Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Titan, Tanker oder Moloch-Monopolist? - Der Markt und die Serie

1Titan, Tanker oder Moloch-Monopolist?
Der Markt und die Serie

Wer die PR-Serie kennt, weiß ja, dass sie schon sei 1961 in Deutschland existiert.

Auch Übersetzungen in einige andere Sprachen gibt es und auch in diesen Ländern immerhin noch fortlaufende Erscheinungen.

Aber dominiert die Reihe nun den deutschen SF-Markt?

Schaut man sich einmal die Buchverlage an, was hier an SF herausgegeben wird, so scheint außer Heyne und Bastei von den Großen nicht mehr sehr viel zu kommen.  Fantasy ist beliebter, verkauft sich besser (und ist dümmer). Die SF hat sich, so scheint es, in den kleinteiligen Markt begeben, verschoben in die Gebiete der Kleinverlage mit geringen Auflagen à la 500 Stück, dazu kommt das eher selbstausbeuterische „Geschäft“ der Selfpublisher bzw. der e-book-Markt, der ja nachgerade zu boomen scheint. Doch auch hier gilt es, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Hat der Perry als Titan der deutschen SF mit seiner immerhin regelmäßigen , noch recht hohen Heftauflage nun den Markt bestimmt? Oder wirkt er als Verdränger?

Im Heftserienbereich hat sich außer Maddrax von Michael Schönenbroicher bei Bastei im mehr oder weniger SF-Bereich nichts neben dem ewigen Perry etablieren können. Lange zurückliegende Reihen sind schon ewig eingestellt oder fristen ihr Dasein mit geringen Auflagen nur unter den Liebhabern. Genannt seien hier stellvertretend Ren Dhark oder Rex Corda. Der ewig Unsterbliche schöpft also den Rahm ab und den Markt fast oder sogar ganz für sich. Geschätzte 80.000 Hefte pro Woche, dazu NEO, das ich auf etwa die Hälfte der Auflage einschätze (dafür kostet es doppelt so viel und erscheint nur alle vierzehn Tage) Die Perry-Reihen decken also den Heftemarkt im SF-Bereich seit Jahrzehnten ab.(Trotz Heftesterben und Einstellung von Nachdruck-Auflagen) Andere Verlage mit SF im Angebot sind schon lange obsolet. Wer erinnert sich noch an Zauberkreis, Gemini etc.?

Lässt sich also der Perryleser alles vorsetzen, weil hauptsächlich ein buntes Bildchen vorne drauf ist? Die „größte SF-Serie“ hat ja keine wirkliche Konkurrenz, sie muss sich nicht beflügeln, weil es keinen Gegner gibt, der ihr in den Allerwertesten tritt …

Selbstgenügsam beherrscht man den Markt und kann sich jedweden Blödsinn in der Handlung erlauben … alles wird gnadenlos goutiert und gekauft. Dabei ist der SF-Leser doch auch kritisch, schon seit den seligen Tagen, als die SF-Times im Fandom (und auch darüber hinaus) noch ein lautes Wort mitredete. Auch der Leser von heute liest ja andere Dinge, Buch-SF bei Heyne oder hie und da einmal bei Blanvalet oder so. Selbst Bastei bringt als Buchverlag ab und zu einige nette Bände heraus. (Zuletzt amüsierte mich hier die SOL-Reihe). Auch ernsthafte SF finden wir noch in den Buchverlagen, etwa bei Heyne. Zum Glück gelingt es auch den deutschen Autoren, sich vom Perry abstrahierend zu verhalten. Das war ja nicht immer so … der Einfluss der Reihe war mitunter groß. Vom Kugelraumer bis zum interstellaren Imperium war schon alles vertreten, wobei zur Ehrenrettung vom PR gesagt werden muss, dass Letzteres ja keine Erfindung von Scheer/Darlton war ...sondern in der angloamerikanischen SF schon lange vorher existierte, z.B. bei Edmund Hamiltons Space Operas, bei Jack Williamson   oder bei Asimovs Foundation-Zyklus. Diese drei seien jetzt stellvertretend für derlei Ideen genannt. Natürlich gab  es noch viel andere Autoren, die derlei Ideen ebenfalls verwendet haben.

