Der Mann im Ohr: Vom arkonidischen Extrasinn
Der Mann im Ohr:
Vom arkonidischen Extrasinn
Nein, wenn jemand mit den passenden Kenntnissen (die den Sternengöttern sei Dank doch sehr, sehr, seeeehr selten sind!) und dem Zugriff auf die passende Technik daherkommt, wird plötzlich jeder Absolvent der ARK SUMMIA zum Befehlsempfänger, vom Beibootkommandanten bis hinauf zum Imperator selbst.
Bei Perry Rhodan wird die ARK SUMMIA beschrieben als die unter streng kontrollierten Bedingungen durchgeführte Aktivierung eines sonst brachliegenden Areals im arkonidischen Gehirn. Die Arkoniden haben dieses Areal vermutlich von den Akonen geerbt, die wiederum von den Lemurern, - und bei den Tefrodern findet sich ja auch noch ein verkümmerter Rest der lemurischen Paradrüse. Bei Terranern ebenfalls, aber da ist sie noch ein wenig rudimentärer als bei den Tefrodern. Dem terranisch-arkonidischen Mischling Kantiran verschaffte die versuchte Aktivierungsprozedur jedenfalls zwar keinen Extrasinn, aber statt dessen immerhin seine ganz spezielle Form der mentalen Kontrolle über Tiere. In diesem Zusammenhang ist vielleicht interessant, dass die terranische Esoterik von der Zirbeldrüse als "drittem Auge" oder "Stirn-Chakra" spricht … aber ich schweife ab.
Die Aktivierung des arkonidischen Extrasinnes ist also die Installation einer zweiten Persönlichkeit im Gehirn, die das eigentliche Bewußtsein nicht dominiert (also – im Regelfall!), sondern „nur“ in beratender Funktion zur Verfügung steht („Tu das nicht, du Narr!“). Persönlichkeitsspaltung mit Feinwerkzeug, bei der auch nach mehr als zehntausend Jahren immer noch mal was schiefgehen kann. Gaumarol da Bostich, der spätere Bostich I., hatte nach der Aktivierung erst einmal keinen Extrasinn in Form einer inneren Stimme. Statt dessen erschienen ihm im Traum verschiedene Imperatoren aus der ruhmreichen Vergangenheit und berieten ihn. Die Stimme stellte sich erst ein, nachdem er diesen "Rat der Imperatoren" in einer Traumsequenz mit dem Schwert getötet hatte.
Starker Tobak. Und doch: es gab einen Psychologen, der die Theorie aufstellte, dass wir Menschen noch gar nicht so lange ein Selbst-Bewußtsein haben, wie uns das heute als selbstverständlich erscheint. Dr. Julian Jaynes veröffentlichte 1976 sein Buch "Der Ursprung des Bewusstseins durch den Zusammenbruch der bikameralen Psyche". Drastisch reduziert lautete seine Theorie: der frühe Mensch dachte nicht über sich selbst nach. Er war Befehlsempfänger einer Stimme in seinem Kopf. Das mochte die Stimme des Einen Gottes sein oder die eines Gottes unter vielen im Pantheon oder mit viel Glück auch schon mal eine Muse, aber auf jeden Fall forderte diese Stimme unbedingten Gehorsam, und der Mensch tat, was sie ihm gebot. Das war die „bikamerale Psyche“, und ihr Zusammenbruch begann mit der Entwicklung und Verbreitung des Lesens und Schreibens.
Jaynes führte als Argumente zu Gunsten seiner Theorie zum Beispiel die ersten erhaltenen Briefe (in Keilschrift) an, die da beginnen „Zu XY, dem Sowieso, sprich: Dies sagt dein Herr, der Fürst von Dingsda!“ - woraufhin der Empfänger in seinem Ohr die Stimme seines Meisters halluzinierte, die ihm dieses und jenes zu sagen hatte. Und natürlich war jeder Widerspruch zwecklos.
Auf ähnliche Weise trugen auch die frühen Propheten der Hebräer wie beispielsweise Amos ihre meist nicht so guten Botschaften vor: „Höret, was der HERR wider euch redet, ihr Israeliten, wider alle Geschlechter, die ich aus Ägyptenland geführt habe.“
Laut Jaynes war auch das Verhältnis des Dichters zur Muse vergleichbar dem eines Pferdes zu seiner Reiterin, die unvermittelt in den Sattel springt und reiten will. „Los jetzt, schreib auf!“ Die Geschichte vom Trojanischen Krieg beginnt denn auch mit der Bitte des Vortragenden "Singe den Zorn, oh Göttin, des Peleiaden Achilleus ..."
Und da jeder wusste, dass die Götter nicht mit sich reden lassen, wenn sie was wollen, gab es bei Homers Griechen auch keine weiteren Rückfragen, wenn irgend jemand etwas angestellt hatte und zu seiner Rechtfertigung angab, ein Gott habe ihm das befohlen. „Götter. So sind sie eben. Da kann man nichts machen.“
Aus heutiger Zeit schildert Jaynes dieses Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber der Inneren Stimme aus der Erlebniswelt von Schizophreniepatienten. Allerdings hat sich inzwischen gezeigt, dass es da auch sehr auf den kulturellen Hintergrund ankommt: in der westlichen Zivilisation treten die Stimmen anscheinend wesentlich rabiater in Erscheinung als in Indien oder Afrika. Deshalb bieten sich praktizierende Anhänger des Voudoun den Loa-Geistern freiwillig als Gefäß an. Und vielleicht kommen deshalb auch arkonidische Adelige besser mit der Stimme ihres Extrasinnes zurecht, weil sie von frühester Kindheit an lernen, sich als Trieb am gewaltigen Baum ihres Hauses zu sehen, dessen Wurzeln viele Jahrtausende weit zurück reichen und dessen Name noch strahlen soll, wenn sie selbst längst nicht mehr da sind.
Auf die Theorie des bikameralen Bewußtseins griff unter anderem Neal Stephenson für seinen Cyberpunkroman „Snow Crash“ zurück und mischte zusätzlich noch die babylonische Sprachenverwirrung darunter. Wer die Sprache der Götter nicht mehr versteht, der schuldet ihnen auch nicht diesen unbedingten Kadavergehorsam …
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