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Formicula - Das Grauen von Neu-Mexiko

Formicula

Das Grauen von Neu-Mexiko

 

In den 1950er Jahren boomte weltweit das Genre der Riesenmonster-Filme, mit denen gleich in mehreren Nationen das Atombombentrauma verarbeitet werden sollte. Eines der frühesten und gelungensten Beispiele ist der 1954 von Gordon Douglas gedrehte „Formicula“, der nun als Film #9 in der „Creature Feature“-Reihe von Plaion Pictures erstmals auf BluRay (und parallel auch auf DVD) erschienen ist.

Mit dem Abwurf der Atombomben auf Japan, die das Ende des Zweiten Weltkriegs besiegelten, trat die Menschheit in eine neue Phase. Erstmals konnte man anhand der grauenerregenden Aufnahmen entstellter Opfer auch nur ansatzweise begreifen, welche Mächte man hier entfesselt hatte. Weltweit boomten schon wenige Jahre später Filme, in denen die Macher dem Phänomen der Atombombenabwürfe mit viel Fantasie begegneten und ihre Ängste in effektvolle Horrorszenarien überführten. Im November 1954 hatte in Japan „Godzilla“ von Ishirô Honda seine Premiere, in dem eine Atombombe eine riesige Urzeitechse aus ihrem Tiefschlaf erweckte und daraufhin die Stadt Tokio in Schutt und Asche stampfte. Bereits ein gutes halbes Jahr früher hatte Gordon Douglas mit „Formicula“ einen US-amerikanischen Film zum Thema realisiert, der genau wie „Godzilla“ stilbildend auf das gesamte Genre der fantastischen Filme einwirken sollte und auch siebzig Jahre nach seiner Premiere nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat. Im Œuvre von Gordon Douglas, das in etwas mehr als 40 Jahren rund 100 Regiearbeiten umfasst, die meisten davon für die große Leinwand, stellt „Formicula“ mit Abstand den bekanntesten und besten Film dar. Neben diesem Riesenmonster-Klassiker war Douglas aber auch als Komödienregisseur in Erscheinung getreten und hatte bereits in den 1930er Jahren einige Filme mit den „Kleinen Strolchen“ und, am Ende ihrer Karrieren, auch Langfilme mit Oliver Hardy und Stan Laurel inszeniert.

In der Wüste von New Mexico finden Sergeant Ben Peterson (James Whitmore) und sein Kollege Ed Blackburn (Chris Drake) ein traumatisiertes junges Mädchen, das nur apathisch in die Gegend starrt und kein Wort spricht. Der Wohnwagen ihrer Eltern ist vollkommen zerstört, von den Erwachsenen fehlt jede Spur. Kurze Zeit danach werden der Wissenschaftler Dr. Harold Medford (Edmund Gwenn) und dessen ebenfalls als Wissenschaftlerin tätige Tochter Dr. Patricia Medford (Joan Weldon) an den Tatort geholt, weil Spuren im Sand den Schluss nahelegen, dass es sich dabei um die Abdrücke überproportional großer Ameisen handelt. Die beiden Medfords bestätigen die Theorie und machen sich mit Unterstützung der Polizei und des Militärs auf die Suche nach dem Nest der Monster. Obwohl sie dieses ausfindig machen und mit Hilfe von Gas und Flammenwerfern zerstören können, ist die Freude nur von kurzer Dauer. Die Wissenschaftler erkennen anhand der Eierreste im Nest, dass bereits mindestens zwei Königinnen ausgeflogen sind und vermutlich ganz woanders neue Nester bauen. Die Zeit drängt, denn die Riesen-Ameisen ernähren sich nicht nur von Zucker, sondern machen auch vor Menschenfleisch nicht Halt…

