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Alptraumateliers, Elefantenfriedhöfe, Mumien, Abenteuer ála Indy und eine Idee aus Verzweifelung

Teestunde mit RolfWas war denn mit Deinen Romanen zum Magier? Was ist mit denen passiert?

Alptraumateliers, Elefantenfriedhöfe, Mumien, Abenteuer ála Indy und eine Idee aus Verzweifelung

 

Mein erster Roman zur Magier-Serie spielte in Afrika und hatte, wie schon erwähnt, das Geheimnis des Elefantenfriedhofs als Handlung. Was auch immer Zoologen behaupten, diese alte Legende hält sich hartnäckig. Und weil die Existenz von Elefantenfriedhöfen eben im Bereich des Möglichen war, hatte ich diese Thematik für den ersten Magier gewählt.

 

Immerhin sollten die Stories ja so angelegt sein, als ob sie tatsächlich Realität gewesen wären. Und genauso habe ich die Handlung gesponnen…

Der erste Schock war schon die Änderung meines Wunschtitels: „Die Fährte des Tembo“ in „Totenacker des Wahnsinns“. Klar, ein typischer Dan-Shocker-Titel, der natürlich viel reißerischer und damit verkaufsfördernder war wie das Produkt meiner halb-poetischen Vorstellungen, unter der sich notfalls ein Rosamunde Pilcher-Roman hätte verbergen können. Klar – ein Elefantenfriedhof ist auch ein Totenacker… und Wahnsinn…klar, einige Leute in der Handlung werden auch durch die Ereignisse meschugge.

 

Der zweite Schock für mich war der, dass es Jürgen im Roman alles zu „normal“ zuging. Ganz klar, wenn alles so geschildert werden sollte, als wäre es tatsächlich passiert. Da kann man nicht mal eben durch höllische Kräfte eine ganze Stadt versacken lassen oder zu schreiben, wie durch ein Erdbeben mit einer Flutwelle ein ganzer Landstrich im Meer versinkt. So was hätte nämlich in der Zeitung gestanden.

 

Aber inzwischen war ja das Konzept geändert worden. Und ich musste akzeptieren, dass Uwe Schnabel für den „Totenacker“ ein Exposé verfasste, das eine Mischung aus meiner eigenen Idee uns seinen eigenen Vorstellungen entsprach. Immerhin ist Uwe Schnabel zwar kein Schreiber von Heftromanen – aber ein genauer Kenner. Und – er wusste sehr genau, wie Jürgen seine Romane aufbaute und was er wollte.

 

Außer dem „Alptraumatelier“ meinem zweiten „Magier“, der dann als Erster raus kam, hat Uwe Schnabel für alle meine Magier-Romane die Exposès gemacht und dabei meine Grundideen mit seinen Vorstellungen verwoben. Da wir damals oft genug bei Jürgen zu Hause waren und Uwe dort im „Marlos“-Zimmer fast eine art „zweiten Wohnsitz“ hatte, war eine solche Koordination problemlos möglich. Dass ich natürlich meinen Ideen in der Handlung Priorität verliehen habe, ist wohl verständlich.

 

Im Fall des Totenackers kam von Uwe die Sache mit dem Neger-Zombie mit dem Schrumpfkopf, der die Steppe Kenias tyrannisiert. Der kahlschädliche Zauberer und der Rest sind von mir. Und über mein „Alter Ego“ Shane Enders, einen Kanadier mit dem Charme eines Bud Spencer und Händen wie Baggerschaufeln, der in diesem Roman seinen ersten Auftritt hatte, erzähle ich an anderer Stelle etwas…

 

Man könnte auch sagen, dass ich trotz Uwe Schnabels Exposès, so weit es möglich war, meinen eigenen Kopf durchsetzen wollte. So manches Mal entstehen Romane aus der Handlung heraus und es ist, als ob sich sie von irgendwoher diktiert bekomme. Das gilt weniger als für den Anfang oder den Schluss – sondern für den Weg dazwischen. Und dann habe ich die Angewohnheit, mich vom vorgegebenen Exposè zu lösen und das zu schreiben, was mir von irgendwoher eingeflüstert wird.

