Kauzige Typen und andere Anekdoten... - Diesmal: Paul Ernst Fackenheim
Kauzige Typen und andere Anekdoten...
Diesmal: Paul Ernst Fackenheim
Horst
Hübner hat jahrelang bei Bastei und Marken gearbeitet. Dabei erlebte er den
Sturm und Drang des Unterhaltungsformats Heftroman mit.
Als
Redakteur in Bergisch Gladbach und Köln lernte er zahlreiche Autoren kennen.
Darunter gab es Großwildjäger, verhinderte Spione und viele andere mehr. Einige
dieser Typen beschreibt Horst Hübner in Anekdoten.
Diese
Typen wiesen nicht selten eine bunte, bewegte und teilweise auch tragische
Lebensgeschichte auf.
In
dieser Nummer geht es um Paul Ernst Fackenheim, sein Schicksal und etwas, das
nicht nur Topmanager heute trifft: Burnout-Syndrom.
Dann gab es einen und dem möchte ich einen etwas
größeren Raum einräumen, das war der Herr Fackenheim [Paul Ernst Fackenheim]. Das war eine tragische Figur, aber hochinteressant.
Fackenheim war von Beruf eigentlich Koch und hatte in den größten und
bekanntesten Hotels der Welt vor dem 2. Weltkrieg gekocht. Er hat im Taj Mahal in Bombay gearbeitet und im Delphi in Singapur gekocht. Auch im Shephards in Kairo hat er als Koch
gearbeitet und er kannte - das will ich jetzt vorwegnehmen einige der
englischen Kolonialoffiziere, da diese in den großen Hotels verkehrten, als sie
in den Ecken des Empires stationiert waren. Fackenheim war Jude, seine Familie
wurde von den Nazis vereinnahmt. Da Fackenheim gute Verbindungen zu englischen
Offizierskreisen hatte, hat die Gestapo von ihm gefordert: Wir haben Deine Familie und Du wirst jetzt
für uns als Spion tätig werden.
Wie sollte das aussehen? Montgomery, der englische
Feldmarschall, war mit seinen Truppen in Nord-Afrika und heizte dort Rommel ein.
Die Deutschen wollten wissen, was der Mann plante. Fackenheim wurde gesagt: Du kannst Englisch, schleich Dich irgendwie
ein und setzte Dich da mit dem Fallschirm ab.
Das ist auch geschehen und der Fackenheim, der in
seinem Leben ein wahnsinniges Glück hatte, war dem Montgomery bei der
Frühbesprechung mehr oder weniger im freien Fall fast auf den Kartentisch
gefallen. Deutscher Fallschirm, deutsche Kleidung und ein Mann, der sehr gut
deutsch und halbwegs englisch sprach, das konnte nur ein Spion sein! Spione hat
man damals kurzerhand erschossen. Der Fackenheim wollte sich verständlicherweise
nicht erschießen lassen und hat seine Geschichte offen dargelegt. Er erklärte,
was passiert war, dass seine Familie von den Nazis festgehalten wurde und dass
er für die spionieren solle, dies aber nicht wollte.
Im Stab von Montgomery befanden sich mehrere
Offiziere, die im Kolonialdienst gewesen waren. Die kannten den Fackenheim vom
Namen und teilweise auch vom Angesicht her. Die haben ihn eindeutig
identifiziert und so war er gerettet. Er hat dann den Nordafrika-Feldzug und
überhaupt das Ende des Krieges als Leibkoch von Montgomery mitgemacht. Die
Nazis bemerkten dies aber eines Tages, fühlten sich an der Nase herumgeführt
und haben seine Familie bedauerlicherweise umgebracht.
Ich will diese beiden nur stellvertretend nennen,
den Fackenheim und den List. Zu dieser Zeit war das Leihbuchgeschäft schon
ausgelaufen. Die Autoren kamen in dieser Zeit direkt zum Verlag, brachten ihre
Manuskripte mit und setzten sich dann mit dem Redakteur, dem Chefredakteur und
manchmal auch mit Lübbe zusammen. Da wurden die nächsten Romane festgelegt,
sodass man vom Hause auch etwas planen konnte.
Herr Fackenheim war auch Autor für die Reihe Jerry Cotton. Er war hoch betagt und
litt unter diesem Ausgebranntsein. Er wollte auch erst seinen Verpflichtungen
nachkommen und im Monat einen Roman liefern. Ihm gingen so ein bisschen die
Ideen aus, obwohl man immer wieder mal Geschichten für ihn entwickelt hat.
Dann hat er die merkwürdige Idee, den Inhalt eines
Romanes etwas zu straffen, aber rein optisch einen kompletten Roman
abzuliefern. Das sah dann so aus: Die ersten zehn Seiten sollten dann
wenigstens 21.000 Anschläge umfassen. Dann hat der Fackenheim die ersten zehn
Seiten wie einen Film geschrieben, erst 15 Leertasten, dann fing die Zeile an,
dann hat er dann 32 Zeilen pro Seite geschrieben und ab Seite 11 rückte er die
Zeilen immer weiter ein. Am Ende des Romans fingen die Textzeilen dann in der
Mitte des Blattes an. Wenn man dann man nachzählte, kam man auf 110 120.000
Anschläge pro Roman. In einem Fall ist es auch passiert, dass der Roman nur
80.000 Anschläge hatte. Das ging natürlich nicht und es gab deswegen heftige
Auseinandersetzungen. Es war klar, Fackenheim war ausgebrannt, es kam nichts
mehr von ihm. Er ist dann kurze Zeit später ausgeschieden.