Betrachtet man das klassische SF-Fandom in Deutschland bzw. dessen traurige Überreste heutzutage, so ist wohl kaum einer der Mitglieder und Fans am Perry vorbeigekommen, entweder als Leser, als Hörer oder zumindest als Kritiker. Gibt es jemanden im deutsch-österreichischen Fandom (die Schweizer und Südtiroler seinen nicht vergessen …), dem der Perry Rhodan nicht ein Begriff ist? Mag so mancher auch schon lange ausgestiegen sein aus der Serie oder sie selbst nie gelesen haben, so ist der Name doch zumindest den SF-Fans in den genannten Staaten Mitteleuropas wohl bekannt. So mancher Autor in D-Land und Umgebung wurde auch dadurch beeinflusst. Einflüsse allerdings kommen aus vielen Bereichen und deshalb ist es gut, dass die Phantastik auch andere Ursachen für ihre Entwicklung findet, Effekte aus den eigenen Gedanken, äußeren Anstößen der Realwelt oder der SF anderer Länder und Kulturen können hier hilfreich sein.

Der Perry zumindest ist ja nicht nur als Heftroman unterwegs, sondern auch als Hörbuch, e-book, Comic, Game usw. Also heutzutage durchaus multimedial aufgestellt, um den Markt zu bedienen (allerdings wünsche ich mir ein neue, größeres Game wie das letzte Adventure, das ja schon einige Jahre alt ist … dazwischen gab es noch ein schnelles Handyspiel, das auch ganz lustig war. Der typische Perryleser ist allerdings kein Gamer, auch, wenn natürlich einige darunter sind. Siehe die Gamesseite im Perry-Forum). Damit breitet der PR sich (nicht nur durch PR ...Wortspiel beabsichtigt) also in den Medien aus … ist das nun gut oder schlecht? Drückt der Perry damit vielleicht  andere Projekte beiseite (die vielleicht besser sind aber nicht hochkommen können)?

Ist er nur der einsame Titan im deutschen SF-Markt oder der alle verschlingende Monopol-Moloch, der (fast) jegliche Konkurrenz im Keime erstickt? Ist er ein Tanker, der nicht den Kurs wechseln kann, weil bisher immer alles gut ging? Der Markt bestimmt das natürlich … und solange die vielen (?) Perryleser der Serie die Treue halten, wird sie auf Kurs bleiben. (Die Überalterung der früher jungen Teenleser ist allerdings nicht wegzuleugnen.)

Auch das  klassische Fandom stirbt langsam aus (Cons werden zunehmend durch Webseiten ersetzt). Schon deshalb ist eine Neuausrichtung wie NEO zu berücksichtigen, die ja auch Neuleser anwerben soll. Kommt diese Serie mitunter auch verhackstückend daher, wenn man als alter Perryfan, der seine Reihe liebt, vergleichend liest oder ist die Schilderung oft zu breit gewalzt und erstickt im schwafelnden  Gesülze nichtssagender Emotionsschilderungen, so ist doch zu begrüßen, dass neue, frische Ideen auch den Titan des Marktes bedienen.

Der Kunde wird es wohl zu schätzen wissen, denn die Reihe verkauft sich immerhin (möglicherweise sogar besser als anfangs erwartet). Wie immer hat also der Leser das letzte Wort. Möchte er weiter diesen Titan-Tanker lesen? Die Antwort ist natürlich: Ja, solange wenigstens auf dem Büchermarkt noch unabhängige Konkurrenz existiert oder der e-bbok-Markt durch frische, neue Talente aufgemischt wird, die im klasssischen Verlagsgeschäft mit seinen langsamen Publikationswegen und seinen Bewrbungs-Flaschenhälsen keine Chancen haben.