 

Ich weiß, das klingt seltsam und als ob ich mich da interessant machen würde – aber manche Passagen sind tatsächlich so, als hätte sie mir eine innere Stimme diktiert. Und ich bin da im Kreise der Produzenten des geschriebenen Wortes kein Einzelfall. Auch mein Idol R.E. Howard hat ja geschrieben, dass seine Figur Conan irgendwann vollständig vor ihm stand und er dessen Abenteuer nur noch niederschreiben musste. Das gleiche Phänomen hatte ich übrigens dann bei Bastei-Fantasy mit Sina, Ferrol und Churasis. Aber dazu kommen wir noch…

 

Übrigens hat Uwe Schnabel für seine Exposés einen bestimmten Prozentsatz meines Honorars bekommen. Reine Freundschaftsdienste waren seine Bemühungen auch nicht. Aber in dieser Zeit ist er auch nicht gerade vom Schicksal mit Reichtum überschüttet worden – und was bei Uwe viel Geld war, das war für mich seinerzeit keine Erwähnung wert.

 

Die grundsätzliche Handlung meiner Magier-Romane kamen jedoch aus meiner eigenen Ideen-Kiste…und die wurde Uwe für sein Exposé-Konzept vorgegeben.

 

Es ist bekannt, dass ich gerne tatsächliche Ereignisse, historische wie aktuelle, als Hintergründe für meine Romane wähle. In meinem Göttinger Lokal-Krimi „Der Todeskuss des Gänseliesels“ hatte ich beispielsweise mal einen damals aktuellen Hintergrund. Da ging es um ein von Studenten entwickeltes Doping-Mittel, das im Körper nicht mehr nachweisbar ist. Und der Roman wurde genau in dem Jahr geschrieben, als während der Tour de France der große Doping-Skandal weltweites Aufsehen erregte.

 

Es passte damals wirklich alles zusammen…nur als ich das geschrieben habe, war der Skandal noch nicht da. Der kam ungefähr zwei Wochen nach Erscheinen des Buches. Heute übrigens nicht mehr nachzulesen – alle drei Lokalkrimis, die ich gemacht habe, sind seit langem ausverkauft.

 

Für Afrika gab es seinerzeit aber keine aktuellen Naturkatastrophen oder ähnliches innerhalb der letzten Jahre, für das man die Mächte des Bösen verantwortlich machen konnte. Um also das ursprüngliche Konzept zu erhalten, musste ich mir Sachen einfallen lassen, die weitab jeder Zivilisation im tiefsten afrikanischen Busch geschehen sind.

 

Und das war eben der Elefantenfriedhof. Ursprünglich die Szenerie für einen Realo-Horror – durch Uwes Schrumpfkopf-Zombie zum normalen Horror-Roman aus „Dan Shockers Grusel-Truhe“ gemacht.

 

Wie gesagt, das war der Erste, der der Zweite wurde. Denn durch die Umarbeitung kam ein anderer Roman, den ich schon fertig hatte, vorab zum Zuge.

 

Auch dieser Roman war so gearbeitet, dass sich seine Handlung real hätte abspielen können. Unter dem Titel „Schreie aus dem Alptraumatelier“ kam er heraus. Natürlich war das wieder ein von Jürgen geänderter Titel. Im Original hieß der Roman „Bilder, die den Tod bedeuten“.

 

Ich mag diesen „Bilder“-Titel – und schrieb später für den Mitternachtsroman noch einmal einen Roman um einen Maler und sein Modell mit diesem Titel. Allerdings war es eine völlig andere Handlung. Und was passierte? Das gute Stück kam unter dem Titel: „Was die Rabenburg verbarg“ raus. Nun habe ich im Expose noch mal die „Bilder, die den Tod bedeuten“ vorrätig. Aber das Konzept schreibe ich erst, wenn mir schriftlich versichert wird, dass der Roman diesen Titel und keinen anderen bekommt.

 

Das beschriebene „Alptraumatelier“ befindet sich in den Katakomben von Paris, die ich damals nur vom Reiseführer her kannte. Als ich einige Jahre später tatsächlich durch diese Katakomben gegangen bin, stellte ich fest, dass sich durch die vielen verschlossenen Türen neben dem beleuchteten Hauptgang tatsächlich dort so ein „Alptraum-Atelier“ eines wahnsinnigen und vom Bösen besessenen Malers befinden konnte. Meine Eindrücke in den Katakomben habe ich dann in einen Zamorra-Roman mit eingebaut.

