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Ein Brief, Pläne, Schwertbrüder, Marenia und das Rathaus...

Teestunde mit RolfDu bekamst ja recht bald freie Hand für Deine Erzählungen im Rahmen der Fantasy-Heftreihe. Wie lief denn das ab und wie waren Deine Pläne?

Ein Brief, Schwertbrüder, Marenia und das Rathaus...

Einige Leser haben sich bei mir gemeldet und erklärt, dass Werners Fantasy-Romane, die damals im 500er Jubi-Band des EDFC veröffentlicht wurden, gar nicht so schlecht waren. Nun, Helmut Pesch hatte seinerzeit seine Vorstellungen, welche Qualität er der Serie zu Grunde legen wollte. Es sollte auf gar keinen Fall der normale Romanheft-Stil sein.
 
So viel ich weiss, hatte Werner seinerzeit als Nachwort im Zauberwald (als Hermann die Romane als Erstes herausbrachte) eine eigene Interpretation veröffentlicht, warum er bei Bastei-Fantasy nicht zum Zuge kam. Dabei schob er Helmut die Schuld in die Schuhe.

 

Allerdings konnte ich später zufällig einen offiziellen Brief des Verlages, natürlich von Dr. Helmut Pesch, lesen. Darin war zu sehen, dass Werner für die „Sturmrösser von Khe-She“ die dritte Änderung vornehmen sollte. Zusätzlich führte Helmut die Fehler und Schwächen höflich aber schonungslos auf. Und es wurde ihm auch ganz genau erklärt, was er noch ändern sollte.

 Der Schlusssatz lautete dann  sinngemäß: „sonst sehe ich keine Möglichkeit für Damon und Byanca, innerhalb der Serie Abenteuer zu erleben.“ Dieser Brief wurde damals übriges nicht nur mir zur Einsicht gegeben, ich könnte da auch noch andere Leute zu Zeugen aufrufen. Das nur, falls jemand meine Worte in Zweifel zieht.

Wie auch immer – nach dem zweiten Roman „Drachenblut“ wurde mir von Dr. Pesch signalisiert, dass ich künftig innerhalb der „Straße der Götter“ auf WKGs Ideenwelt keine Rücksicht mehr zu nehmen brauchte. Und wenn die Serie weiter gelaufen wäre, dann hätte ich nach den beiden Overtüren noch eine richtige große Oper daraus gemacht.

Es sollte nicht nur das Helden-Trio Sina, Ferrol und Churasis die Straße der Götter mit Abenteuern beleben. Da waren noch die „Schwertbrüder“, ein früheres Konzept, dass ich mit einarbeiten wollte. Zwei Typen ähnlich wie Fritz Leibers „Fafhdrs and Grey Mouser“. Also ein wilder Barbar mit gewaltigem Breitschwert und ein galanter und hochgebildeter  Kämpfer mit leichter Klinge, die das Schicksal zusammen geführt hat und die mehr aus Lust am Abenteuer durch die Welt ziehen. Mit Sina und ihren Freunden hätten sie gemeinsam, dass ihre „Heldentaten“ ihnen ebenfalls außer Ruhm und Ehre nicht viel einbringen.

Und dann war da noch „Marenia, die Tochter des Vulkans“. Die Idee kam von einem der Titelbilder , das eine Frau auf einem Altar zeigt und hinter ihr erhebt sich ein feuriges Dämonenwesen.

Marenias  Mutter ist eine Kriegerin, die von Wilden gefangen und in einer Höhle auf dem Gipfel eines Vulkans etwas unterhalb der Kratermündung angekettet wird. So wird der Vulkangott besänftigt, denn mit der empor wabernden Lava holt er sich das fällige Opfer. Diesmal aber erscheint er selbst   und aus dieser Verbindung stammte dann Töchterchen Marenia. Als Erwachsene zieht sie durch die Welt  und verdient sich mit  gezogenen Schwert ihre Brötchen.

Ach, wie neu. Das hat nicht nur Howard mit „Red Sonja“ und „Black Agnes“ sondern auch jede Menge andere Autoren gemacht.

Stimmt – aber bei Marenia gibt es eine Besonderheit, die sie zur tragischen Figur werden lässt. Und das ist das Erbe ihres Vaters, des Herrn der Vulkane. Wenn sie nämlich erregt ist, dann wird sie zur lebenden Fackel und in der Schlacht kann ihr dann keiner widerstehen. Klar, dass man so jemanden gern an der Spitze seines  Heeres hat -  und dass man ihn danach genau so gern wieder los wird.  Also eine Art „Revolverheld“, der nach getaner Arbeit  dem Sonnenuntergang entgegen reitet und sich, wie auch Conan in seiner Wanderzeit,  neue Schwertarbeit sucht.

