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Schuld und Sühne: Strafvollzug in der Science Fiction

1Schuld und Sühne
Strafvollzug in der Science Fiction

Vielleicht wird es eines Tages wirklich keine Verbrecher mehr geben. Der Sozialismus sagte ja für den neuen, sozialistischen Menschen etwas in dieser Richtung voraus, und entsprechend schwer tat man sich deshalb mit Verbrechern wie Erwin Hagedorn, Andrei Tschikatilo oder dem „rosa Riesen“ Wolfgang Schmidt. Es steht jedoch zu befürchten, dass Diebstahl, Betrug, Raub, Mord und Totschlag auch in Zukunft noch geschehen werden..


Heute landen Straftäter entweder im Gefängnis oder vor dem Henker - je nachdem, ob die Resozialisierung des Individuums oder der Schutz der Gesellschaft vor Wiederholungen in der Rechtsauffassung Priorität hat. Was wo wie stark sanktioniert wird, das ist höchst unterschiedlich: Majestätsbeleidigung kann beispielsweise einen Touristen in Thailand für lange Zeit ins Gefängnis bringen, und Kritik an der Lehre Mohammeds oder an seiner Person ist in einigen Regionen lebensgefährlich.

Die Crew der Orion Ursula Lillig, Wolfgang Völz, Dietmar Schönherr, Friedrich G. Beckhaus, Claus HolmZwangsarbeit gehörte in der Science Fiction der sechziger Jahren ins Repertoire – schon in der ersten Folge der „Raumpatrouille“ mutmaßte Commander Cliff McLanes Vorgesetzte, dass  Raummarschall Wamslers Adjutant Michael Spring-Brauner McLane am liebsten in den Bergwerken auf dem Mond sähe. Noch 1991 verurteilt ein klingonisches Tribunal in Star Trek VI Captain James T. Kirk und Dr. Leonard McCoy zu lebenslänglicher Zwangsarbeit auf einem Eismond.

Nicht ganz so knallhart ist das Wegsperren auf unbestimmte Zeit im Kälteschlaf – so ergeht es 1993 im Film „Demolition Man“ sowohl dem Verbrecher Simon Phoenix als auch dem Polizisten John Spartan. Und auch 2002 in „Minority Report“ sieht es mir ganz nach dieser Art von Wegsperren aus, wenn die Polizei sich den Täter schnappt, kurz bevor er seine Tat verüben kann (andererseits: darf man jemanden für etwas bestrafen, das er tun wollte, aber nicht getan hat?).
Ein Zwischending ist Zwangsarbeit mit kryogenischer Einlagerung der Körper von Verurteilten, deren Gehirne in entsprechenden Behältern Baumaschinen oder Raumschiffe steuern müssen, bis ihre Strafe verbüßt ist.

Zur Zukunft der Todesstrafe: Der medizinische Fortschritt macht allerhand möglich, und Larry Niven führte Fortschritte in der Transplantationsmedizin und den Mangel an Spenderorganen logisch zusammen: in den frühen Geschichten seines „Ringwelt“-Universums wird ein Mann wegen Verkehrsdelikten zum Tode verurteilt und der Organbank übergeben. In der Volksrepublik China nahm man 2013 von der Praxis Abstand, die Körper Hingerichteter zeitnah transplantatorisch zu verwerten; laut einer Meldung im „Spiegel“ stammten im Jahr 2012 64% der in China transplantierten Organe von exekutierten Gefangenen ...

Das Camp der VerbrecherIn abgeschwächter Form gab es diese Strafe in der Pilotfolge von „Lexx“ zu sehen, als Wachmann Stanley Tweedle wegen kleinerer Verfehlungen im Dienst zum Verlust von drei Organen verurteilt wird.