 

Damals irrte eine gewisse Dagmar Holler durch die Gänge. Wer von den Altfans die Dagmar Musick aus Frankfurt noch kennt – dieses damals atemberaubende Sexy-Girly wollte unbedingt mal in einem Zamorra-Roman mitspielen – und ich bin nun mal nicht der Mann, der einem schönen Mädchen so einen Herzenswunsch abschlagen kann.

 

Die Besonderheit der Katakomben von Paris ist übrigens, dass man an einem bestimmten Abschnitt in verschiedenen Sälen tausende von Skeletten aus aufgelassenen Friedhöfen sehr künstlerisch als ein „Memento Mori“ angeordnet hat. Für Horror-Fans sind die Katakomben vor Paris ein absolutes Muss. Und sie sind einfach mit der Metro zu erreichen – am Place de Rochefort. Der Ausgang ist aber an einer anderen Stelle, aber auch an einer Metro-Station. Und die Strecke unter Tage ist ungefähr 2 km lang. Außerdem sollte man sich vorher über die Öffnungszeiten informieren, sonst steht man vor verschlossenen Türen. Und nur Indiana-Jones kann problemlos überall reinkommen…

 

Am „Alptraum-Atelier“ wurden übrigens die schlimmsten Verstümmelungen angebracht. Die ganzen Szenerien der Bilder des wahnsinnigen Malers waren bis auf winzige Reste gestrichen. Nun, Hermann hatte das Original-Manuskript und hat damals im Zauberspiegel „Original und Fälschung“ gegenüber gestellt. Das hat damals für ziemlich viel Wirbel gesorgt.

 

Aber nach fast zwei Jahrzehnten muss ich gesehen, dass ich mich beim Durchsehen der alten Magier-Romane, weil ich ja so viel vergessen hatte, im „Alptraum-Atelier“ noch mal fest gelesen habe. Sooo schlecht war der Roman also denn doch nicht.

 

Ja, und dann gab es da noch so eine ganz merkwürdige Sache, die mit dem „Magier“ zusammen hängt…und der Hintergrund ist als alte Ägypten…

 

Ich habe auch nachdem das Konzept des Magier schon umgeworfen worden war und mir „Doktor Shocker“ seinen Prokurator Uwe Schnabel als Exposèschreiber verordnet hat, immer noch versucht, das Grundkonzept so zu halten, dass es sich um tatsächliche Ereignisse handelt, sich so oder so ähnlich abgespielt haben könnte.

 

Als Leser aller Arten von Sachbüchern über Geschichte habe ich natürlich auch einiges über das Land am Nil gelesen – und nicht nur über die Zeit der Pharaonen – sondern auch über die aktuellen Ausgrabungen soweit die Forschung der letzten Jahrhundert. Ich habe eben nicht nur Howard Carter und Tut Ankh Amun was gelesen – sondern auch jede Menge Texte über die „Renaissance der Ägyptologie“ seit der Zeit Napoleons mit aller dazugehörigen Grabräuberei wie auch über Archäologie im Stil eines gewissen Dr. Henry Jones junior…damals hat das Buddeln sicher mehr Freude gemacht…

 

Im 19. Jahrhundert war der europäische Adel ganz verrückt nach Artefakten aus Ägypten als Schmuck fürs Wohnzimmer oder die Bibliothek. Klar, von meiner Reise nach Ägypten habe ich wie von den anderen Touren auch jede Menge Kuriositäten in meiner „Ruhmeshalle“. Aber diese Dinge sind bei mir selbstverständlich nicht echt. Naja, fast nicht. Nur ist das, was in meinen Bücherregalen „echt“ ist, für kein Museum der Welt von Interesse.

 

Als ich Anfang der 90er Jahre, also lange nach der Magier-Zeit, bei einer Reise nach Ägypten den Tempel des Amun-Re in Karnak besuchte, gab es gerade Stützarbeiten an einer der inneren Mauern. Und die geschäftstüchtigen Bauarbeiter haben natürlich jedes Steinchen, das sie auf Befehl des Vorarbeiters aus der Mauer rausgemeißelt haben, gegen ein ordentliches Bakschisch unter der Hand verscheuert. Wer also wollte sagen, dass ich nicht einen Teil des Heiligtums des Amun-Re im Regal liegen habe.

