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Die Sirene Hearthstone: Nur ein Match noch...

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDie Sirene Hearthstone:
Nur ein Match noch...

Ich bin nicht besonders gut bei "Hearthstone". Man erkennt das daran, dass ich selten über den Status des Murlocräubers hinaus komme. (Bitte hier Gelächter einfügen. Danke.) Aber nichtsdestotrotz ist es eines der Spiele, die mich immer wieder fesselt. Auch wenn nicht gerade ein neues Paket an Karten eingeführt wird, wie jetzt die Tage mit "Kobolde und Katakomben." Ich habe übrigens nicht die Absicht, die Kerze zu nehmen, vielen Dank, Kobold Hamm.

ICH WILL GLITZERGOLD!

Gut, meine Wurzeln liegen auch in jenen Zeiten, in denen man noch mit richtigen Karten gespielt hat und ... ach, das macht man heute auch noch? Stimmt, MAGIC THE GATHERING gibt es immer noch als Offline-Kartenspiel. Immer mal wieder hat es da auch Versuche gegeben, das Ganze auf den Computer zu bringen. Einzelne Spiele wie "Magic: Shandalar" oder "Duels of the Planeswalkers" kann man durchaus nennen, besonderen Erfolg hat Magic allerdings im Computerspielbereich nie gescheffelt. Seltsamerweise, denn "Magic The Gathering Online" läuft seit 2002 mit allem, was eigentlich zu einem solchen Spiel gehört. Plus einer erfundenen Währung, die man dann gegen Karten tauschen kann.

Nun ist es so, dass es nichts Neues unter der Sonne gibt und wer einmal "Magic" gespielt hat, hat das Spielprinzip von so ziemlich allen Kartenspielen verstanden: Neben einer Prise Taktik, wenn es darum geht das eigene Kartendeck so zusammenzustellen, dass man wirklich möglichst viele Schadenspunkte verteilt und die Karten in der Kombination gut zusammen wirken, neben dieser Prise Taktik spielt Glück eine wesentliche Rolle. Man kann die besten Karten zusammenstellen, wenn man zu Beginn des Spiels Karten bekommt, die man erst wesentlich später einsetzen kann - weil man halt nur drei Länder mit schwarzem Mana zur Verfügung hat oder man gerade erst zwei Manasteine bekommen hat - dann ist durchaus auch mal spielentscheidend. Im Grunde aber ist das Ganze recht einfach: Man hat irgendwelche Energiepunkte - generell ist es "Mana", bei "Magic" gibts das in verschiedenen Farben, je nachdem welche Länder man tappt, ähm, also einsetzt um Mana zu bekommen - und beschwört damit Zaubersprüche oder Kreaturen herauf, die den Gegner dann angreifen. Fähigkeiten wie das Blockieren des Gegners, sofort wirkende Zaubersprüche oder Dinge wie Feuerbälle, die dann vier Punkte Schaden verteilen - YEAH! FEUERBÄLLE! - sorgen dann für den taktischeren Anspruch. Wann spiele ich die "Verwandle den Gegner in ein Schaf"-Karte aus? Sollte ich dieses Monster zurückhalten? Oder jetzt die Spezialfähigkeit anwenden und den Gegner rammen?

Warum "Hearthstone" vor "Magic" die Nase vorn hat, kann man wohl nur einschätzen, wenn man einige Alternativen wie "Shadow Era" ausprobiert hat. Alternativen gibt es ja genug auf dem Markt, manche erfolgreicher als andere, wobei einige halt nur für Windows programmiert sind und ich als Mac-User damit raus bin. Wie zum Beispiel ironischerweise direkt bei "Magic The Gathering Online". Das Spiel gibts es nur für Windows. Pech gehabt. Vergleichbar mit der Komplexität von "Magic" - und das ist schon mal ein Punkt für gleich - wäre sowas wie "Shadow Era", das gibts für beide Plattformen und fürs Tablet und für unterwegs. So wie "Hearthstone" auch. Bei "Magic" ist mir das nicht ersichtlich, es steht nicht explizit auf der Webseite drauf. (Da steht nur "Download" und untendrunter sind die Angaben für das beste Windows-System auf dem das Spiel läuft.)

