibt beispielsweise eine ganze Anzahl von Werken, die auf Papier die Schmach der Niederlage im Krieg wettmachen wollten. Franz Rottensteiner stellt viele dieser Werke in seinem Buch Revanche! vor, das bei Dieter von Reeken erschienen ist. Otfried von Hanstein wäre auch zu nennen, dessen fünf in den zwanziger Jahren herausgekommene utopische Romane sogar amerikanische Ausgaben erhielten. Diese erschienen hauptsächlich in von Hugo Gernsback herausgegeben Magazinen, der dabei seine deutschen Sprachkenntnisse zu nutzen verstand. Karl-August von Laffert ist mit den zwei Romanen Feuer am Nordpol und Flammen aus dem Weltraum hervorgetreten. Paul Gurk hat mit Tuzub 37 eine beachtenswerte düstere Antiutopie verfasst, welche auch eine Nachkriegsausgabe bei Corian erhalten hat. Von Werner Illing stammt Utopolis, ein – wie der Name bereits andeutet – in der Tradition klassischer Utopien stehender Roman. Ein wortmächtiges Werk ist Berge, Meere und Giganten von Alfred Döblin, diese expressionistische Zukunftsvision blieb aber ein literatischer Außenseiter. Metropolis und Frau im Mond von Thea Harbou sind die Novellisierungen von zwei Filmen ihres Mannes. Metropolis ist ein absoluter Klassiker des Stummfilms, Frau im Mond werden wir in einer späteren Folge dieser Artikelserie betrachten. Nicht unerwähnt bleiben darf auch Paul Alfred Müller, der mit Sun Koh und Jan Mayen in den dreißiger Jahre zwei bekannte Heftserien mit 150 und 120 Bänden mit utopischen Elementen schrieb. Diese beiden Serien, besonders Sun Koh,  beeinflussten eine ganze Reihe von nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Werken hervortretenden Autoren. Allerdings ist bei diesen Serien zu sagen, dass sie bereits in die Zeit des Dritten Reiches fielen und deshalb der Zensur durch die Nazis unterlagen, was die Freiheit des Autors in seiner Themanwahl und im Handlungsablauf zusehends drastisch einschränkte. Der Autor, der heute vorgestellt wird, kann am ehesten in die „Dominik-Tradition“ eingeordnet werden.

Heyne Science Fiction ClassicsRudolf Heinrich Daumann (1896 – 1957) war Teilnehmer des Ersten Weltkrieges und wurde schwer verwundet. Er unternahm mehrere Weltreisen und war als Auslandskorrespondent für deutsche Zeitungen aktiv. In Deutschland arbeitete er als Volksschullehrer, musste aber nach der Machtübernahme der Nazis den Schuldienst verlassen, weil er in einem Roman den Aufstand der schlesischen Bergleute thematisiert hatte. Zum Broterwerb schrieb er in den nächsten Jahren insgesamt acht utopische Romane, welche aber 1943 von der Zensur verboten wurden. Gegen Kriegsende war Daumann im Widerstand aktiv. Nach dem Zusammenbruch der Naziherrschaft entschied er sich für die sozialistische Seite und ließ sich in der Sowjetzone nieder. Er wurde Sendeleiter des Landessenders Potsdam und veröffentlichte weitere Romane für die Jugend, aber keine mehr mit utopischen Inhalten. Von seinen utopischen Werken, welche alle zwischen 1934 und 1943 erschienen waren, wurden drei für die Heyne Science Fiction Classics ausgewählt.

Heyne Science Fiction ClassicsDer große Sternforscher Jules Parossier hat im Observatorium auf dem Puy Mary eine Gefahr aus dem Weltall entdeckt, die das Ende der Menschheit bedeuten könnte: AC 2033, ein riesiger Asteroid mit etwa 50 Kilometer Durchmesser nähert sich der Erdbahn. Nähere Berechnungen, die sein deutscher Assistent Georg Mundele vornimmt, zeigen, dass der Asteroid ausgerechnet im dicht besiedelten Gebiet von Nordfrankreich einschlagen wird und bis zu 20 Millionen Opfer fordern kann, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden.