Auch die Vergabe von Phantastik- Preisen ist ja nicht durch den Perry monopolisiert, wenn auch dieser regelmäßig mit auf den Listen der Kandidaten erscheint. (Die Geschichte des HUGO  in Deutschland hingegegen soll jetzt nicht ausgebreitet werden). In diesem Sinne kann sich der Leser das wöchentliche Heft gönnen, NEO mitnehmen und auch noch andere phantastische Werke in Deutschland lesen, die mit dem Perry gar nichts am Bruck-Raumhelm haben.

© 2018 by H. Döring

Kommentare  

#61 AARN MUNRO 2018-04-13 08:40
Ja! Es geht immer noch weiter. :-) Donaldson und Eddison sind episch, breitwandig, gewalzt.Keine Frage! Ohne Zweifel nette Fantasy, die man bei Regenwetter mal gerne liest. Aber irgendwie eben auch nicht analytisch, nicht intellektuell anspruchsvoll. Man liest es, aber es beschäftigt nicht den Kopf im Sinne des analysierenden Zerlegens. Bei SF hingegen überprüfe ich immer sofort die erzählte Physik. Sterne und Planeten z.B. müssen bei aller Phantasie im Standarduniversum den physikalischen Gesetzen genügen. Das Hertzsprung-Russell-Diagramm erlaubt nun mal keine grünen Sterne Es sei denn, man erzählt parallele Universen mit anderen physikalischen Gesetzen. Diese Konsistenz läßt sich nachvollziehen. Ein F-Roman hingegen besitzt keine notwendig feste Konsistenz mit bestimmten "magischen" Gesetzen. Die kann ich ohne Probleme während der Handlung (als Autor während des Schreibens) ändern.
#62 Heiko Langhans 2018-04-13 09:32
Denken bedeutet also für Dich die Analyse naturwissenschaftlicher Gegebenheiten. Aha.

Dann ist Dir in Sachen Genreverständnis nicht zu helfen.
#63 Harantor 2018-04-13 09:38
Das ist wirklich eine Geschmacksfrage, aber keine Frage der intellektuellen Überlegenheit der SF, weil da die Physik für das Konzept "erweitert" werden muss.

Es gibt auf diesem Planeten mehr Dinge, die intellektuell herausfordern als Physik. Aber das mag für Dich anders sein. Hier haben wir dann IMHO das Ende der Diskussion erreicht, weil es (wie befürchtet) nur um persönliche Vorlieben geht und wie heißt es in der Redensart so schön: Über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Und ich sehe außerhalb dieser persönlichen Ebene keinerlei weitere Begründung dafür, dass die SF der Fantasy intellektuell überlegen ist
#64 Laurin 2018-04-13 16:50
Nun ja, da man in den letzten Jahren seitens der Wissenschaft und der NASA mit Dingen im Weltraum konfrontiert wurde, die es theoretisch eigentlich nicht geben dürfte, ist das auffinden eines grünen Stern im Universum extrem gering, aber ich würde mich davor hüten, die Existenz eines solchen völlig auszuschließen. Theorien und deren mathematische Basis sind eben nur so lange eine allgemeine Richtlinie, bis das uns das Universum eines besseren belehrt. :-)
Und wenn ich anfange, einen SF-Roman und dessen Inhalt mit der Physik zu durchforsten, dann habe ich bei dem Medium SciFi etwas wohl nicht verstanden. In dem Sinne schreibst du hier ja eigentlich dann auch über eine Fantasy-Serie, denn PR hat davon eine Menge zu bieten. :lol:

Ja, dies dürfte wirklich das Ende der Diskussion sein, denn im Grunde streiten wir uns hier nämlich nicht nur über Geschmacksfragen, sondern auch über Überheblichkeiten gegenüber anderen Genres. Da wird es dann schwer, überhaupt einen grünen Zweig zu finden, geschweige denn einen grünen Stern. ;-)
#65 Kaffee-Charly 2018-04-13 19:06
zitiere AARN MUNRO:

(...)
Man liest es, aber es beschäftigt nicht den Kopf im Sinne des analysierenden Zerlegens. Bei SF hingegen überprüfe ich immer sofort die erzählte Physik.
(...)