Nun kann "Hearthstone" erstmal mit einem Pfund wuchern, das "Magic" nicht hat: Wer "World of Warcraft" gespielt hat - also die Online-Computerspiele und dann halt das MMORPG - der wird beim Einsteigen direkt ein Wiederkennungsgefühl haben. Schließlich sind die Figuren und die Helden bekannt, sie haben eine Hintergrundgeschichte, die man nachlesen kann, aber nicht unbedingt wissen muss und das Design der Karten passt zu dem Erscheinungsbild in den Computerspielen. Eine Menge von "WoW"-Spielern wird wohl aufgrund dessen vom RPG zum Kartenspiel rübergeschwappt sein, einfach, weil man die Charaktere schon kennt. Bei anderen Online-Sammelkartenspielen ist das schwieriger. Bei "Magic" arbeitet man sich wie bei "Shadow Era" in eine neue Welt ein, mit neuen Helden, neuen Figuren. Zugegeben, "Gwent", dass es ja jetzt auch losgelöst vom Witcher-Spiel solo zu spielen gibt, hat ebenfalls den Deja-Vu-Vorteil, ebenso wie es einige Kartenspiele in bekannten RPG-Settings gibt. "Dungeon and Dragons" hat mittlerweile ebenfalls eins, weil - nun - "Hearthstone" hat einen gewissen Trend gesetzt und an den schmeißt man sich natürlich gerne ran wie ein Charmeur nach Mitternacht an die alleinsitzende Frau an der Bar. Insofern sollte es einen nicht verwundern, wenn der Deja-Vu-Vorteil demnächst auch in anderen Bereichen genutzt wird.

Warum "Heartstone" aber gegenüber anderen Spielen den Ruf einer Sirene hat? Natürlich ist mir als Spieler bewußt, dass, wenn ich nicht unbedingt Geld ausgeben möchte um die Kartenpacks zu kaufen, ich dann mehr Zeit in das Spiel investiere. So funktioniert das nun mal mit dem "Free to play"-Prinzip und das sollte ja allmählich auch klar sein. Natürlich kann ich sagen: Es macht einfach enorm viel Spaß, aber das trifft auf fast alle Spiele zu. Also alle, die einem gefallen. Wobei das tatsächlich ein wichtiger Faktor ist, wenn ich dauerhaft bei einem Spiel bleiben möchte, dann muss ich Spaß daran haben.

Was weitaus wichtiger ist: Die Regeln bei "Hearthstone" sind schnell gelernt, aber nicht so schnell gemeistert. Jetzt kann man einwenden, das gälte für "Magic" ebenfalls, aber "Magic" ist durchaus dann doch von der Mechanik anders angelegt. Bei "Hearthstone" bekomme ich einfach nur Manasteine. Bei "Magic" muss ich mich entscheiden, welche Länder ich jetzt ins Deck nehme, weil schwarze Länder schwarzes Mana ergeben, weiße Länder weißes Mana, muss dann überlegen welche ich aktivere und dann muss mein Deck auf die Länder abgestimmt sein. Es gibt auch Karten, bei denen es egal ist welches Mana ich einsetze. Dennoch: "Magic" erfordert eine ganze Menge mehr Denkleistung als "Hearthstone". Bei "Hearthstone" kann ich einen Helden wählen, kann dann aus neutralen Karten und den zum Helden passenden Karten ein Deck zusammenstellen und fertig. Wenn ich faul bin, schlägt mir die KI ja sogar ein Basis-Set vor oder Alternativen, wenn ich später die passenden Karten fürs Set gefunden habe. Und "Hearthstone" hilft mir sogar dabei, wenn ich manuell ein Deck erstellen möchte - Knopf drücken, Karten vorgestellt bekommen, kurz überlegen, auswählen, fertig. Im Spiel selbst bekomme ich dann einfach nur Manasteine und kann dann alles Mana auf alle Karten anwenden. Es kommt also nicht vor, dass ich starke Kreaturen nicht ausspielen kann, weil ich kein passendes Mana zur Hand habe. Kann man halt bei "Magic" so lösen, dass man halt nur Schwarz oder nur Grün oder eine Kombination wählt, die gut zusammenpasst. Das aber erfordert im Vorhinein etwas mehr Denksport als das Deck bei "Hearthstone". (Was nun nicht heißt, dass man nicht auch hier eine Menge von Grübeleien in das eigene Deck investieren muss, die Basis-Decks sind halt nur für den Einstieg gut geeignet.)