 

Die kleinen „Alabastersteine aus dem Tempel des Amun-Re“, die ich damals auf einem Con an einige treue Zamorra-Leser, die mich noch nicht vergessen hatten, verschenkt habe, waren auch echt. Aber das sind die Abfallstücke aus Alabaster, die bei der Herstellung der nachgemachten Statuen und Figuren übrig bleiben. Mit diesem „Abfall“ macht man dort im inneren Teil des Tempels die „Schotterstraßen“, auf denen die Touristenströme durch den Tempel gelenkt werden. Da kann man schon mal einige aufheben und einstecken. Und – kommen diese Steine nicht aus dem Heiligtum des Amun-Re? Also habe den Zamorra-Fans damals ein „kostbares Geschenk“ gegeben…spreche mich übrigens keiner mehr auf so was an…sie sind jetzt alle weggegeben…

 

Zurück zum Konzept des Magier-Romans. Ich hatte gelesen, dass im 19. Jahrhundert besonders Mumien gefragt waren. Und außer den Mumien der Pharaonen haben Allahs brave Söhne bei Grabräubereien genug dieser Art von Überresten toter Ägypter gefunden. Egal ob es Beamte des Hofes, Großgrundbesitzer oder sonst wohlhabende Leute waren. Man wollte seinen Körper für die Ewigkeit erhalten und ließ sich von kundigen Händen zur Mumie machen. Es musste ja nicht unbedingt eine Pyramide sein und selbst ein Felsengrab wie im Tal der König war nicht nötig. Eingegraben im Sand konnten sie Mumien auch auf den Tag warten, da sie Osiris zu neuem Leben rief. Wer Glück hat findet in der Wüste auch heute noch Mumien oder Mumienteile.

 

Und nicht nur in der Wüste zu beiden Seiten des Nils. Die Häuser des Dorfes Kurna beim Tal der Könige stehen vermutlich auf einem altägyptischen Friedhof. Ich habe gelesen, dass es unter jedem Haus einen Gang zu einem Grab gäbe, dessen Schätze im Verlauf der Jahrhunderte immer unauffällig in kleinen Teilen an zahlungskräftige Ausländer verkauft wurden und teilweise immer noch werden… so hat man mir jedenfalls hinter vorgehaltener Hand verraten.

 

Bei meiner Tour durch die Täler der Königinnen und Könige kam ich auch durch das Dorf Kurna, das ich schon im Zamorra beschrieben hatte. Und ich hatte das Glück, sogar kurz die Bekanntschaft mit dem Oberhaupt der Rassul-Sippe machen, die dort das einzige Hotel betreibt. Es ist ja bekannt, dass die Rassuls über Jahrhunderte die größten Grabräuber im Tal der Könige waren und dieser völlig unschuldig wirkende alte Mann in weißem Gewand mit Turban und Patriarchenbart das letzte Glied einer langen Ahnenreihe von Dieben, Spitzbuben und „Tomb-Raiders“.

 

Was nicht bedeutet, dass wir bei einem kurzen Tee auf der Terrasse seines Hotels nicht einige nette Worte gewechselt hätten. Zumal ich ihm erzählte, dass ich als Schriftsteller schon Geschichten über das Ägypten der Pharaonen geschrieben hätte. Oh ja, sein Großvater hätte bei Howard Carter gegraben und auch er hätte mit verschiedenen Archäologen zusammengearbeitet. Er sei ein ehrlicher Mann – wie auch alle aus seiner Familie ehrlich seien.

 

Natürlich würden sie in Handarbeit Dinge aus der Pharaonenzeit nachbilden und verkaufen – das mache ja jeder. Aber Grabräubereien…ja, vielleicht hätte es so was mal in Ägypten gegeben…aber nicht hier in Kurna…hier gäbe es nur ehrliche und gesetzestreue Leute… alles nur Revolverblatt-Journalismus…und sein „ehrliches Gesicht“ mit dem verschmitzten Grinsen forderte das Wort „Freispruch“ geradezu heraus.

 

Das war Anfang der 90er Jahre und ich vermute, dass der alte Rassul sich längst im Paradies der wahren Gläubigen von den Huris verwöhnen lässt. Wen das Dorf Kurna interessiert, der sollte sich beeilen. Der Staat Ägypten will die Leute umsiedeln, die Häuser abreißen – und die Gräber darunter frei legen.