„Doch nehmen wir an, wir werden diesmal nicht von der Vorsehung begünstigt und der Planetoid stürzt irgendwo auf ein europäisches Land. Sagen wir, in das Becken von Paris, dann flammt die Weltstadt auf, der Feuersturm verzehrt alle Wälder und Rebstöcke und Haine und Häuser in einem Umkreis von dreihundert Kilometern: Brüssel ein Flammenmeer, Dover und Calais rauchende Ruinen, Amiens, Reims, Orléans, Tours, Rouen, Dijon, Metz, Luxemburg – alles nur noch Schutt und Asche! […] Alle diese Großstädte flammen in derselben Sekunde zum Himmel empor. Millionen und aber Millionen Menschen verbrennen, und der Glutstrom fegt weiter, ergießt sich über ganz Mitteleuropa … Das ist ein Weltuntergang, das ist das Ende aller Kultur in Europa!“

(Zitiert aus: Rudolf H. Daumann: Gefahr aus dem Weltall. München 1973, Heyne SF 3335, S. 15f)

Mundele sieht eine Chance, die Katastrophe zu verhindern, denn er ist mit Uwe Tönnies befreundet, der in seiner Versuchsanstalt Neutief an der Ostseeküste physikalische Forschungen betreibt, und lädt ihn ein, nach Frankreich zu kommen. Doch noch bevor Tönnies eintrifft, wird Mundele verhaftet und als vermeintlicher Spion ins Gefängnis geworfen. Ausgerechnet Parossier hat seinen Assistenten aus Eifersucht denunziert, denn dieser hatte sich von Eugenie, der Geliebten Parossiers, verführen lassen. Parossier will den Nebenbuhler loswerden und setzt damit die Rettung seiner Heimat aufs Spiel. Als Tönnies eintrifft, ist Mundele nicht mehr hier. Doch der in Frankreich sehr gut vernetzte Tönnies durchschaut das Spiel Parossiers und deckt seine Intrige auf. Zudem kommt auch, dass Parossier falsche Berechnungen über den vermuteten Einschlagort des Asteroiden nach Paris geschickt hat und Süddeutschland als Einschlagstelle nannte. Auch diese Fälschung deckt Tönnies auf. Parossier bricht ob der überzeugenden Beweise zusammen und sieht sein Lebenswerk zerstört. Der großzügige Tönnies vegibt aber dem Sünder und lädt ihn ein, mit ihm gemeinsam in Hochtief an der Beseitigung der Gefahr zu arbeiten. Er hat den Lichtdruck als nutzbare Kraft entdeckt und forscht daran, ihn für Antriebe, aber auch als Waffe nutzen zu können.

Fieberhaft wird in Hochtief an einem neuen Fluggerät gearbeitet, das einen Lichtdruckantrieb bekommt. Das Superflugzeug wird auch einer Lichtdruckkanone ausgerüstet, mit dem der Himmelskörper aus seiner Bahn gedrängt werden kann. Mundele, der aus dem vermeintlichen Hochsicherheitsgefängnis der französischen Armee entkommen konte, ist wieder zum Team gestoßen und macht zusammen mit Parossier, mit dem er sich wieder versöhnt hat, die erforderlichen Bahnberechnungen. Als sich der Asteroid der Erde nähert, steigt das neue Fluggerät Richtung Weltraum auf und bombardiert in mehreren Flügen den Eindringling. Die wagemutigen Forscher werden durch die rapide ansteigende kosmische Strahlung stark gesundheitlich gefährdet und können ihren letzten Aufstieg nur mittels eines Drogencocktails überstehen. Doch der letzte Einsatz ist erfolgreich. Der Asteroid ist soweit abgelenkt, dass er in der Nähe des Nordpols abstürzt. Er verursacht zwar eine vorübergehende Klimaänderung, fordert aber nur ein einziges Todesopfer. Dies ist Parossier, dessen Herz den Drogencocktail verbunden mit der kosmischen Strahlung nicht überstanden hat. Aber seine Heimat Frankreich ist gerettet, er wird posthum als Held gefeiert.

