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Der Geist in der Maschine - Eine Geisterjäger John Sinclair-Story

FanfictionDer Geist in der Maschine
Eine Geisterjäger John Sinclair-Story

Montag Morgen, viertel nach neun. Ich betrat unser Gemeinschaftsbüro bei Scotland Yard und spürte instinktiv, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Reflexartig griff ich nach der Beretta im Schulterhalfter, dann wurde mir bewusst, was mich alarmiert hatte.
   
Es war der Geruch. Beziehungsweise der Nicht-Geruch. Das Fehlen eines bestimmten Geruchs.

Es roch nicht nach Kaffee.

Ich blickte mich suchend um und sah Glenda und Suko vor der Kaffeemaschine stehen und ratlose Knopfaugen machen. Ein kaltes Händchen kitzelte mich im Nacken. Glenda sah mich an und zuckte die Achseln. "Tot", sagte sie. "Mausetot."

***

Mein Partner nippte an seiner Tasse mit grünem Tee, den er in einer Thermoskanne von zuhause mitgebracht hatte. "Jetzt stell´ dich mal nicht so an. Don´t sissy, wie die Jugendlichen heutzutage sagen." Er grinste. Ich nippte an meinem Pappbecher mit Muckefuck, den ich mir aus dem Automaten draußen im Gang gezogen hatte, und funkelte ihn böse an. Pfannkuchengesicht, dachte ich, sagte aber nichts. Glenda legte den Telefonhörer zurück auf die Gabel. "Der Hausmeister ist unterwegs. Kann aber etwas dauern. In der Pathologie spinnt die Kühlung." Suko verzog das Gesicht. Ich seufzte.
 
  Das Rauchen hatte ich bereits vor Jahren dran gegeben; und auch einen doppelten Whisky um zehn Uhr morgens genehmigte ich mir mittlerweile bestenfalls noch aus rein ermittlungstaktischen Gründen.

Indes: Ganz ohne substantiellen Rückhalt konnte auch der beste Mann auf Dauer nicht aufrecht durchs Leben gehen.

Mein Rückhalt in dieser Beziehung war seit langem eine gute Tasse Kaffee. Aber nicht irgendeine. Sondern eine Tasse vom besten Kaffee der Welt, frisch aufgebrüht von der besten Sekretärin der Welt. Glenda Perkins´ koffeinhaltiger Glücklichmacher war - ungelogen - einer der Stützpfeiler, auf denen das Fundament meines Arbeitslebens ruhte. Sozusagen.
 
 Dieser Stützpfeiler war nun weggebrochen; das Fundament schwankte.

Die Kaffeemaschine streikte. Und der Hausmeister war in der Pathologie.

"Wir haben doch den Wasserkocher. Warum filtern Sie nicht einfach per Hand?", schlug Superintendent Powell, der Leiter unserer Abteilung, vor, als er um kurz vor zehn das Büro betrat. Ich patschte mir mit der flachen Hand vor die Stirn. Da hätten wir auch selbst drauf kommen können. Keine Frage: Der Kaffeemangel machte sich bereits bemerkbar. Ich hörte Glenda in der kleinen, abgegrenzten Teeküche pröddeln. Dann ihre Stimme. "John? Suko? Kann mal einer kommen? Mit dem Wasserkocher stimmt was nicht."

Es war - sprichwörtlich - zum Mäusemelken. Auch der Wasserkocher war mausetot. "Dann leihen wir uns eben einen aus einer anderen Abteilung", meinte Suko, doch Glenda winkte gleich ab. "Hier verleiht keine Abteilung was an eine andere."

"Und wieso nicht?"

"Weil die Chance, dass man´s zurück kriegt, gleich Null ist." Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Glenda hob ab. Blickte zu Suko und mir. Sagte: "Au backe. Verstehe. Jawohl. Sofort." Sie nahm den Hörer vom Ohr. "In Kensington randaliert ein Rudel Zombies."

***

Mit zwei diamantharten beidseitigen Leberhaken und einem präzise gesetzten Uppercut schickte ich den Wiedergänger ins Reich der untoten Träume. Er taumelte zurück und fiel flach auf den Rücken. Ich stellte meinen Fuß auf seinen Hals, drückte ihm die Mündung des Laufs zwischen die trüben Augen und versilberte sein untotes Hirn mit zwei Kugeln aus der Beretta.

Es spritzte ihm zu den Ohren heraus.

Ich überlegte, wie viele Zombies ich in meinen Dienstjahren bei Scotland Yard schon von ihrem Elend erlöst hatte. Hunderte? Tausende?

Egal. "Das war der letzte", rief Suko mir zu. "Halleluja", sagte ich.

Während wir die gut zwei Dutzend Zombies plattgemacht hatten, die offenbar den Gräbern eines kleinen Friedhofs entstiegen waren, in den laut Augenzeugen kurz zuvor aus heiterem Himmel ein schwarzer Blitz eingeschlagen war, hatte ich immer wieder kurz bei Glenda durchgeläutet, um den Stand der Dinge abzufragen. Das Ergebnis war jedes mal ernüchternd ausgefallen. Kein Hausmeister, keine Reparatur, kein Kaffee.

"Coffee to go?", fragte Suko.

Ich zuckte die Achseln. "Sieht wohl so aus."

***

Zurück im Büro, einen Plastikbecher mit etwas Lauwarmen in der Hand, das aussah wie Altöl und schmeckte wie Ghoulpisse, beschloss ich, mir die defekte Maschine mal vorzunehmen. Vielleicht war die Ursache ja bloß ein Wackelkontakt. Ich griff mit beiden Händen zu, um das Gerät mal ordentlich durchzuschütteln - und hielt mitten in der Bewegung inne.

