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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Petalesharo?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Petalesharo?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Petalesharo war ein Häuptling der Skidi Pawnee. Er wurde in den Vereinigten Staaten berühmt, als er einem gefangenen Comanchen-Mädchen um 1817 unter Einsatz des eigenen Lebens das Leben rettete.

Man vermutet, dass er um 1797 in einem Gebiet geboren wurde, wo sich heute der Staat Nebraska befindet. Die Pawnee hatten eine „Morning Star“-Zeremonie, die regelmäßig Menschenopfer erforderte. In der Regel wurden dafür junge gefangene Frauen ausgewählt, die die Pawnee von anderen Stämmen erbeuteten. Die Zeremonie wurde in jedem Frühjahr durchgeführt.

Das Ritual war nicht unumstritten. Petalesharos Vater war ein Gegner dieses Brauchs, aber uralte Überlieferungen im Stamm der Skidi besagten, dass dieses Opfer die guten Geister und Götter gnädig stimmen und für gute Ernten und Jagderfolge sorgen würde.

Es wurde ein Scheiterhaufen errichtet, zu dem die junge Comanchin geführt wurde. Bevor die Zeremonie beginnen konnte, näherte sich Petalesharo entschlossen den anderen Kriegern, teilte ihnen mit, dass sein Vater, der damalige Häuptling, die Zeremonie untersagen würde, löste die Fesseln des Mädchens und zog sie hinter sich her. Bevor man ihn aufhalten konnte, half er der jungen Frau, ein Pferd zu besteigen, drückte ihr eine Parfleshe mit Proviant in die Hand und ließ sie davonreiten.

Die Geschichte verbreitete sich sehr rasch, wurde von Missionaren in der Region aufgegriffen und an die amerikanische Presse weitergeleitet. Petalesharo hätte für diese Tat von den anderen Kriegern getötet werden können. Die Daten des Vorfalls variieren zwischen 1815 und 1817. Sicher ist, dass die Rettung der Comanchin im Frühjahr geschah, wenn normalerweise der Planet Venus am östlichen Morgenhimmel zu sehen war.

Die junge Frau war nicht der einzige Mensch, den Petalesharo vor dem Ritualtod bewahrte. 1818 befreite er einen spanisch-mexikanischen Jungen, bevor er auf den Scheiterhaufen geschickt wurde. Diesmal hatte er Hilfe. Zu dieser Zeit lebte ein Pelzhändler namens Alexander Papin bei den Pawnee, dem Petalesharo den Jungen übergab, so dass er letztlich nach St. Louis gelangte und von der Familie des berühmten Pelzhändlers Manuel Lisa aufgenommen wurde.

Petalesharo und sein Vater genossen offenbar hohes Ansehen im Volk der Pawnee. Es gelang ihnen, die Sitte des Menschenopfers an den Morgenstern zu eliminieren. Jedenfalls stieg Petalesharo als Nachfolger seines Vaters zum Häuptling auf und gehörte 1821 zu einer Delegation von führenden Kriegern der Plains, die nach Washington reisten und sich mit dem US-Präsidenten James Monroe zu Friedensverhandlungen trafen. Im November 1821 erschien die Geschichte Petalesharos erstmals in einer Zeitung der Hauptstadt. Eine andere Zeitung veröffentlichte zur selben Zeit ein Gedicht über die Tat unter dem Titel „The Pawnee Brave“. Zu dieser Zeit fertigte der berühmte Künstler Charles Bird King ein Portrait von Petalesharo an, das in der einzigartigen Sammlung bedeutender indianischer Führer von „McKenney-&-Hall“ veröffentlicht wurde. Eine Gesamtausgabe davon befindet sich in der Kongress-Bibliothek. (Thomas McKenney war zu jener Zeit Superintendent für indianische Angelegenheiten.

