Gößling, Andreas - Der Ruf der Schlange

Der Ruf der SchlangeDer Ruf der Schlange
von Andreas Gößling
Seiten: 527
ISBN: 978-3-608-93875-3
EUR: 22,95

Hobbit Presse Klett Cotta

Der Klappentext sagt: Ein uralter Schöpfungs- und Vernichtungszauber streckt seine schrecklichen Klauen aus: Einst war die Schlange von den Schöpfergöttern unterworfen worden. Jetzt befreit sie sich und droht die Welt zu zerreissen.

Phora, die ruhmreiche dunibische Hauptstadt, im Jahr 713 neuer Zeit: Mysteriöse Todesfälle erschüttern die Öffentlichkeit. Die Opfer wurden allesamt schrecklich zugerichtet – Stammhirn und Rückgrat der Leichen sind spurlos verschwunden. Die Taten eines Wahnsinnigen, wie behauptet wird? Samu Rabov ist anderer Ansicht: Magie hebt ihr grausames Antlitz.


Seit Jahrtausenden warnen spirituelle Lehren vor den »Schlangenkräften«, die in den Körpern der Menschen auf ihre Entfesselung lauern, und ebenso lange schon huldigen Schlangenanbeter in serpentistischen Orden und okkulten Riten der göttlichen Schlange und ihrer dunklen Kraft. Rabov muss Jagd auf die bereits entfesselten Schlangen machen und zudem den Zauber von Naxoda zerstören, bevor die Katastrophe ihren Lauf nimmt. Die Zeit drängt...

Was haben wir denn hier? Der Serienkiller, der ich sonst durch die US-Provinz  oder die Straßenschluchten von Metropolen wie New York oder L.A. meuchelt, findet sich in einer ehemaligen Maschinenwelt  wieder, die von der Magie regiert wird, quasi einer Post-Steampunkwelt. Ihm auf den Fersen ist eine Art Geheimpolizist. Dazu der passende Mythos, Schlangen seien verknöchert und bilden das menschliche Rückgrat. Dazu passend: Den Toten fehlt eben die Wirbelsäule. Ist die Schlange wieder lebendig? Oder was steckt dahinter? Ein Ansatz, der aus einem Traum des Autors entstand.
 
Kann das funktionieren? Geht sowas überhaupt? Serienkiller und Fantasy und Verschwörungen?

Um es vorwegzunehmen: Es kann und es geht. Sogar großartig.
 
Was die Hauptperson angeht ist Samuel Rabov ein sympathischer Ermittler, der eher in Spelunken, denn am Hof, zu Hause ist.  Er versteht es eine rauhe und harte Sprache zu sprechen, ermittelt unkonventionell, geht eigene Wege und folgt seiner Nase. Er ist Chef der Geheimpolizei, ein Mann nach dem Herzen des Lesers. Ihm mag man auf der Jagd auf den Killer folgen. Rabov stellt die Welt und seine Gegebenheiten vor.
 
Unbeschwert wirft Andreas Gößling Thriller, Fantasy, Horror und Steampunk durcheinander. Ja, das ist unbeschwert, aber nicht planlos oder leichtfertig. Denn alles was die Stadt Phora und die Länder drumherum angeht ist wohl überlegt und funktioniert so bestens als Setting. Heraus kommt eine Welt, die einlädt, des Öfteren besucht zu werden. Da schimmern Perlen der Weltenschöpfung durch. Vieles wird in diesem ersten Werk nur angerissen und angedeutet. Diese faszinierende Welt nur einen einzigen Roman zu benutzen, erscheint beinahe als Frevel. Das muss Folgen haben. Mit oder ohne Rabov. Hier gibt es noch etwas zu entdecken. Obs eine Musterwelt wie Tolkiens Mittelerde ist, die von Hunderten von Epigonen in Varianten immer neu entdeckt wird, wage ich zu bezweifeln. Aber das muss auch nicht sein. Es reicht ja, wenn Andreas Gößling das tut. 
 
Und der kann das. Er ist nicht so belastet von jahrelangem Konsum von Fantasy. Er trägt nicht den Ballast eines ganzen Genres und riesiger Traditionen mit sich herum. Was bei vielen Autoren eher als Nachteil empfunden werden dürfte, trifft auf Gößling nicht zu. Gerade dieser fehlende Ballast macht ihn frei, um dem Leser seine Geschichte zu erzählen, in einer Welt, die voll ist von skurillen Figuren, Kulten und Orten. Er spielt mit seiner Phantasie und macht den Leser auf beinahe jeder Seite neugierig auif die nächste.

Dabei bricht er auch mit einigen sprachlichen Traditionen der Fantasy. Seine Sprache ist modern, aber nicht störend und dem Zeitgeist gehorchend. Das kann man gut an dem Begriff Geheimpolizei festmachen, der sonst eher - wie so manch anderes - gern verbrämt wird. Aber Gößling ist ja nicht einem Pseudo-Hollywood-Mittelater unterwegs, sondern siedelt seine Geschichte in einer Post-Steampunkwelt an, so dass die Anpassung der Sprache völlig folgerichtig ist. Das hilft dem Roman sehr, sich abzuheben.
 
»Der Ruf der Schlange« ist ein erfolgreicher Versuch den Klonen Mittelerdes und anderen populären Welten der Fantasy einen Alternative (keinen Gegenentwurf) zu geben. Das ist einer der Romane, der zeigt (und das hoffentlich erfolgreich) wie vielfältig Fantasy sein kann und das auch mit Dampfmaschinen oder Musketen oder eben auch in einem Zeitalter der Magie, dass auf ein Maschinenzeitalter folgt.
 
»Es gibt nichts Neues unter der Sonne« und auch in der Fantasy nicht. Aber: Wie schon Helmut Pesch vor nahezu drei Jahrzehnen feststellte: Es kommt auf die Variation, dem Spiel mit Mythen und Vorgaben an, um etwas Interessantes, Lesenswertes zu schaffen. Andreas Gößling ist dies mit »Der Ruf der Schlange« gelungen. Und das ist ein gutes Geschenk auf dem weihnachtlichen Gabentisch. Das Buch ist so fesselnd, dass es noch bis zum Sylvesterabend gelesen sein dürfte.
 
Kaufen, verschenken, schenken lassen - und dann: Mit Genuss lesen!

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