Aber da ist noch etwas. Marenia sucht nicht nur den Kampf – sondern auch die Liebe. Und zwar nicht nur die, wo der Himmel voller Geigen hängt – sondern eine Liebe erregender Leidenschaft.  Das Problem bei ihr ist, dass sie eben bei Erregung zur Fackel wird und jeden Mann, der sie sexuell so nimmt, dass ihre wilde Leidenschaft  hervor bricht. Ihr Segen, als Fackel eben unbesiegbar zu werden, wird dadurch zum Fluch.

Marenia und auch die Schwertbrüder wären nach der Lösung des Geheimnisses um den Drachenlord in die Serie eingeführt worden. Und dann hätten sich auch mal Abenteuer der verschiedenen Heldengruppierungen gekreuzt. Ich hatte viel, sehr viel vor und, wie ich schon sagte, es wäre eine große Oper daraus geworden.

Nach dem dritten Band sah es auch so aus, als ob ich da meiner Phantasie alle Zügel frei geben könnte.  Die Leserzuschriften zu meinen Romanen waren positiv und bei einer Umfrage zu den beliebtesten Romanfiguren hatte ich den ersten Platz und noch weitere Platzierungen innerhalb der beliebtesten Zehn. Wer das jetzt für Angabe meinerseits hält, braucht sich nur die alten Romane zu beschaffen und in die LKS zu sehen.

Und dann kam ein Anruf von Helmut Pesch, man würde Bastei-Fantasy etwas umbauen. Es sollten nur noch die Romanzyklen von vier Autoren laufen, weil der Trend der Leserschaft im Heft-Bereich eben zu immer wieder kehrenden Helden neigte. Außer der „Straße der Götter“ sollten Walter Appels „Morgana“, Alfred Wallons „Thorin“ und die beiden Zauberlehrlinge von Viktor Sobek dabei sein.

„Deine Romane sind am beliebtesten. Du musst mir jeden zweiten Roman schreiben.“ war das Finale von Helmut Peschs Anruf. Klar, das hört man gern, zumal es ja nicht nur die Meinung meines Redakteurs, sondern vor allem dem offensichtlichen Wunsch der Leser entsprach. Unnötig zu sagen, dass ich sofort meine Zustimmung gab.

Nur war das gar nicht so einfach getan, wie gesagt. Wir schrieben nämlich Anfang bis Mitte des Jahres 1985 und ich war im Rathaus bei meiner ungeliebten Beschaffungsstelle. Obwohl ich alles versucht habe, von dort in ein anderes Amt versetzt zu werden, man ließ mich einfach nicht gehen. Personalrat und Gewerkschaft fühlten sich  nicht zuständig, weil ich Beamter war. Und eigentlich hatte sie Sache nur einen einzigen Vorteil. Ich schob jeden Tag so viel Frust, und Hass auf die Maloche, dass ich mir zu Haus das alles runter geschrieben habe. Später kam dann noch der Ehefrust mit dazu, weil genau betrachtet seit dem 4. Mai 1984 in meiner Ehe der Wurm drin war.  Und das war der Tag, an dem Petra und ich geheiratet haben – nächstes Jahr hätten wir Silberhochzeit – wenn nicht das Schicksal ein Einsehen gehabt hätte und ich noch später jahrelang den 17. Dezember 1989 als „Independence-Day“ gefeiert hätte.

Jeden zweiten Roman – das bedeutete monatlich einen Fantasy-Roman.  Im Prinzip wäre das kein Problem gewesen. Aber da kamen noch die Zamorra-Romane dazu. Denn je mehr sich Werner bei Pabels „Dämonenkiller“ und „Mythor“ ins Zeug legte, umso mehr PZ-Romane bekam ich zugeschanzt. Außerdem hatte ich gerade den Einstieg in den „Spuk-Roman“ geschafft und Jürgen deutete an, dass ich ihm gelegentlich mal bei seiner Abenteuer-Serie „Ron Kelly“ aushelfen sollte. Das war nun einfach neben dem normalen achtstündigen Arbeitstag im Rathaus nicht mehr zu machen. Und daher kann ich jetzt endlich mein Wort einlösen, dass ich einem Beamten-Kollegen aus der Leserschaft gegeben habe, und etwas genauer über meine Beurlaubung sprechen.

