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Die Fremdheit des Fremden - Wie fremd sollte ein Alien sein?

1Die Fremdheit des Fremden
Wie fremd sollte ein Alien sein?

Das ist natürlich in erster Linie ein Problem der Beschreibung. Aber der Perry soll ja SF sein, oder? Da kann man auch hoffnungsvoll etwas gehobenere Ansprüche  einfordern oder wenigstens wünschen. Also, wie soll ein wirklich fremdes Fremdwesen beschrieben werden, wo wir es doch durch irdische Augen unseres eigenen, menschlichen Verstandes sehen müssen und nach Wittgenstein auch mit irdischen Begriffen schriftstellerisch erfassen müssen.

Die Welt kann nur durch das Bekannte ausgedrückt werden. Das Unbekannte muss also durch Erfahrungsbegriffe der bekannten Welt näherungsweise erfasst werden. Darum sehen die Aliens auf PR-Titelbildern immer bekannten Tierarten ähnlich (z.B. Kranen, Zghmakonen etc)., so sie nicht wirklich menschenähnlich, also humanoid sind wie etwa die Laren. .Blues und Mooff seien nicht unerwähnt. Auch den Maahks wohnte ja einst eine gewisse Fremdheit inne. Aber das Fremde ist ja nicht nur das Äußere … das ist ja auch die Mentalität, die Kultur und die Wahrnehmung und Erfassung der Welt und der anderen intergalaktischen Völker. Dazu gehört außerdem noch die Denkweise und die Wertvorstellungen der jeweiligen Art. Außerdem muss die Stoffwechselgeschwindigkeit berücksichtigt werden.

Beim Perry können alle Intelligenzen, die aus Individuen bestehen, in Echtzeit miteinander kommunizieren, ob  nun akustisch (auch per Ultraschall wie die Jülziish) oder telepathisch wie die Moof. Superintelligenzen mit ihren anderen Zeitvorstellungen, sind naturgemäß schwieriger von Normalwesen zu kommunizieren, allerdings erwarten wir hier von der  kosmischen  Intelligenz auch eine gewisse, variable Anpassung nach unten. Auch ES kann ja mit Perry kommunizieren.

Die Fremden im Perry sind also meist gar nicht wirklich fremd, der Leser muss ja relativ schnell, auch bei der Einführung eines neuen Volkes, eine gewisse Vertrautheit mit den neuen Wesen erhalten können.Aber ist es nicht das, was gute SF ausmacht … die Begegnung mit dem wirklich Fremden, mit dem, was man noch nicht versteht und wobei man sich Mühe geben muss, eine wirkliche Kommunikation herzustellen. (Bei Sheffield z.B. finden wir die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Verarbeitungsgeschwindigkeiten von Informationen etwa durch Jupiterbewohner und Erdmenschen. Hier liegt allerdings erst nur ein Zeitrafferproblem vor. Erst durch die rasend unterschiedliche Evolutionsgeschwindigkeit, kommt es zum großen Unterschied in den Denkweisen.

Das macht die Kommunikation dann schwieriger.Goethe: „Du gleichst dem Geist, den Du begreifst … nicht mir.). Aber wie ist es, wenn Perry einmal auf wirklich fremde Wesen trifft … vielleicht so fremd, dass sie gar nicht erst erkannt werden können als Lebewesen. Marginal gab es das schon: lebende Steine, Wesen aus höheren Dimensionen, die kaum begriffen werden konnten, mit denen aber eine Kommunikation dann doch wieder recht schnell möglich war. Aber das langsame Begreifen einer wirklich fremden Entität, auf die Perry&Co treffen, über rund hundert Bände einmal zu beschreiben, wäre doch aller Ehren wert. Natürlich ist das kein alleiniges Hauptthema für einen Zyklus. Dafür gibt die langsame Erforschung des Fremden und das ebenso langsame Erkennen der Mentalität des Fremdwesens nicht genug an Aktion für eine Gesamthandlung her. Aber im Hintergrund als umfassender Begriff kann so etwas vielleicht einmal eingeführt werden.

Die klassische Superintelligenz hingegen wird ja nicht wirklich verstanden, das geht ja auch im Perrykanon gar nicht. Sie ist entweder absolut fremdartig in ihrer Denkweise, wird aber sehr oft im aristotelischen Sinne ihrer physikalischen Hülle zugeordnet und so beschrieben (THERMIOC etwa). Durch diese Art der äußeren Festlegung ist die SI dann zunächst definiert. Ihre Denkvorgänge kann natürlich auch ein Perry nicht begreifen. Interessant wäre aber die Beschreibung einer Entität, die nicht unbedingt der Klasse der Superintelligenzen oder höher zugeordnet werden muss, aber dennoch erst einmal wirklich fremdartig bleibt … und erst im Laufe des Zyklus erzählend enträtselt wird.Bei Kurt Mahr haben wir hier mitunter eine Dunkelwolke oder wirklich den Geist einer Maschine gehabt.Leider geschah auch hier die Identifikation des Intelligenzwesens und ebenso die Kommunikation viel zu schnell. Gerade im Sinne des Sense of Wonder wäre es, am Anfang eines Zyklus eine Lebensform einzuführen, die zunächst völlig rätselhaft bleibt, weil unverstanden und deren Eigenschaften erst nach und nach entschlüsselt werden müssen  auf mühsame Weise.