Im ersten Moment dachte ich, ich spinne.

Tat ich aber nicht.

Mein Kreuz hatte sich erwärmt. Mir schwante was.

Ich trat zwei Schritte zurück, ohne die Maschine aus den Augen zu lassen. Glenda und Suko traten neben mich. Blickten von mir zu der Maschine. Da tat sich was.

Erst ruckelte sie ein wenig hin und her, als ob sich in ihr etwas bewegte. Dann funkelten uns durch die Abzugschlitze über dem Filtereinsatz zwei winzige, giftgrüne Augen an.

"Ist sie das?"

Zu dritt kreiselten wir herum. Vor uns stand ein untersetzter Mann in den Fünfzigern. Er trug einen Blaumann, auf dem Kopf eine Strickmütze in den Farben und mit dem Emblem der Tottenham Hotspurs und in der Hand eine Werkzeugkiste. Er deutete auf die Kaffeemaschine.

Ich nickte. "Sekunde." Einer instinktiven Eingebung folgend, zog ich mein Kreuz hervor, hielt es dicht vor das Gerät und sprach die Formel. Ein einzelner blasser Lichtstrahl schoss aus meinem Talisman und fuhr in die Heizplatte. Wir hörten ein kurzes, hohen Quieken, gefolgt von einem satten Schmatzen, als ob etwas kleines, feuchtes explodiert sei. Ein zartes Rauchfähnchen züngelte aus der Filterabdeckung zur Decke. Der Blaumann lüpfte die Mütze und kratzte sich den Kopf.

"Jetzt können Sie", sagte ich.

Eine Viertelstunde später stand er vor meinem Schreibtisch. "Also. Die Maschine war so weit in Ordnung. Das einzige, was nicht in Ordnung war, war das hier." Er ließ etwas auf die Schreibtischplatte fallen, was sehr entfernt wie eine tote, verbrutzelte Maus aussah. "Keine Ahnung, wie das Vieh unters Gehäuse gekommen ist, aber es ist offenbar mit der Stromzuleitung in Kontakt gekommen." Er zuckte die Achseln. "Der Wasserkocher ist auch so weit in Ordnung. Wenn Sie ihn benutzen wollen, sollten Sie vorher sicher gehen, dass das Netzkabel an eine Steckdose angeschlossen ist." Er guckte sauertöpfisch und deutete auf die Tischplatte. "Was das angeht, kann ich Ihnen ein paar Köder besorgen."

Ich bedankte mich; er empfahl sich. Als die Bürotür hinter ihm zufiel, drang der Duft des besten Kaffees der Welt in meine Nase. Ich schloss die Augen und lächelte.

Netzkabel. Steckdose.

Klugscheißer.

"Schau´ dir das genau an, John. Sieht das etwa aus wie eine Maus?" Zu zweit beugten wir uns über das halb verbrannte Etwas auf meinem Schreibtisch.

"Es sieht mehr aus wie eine Mischung aus Maus und Gecko."

Suko nickte. "Aber das ist es nicht. Ich hatte schon mal mit diesen - Dingern zu tun. Ist lange her. Damals in Hongkong."

Ich blickte zu ihm auf. "Was ist es?"

Mein Partner lächelte säuerlich. "Ein Gremlin."

"Die gibt´s also auch." Ich schüttelte den Kopf. "Man lernt doch immer noch Neues kennen."

"Tja. Gremlins sind eher Kobolde als Dämonen. Sie manipulieren gern technisches Gerät. Im Zweiten Weltkrieg sollen sie dadurch zahlreiche britische Militärflugzeuge zum Absturz gebracht haben. Die Nazis haben sich bekanntlich mit den okkulten Wissenschaften beschäftigt. Also besteht die Möglichkeit ..."

"Aber wie kommt das Vieh in Glendas Kaffeemaschine?"

Suko zuckte die Achseln. "Entweder Zufall; oder die andere Seite ..."

Suko kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, denn in dem Moment schwang die Tür auf, und herein kam Glenda, ein Tablett balancierend, auf dem drei Kaffeetassen um die Wette dampften.

***

Mein Frieden mit der Welt war wieder hergestellt. Glendas Kaffee war so gut wie eh und je.

Den toten Gremlin hatte ich die Toilette runter gespült. Ich hoffte, dass er tot war. Irgendwo glaubte ich gelesen zu haben, dass Gremlins sich explosionsartig vermehren, sobald sie mit Wasser in Berührung kamen.

Nebenan telefonierte Glenda. Eine Minute später steckte sie den Kopf zur Tür herein. "Ihr habt in Kensington Mist gebaut, Jungs. Da sind immer noch Zombies unterwegs."

Mein Partner und ich sprangen auf. Leerten synchron unsere Tassen, schlugen sie gegeneinander und klatschten uns ab.

Als wir an der Toilettentür vorbeieilten, vernahmen wir flüchtig von drinnen ein dumpfes Rumoren. Egal.

Die Welt hatte mich wieder.

***

Glenda Perkins blickte den davoneilenden Geisterjägern nach. Sie vernahm den Ruf der Natur und wandte sich den stillen Örtlichkeiten zu. Als sie zur Tür kam, hörte sie drinnen die Geräusche. Sie zögerte. Dann klopfte sie an. Keine Antwort, keine Reaktion. Vorsichtig drückte sie die Klinke, schob die Tür auf, betätigte den Lichtschalter ...

ENDE.

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