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Psychische Komplexe und Kollektive Gedächtnisse galaktischer Völker - Analyse eines seltsamen Phänomens

1Psychische Komplexe und  Kollektive Gedächtnisse galaktischer Völker
Analyse eines seltsamen Phänomens

Ein kollektives Gedächtnis finden wir oft in der Perryserie.

Nicht im Sinne von ES, dem Plasma der Hundertsonnenwelt der Posbis oder einer Schwarmintelligenz, sondern ganz normal bei Völkern, die wie die Terraner aus Individuen bestehen.

Das ist so eine seltsame Sache, dieses kollektive Gedächtnis, muss es doch gesellschaftlich geprägt sein und laufend in den Medien vorkommen, um den Bürgern der jeweiligen Welt oder des Sternenreiches die altbekannten, uralten Tatsachen immer wieder als Splitter oder gar Balken ins Auge zu hämmern. Das geht schon los mit den Arkoniden und den Methan-Kriegen. Verrückt wird es aber dann richtig bei den Akonen, die einen Zentrumskrieg, der 20.000 Jahre lang her ist, noch immer emotionell auffassen und die Arkoniden nicht als unabhängig anerkennen wollen (ab Band 107).

Das wäre so, als würde Großbritannien heute die USA wieder einfordern, dabei sind hier nicht einmal 300 Jahre vergangen ...geschweige denn Tausende von Jährchen. Also, warum existieren derartige kollektive Komplexe in den Völkern beim Perry … (wir Deutschen reiben ja den Italienern von heute auch nicht dauernd die Varusschlacht unter die Nase ...wäre auch völlig sinnlos). Die Arkoniden und ihren traumatischen Methankrieg habe ich schon erwähnt.

Noch schlimmer dran waren aber die Völker von M 87, die über fünfzigtausend Jahre alte Ängste vor den Uleb noch kollektiv pflegten. Gesellschaftlich verankert, indoktriniert, dass sogar das ganze Gesellschaftssystem als Kasten organisiert wurde. (Auf die Dumfries, die Soldaten der KdZ, wirkte allerdings die Zellstrahlung der Uleb sogar biologisch … seltsame Soldaten, und dass man diese Strahlung nicht abschirmen konnte). Jedenfalls liegen hier Jahrtausende alte kollektive Ängste vor, die sich auf ganze Völker verbreiten und sogar tief in der jeweiligen Gesellschaft verankert sind.

Dieses Motiv tritt beim Perry öfter auf, auch später in der Serie wird dieses Motiv noch wiederholt. (Nehmen wir nur BARDIOC und seinen Alptraum ...aus dem Perry ihn natürlich wecken muss …) Vielleicht haben ja multiplanetare Gesellschaften auch einen anderen Zugang zu ihrer Historie … außer den Terranern natürlich, die regelmäßig vergessen, was vor dreitausend Jahren los war und sogar ihre eigene Geschichte oft versäumt  haben, indem sie fragen: „Ach Perry, hast Du Napoleon gekannt … der kommt ja auch aus Deiner Zeit ...“usw. Wirken die Terraner hier also durch einige Autoren belegt eher ungebildet in der Historie und Aeras der eigenen Historie bunt durcheinandermischend, so haben andere (inter)-galaktische Völker nicht nur ihre uralten, kollektiven Erinnerungen, sondern auch gleich Komplexe, die das ganze Volk oder die Bevölkerung  erfassen (da man ja den Begriff „völkisch“ seit der Lingua Tertii Imperia nicht mehr wertfrei benutzen kann).

Hier werden Ängste übergreifend geschürt, die jeden Bürger erfassen, erst jüngst die Ängste der Thoogondu im Hooris-Stern  vor dem Wanderer und seiner möglichen „Vergeltung“. Auch hier sind die Bewohner der Station aber mehrere tausend Jahre bereits wach, aufgeweckt aus dem Kälteschlaf. Natürlich sind es nicht die gleichen Individuen aber die gleichen Ängste werden kollektiv geschürt und liegen als schweres Trauma über der ganzen Gruppe der Gesellschaft.Warum solche Begriffe immer wieder in die Reihe eingebaut werden, da kann ich nur spekulieren. Erinnerungen an die ältere oder jüngere Geschichte hat ja auch die reale Menschheit, aber Traumata in irgendeiner historischen Hinsicht sind mir unbekannt, jedenfalls ganze Volksgruppen oder Nationen betreffend. Insofern handelt es sich zwar um eine Art des Sense of Wonder … aber doch um eine seltsame Spielart des posttraumatischen Schocks, der hier ganze Völker über Jahrtausende erfasst ...und kein Galakto-Psychologe in Sicht, der hier helfend eingreifen kann.Da könnte nicht einmal Atlan helfen, der ja eine derartige Ausbildung einst erfuhr.

