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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Fort Niagara?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Fort Niagara?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 25. Juli 1759 nahmen britisch-amerikanische Truppen während des Franzosen-und-Indianerkrieges (1754 – 1763) Fort Niagara ein, eine strategisch bedeutsame Festung der Franzosen, für die Versorgung ihrer Siedlungen zwischen dem Osten Kanadas und dem Erie-See. Mit dem Fall von Fort Niagara wurden fast alle französischen Transportwege unterbrochen.

Fort Niagara lag an der Mündung des Niagara River in den Ontario-See. Kein Geringerer als der Entdecker René Robert Sieur de La Salle hatte 1678 diesen Platz als bestens geeignet für eine Befestigung erkannt und das kleine „Fort Conti“ hier errichtet. Neun Jahre später, 1687, ließ der Marquis de Denonville, der Gouverneur von Neu-Frankreich, auf den Fundamenten der La-Salle-Befestigung Fort Denonville errichten. Hier wurden etwa 100 Mann stationiert. Fast 90 dieser Soldaten erfroren oder verhungerten im darauffolgenden Winter, bevor Hilfstruppen aus Montreal eintrafen. Der Posten wurde im September 1688 aufgegeben.

In jener Zeit gab es intensive politische Beziehungen zur Irokesenliga, die Frankreich als Verbündete benötigte. 1720 erbat der französische Gouverneur bei den Seneca um die Erlaubnis, eine neue Befestigung zu errichten. Er pries den Indianern gegenüber die Vorteile einer solchen Niederlassung, die nicht nur den gegenseitigen Handel, sondern auch die persönlichen Beziehungen verbessern würden. Die Häuptlinge der Liga erklärten sich einverstanden. So entstand zunächst ein Handelshaus, das „Magasin Royal“ genannt wurde (königliches Lagerhaus). Später wurde dieser Name erweitert in „Lagerhaus des Friedens“. Die Irokesen begannen hier, Tauschhandel mit den Franzosen zu treiben.

1756 entstanden die südliche Bastion und große Tore. Eines davon wurde „Das Tor der fünf Nationen“ genannt, um die Irokesen zu ehren. Von 1726 bis 1755 wurde die Anlage ständig erweitert und von einem reinen Handelsposten zu einer militärischen Befestigung, um die französischen Interessen gegenüber England zu unterstreichen.

Als der Franzosen-und-Indianerkrieg ausbrach, fiel Fort Niagara eine wichtige Schutzfunktion an den Grenzen Neu-Frankreichs zu. Damit wurde die Festung Ziel der Engländer, die den Posten Anfang Juli 1759 einschlossen.

Um Fort Niagara zu entsetzen, schickte das französische Militärkommando Verstärkungen aus Montreal – aber deren Anrücken wurde durch indianische Späher frühzeitig bekannt. Am 24. Juli gerieten die Truppen in einen Hinterhalt der Briten. In der Schlacht von La Belle Famille wurden die Franzosen geschlagen. Daraufhin kapitulierte der Kommandant von Fort Niagara, Francois Pouchet.

Die Engländer unter dem Kommando von Sir William Johnson übernahmen die Festung.

Johnson war eine der bedeutendsten Führungsgestalten der britischen Kolonialverwaltung. Er hatte exzellente Beziehungen zu den Indianervölkern des Waldlandes. Aus diesem Grund amtierte er mehrfach als Superintendent für Indianerangelegenheiten.

Johnson hatte die Belagerung von Fort Niagara mit der Miliz von New York begleitet. Die Briten waren von General John Prideaux geführt worden. Als die Belagerung des Postens begann, war Prideaux während der Einrichtung der Artillerie vor die Geschütze getreten. Ein versehentlich abgefeuerter Schuss aus einem Mörser hatte ihm den Kopf abgerissen, so dass Sir Johnson die Einnahme der Festung besiegelte.

Die Engländer behaupteten diese Stellung für 37 Jahre. Während des Unabhängigkeitskrieges war sie von amerikanischen Königsanhängern unter Colonel John Butler besetzt. Der Posten hatte keinen guten Ruf. Rings um die Palisaden siedelten sich Kneipen und Bordelle an, die von der Besatzung intensiv genutzt wurden.

Nach dem Friedensvertrag von 1783, als England die Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien anerkannt hatte, übernahmen die Vereinigten Staaten formal das Fort, aber Fort Niagara blieb noch 13 weitere Jahre von englischen Soldaten besetzt. Erst 1796 marschierten amerikanische Truppen ein, nachdem die Umsiedlung von königstreuen Kolonisten nach Kanada gewährleistet war.

Im Krieg zwischen England und den USA von 1812 besetzten die Briten Fort Niagara erneut. 1814 zogen die Engländer wieder ab.

Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg wurde ein „New Fort Niagara“ errichtet, in dem Truppen für den Spanisch-Amerikanischen Krieg und den 1. Weltkrieg ausgebildet wurden. Im 2. Weltkrieg diente das Fort als Kriegsgefangenenlager, u. a. auch für deutsche Soldaten des Afrika-Korps. Seit 1960 ist Fort Niagara ein Historisches Monument des Staates New York.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

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