Ebenfalls hat "Hearthstone" mit den Helden und ihren Fähigkeiten etwas, was mich immer wieder ins Spiel hineinzieht. Ich mag es, Feuerbälle zu werfen und als Jaina kann ich das sogar als Fähigkeit. Oder als Hexenmeister mir selbst Punkte abziehen und davon dann Karten ziehen. Abgesehen mal von den ganz speziellen Karten, die es ermöglichen auf die Seite des Lich-Königs zu wechseln oder kurzfristig die Fähigkeiten bzw. die Karten einer anderen Heldenfigur zu wählen. "Abkehr von der Dunkelheit" etwa als Beispiel. Dadurch habe ich eine zusätzliche taktische Komponenten, die das Spiel tatsächlich wenden kann. Habe ich FEUERBÄLLE erwähnt?

Eine Komponente ist auch durchaus der Humor. "Magic" nimmt sich manchmal viel zu sehr zu ernst. Hier gehts darum, dass Zauberer gegen Zauberer antreten. (Und was dabei rauskommt, wusste Terry Pratchett ja schon: Meistens Ebenen, auf denen dann nichts mehr wächst...) Bei "Hearthstone" kämpfen die einzelnen Heldenklassen gegeneinander. Wie man das von RPGs so kennt, gibt es auch Zauberer, ja, aber dann Druiden, Schurken, Krieger... Und sicherlich sind die Duelle ernst und manchmal auch verdammt ernst, aber wenn ich einen Kobold ausspiele und der Spruch "Du nicht nehmen Kerze" kommt oder wenn ich als Gegner einen Koboldpiraten habe, als Figur ein Märchenbuch ausspielen kann, dass dann auch noch einen passenden Spruch loslässt - dann zaubert das immer in Lächeln auf mein Gesicht. Abgesehen davon: Man kann ja auch die ganze Hintergrunddekoration anklicken... Und Greifen streicheln. Kicher. Abgesehen mal davon, dass eine Kartenerweiterung dann auch noch Lovecrafts Große Alte ins Spiel brachte und das Spielfeld dann niedliche pinke Tentakel... Und das Set mit den orientalischen Karten! Und Gadgestan! Gadgestan-Karten erfreuen das Herz des Nerds. (Meine Lieblingserweitung aber ist dann doch eher der frostige Bereich um den Lich-König. Ich liebe es, wenn mein Charakter mit 10 Manasteinen sich umwandelt und alle bisherigen Dämonen zurück aufs Feld ruft. HAH.)

Ja, sicher, ich mochte "Magic" und es hat den Vorteil, dass man es auch offline spielen kann, wenn die Server von Blizzard gerade mal gewartet werden oder was auch immer. Sicherlich ist es auch ein Vorteil, dass man bei "Magic" offline direkt sofort Geld für Kartenpacks ausgibt, anstatt sich die mit Quests zu erarbeiten - andererseits hält das natürlich den Spieler bei "Hearthstone" bei der Stange, weil "nur noch ein Spiel, in dem ich Zauberkarten ausspielen muss, dann hab ich wieder genügend Gold fürs nächste Pack!" natürlich sehr - ähm - motivierend sein kann? Hüstel. "Magic" ist auch definitiv etwas komplexer vom Innenleben her. "Hearthstone" ist mehr für Spieler, die gelegentlich mal eine Partie spielen möchten, allerdings sollte man es nicht unterschätzen: Ja, es ist bunt, kuschelig und hat eine Menge Glitzer, aber dahinter steckt durchaus ein knallhartes taktische Sammelkartenspiel. Und eines, dass mich wegen der Vielfalt der bekannten Figuren - und der weniger bekannten - der bisherigen Erweiterungen - auch was den Solospieler-Modus anbelangt - und wegen des Humors einfach immer wieder fesselt. Abgesehen davon, dass es jetzt mit dem Dungeon-Eroberungs-Solospieler-Modus auch einen Grund gibt, immer wieder zurückzukehren: Wenn man nämlich die Eroberung nicht in einem Zug schafft, darf mit genau 10 zufälligen Karten wieder von vorn anfangen. So wie damals in den alten Computerspielzeiten halt: Level nicht geschafft? Tja, zurück zum Beginn. Entschuldigt mich jetzt, ich würde gerne einem kleinen Drachen die Fresse polieren, bin gleich zurück...

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