Schatten über Godom (Teil 1)
Schatten über Godom
(Teil 1)
Der alte Happaru hatte Recht gehabt – es war unvernünftig gewesen, sich allein zurück nach Godom zu schleichen. Die improvisierte Verkleidung hatte die Wachen am Stadttor zu täuschen vermocht, die kurz vor Sonnenuntergang den Greis im Pilgergewand keines zweiten Blickes wert fanden, aber irgend jemand anders hatte sich vom Schmutz im Gesicht und den Strähnen aus weißem Rosshaar nicht täuschen lassen.
Als er die Stadt vor acht Tagen verlassen hatte, um in den Hügeln im Osten zu jagen, da hallten Lachen und Musik durch die Straßen der nächtlichen Stadt; jetzt jedoch waren sie wie ausgestorben, erfüllt von furchtsamer Stille. Schatten folgten dem jungen Mann durch die engen, dunklen Gassen, und als er den menschenleeren Platz der Töpfer erreichte, wurde ihm klar, dass er sich von seinen Verfolgern hatte treiben lassen wie Hunde einen Hirsch in den Wäldern hetzen. Seine rechte Hand glitt unter die Kutte und schloss sich um den Griff seines Schwertes. Wer immer diese Hunde waren - sie würden feststellen, dass ihr Wild sich zu wehren wusste.
Da trat auf der gegenüber liegenden Seite des Platzes ein Mann aus den Schatten hervor. Im Licht des vollen Mondes schien sein Haarschopf so hell wie Silber, und er knurrte etwas Unverständliches, bevor er auf den Gejagten aufmerksam wurde. „Gruß Dir, Alter!“ rief er in der Sprache der Karawanenhändler, und sein Akzent war der eines Mannes von jenseits der Berge im Norden. „Ich habe den Weg verloren. Wo finde ich die Schänke von Sirayn dem Armanten?“
„Die liegt am Markt der Wollhändler“, antwortete der Gefragte nach kurzem Überlegen. „Soll ich dir den Weg beschreiben oder dich hinführen, Mann aus dem Norden?“
Der Fremde stutzte und musterte ihn jetzt noch einmal aufmerksamer. „Du bist längst nicht so alt wie du tust. Deine Stimme verrät dich. Wer bist du?“
„Er ist ein toter Mann. Und Tote brauchen keine Namen mehr“, zischte es aus den Schatten des Marktes. Dann traten zwei hagere Gestalten in schwarzen Umhängen ins Licht, denen sich noch Verstärkung aus den Gassen anschloss. „Es wäre besser für Euch gewesen, auf der Jagd zu sterben, mein Prinz. Nun wartet ein weitaus schlimmerer Tod auf Euch.“
(Fortsetzung folgt)
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