Die Gefahr aus dem Weltall ist ein interessantes Thema, das die Wissenschaft nach wie vor beschäftigt. Die Raumfahrtbehörden NASA und ESA haben Forschungsprojekte gestartet, die sich mit der Verteidigung gegen Asteroideneinschläge befassen. Einen Asteroiden mit fünfzig Kilometer Durchmesser abzulenken würde allerdings die heutigen technischen Möglichkeiten nach wie vor bei Weitem übersteigen. Das ist aber kein Kritikpunkt am Roman. Auch dass Daumann den Einfluss der kosmischen Strahlung überschätzt hat, kann man ihm nicht anlasten. Die wahren Verhältnisse waren zur Zeit der Abfassung des Romans noch nicht bekannt. Die kritische Betrachtung ist eine andere: Hier wurden die Möglichkeiten, die das Thema bietet, vergeudet. Eine – höchstwahrscheinlich dem Zeitgeist geschuldete – eindimensionale Charakterisierung der Hauptpersonen, hier die aufrechten, mutigen Deutschen, dort der rachsüchtige, sexbesessene Franzose mit seinem billigen Pariser Flittchen. Das ist wohl der persönlichen Situation Daumanns während des Naziregimes geschuldet, denn seine innere Einstellung gab das wohl nicht wieder, wenn man seine Biografie betrachtet.

Heyne Science Fiction ClassicsDer deutsche Astonom Professor Alin Hegar hat sich auf Tahiti niedergelassen, um Veränderungen der Sonnenaktivitäten zu beobachten. Hegar hat festgestellt, dass die Protuberanzen der Sonne eine intensive Ultraviolettstrahlung erzeugen. Diese erreicht mit dem Sonnenwind die Erde und spaltet das in der Erdatmosphäre befindliche Kohlendioxid auf. Dadurch droht der Erde eine Vereisung, weil das Treibhausgas abnimmt. Dem Professor stehen sein Astronomenkollege Rudolf Bracke und der Flieger Robert Wiedensohl zur Seite. Bei einem abendlichen Barbesuch retten die beiden die junge Pianistin Renate Veith vor einem sexuellen Übergriff. Renate stellt sich als die verschollene Nichte des Professors heraus, welche nach einem Bankrott ihres Vaters verschwunden war und sich mit verschiedenen Jobs über Wasser gehalten hat. Die Wiedergefundene wird vom Onkel herzlich aufgenommen und verstärkt das Team. Ein weiterer Sonnenausbruch verursacht auf der ganzen Welt Vulkanausbrüche. Das Forschungsteam entkommt mit knapper Not dem Ausbruch des lokalen Vulkans auf Tahiti. Durch die Vulkaneruptionen, bei denen eine Menge Kohlendioxid ausgestoßen wird, erhält die Welt eine kleine Atempause, welche aber nicht lange anhält. Der Professor hat einen kühnen Plan gefasst, um der drohenden Eiszeit zu begegnen. Er möchte auf der ganzen Welt Kältekraftwerke bauen, die mit Butan betrieben werden und dem Temperaturrückgang entgegenwirken. Als er seine Pläne bei der großen Tagung der Internationalen Naturforschenden Gesellschaften vorstellt, wird er als Phantast und Scharlatan ausgelacht.

Damit ist Hegar vorerst der Weg verbaut, offizielle Unterstützung durch die Regierungen der Länder zu bekommen. Aber Börsenspekulanten interessieren sich für seine Pläne, weil sie sich dadurch große Gewinne versprechen. So steigt der Amerikaner David Coinen finanziell beim Plan ein, ein Kältekraftwerk auf der sibirischen Inselgruppe Nowaja Semlja zu bauen. Dieser entlegene Ort im Eismeer ist dafür prädestiniert.