Diese Beschreibung lässt sich ja  beispielsweise mit einem Problem koppeln, zu dessen unbedingter Lösung man der Hilfe der neuartigen Entität bedarf. Die Einführung von Thez am Ende aller Zeiten war hier schon hilfreich. Allerdings war hier die Machtentfaltung zu groß und die Kommunikation zu schnell entwickelt. Die grundlegende Bizarrheit dieses Wesens jedoch kann man durchaus als Ähnlichkeit für eine weitere Erfindung eines neuen, wichtigen Aliens verwenden. Ob das nun  ein Einzelwesen werden wird ,oder eine ganze Volksgruppe, soll der Phantasie der Autoren und Expokraten überlassen bleiben. Aber: nichts ist faszinierender als das Fremde, Unverstandene. Spiegelt  sich doch darin gerade die Ratlosigkeit unseres Selbst, mit der eigenen Identität spiegelnd in der Erkenntnis des Ichs und des Anderen umzugehen. Finde Dich im Fremden und Du findest Dich selbst.

© 2018 by H. Döring

Kommentare  

#1 Larandil 2018-09-26 20:12
In PR 2767 präsentierte die Gastautorin den Lesern ja Pend. Pend den Allwissenden, das multiversale Wesen.
Also ich hab' mir Pend nicht vorstellen können - und was er/sie/es sich so dachte. dem konnte ich auch nicht folgen.
#2 AARN MUNRO 2018-09-27 11:14
Ja, Pend. den fand ich faszinierend ... und gar nicht wirklich auserzählt. Da ließe sich wirklich etwas draus machen. Es lebe der "Pend-Zyklus". ;-)

Stell Dir mal vor, Du würdest einen Querschnitt durch sämtliche gequantelten Spaltungsuniversen des Multiversums erleben. Wahrnehmungsmäßig möglicherweise echt irritierend (für uns) ... aber doch spannend erzählbar.
#3 Postman 2018-09-27 14:24
Zu fremde Aliens hatten mich an PR eher abgestossen. Wird gar vieles ins Philosophische in den Heftchen ausgelagert, kann es schnell den Leser langweilen. Expandierende Völker und Raumschiffe lassen sich eben spannender schildern, als unverständliche Dauerdialoge, Gebete oder der moralische Zeigefinger.

Ganz klassisch wird oft erst mal ein neuer Planet inkl. zugehöriger Gesellschaftsschicht und Lebewesen eingeführt, und dies strengt den Leser erst mal an. Ist alles zu fremdartig (und sind dann zusätzlich noch zu viele Zungenbrecher-Namen im Spiel) in Begrifflichkeiten, versteht man während des halben Heftes schnell nur Bahnhof, welches dann meist nur langweilt.

Da ist ein Romanheft einfach zu kurz um komplexer zu werden und man hatte Mehrteiler leider im Folge immer vermieden und stattdessen den künstlich gestreckten Zyklen den Vorrang gegeben. Oder ein zu häufiges Umblenden in der Galaxis als Cliffhanger (ist leider auch dauernd in PR ein künstliches Spannungsmittel) kann nerven.

Deshalb würde es auch so etwas wie einen "galaktischen Frieden" analog PR aufgrund der Vielfalt und Andersartigkeit der Spezien nie geben, und Kriege müssten aufgrund der nicht für alle verständlichen Philosophien und Lebensweisen fortlaufend begonnen und beendet werden.
Konflikte liefern die angeblich "echten" Religion, der Eroberungsdrang und die Vorherrschaft oder die Gier nach Rohstoffen bzw. die Jagd nach neuen Technologien.

Man hat sich auf der Erde schon genügend innerhalb der Menschheit die Köpfe eingehauen ... es würde also bei Erstkontakten nicht besser werden. Politiker haben Angst vor Unterlegenheit, Konzerne wittern Gewinne und Glaubensrichtungen fürchten verdrängt zu werden.
#4 Laurin 2018-09-27 19:20
Dem ganzen ist auch irgendwo Grenzen gesetzt. So muss der Autor in der Lage sein, diese Fremdheit nachvollziehbar in die Geschichte einzupflegen und der Leser muss in der Lage sein, diese Fremdheit in gewisser Weise noch nachvollziehen zu können. Passt das eine oder andere nicht, handelt es sich wohl schlicht um Papierverschwendung.
Da greift so mancher Autor gerne denn auch zu den gewissen Standartmöglichkeiten wie Philosophie der Aliens, deren Lebensweise oder, wenn es denn sein muss, auf deren Religion zurück.
Und mal ehrlich, es steckt in der Menschheit einfach drin wie ein Gen, dass er alles beseitigt, was er nicht verstehen kann (oder will). Eventuell ist etwas so fremd, dass er dies nicht einmal wirklich bemerkt.
Aber seien wir mal ehrlich, PR ist Spannungsliteratur, da wollen wenn überhaupt, nur die wenigen Hardcore-Fans wirklich mit solcher Fremdartigkeit bis zum Erbrechen hochgeistig gefoltert werden.

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