Wenn das für dich das maßgebliche Kriterium für die Intellektualität eines Genres ist, dann scheint dein Denkvermögen ziemlich "einspurig" zu sein.
Ich weiß jetzt ehrlich nicht, ob ich darüber spotten oder doch eher mein Mitleid ausdrücken sollte.

zitiere AARN MUNRO:

(...)
Das Hertzsprung-Russell-Diagramm erlaubt nun mal keine grünen Sterne

Wieso sind dann grüne Sterne auf dem Cover deiner Wingman-Romane?
Konsequenz ist wohl auch nicht dein Ding. :D :D :D

zitiere Heiko Langhans:
Denken bedeutet also für Dich die Analyse naturwissenschaftlicher Gegebenheiten. Aha.
Dann ist Dir in Sachen Genreverständnis nicht zu helfen.

Ich glaube nicht mal, dass er mit einer derartigen Fixierung auf die Physik ein Genre wie Fantasy (in der die Physik oft nur eine untergeordnete Rolle spielt oder sogar von der realen Physik abweicht) überhaupt verstehen kann.
Dass Fantasy-Welten i.d.R. fiktive Parallelwelten sind (oft absichtlich mit abweichenden Naturgesetzen) , scheint unser Freund auch noch nicht so richtig erfasst zu haben.

zitiere Laurin:

(...)
Und wenn ich anfange, einen SF-Roman und dessen Inhalt mit der Physik zu durchforsten, dann habe ich bei dem Medium SciFi etwas wohl nicht verstanden. In dem Sinne schreibst du hier ja eigentlich dann auch über eine Fantasy-Serie, denn PR hat davon eine Menge zu bieten. :lol:
(...)

Ich hab' schon oft gesagt, dass in der SF eine Menge zu finden ist, das eigentlich eher zur Fantasy passt.

zitiere Harantor:

(...)
Es gibt auf diesem Planeten mehr Dinge, die intellektuell herausfordern als Physik.
(...)

Du sagst es.
Philosophie, Psychologie, Politik, Kultur usw. in Fantasy-Welten sind ebenfalls eine intellektuelle Herausforderung - sowohl für den Autoren als auch für den Leser.
Aber versuch' das mal jemandem klarzumachen, der auf einem Auge blind zu sein scheint und mit dem anderen Auge nur eine einzige Farbe wahrnehmen kann.

zitiere Harantor:

(...)
Hier haben wir dann IMHO das Ende der Diskussion erreicht, weil es (wie befürchtet) nur um persönliche Vorlieben geht und wie heißt es in der Redensart so schön: Über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Und ich sehe außerhalb dieser persönlichen Ebene keinerlei weitere Begründung dafür, dass die SF der Fantasy intellektuell überlegen ist.

Mit Vorurteilen, Überheblichkeit, eigenen Vorlieben und rein persönlichen Befindlichkeiten kann man dafür auch nie und nimmer eine echte Begründung liefern.
#66 AARN MUNRO 2018-04-17 08:12
@ Kaffee-Charly: Ja, die sehr weit entfernten, leicht grün wirkenden Sterne auf den Titelbildern meiner Wingman-Romane sind natürlich blaue Riesen, die durch interstellare Extinktion an Frequenz verlieren. Dadurch sehen sie aus der sehr großen Entfernung leicht verfärbt aus. Nur Aristoteles hält die Erscheinung für die Wirklichkeit! Das Phänomen ist nicht das wahre Dahinter!
#67 Kaffee-Charly 2018-04-17 22:38
zitiere AARN MUNRO:
@ Kaffee-Charly: Ja, die sehr weit entfernten, leicht grün wirkenden Sterne auf den Titelbildern meiner Wingman-Romane sind natürlich blaue Riesen, die durch interstellare Extinktion an Frequenz verlieren. Dadurch sehen sie aus der sehr großen Entfernung leicht verfärbt aus.
(...)

Grün ist Grün - auch wenn's nur von Weitem ist.
:P

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.