Gute Nacht, all ihr Lebewesen dieser wunderschönen Erde - Kurzgeschichte nach einer Idee von meinem Sohn Michael
Gute Nacht, all ihr Lebewesen dieser wunderschönen Erde
Kurzgeschichte nach einer Idee von meinem Sohn Michael
„Gampei“, „ex und hopp“, die Chinesen vertragen ja nicht viel, ich trank zusätzlich „Pichu“, das ist so ziemlich das einzige Wort, das ich auf Chinesisch kenne, „Bier“. Ich lag also leicht angetrunken in meinem Bett, gerade zuvor hatte ich die Frau weggeschickt, die an meiner Tür geläutet und mir eine Massage angedient hatte, vielleicht hätte ich das nicht tun sollen, vielleicht hätte sie mir alles massiert, und das auch noch auf Firmenkosten, doch sagte ich mir jetzt: „Lass ich halt das nächste Mal mich von einer Masseurin anpacken.“ Vor einer Woche waren mir die Psychopharmaka ausgegangen, und ich hatte keine Zeit mehr gehabt, zu meinem Psychiater zu gehen, Veränderungen spürte ich jedoch keine, alles war ganz easy. Da es zu Beginn des Sommers war und ziemlich heiß, war ich nur mit einer Unterhose bekleidet. Ich hatte mich auf die rechte Seite gedreht und verharrte so ziemlich lange regungslos, das Licht der Nachtkästchenlampe brannte noch, ich ließ vor meinem geistigen Auge den heutigen Tag Revue passieren. Da spürte ich links ein ganz leichtes Kribbeln, wie von Ameisen, nur noch viel feiner. Ich drehte meinen Kopf und sah einen hauchzarten Faden, dünner als jedes Haar, der sich über meine Flanke bis knapp unter meine linke Schulter spannte, und winzige Wesen, die an ihm entlang kletterten. Nun gab ich genau Acht, da, der Faden schoss durch die Luft, und ich spürte einen ganz leichten Pikser an meinem Schulterblatt. Kurze Zeit später standen schon die ersten kleinen Gesellen auf meiner Schulter. Vorsichtig griff ich mit dem Daumen und dem Zeigefinger meiner rechten Hand dorthin und konnte einen von ihnen in die Zange nehmen. Ich stand auf, einige der Kameraden fielen hinunter, andere konnten sich an dem Faden festhalten, und untersuchte ihn unter meiner Lupe, die ich stets bei mir trage, um Materialien zu untersuchen. Er war ungefähr 0,7 Millimeter groß, trug einen Helm mit Stirnlampe und Bergsteigermontur sowie eine Spitzhacke. „Okay, ihr Kerlchen“, sagte ich mir, „macht nur weiter.“ Ich legte mich wieder ins Bett auf meine rechte Seite. Ich war noch nicht eingeschlafen, als sie bei meinem Ohr angelangt waren und in es einmarschierten. „Keine Sprengungen!“, sagte ich noch, und sie hielten sich daran. Was nur etwas störend war, war das Miniaturgeräusch, wenn eine Lore auf dem von diesen Burschen erbauten Gleis ganz leise rumpelnd aus meinem Gehörgang herausfuhr, voll beladen mit gelben Klümpchen von meinem Ohrenschmalz.
Zum Autor
- Gedichte in „Driesch“, Nr. 5 im Jahr 2011.
- Kurzgeschichte in „Brückenschlag“, Band 27 im Jahr 2011.
- Kurzgeschichte in „TrokkenPresse“, Nr. 5 im Jahr 2011.
- Prosatext in „TrokkenPresse“, Nr. 2 im Jahr 2012.
- Gedichte in und Gedicht auf „Brückenschlag“, Band 28 im Jahr 2012.
- Miniaturen in „WORTSCHAU“, Nr. 17 im November des Jahres 2012.
- Gedichte in „Spring ins Feld“, 13. Ausgabe, Dezember des Jahres 2012.
- Kurzgeschichte in „Brückenschlag“, Band 29 im Jahr 2013.
- Prosatext in „TrokkenPresse“, Nr. 3 im Jahr 2013.
- Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 59, 09/2013.
- Kurzgeschichte in der Anthologie „Mein heimliches Auge, Das Jahrbuch der Erotik XXVIII“ vom konkursbuch Verlag
- Claudia Gehrke im Jahr 2013.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 60, 12/2013.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 61, 04/2014.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 62, 08/2014.
- Kurzgeschichte und Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 63, 11/2014.
- Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 64, 04/2015.
- Kurzgeschichte und Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 67, 04/2016.