 

Also, wer noch mal Indiana-Jones spielen will, bei dem Archäologie noch richtig Spaß gemacht hat und nicht langweilig geworden ist, der sollte schnell nach Ägypten gehen. Vielleicht nimmt ihn ja jemand aus Kurna mit nach unten. Das Zauberwort heißt auf jeden Fall „Bakschisch“. Damit öffnen sich in Ägypten die meisten Türen… und nicht nur dort…

 

Die Seitenkammer im Grab des Haremhab mit dem Osiris-Bild, in der ich eine Szene aus dem 666er Zamorra habe spielen lassen, ist so ein Ort, wo das „Sesam-öffne-dich“ in Form eines Scheins im Wert von umgerechnet 10 Euro funktioniert. Wer mal hinkommt und das Grab Haremhabs besucht (es liegt links vorbei oberhalb vom Grab des Tut ankh Amun) kann den Wärter mit einem „Geschenk“ dazu bringen, dass er sich rumdreht, aber freundlicherweise die Taschenlampe zur Verfügung stellt. Das Bild lohnt diese Ausgabe auf jeden Fall – das „Abenteuer“, durch ein Loch in eine verborgene Grabhöhle zu schlüpfen, kommt hinzu.

 

Allerdings – wer im Tempel der Hathor von Dendera zufällig jemanden findet, der ihm die Möglichkeit gibt, die Alabaster-Krypten aus den Tagen der Kleopatra zu sehen, bekommt erst das richtige Feeling der Helden aus dem „Mumien“-Filmen. Die Sache ist nicht ganz billig – und auch nicht ganz ungefährlich. Du kriechst durch einen Schacht von ca. 30 Metern nach unten. Machen sie hinter dir oben die Tür zu, können sie Lösegeld fordern. Raus kommst du nicht – und dein Schreien hört höchstens der Totengott Anubis. Und die Kammern sind auch nicht besonders groß – aber an den Wänden und der Decke voll mit Alabaster belegt und mit „erhabenen Bildern“ versehen. Kleopatra ist tatsächlich zu erkennen. Angeblich hat sie hier unten mit Marc Anton Isis und Osiris gespielt.

 

Übrigens – selbst Erich von Dänicken war in den Alabaster-Krypten von Dendera und hat darüber geschrieben. Allerdings – kein Wissenschaftler kann genau sagen, wofür die Krypten gebraucht wurden. Nun, ich war drin, kann’s auch mit Bildern belegen – aber es war nur eins von jenen Abenteuern, dass Ägypten für jemanden bereit hält, der zur rechten Zeit am rechten Ort ist, den rechten Geldschein passend hat und so abenteuerlich rumläuft wie Carsten Möbius oder der schon genannte Shane Enders, den ich in Ägypten vom textilen Outfit her etwas gedoubelt habe.

 

Und weil ich schon mal über meine kleine Ägypten-Abenteuer etwas erzähle - da gibt es noch verschiedene Räume im Ägyptischen Museum, wo man nicht mit der normalen Eintrittskarte hinkommt. Beispielsweise die Kammer mit den Königsmumien noch geschlossen. Anwar al Sadat hatte sie damals als Friedhof erklärt und für die Öffentlichkeit gesperrt. Nur Wissenschaftlern durften nach Auskunft eines Wärters hinein.

 

Ja, ich habe mich dann als „Doktor Henry Jones“ vorgestellt – und mein Pass war eine ägyptische 20-Pfund-Note – was damals ungefähr 10 Deutschmark entsprach. Allerdings musste ich mich noch zwei Mal bei anderen Kollegen als „Dr. Jones“ ausweisen – dann war ich drin in der Kammer, wo Ramses II und die anderen Könige des Reiches am Nil der Ewigkeit entgegen schlafen. Die Sache hat mich also nach damaligem Geld 30 Mark gekostet – heute kostet der offizielle Eintritt in die Mumienkammer 20 Euro extra zum eigentlichen Ticket. Und das Abenteuer hatte ich damals gratis. Denn wir mussten im Museum, das nicht zu viele andere Wärter aufmerksam würden und meinen „Pass“ sehen wollten, immer von Säulen gedeckt durch das ganze Gebäude huschen. Alles wie im Film – nur ohne Hut und Peitsche…

 

Also, nicht alles, was ich so schreibe, ist völlig erfunden. Viele Sachen haben einen wahren Kern und sind so oder so ähnlich tatsächlich passiert…

 

Zurück zu den Mumien und dem Geschäft, das man im 19 Jahrhundert damit machen konnte. So viele Mumien man auch insgeheim überall in verborgenen Gräbern oder in der Wüste fand, der Nachfrage war viel höher. Also musste man neue Mumien auf künstliche Art herstellen.