Gordon Douglas hat „Formicula“ sehr langsam entwickelt und entfaltet gerade durch dieses schleichende Grauen eine gehörige Portion Spannung. Die Monster selbst bekommt man erst ab dem zweiten Drittel des Films zu Gesicht, und obwohl man sie natürlich leicht als mechanische Kolosse erkennen kann, wurden sie mit viel Detailliebe gestaltet und von Sid Hickox überzeugend gefilmt. Die mahnende Komponente gegen Atombombentests ist deutlich und eindringlich, und hat auch heute nichts von ihrer Brisanz und Relevanz eingebüßt. Wenn die wackeren Helden schließlich in den Ameisenbau eindringen, werden in Douglas‘ Inszenierung bereits Szenen vorweggenommen, die sich zwei Jahrzehnte später auf ganz ähnliche Weise in Ridley Scotts „Alien“ wiederfinden. Hätte Alfred Hitchcock jemals einen Riesenmonster-Film gedreht, hätte er es sicherlich nicht überzeugender hinbekommen als Gordon Douglas hier mit „Formicula“! Die BluRay-Erstveröffentlichung des Films präsentiert den Schwarz-Weiß-Klassiker in überzeugendem Bild (wahlweise im Widescreen-Format 1,78:1 oder in der Vollbildversion in 1,33:1) und stets gut verständlichem Ton (Deutsch und Englisch in PCM 2.0 Mono, Deutsch wahlweise auch in einer unrestaurierten Synchronfassung, optional mit deutschen und englischen Untertiteln), der keine Wünsche mehr offenlässt. Als Extras gibt es einen kommentarlosen „Hinter den Kulissen“-Clip (3 Minuten), einen deutschen und englischen Trailer sowie eine große Bildergalerie mit internationalem Werbematerial zum Film.

Kommentare  

#1 Ringo Hienstorfer 2024-02-09 10:52
Einer meiner absoluten Lieblingsfilme. ich kann mich erinnern, wie der Film in den Siebzigern im Fernsehen lief und ich nach den ersten 20 Minuten ins Bett musste! Besonders das unheimliche Zirpen oder Pfeifen der Ameisen verfolgte mich nachhaltig.
Ich besitze den Film zwar schon auf DVD, habe ihn mir aber soeben auf BluRay bestellt. Und weil es so schön war, kaufte ich "Squirm" und "Der sechste Kontinent" gleich mit dazu!
#2 Mainstream 2024-02-09 12:48
-
Wir können den Film nur mit Kopfhörer anschauen, weil die Katzen bei den Ameisen-Tönen vollkommen durchdrehen...
#3 Ringo Hienstorfer 2024-02-09 14:48
zitiere Mainstream:
-
Wir können den Film nur mit Kopfhörer anschauen, weil die Katzen bei den Ameisen-Tönen vollkommen durchdrehen...

:lol:
#4 William 2024-02-11 12:26
Der Film ist wirklich großartig, wie fast alle dieser alten Monster- S.F.- und Gruselfilme. Diese Filme haben ein ganz besonderes Flair. Interessant finde ich auch den Aufbau vieler dieser Filme, am Anfang ist kurz etwas Mysteriöses zu sehen, dann passiert ungefähr bis zur Hälfte des Filmes kaum etwas Phantastisches und dann kam ich als Kind und Jugendlicher aus dem Staunen nicht mehr heraus. :-) (Das passiert mir auch heute noch gelegentlich. :lol: )

Wenn ich mir heute einen dieser phantastischen Klassiker anschaue, schaue ich mir vorher zur Einstimmung immer eine (oder beide) der alten TV-Ankündigungen an:

www.youtube.com/watch?v=70ZN0h5GFYI&ab_channel=RetroTV60

und

www.youtube.com/watch?v=CXIjbbet1V4&ab_channel=RetroTV20
#5 Ringo Hienstorfer 2024-02-11 13:59
Formicula ist für mich DER Tierhorrorfilm schlechthin. In meiner heimatstadt Berchtesgaden gab es in den Siebzigern eine lokale Band mit diesem Namen. Und viel später gab es ein AMIGA-Game mit der selben Thematik unter dem namen "It came from the Desert".

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