„Verblüffend einfach! Hier die Verdampferkessel des Butans, beheizt von Meerwasser, dessen Temperatur über dem Gefrierpunkt liegt. Dahinter die Hochleistungsturbinen, getrieben vom Butandampf. Gekühlt wird er im Kondensator, der mit Laugeneis von etwa 20 Grad minus gefüllt ist. Die geschmolzene Lauge fließt hier ab in die Gefrierkanäle, die im Packeis ausgehauen sind. Schlepperchen sammeln die Laugeneisschuppen wieder. Becherwerke heben sie in den Kondensator, und der Kreislauf beginnt aus neue. Pumpen holen wieder warmes Meerwasser unter dem Packeis hervor … Das Abfalleis, gleichsam die Asche und Schlacke, wird hier ausgeworfen … Wahrlich, diese Pläne müssen realisiert werden. Im Kap Gefahr, in Nowaja Semlka, wird in zwei Jahren das erste Versuchskraftwerk anlaufen.“

(Zitiert aus: Rudolf H. Daumann: Protuberanzen. München 1973, Heyne SF 3367, S. 59)

Coinen spielt allerdings ein falsches Spiel, denn er setzt einen Attentäter auf das Kraftwerk ein, der es kurz vor Fertigstellung unbrauchbar machen soll, was seinen Börsenspekulationen entgegenkommen würde. Doch der perfide Plan schlägt fehl, denn Renate deckt die Manipulationen Copper-Bills, des von Coinen entsandten Agenten, auf. Mittlerweile hat sich die Klimasituation auf der Erde rundherum drastisch verschlechtert. Hegar wird endlich Gehör geschenkt, und an verschiedensten Stellen im Polarmeer werden weitere Kältkraftwerke errichtet. Doch das reicht nicht aus, um der drohenden Eiszeit zu begegnen. Der Professor ist dabei, einen weiteren Plan zu verwirklichen. In Alaska will er im Tal der Fumarole die Kräfte der Vulkane anzapfen und ein Vulkankraftwerk bauen, das für eine riesige Kohlensäureproduktion sorgen kann. Auch dieses Mal versucht der von Coinen beauftragte Copper-Bill das Unternehmen zu sabotieren, aber sein Attentat schlägt erneut fehl, und im Unterschied zu den Ereignissen bei Kap Gefahr wird dieses Mal auch sein Auftraggeber überführt. Und der Anschlag hat sein Gutes: Die Explosion, die zu einem Abbruch eines riesigen Gletscherfeldes geführt hat und die Baustelle für das Kraftwerk zermalmen sollte, verursacht einen gigantischen Vulkanausbruch. Der Katmai explodiert. Milliarden Kubikmeter Kohlensäure sind frei geworden und dringen in die Atmosphäre. Die Erde gewinnt damit weiter zwei Jahre Galgenfrist, in denen zusätzlich gebaute Kraftwerke für den Kampf gegen die Kälte zur Verfügung gestellt werden können.

Amüsant bei diesem Roman ist, dass er eine Perspektive schildert, die genau entgegengesetzt unserer derzeitigen Klimaerwärmung ist. Man sieht also, dass zu Lebzeiten Daumanns noch keine Rede von der menschengemachten Aufheizung der Atmosphäre und dem Gletscherschwund war. Doch kann nicht ernsthaft bestritten werden, dass Naturereignisse einen Einfluss auf das Klima haben können, welche alle von Menschen hervorgerufenen Veränderungen übersteigen. Das sollte uns Menschen aber nicht dazu verführen, die Hände in den Schoß zu legen und zu sagen, dass man sowieso nichts machen kann. Wir sollten stattdessen unser Augenmark darauf legen, zu einer nachhaltigen Lebensführung zu kommen, und unseren Nachkommen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen. Forschung in Zusammenhang mit Klima sollte sich auch darauf konzentrieren, Strategien zu entwickeln, die unerwünschten Klimaänderungen entgegenarbeiten, egal aus welcher Richtung die Klimaänderung zu kommen droht.

