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Frankenstein trifft Dracula - »Das Blutbiest«

Das BlutbiestFrankenstein trifft Dracula
»Das Blutbiest«

Peter Cushing (1913-1994) ist einer der legendärsten Horror- und Gruseldarsteller des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit Christopher Lee war er der wichtigste Darsteller bei der Wiedergeburt des Horrorgenres Ende der 1950er Jahre durch die Hammer Studios. In den beiden folgenden Dekaden trat Cushing auch in etlichen Horroranthologien der Produktionsfirma Amicus auf, oder stand – wie in „Das Blutbiest“ – für Tigon British vor der Kamera.

Das BlutbiestIm Gegensatz zu den Amicus-Horrorfilmen, von denen Titel wie „Die Todeskarten des Dr. Schreck“ oder „Der Foltergarten des Dr. Diabolo“ heute ebenfalls zu den Klassikern des Genres gerechnet werden können, dürften die Tigon British Film Productions wohl in erster Linie nur eingefleischten Genrefans ein Begriff sein. Die von Tony Tenser (1920-2007) produzierten Werke setzten auf alles, was in den 1960er und 1970er Jahren gute Kasse versprach. „Im Banne des Dr. Monserrat“ und „Der Hexenjäger“, beide von Michael Reeves inszeniert, sind sicherlich die beiden bekanntesten Tigon-Filme. Neben weiteren Horrorfilmen wie „Die nackten Vampire“ von Jean Rollin, „Die Hexe des Grafen Dracula“ von Vernon Sewell oder „Nachts, wenn das Skelett erwacht“ mit Peter Cushing und Christopher Lee, entstanden bei Tigon auch Erotikstreifen wie „Monique“, der Western „In einem Sattel mit dem Tod“ oder Familienunterhaltung wie „Black Beauty“ mit Uschi Glas oder der in Deutschland nie gezeigte „Sandy the Seal“ mit Heinz Drache über die Abenteuer eines Seehundes.

Das BlutbiestEnde des 19. Jahrhunderts wird ein Dorf in der Nähe von London von seltsamen Vorkommnissen erschüttert. Immer wieder finden sich in Wäldern und Feldern die Leichen junger Männer, die vollkommen blutleer sind. Inspector Quennell (Peter Cushing) wird auf den Fall angesetzt, dessen Indizien immer wieder zum Landsitz des Biologieprofessors Mallinger (Robert Flemyng) verweisen. Der ist ein leidenschaftlicher Entomologe, wird aber seltsam wortkarg, als Quennell ihm überdimensional große Schuppen präsentiert, die häufig an den Tatorten gefunden werden. Auch Clare Mallinger (Wanda Ventham) verhält sich auffällig, als bei ihrem Vater der Kollege Britewell (William Wilde) zu Besuch weilt, der dem Wissenschaftler aus Afrika einige überaus seltene Insektenkokons mitgebracht hat. Nach einem weiteren Todesfall sind Mallinger und seine Tochter plötzlich verschwunden. Obwohl Quennell eigentlich Urlaub hätte, macht er sich an die Verfolgung des Tatverdächtigen. Gemeinsam mit seiner Tochter Meg (Vanessa Howard) reist er Mallinger hinterher, getarnt als Vater-Tochter-Gespann, das auf dem Land ausspannen und angeln möchte. Doch natürlich ereignen sich auch dort bald wieder mysteriöse Todesfälle…

Das BlutbiestDer von Vernon Sewell inszenierte Grusler ist insgesamt leider eher langatmig als spannend ausgefallen. In hübsch rekonstruierten historischen Settings erzählt Peter Bryans mäßiges Drehbuch von riesigen Vampirmonstern und einem Wissenschaftler, der wie einst Frankenstein Tote wieder zum Leben erwecken möchte. Die wichtigsten Bestandteile des Horrorgenres werden also vermischt und zu einer wenig überzeugenden neuen Story angerührt. Peter Cushing ragt aus der eher zweitklassigen Besetzungsliste heraus und meistert seinen Part einmal mehr mit Eleganz und unglaublicher Seriosität, was dem albernen Plot eigentlich gar nicht angemessen ist. Im September 2018 erschien „Das Blutbiest“ hierzulande erstmals auf BluRay und DVD. Die zur Rezension zur Verfügung stehende DVD (Auflage limitiert auf 1000 Stück) bietet ein Bild (im Widescreenformat 2,35:1), das durch schön kräftige Farben und eine tolle Schärfe zu überzeugen weiß. Der Ton (Deutsch, Deutsch Retro und Englisch, jeweils in Dolby Digital 2.0, optional mit deutschen Untertiteln) ist nicht zu beanstanden, stellt allerdings eine für diese Veröffentlichung von Bodo Traber neu erstellte Synchronisation dar, da die für den Kinoeinsatz im Jahr 1969 produzierte Synchronfassung wohl als verschollen gelten muss. Immerhin ist diese Fassung nun ungekürzt und somit rund sechs Minuten länger als die Kinoversion. Als Extras sind der englische Original-Kinotrailer sowie eine hübsche animierte Bildergalerie mit aufgespielt.

Kommentare  

#1 Andreas Decker 2021-08-17 09:46
Inwiefern hat Tigon etwas mit Rollins "La Vampire Nue" zu tun?

Das Blutbiest ist ein putziger Monsterfilm, aber Cushing ist wirklich das einzig Sehenswerte.
#2 Frank Brenner 2021-08-17 15:41
zitiere Andreas Decker:
Inwiefern hat Tigon etwas mit Rollins "La Vampire Nue" zu tun?


Hi Andreas - ich bezog mich auf die Angabe hier (www.imdb.com/title/tt0065168/reference), wo Tigon zusammen mit "Les Films ABC" als Produktionsfirmen des Films genannt wird...
#3 Frank Brenner 2021-08-18 11:13
zitiere Friedhelm:
Man darf also davon ausgehen, dass die britische Filmfirma für die französischen nackten Vampire" in "Great Britain" wohl eher den Verleih übernommen hat. :-*


Das kann natürlich sein, Aber etwas zu tun hatten sie mit Rollins Film dann wohl schon ;-)
#4 Andreas Decker 2021-08-18 12:47
Laut Pelle Felsch in seiner Abhandlung in der Wicked Edition ist der Film ohne ausländische Geldgeber entstanden. Allerdings konnten sie ihn nach England verkaufen. Vermutlich war Tigon der Distributor. Dass die Firma unter Produzent gelistet wird, ist wohl ein Missverständnis.

Ich fand die Frage deshalb interessant, weil die Entstehungsgeschichte des Films wie üblich bei Rollin recht bizarr ist und es erst sein zweiter Film war, nachdem der erste noch in s/w ein ziemlicher Reinfall war. Insofern wäre es interessant gewesen, falls da ausländisches Geld im Spiel gewesen wäre und Tigon Einfluß auf Besetzung und dergleichen gehabt hätte, wie das damals üblich war.

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