Petalesharo wurde mit einer speziell für ihn gefertigten Silbermedaille ausgezeichnet, die die Inschrift trug; „Der Tapferste der Tapferen.“ Als ihm die Medaille überreicht wurde, sprach Petalesharo: „Ich wusste nicht, dass das, was ich tat, als so gut angesehen würde. Es war eine Entscheidung meines Herzens. Ich habe über den Wert meines Tuns nicht nachgedacht. Heute weiß ich, wie gut mein Handeln war. Ihr habt es mich durch diese Medaille wissen lassen.“

Neben Charles Bird King wurde Petalesharo auch von anderen Künstlern portraitiert. Ferner traf er mit James Fenimore Cooper zusammen. Es wird angenommen, dass dieses Treffen Cooper zu seinem Roman „The Prairie“ inspirierte.

Petalesharo wird zum letztenmal 1825 dokumentiert. Er und sein Vater unterschrieben den „Vertrag von Fort Atkinson“. 1836 fiel der Häuptling in einem Kampf mit Cheyenne in der Nähe des Platte-Flusses. Sein Leichnam wurde 1883 gefunden. Er konnte identifiziert werden, weil er die Medaille trug, die er in Washington erhalten hatte. In der Nähe hatte sich ein Skidi-Pawnee-Lager befunden. In den 1920er Jahren erwarb die „American Numismatic Society“ in New York die Medaille.

Der Name Petalesharos lebt noch immer, weil die US Navy eines ihrer Schiffe nach ihm benannte.

Das ganze hat auch eine persönliche Seite.

Ich erhielt ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk, das mich fast sprachlos machte.

Seit 53 Jahren bin ich mit einem Mann befreundet, der damals das Sammeln antiker Western-Waffen – Colt, Winchester, Remington, Sharps, Smith-&-Wesson, usw. – in Deutschland populär gemacht hat. GÜNTER SCHMITT aus Düren. Er ist auch Autor mehrerer fundierter Bücher über die Geschichte der Colt-Revolver, die heute unter Sammlern fast Kult-Status haben. Später habe ich mit ihm zusammen ein Buch unter dem Titel „WESTERN-MUSEUM“ geschrieben, einen Gesamtüberblick über die Waffen der amerikanischen Pionierzeit. (Es war mein 3. Sachbuch überhaupt und erschien 1976.)

Unsere Verbindung ist nie abgerissen. Wir sind zusammen älter geworden und haben viel gemeinsam erlebt.

Als ich das Paket auspackte, das heute hier eintraf, sind mir fast die Tränen gekommen: Günter Schmitt hat aus Altersgründen einen großen Teil seiner einzigartigen Sammlung amerikanischer Antiquitäten aufgelöst. In dem Paket befand sich eine farbige Lithographie von 1821, die den berühmten Pawnee-Häuptling Petalesharo zeigt. Ich kenne die Portraiserie, die von Charles Bird King im Auftrag der Regierung um 1820 angefertigt wurde aus Museen. Ich besitze ein zweites Original aus dieser Sammlung, dass den Cherokee Sequoyah zeigt. Der Wert dieses Bildes ist in Amerika enorm und auch hier schwer einzuschätzen.

Günter Schmitt schrieb, dass er mit diesem Geschenk unsere seit einem halben Jahrhundert bestehende Freundschaft würdigen wolle und das Bild in meiner Sammlung besser aufgehoben sei als in seiner, da er sich altersbedingt von den meisten Stücken trennen müsse.

Ich bin sprachlos und voller Dankbarkeit. Dieses historische Bild ist ein Zeugnis aus einer Zeit, als die amerikanische Regierung noch diplomatische Verbindungen zu den Völkern im Westen suchte. Es wurde gemalt, als Petalesharo lebte. Er hat persönlich dafür Modell gesessen. Wenn ich dieses Bild berühre, habe ich eine direkte Verbindung zu diesem Mann, der vor 200 Jahren gelebt hat.

Ich weiß gar nicht, wie ich mich bedanken soll. Im Folgenden habe ich die Geschichte des Häuptlings aufgeschrieben.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

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