Heyne Science Fiction ClassicsEs gibt ein großes Hallo im See-Klub Hamburg, als der deutsche Gelehrte p. Haller nach genau einem Jahr Abwesenheit zum ersten Mal wieder in diesem Treffpunkt reicher Herrn aus der besseren Gesellschaft auftaucht. Haller war einer unheimlichen Serie von Vulkanausbrüchen auf der ganzen Erde auf der Spur, von denen er annimmt, dass Menschenwerk hinter den Naturkatastrophen steckt. Er glaubt tatsächlich, dass jemand eine Erfindung gemacht hat, die Vulkane zum Speien bringt. Die Erdkruste ist ja Dünn wie eine Eierschale.

„Dünner, Herr Haaken. Weit dünner. Und dann ist die Schale nicht einmal so dicht wie die eines Eies. Sie hat Spalten und Brüche, ist nicht überall gleich stark. Ventile sind auf den Bruchplatten des überlasteten Dampfkessels Erde aufgesetzt, die Vulkane. Und ab und zu beginnen die Ventile Dampf abzublasen, schleudern Asche, Lapilli und Bomben in die Luft, spucken Lava, Borax und Obsidian aus. Pompeji und Herkulaneum haben die Vulkane verschüttet, der Mont Pelee auf Martinique tötete im Mai 1902 in wenigen Minuten alles Leben in der acht Kilometer entfernten friedlichen Haupstadt Saint Pierre. 30000 Menschen starben in wenigen Minuten im Gift- und Gluthauch dieses Berges. Im August 1893 schleuderte die Explosion des Krakatau in der Sundastraße 18 Milliarden Kubikmeter Gestein in die Luft, 60 und 100 Zentner schwere Blöcke flogen fünf Kilometer weit, der feine Staub wurde von dem Druck der Vulkangase bis an die Grenzen der Stratosphäre, 60 Kilometer hoch, in die Luft geblasen.“

(Zitiert aus: Rudolf H. Daumann: Dünn wie eine Eierschale. München 1975, Heyne SF 3421, S. 20f)

Irgendjemand hat mit Hallers Recherchen keine Freude, denn es wurden eine Reihe von Anschlägen auf ihn verübt, die ihm bei weniger Vorsicht das Leben kosten hätten können. Haller hat vor, nach Südamerika zu reisen, denn dort gibt es Prophezeihungen, dass riesige Vulkanausbrüche bevorstehen. Fall tatsächlich Menschenwerk dahintersteht, liegt der Verdacht nahe, dass gewissenhafte Spekulanten die Unsicherheit der Menschen ausnützen, ihr Land zu Spottpreisen erwerben und damit ein großes Geschäft machen wollen. Haller hat riesiges Glück, denn er kann bei einem Brandanschlag auf ein Theater die ihm gut bekannte Tänzerin Solna la Peruse und den englischen Adeligen Warwick Greinour retten. Greinour stellt mit Freuden seine Yacht Kleopatra für die Reise nach Südamerika zur Verfügung. Haller schifft sich mit seinem Freund Jens Eversen, der auch Vulkanforscher ist, und Solna auf der Yacht ein. Auf der Fahrt Richtung Buenos Aires müssen die Seefahrer Anschläge von unbekannten Feinden abwehren, darunter auch Luftangriffe mit geheimnisvollen Flugzeugen.