Falls Perry nicht die jeweilige, kosmische Gefahr behebt, müssen diese armen Völker also weiterhin mit ihren Traumata leben. Sollte es ihm im Zyklus aber gelingen, die Gefahr zu beseitigen, so wirkt er immerhin als kosmischer Entwicklungshelfer auf der psychologischen Ebene, auch ohne formale Ausbildung hierzu. Wofür ein Peregrinus nicht alles herhalten muss …

© 2018 by H. Döring

Kommentare  

#1 Hermes 2018-07-24 09:00
Zitat:
Erinnerungen an die ältere oder jüngere Geschichte hat ja auch die reale Menschheit, aber Traumata in irgendeiner historischen Hinsicht sind mir unbekannt, jedenfalls ganze Volksgruppen oder Nationen betreffend.
Das jüdische Volk? Die Kurden? Die Armenier? Die Schwarzen in den USA? Verschiedene Indianerstämme?
#2 Larandil 2018-07-24 09:05
Ich biete an zeitgenössischen Traumata der europäischen Bevölkerung:
- die Völkerwanderung, bei der die Vandalen und die Ostgoten den westlichen Teil des Imperium Romanum plattgemacht haben.
- die Hunnen, die Ungarn und die Mongolen, die aus dem Osten angeritten kamen und zerstörten und plünderten wie ... ja, "wie Attila der Hunnenkönig"?
- die Osmanen, die das byzantinische Reich überrollten, Byzanz zu Istanbul machten, sich den Balkan einverleibten und zweimal bis an die Mauern von Wien vordrangen.

Bei PR sind die erzählten Erinnerungen der Lemurer an Kämpfe gegen verschiedene "Ungeheuer", die ihnen die Cappins hinterlassen hatten (wie Zyklopen und Zentauren) in den Mythenschatz ihrer terranischen Nachkommen eingeflossen.
#3 Larandil 2018-07-24 09:10
Bei den Arkoniden gibt es im Laufe der PR-Historie manch Widersprüchliches. Ich erinnere mich, dass im Taschenbuch "Geheimkommando IPRASA" von einer Liste die Rede war, die die Insassen des allerersten Kolonieschiffes aufzählte und von der die uralten hochadeligen Familien ihre Privilegien ableiteten (so ähnlich wie die alteingesessenen Familien Neuenglands am liebsten einen Vorfahren auf der MAYFLOWER wissen wollen).
Das beißt sich freilich mit der weitgehenden Verdrängung des extraarkonidischen Ursprungs in der Zeit, als Atlan auf dem Kristallthron saß.
#4 AARN MUNRO 2018-07-24 09:13
Lieber Hermes, auch Larandil: diese irdischen Begriffe sind aber nicht Jahrtausende her. Einen postttraumatischen Schock über die Entführung der jüdischen Oberschicht nach Babylon gibt es jedenfalls heutzutage nicht auf emotioneller Ebene, sondern nur als Erinnerungskultur. Dass jüngere Ereignisse wie der Holocaust bei Überlebenden noch nachwirken, ist klar, aber bei den Nachfolgenden kann das höchstens erzieherisch, weniger aber direkt emotionell wirken. Das Gleiche behaupte ich auch für die Osmanen vor Wien oder für die Hunnen. Als emotionaler Schock sind diese Ereignisse eigentlich nicht kollektiv in den Köpfen der jeweiliigen Bevölkerung verankert, als historische Ereignisse (Armenier) sicher schon bekannt.
#5 Heiko Langhans 2018-07-24 09:50
Man kann sich durchaus nicht selbst Erlebtes zu eigen machen und ihm eine emotionale Komponente zueignen. Das wird bei geschichtlichen Ereignissen besonders gerne gemacht und nennt sich dann wahlweise Tradition, historisches Erbe, kulturelle Identität, nationale Essenz, unveräußerlicher Grundwert oder wie das Schlagwort der Woche auch gerade lauten mag.

Technisch fortgeschrittenere Zivilisationen haben im Übrigen weitaus nachhaltigere und vielfältigere Möglichkeiten der Informationsverarbeitung als unsere gegenwärtige "Hochkultur". Deren Interpretationen halten entsprechend ebenfalls länger.
#6 Andreas Decker 2018-07-24 11:28
Zitat:
Noch schlimmer dran waren aber die Völker von M 87, die über fünfzigtausend Jahre alte Ängste vor den Uleb noch kollektiv pflegten.
Das ist doch Kinderkram. ;-) Die Loower waren 18 Millionen Jahre auf der Suche. Wie plausibel ist das denn?


Das sind so völlig sinnfreie Gigantomanien, die man nicht infrage stellen sollte, weil sie eh keinen Sinn machen. Wären bei PR Alienrassen zur Blütezeit der Konzeption - also vor 20-40 Jahren - auch nur einen Funken differenziert entwickelt worden, hätte der Plot nicht funktioniert.


Aber im nachhinein gesehen war diese kosmische Zahlenjongliererei sicherlich besser als der Versuch , "zeitnah und relevant" sein zu wollen. Gerade die ganze Geschichte mit den Thoogondu und ihren Gäonen illustriert sehr schön, wie wenig das funktioniert, nicht mal im Kontext der Serie.


Und da hier ja die Rede von Traumata in der Serie als Handlungsauslöser ist, da müsste dann ja bald der nächste Arkonzyklus kommen, wo die Restarkoniden ein neues Reich aufbauen und sich zum Ziel setzen, jeden Onryonen im Universum auszumerzen und die Atopen gleich mit. Nicht, dass Arkons Vernichtung die galaktische Öffentlichkeit auch nur irgendwie interessiert hätte.

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