Die Science Fiction hat im Lauf der Jahrzehnte einige weitere Varianten des Strafvollzugs vorgestellt. Am bekanntesten wurde zweifellos die Rekonditionierung, die Anthony Burgess in „Uhrwerk Orange“ schilderte und die Stanley Kubrick 1971 mit Malcolm McDowell und Patrick Magee verfilmte. Der Gewalttäter wird dabei so „gehirngewaschen“, dass er unfähig wird, Gewalt anzuwenden – nicht einmal, um sich selbst zu schützen.

Noch weiter geht die „Persönlichkeitslöschung“. Dabei bleibt der Körper unversehrt, aber alle Erinnerungen des Gehirns werden ausgelöscht. In manchen Romanen wird dann eine neue Persönlichkeit „aufgespielt“, zum Beispiel die eines Todgeweihten. Wieder ist Larry Niven hier ganz vorne dabei, wenn in „A world out of time“ der kryokonservierte unheilbar kranke Jerome Branch Corbell in einem Körper aufwacht, der nicht seiner ist – und der es auch nicht bleiben wird, falls er die Erwartungen der Regierung nicht erfüllt. Corbells aufgetauter eigener Körper wurde beim  Destillieren seiner Persönlichkeit zerstört, und die Bewusstseinslöschung schwebt über seinem neuen Leben wie ein Damoklesschwert.

Die kosmische HanseBewusstseinslöschung gehörte auch in der Fernsehserie "Babylon 5" zu den Strafen, die das Rechtssystem der Erde erlaubte; hier war es die Aufgabe der Telepathen des Psi-Corps, die Persönlichkeit verurteilter Mörder zu löschen und einen neuen Menschen zu erschaffen. Die Episode "Die Schrift aus Blut" behandelte dabei das Problem, dass die Angehörigen der Opfer sich an jemandem rächen wollten, von dem nur noch der Körper existierte - jetzt jedoch "unter neuer Leitung", die mit dem Verbrechen nichts zu tun hatte.

Auch Philipp K. Dick lieferte hierzu einige Geschichte ab, nach deren Motiven die Filme „Blade Runner“ und „Total Recall“ gedreht wurden. In „Blade Runner“ erhält die Replikantin Rachel künstliche Erinnerungen an eine Kindheit, die sie nie hatte, um ihre Persönlichkeit stabiler zu machen. In „Total Recall“ will Douglas Quaid sich Erinnerungen an einen Urlaub auf dem Mars gönnen, den er sich in Wirklichkeit nie leisten könnte, und findet dann heraus, dass er nicht der ist, für den er sich hielt.

In Perry Rhodans Welt gehört zumindest zur Zeit des Solaren Imperiums Zwangsarbeit auf Strafplaneten zum Katalog der Gerichtsurteile. Gerade die USO leistet sich unter anderem den Planeten Beseler im Plejaden-Sternhaufen.

Später, zur Zeit der Kosmischen Hanse, werden dann eine Zeit lang bereits Kinder auf verbrecherische Anlagen untersucht und therapiert. So kommt Robert W. G. Aerts zum zweifelhaften Ruhm, „der letzte Kriminelle“ zu sein.

Im Para-BunkerKriminelle Mutanten in Haft zu halten ist eine besondere Herausforderung.

Im 13. Jahrhundert NGZ gibt es auf dem Saturnmond Mimas eine besondere Einrichtung, die dafür ausgerüstet ist: Der „Para-Bunker“ für „para-abnorme kriminelle Straftäter“.

Das Imperium von Arkon kennt nicht nur die einfache Todesstrafe – für besondere Fälle wie Hochverrat gibt es die Infinite Todesstrafe, bei der der Delinquent nicht einfach getötet wird – man belebt ihn sofort wieder und richtet ihn gleich noch einmal hin. Und noch einmal ... und noch einmal ... und noch einmal.

Auch das akonische Reich vollstreckt (zumindest zur Zeit des Solaren Imperiums) die Todesstrafe: Verurteilte stürzen entweder in einem kilometertiefen Schacht zu Tode oder werden in einer radioaktiv verstrahlten Anlage eingesperrt und dem langsamen Tod durch Strahlenvergiftung überlassen.