Das war damals vor 25 Jahren die Zeit, als nicht mehr grundsätzlich die Frauen einige Jahre Baby-Pause machten . Was Frau kann, kann Mann schließlich schon lange – außer die Kinder zur Welt bringen natürlich. Ich weiss das, weil mein „kleiner Bruder“ vierzehn Jahre jünger ist und ich durch ihn damals zu einer Art voll ausgebildeten Säuglingspfleger und später eine Art Kindermädchen wurde. Gibt schließlich nichts, was ein deutscher Soldat nicht kann!

Die Aufzucht des Nachwuchses liegt uns Männern zwar nicht so ganz, kann aber schnell erlernt werden. Und, wer mal gedient hat, der weiss auch, wie das mit „Stuben- und Revierreinigen“ geht. Und am dritten Tag bei der Bundeswehr lernten wir Namensläppchen in unsere „Landser-Kleidung“ einnähen.  Also, in Sachen Hauswirtschaft gibt es nichts, was nicht auch der Mann erledigen kann, wenn es unbedingt sein muss.
 
Und so kam es dann, dass manche Männer anstelle ihrer besseren Hälfte zu Hause blieben und Brutpflege betrieben, wenn die Gattin eine Stelle mit einem höheren Einkommen hatte.  Deshalb wollte man mir, als ich beim Personalamt wegen einer Dienstbefreiung vorsprach, erst mal zum „freudigen Ereignis“ gratulieren.  Ich habe dann erklärt, dass ich die Beurlaubung aus „kulturellen Gründen“ benötige.

Nun, dass ich Heftromane schrieb, wusste jeder, auch das Personalamt. Genau wie die Musik sind das nämlich „kulturelle Nebentätigkeiten“ und müssen nicht angezeigt werden. Ich habe die Sachen jedoch niemals verheimlicht – und selbst unserer Oberbürgermeister hat meine Band damals für diverse Parteiveranstaltungen engagiert – da habe ich die anderen Jungs nämlich dazu gebracht, den Sozis Sonderpreise einzuräumen. Allerdings – unser Gitarrist war in der CDU – die bekamen dann von ihm Sonderpreise.  Und die Schriftstellerei wurde recht wohlwollend betrachtet, wenn auch damals nicht recht ernst genommen, weil es ja „nur Hefte“ waren, die ich geschrieben habe.     

Bis zu neun Jahren hätte ich mich ohne jede Begründung beurlauben lassen können. Das wäre mit einer einzigen Unterschrift geschehen. Der Arbeitsplatz bei der Stadtverwaltung und der Beamtenstatus blieb erhalten, allerdings nicht die Planstelle.  Für die Stadt bedeutet das natürlich eine Einsparung, weil das komplette Gehalt einschließlich sämtlicher Sonderleistungen und auch die Beihilfe im Krankheitsfall auf „Null“ gestrichen ist.

Na gut, alles zusammen sah es so aus, dass ich drei bis vier Hefte im Monat sicher verkaufen konnte. Drei Hefte, das war etwas mehr, als mein Beamtengehalt ausmachte. Die Sache würde zwar keine Reichtümer einbringen – sich aber zweifellos rechnen.  Zumal Petra erklärte, dass sie voll dahinter steht und mich schon an die Schreibmaschine treiben würde. Also war ich bereit, das Wagnis einzugehen.

Wer mich kennt, weiss jedoch, dass ich mich zwar gern im Abenteuer stürze – aber diese Abenteuer müssen überschaubar und kalkulierbar sein. Ich würde beispielsweise ohne die Anwesenheit eines Tierlehrers keinen Tigerkäfig betreten. Aber das gilt auch für andre Sachen – dass die Sache mit der Moschee in Kairo, die für Ungläubige verboten ist, unkontrollierbar war, habe ich erst erkannt, als ich drin stand.  Dennoch ist nichts passiert – Allah sei gepriesen.