Als sie in Buenos Aires ankommen, ist die Stadt in Aufruhr, denn leuchtende Schriftzeichen mit Weltuntergangsbotschaften erscheinen am Himmel. Haller und seine Freunde lösen das Rätsel, denn gedungene Verbrecher haben vom Dach eines Wolkenkratzers mit einem starken Scheinwerfer und einer Schablone die Zeichen in den Himmel geschrieben. Glücklicherweise ist Haller ein guter Freund von Mariano Rosas, dem General-Inspekteur der Staatspolizei. Dieser veranlasst, dass ein Polizeikorps sich Richtung Anden aufmacht. Dort betreibt der große Unbekannte mehrere Minen, in welchen Tunnels in Vulkane geschlagen und mit Thermitbomben ausgestattet werden. Schließlich gelingt es den Freunden, zum Verbrecher vorzudringen. Er stellt sich als ein ihnen gut Bekannter und Mitglied des Hamburger See-Klubs heraus, Dr. Urumque. Obwohl Urumque Solna entführt hat und mit der Sprengung aller Vulkane droht, kann er seinem Schicksal nicht entrinnen, denn ein von ihm gequälter einheimischer Indio rächt sich an ihm mit einem mit Curare vergifteten Messer. Uraumques Versuch, vor seinem Tod die Vulkane zu sprengen, schlägt fehl. Es gibt nur einen relativ kleinen Ausbruch, der keine weiteren Menschenleben fordert. Die Menschheit ist dank des Einsatzes von Haller und seiner Freunde einer großen Gefahr entgangen.

Im Unterschied zu den beiden anderen vorgestellten Romanen ist Dünn wie eine Eierschale kein Roman für Jugendliche. Es handelt sich um eine abenteuerliche Verfolgungsjagd um die halbe Welt, mit Protagonisten, die nicht wirklich Sympathien erzeugen. Sie treiben sich in zwielichtigen Spelunken herum, die an der Grenze zum Bordell liegen oder bereits jenseits davon, und sind diversen alkoholischen Getränken in einem Ausmaß zugeneigt, das man weder Jugendlichen noch Erwachsenen empfehlen könnte. Die Anzahl der Zufälle übersteigt jedes glaubhafte Ausmaß. Die Motive des Übeltäters bleiben dunkel, Habgier allein scheint wenig glaubhaft. Eine unglaubwürdige Geschichte, die sehr wenig aus dem interessanten Thema macht. Die SF-Elemente sind für Freunde des Utopischen dürftig.

Wirft man einen zusammenfassenden Blick auf die in den Heyne Science Fiction Classics vorgestellten Romane von Daumann, muss man lobend erwähnen, dass die ausgewählten Themen sehr interessant waren und auch heute noch – wenngleich teilweise reziprok – Aktualität besitzen. Leider ist festzustellen, dass Daumann nicht sehr viel aus den Themen gemacht hat. Besonders negativ ist mir die eindimensionale Charakterisierung der handelnden Personen aufgefallen, welche fast ins Lächerliche geht. Als Klassiker der deutschsprachigen Science Fiction kann man die Romane keinesfalls bezeichnen. Mit den anspruchsvollen Werken eines Kurd Laßwitz können die Werke bei Weitem nicht mithalten, und auch der Vergleich zu Hans Dominiks utopischen Romanen fällt zu Ungunsten von Daumann aus. Ich kann zu Daumanns weiteren utopischen Romanen keine Stellungnahme abgeben, weil sie mir nicht vorlagen. Falls die besten Romane für die Heyne Science Fiction Classics ausgewählt wurden, müsste der Rest ziemlich traurig sein.


Titelliste von Rudolf H. Daumann

Anmerkung:
Es werden die Ausgaben in den Heyne Science Fiction Classics sowie die Erstausgaben der Werke angeführt.

1973

3335 Gefahr aus dem Weltall
Erstausgabe: Berlin 1938, Schützen

3367 Protuberanzen
Erstausgabe: Berlin 1940, Schützen

1975

3431 Dünn wie eine Eierschale
Erstausgabe: München 1934, Glöckner



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Tags: Science Fiction and Fantasy

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