Kommentare  

#1 AARN MUNRO 2016-02-02 11:23
...den Atlanband habe ich gerade wieder gelesen...ziemlich rauhe Gegend, der Planet Beseler. wer für vierzig Jahre verurteilt ist, wird kaum zwanzig schaffen, gesundheitsmäßig...Sumpffieber etc...das ist so richtig 60er-70er-Jahre-Charme...später wird ja "wenigstens" die Sozialkorrektur über Bewußtseinsveränderung eingeführt...Grundsätzlich: gibt es überhauüt humane Strafen, die einen Täter wieder "resozialisieren"? Wobei "Re" nur geht, wenn er es schon war, also gelernt hat...auch bei Heinlein oft diskutiert...aktuell: Lese gerade über Häufung von Überfällen am "Kotti" (Kottbusser Platz in Berlin): da würde zumindest bei Einwanderer-Tätern eine Re-Sozialisierung schwer fallen, denn die haben das ja nicht gelernt in ihren Ländern...(der Polizei-Bericht spricht hauptsächlich von Maghreb-Bewohnern). Aber ich möchte hier natürlich jetzt nichts verallgemeinern und auch nicht alle Einwanderer kriminalisieren... :-)
#2 Hermes 2016-02-02 11:46
Zitat:
Heute landen Straftäter entweder im Gefängnis oder vor dem Henker - je nachdem, ob die Resozialisierung des Individuums oder der Schutz der Gesellschaft vor Wiederholungen in der Rechtsauffassung Priorität hat.
Nicht jeder Straftäter landet gleich vor dem Henker. Denk mal an Ulli Hoeneß. Die Todesstrafe ist in den meisten Ländern auf schwerste Verbrechen beschränkt.
#3 Markus Mencke 2016-02-02 12:11
Bei diesem (sehr interessanten!) Artikel ist euch so weit ich mich an B5 erinnern kann ein kleiner Fehler unterlaufen.
In der Episode "Die Heilerin" (St. 1, F. 22) wird ein Mehrfachmörder zur "Löschung" verurteilt. Talia Winters "scannt" ihn zwar, aber das dient nur der letztendlichen Wahrheitsfindung. Dadurch sollen Justizirrtümer ausgeschlossen werden. (Was schon etwas paradox ist - denn telepathisch gewonnene Beweise sind in der Serie vor Gericht eigentlich nicht zulässig...). Die eigentliche Löschung erfolgt aber durch eine Maschine. Das wird iirc in einem Gespräch vorher zwischen dem Doktor und Mr. Garibaldi deutlich.
Gleichzeitig enthält diese Folge auch eine weitere "interessante" Hinrichtungsmethode: die von der Heilerin eingesetzte "Heil"-Maschine überträgt Lebensenergie von einem Spender an einen Empfänger - und diente ursprünglich der Hinrichtung von Verbrechern.
Wie es dann ja am Schluss (in Selbstverteidigung) auch geschieht...
#4 Larandil 2016-02-02 12:30
zitiere Hermes:
Die Todesstrafe ist in den meisten Ländern auf schwerste Verbrechen beschränkt.

Zum Beispiel Drogenhandel, Ehebruch, Homosexualität oder Apostasie?
#5 Laurin 2016-02-03 18:07
Nun ja, die Todesstrafe sehe ich nicht als wirkliche Bestrafung an, sondern eher (wie Kriege auch) als staatlich legitimierten Mord. Irgendwie so gesehen ein Teufelskreis.
#6 Larandil 2016-02-04 12:17
zitiere Markus Mencke:
Bei diesem (sehr interessanten!) Artikel ist euch so weit ich mich an B5 erinnern kann ein kleiner Fehler unterlaufen.

Das nehme ich auf meine Kappe. Es ist schon sehr lange her, dass ich die Folgen gesehen habe, und so orientierte ich mich an Zusammenfassungen im Web.

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