Also, die Beurlaubung war schon eine Art Abenteuer. Und ich habe es dadurch kalkulierbar gemacht, dass ich eben nur für ein Jahr unterschrieben habe. Ich hätte ca. einen Monat vor Ablauf des Jahres problemlos ein weiteres Jahr buchen können.
Als die Sache jedoch, wie bereits mehrfach erzählt, schief ging, alle Serien eingestellt wurden  und ich plötzlich keine müde Mark mehr Einkommen hatte, war es nicht möglich, die Beurlaubung abzukürzen. Das  Geld für mein Gehalt war in diesem Jahr im Haushaltsplan der Stadt Kassel gestrichen worden und somit nicht mehr vorhanden – ich konnte erst am 1. Januar Anno 1987 wieder an einen städtischen Schreibtisch.

In diesem Jahr sind Petra und ich vor dem „Zusammenbruch“ von Weimar nach Kassel zurück gezogen und haben uns den neuen Fiat-Uno gekauft, während mein schöner alter Daimler für 800 müde Mark an einen Araber verkauft wurde und vielleicht heute noch in Bagdad fährt. Ja, und als dann das große „Aus“ kam und ich Werner, wie bekannt, den Zamorra überlassen hatte, war meine holde Angetraute der Meinung, dass sei alles meine Schuld und sie sehe nicht ein warum sie, ausgerechnet sie, sparen sollte. Und wo wurde weiter Geld ausgegeben, als hätte ich einen Dukatenscheißer im Keller.
 
Das hatte eben zur Folge, dass ich nicht nur mit zwölftausend Mäusen meine Lebensversicherung belehnte, sondern obendrein am 31. Dezember 1986 den hübschen Betrag von 32Tausend Mark auf dem Konto im Minus hatte. Die Sparkasse hat nur still gehalten, weil sie von unserem Personalamt wusste, das ab 1. Januar 1987 wieder regelmäßige Zahlungen erfolgten. Für die Sparkasse war das auch ein gutes Geschäft – ich hatte monatlich ca. 500 Mark Zinsen abzudrücken. Und auch, wenn Petra dann im Jahr drauf mitarbeitete – aus den Miesen war ich erst raus, als wir schon lange geschieden waren.

Einen Vorteil hatte die Sache aber – wenn auch für mich persönlich. Ich musste nicht mehr zur ungeliebten  Beschaffungsstelle zurück. Erst sollte sich anlässlich der damaligen Volkszählung beim Statistischen Amt eingesetzt werden – doch da war gerade die Stelle beim Ordnungsamt als Prüfbeamter für Gaststätten und Getränkeschankanlagen frei geworden. Ja, und da habe ich dann meine weiteren Jahre bei der Stadtverwaltung verbracht und war in dieser Arbeit sehr glücklich. Wir waren ein tolles Team und untereinander so gut befreundet, wie man eben als Arbeitskollegen befreundet sein kann.

Ja, und heute, am 1. Dezember 2008, ist mein erster Tag als Frühpensionär. Am letzten Freitag habe ich vom Bürgermeister persönlich die Entlassungsurkunde bekommen. Normalerweise macht das der Amtsleiter, aber der Bürgermeister hatte drum gebeten. Der hat nämlich meine Bücher gelesen  und wir haben auch außer Dienst recht interessante Gespräche geführt.

Jetzt bin ich also voll im Ruhestand, eigentlich schon seit zwei Wochen – aber ich habe noch nicht einen Tag Ruhe gehabt.  Morgen z.B bin ich wieder an der Probe mit den Kamelen dran, anschließend geht es zu Sascha und den Tigern. Bald kann ich Chayenne nicht mehr an meinem Finger nuckeln lassen – die Milchzähne sind schon sehr gut ausgebildet. Aber dennoch, wenn ich komme, werde ich mit Geschrei und Gepurre begrüßt – und dann wird erst mal richtig geschmusert. Warum können sie nicht immer so klein bleiben. Spätestens im Frühsommer ist die Schmusezeit mit dem kleinen Tigermädchen vorbei.

Genau so, wie jetzt unsere Teestunde für diese Woche vorbei ist. Bis dannemann also...  

 

Kommentare  

#1 Johannes Kremser 2008-12-21 21:07
Hab ich irgendwas überlesen, oder war es Absicht, dass eine Woche pausiert wurde? Oder gehts Rolf einfach nicht gut?
#2 Harantor 2008-12-21 21:40
Zum einen fand die Beerdigung seiner Mutter statt. Zum anderen ist Rolf gerade in anderen Dingen sehr fleißig und tritt gerade auch im Kasseler Weihnachtszirkus der Gebr. Lieberum auf. Aber keine Panik, es geht weiter
#3 Johannes Kremser 2008-12-22 16:58
Sorry, das tut mir leid...

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