 

Das Verfahren, wie man die Körper mit Verfalldatum „Ewigkeit“ haltbar machen konnte, war ja bekannt. Und einige Personen im Trubel von Kairo, Alexandria oder sonstigen Städten beiseite zu schaffen, war im vorletzten Jahrhundert auch kein Problem. Es war ja die Zeit einer orientalischen Polizei und Gerichtsbarkeit, die von Karl May in seinen Romanen wirklich treffend beschrieben wird. Und aus eigener Erfahrung (wenn ich sie auch in Marokko gesammelt habe, als man mir mein Gepäck mitsamt meinem Reisepass geklaut hatte) weiß ich, dass es diese Zustände in islamischen Ländern heute noch gibt. Vielleicht nicht überall – aber ich würde so was nicht schreiben, wenn ich diverse Sachen in den Ländern des Korans nicht selbst erlebt hätte. Sicher wird die eine oder andere Episode dieser Art im Rahmen der Teestunde noch kommen.

 

Also, es wurden im 19 Jahrhundert von cleveren Geschäftsleuten aus unschuldigen Menschen, die irgendwo in dunklen Gassen umgebracht wurden, Mumien gemacht und mit gefälschten Zertifikaten an Privatpersonen nach Europa verschickt. Und natürlich stand auf diesem Zertifikat auch der Name eines recht prominenten Pharao. So was hat dann immer den Preis in die Höhe getrieben und viele englische Herrenhäuser haben solche „Pharaonen-Mumien“ in ihrem Kellern. Jedenfalls in Dorset, wo ich Verwandtschaft habe und mich recht gut auskenne. Allerdings – die jeweiligen Herrschaften wünschen nicht, dass das heute publik gemacht wird. Dennoch, einem „Writer of Horror-Tales“ konnte man so was schon mal erzählen. Logo, dass ich noch ein ungeschriebenes Expo für einen Frauen-Grusel dieser Art irgendwo rumliegen habe…

 

Ja, und diese nachgemachten Mumien war der Hintergrund meines Romans „Die Mumien-Macher von Memphis“. Mit Memphis ist hier nicht jene Stadt in Ami-Land gemeint, wo sich auch eine berühmte Grabstätte befindet, zu der die Leute pilgern, sondern die Hauptstadt des „Alten Reiches“ aus der Zeit der Pyramiden.

 

Die Hauptstadt „beider Reiche“ wurde schon im Mittleren Reich, in der große Pharaonen wie Ahmose oder Sesostris regierten, nach Theben in Oberägypten verlegt. Dennoch war Memphis in der Antike nicht vergessen und Pharao Haremhab hatte neben seiner Grabstätte im Tal der Könige auch noch ein zweites Grab in Memphis. Allerdings vielleicht aus der Zeit, als Haremhab dort Heerführer von Echn-Aton oder später Tut-ankh-Amun oder dem Priester Eje war. Denn Haremhab war der Sohn eines Käsemachers und hatte sich als Soldat bis nach oben in den höchsten Rang gedient. Und er erneuerte nicht nur das Reich von Grund auf, sondern ist auch der Urgroßvater von Ramses II.

 

Pauschaltouristen fahren Memphis im Rahmen einer Besichtigungstour der Stufenpyramide von Sakkara und der umliegenden Gräber an. Allerdings – außer einer Statue von Ramses II und einer kleineren Sphinx ist dort nichts mehr zu sehen. Natürlich liegen noch einige Steine dort. Aber alles andere Steinmaterial wurde im Mittelalter abgetragen und in den Häusern und Moscheen von Kairo verbaut. Also – in Memphis selbst ist außer dem „magischen Platz der Hauptstadt von Cheops, Chefren und Mykerinos“ so gut wie nichts zu sehen, was die Anfahrt lohnt.

 

Der Titel „Die Mumienmacher von Memphis“ stand, bevor ich mit Gedanken über die Ausführung des Exposès gemacht habe. Und dieser Titel gefiel Jürgen. Allerdings – dann kam seine „Vorgabe“.

 

Riesige alte Tempelruinen sollten es sein, in denen die Handlung spielte. Meine Erklärung, dass es so was in Memphis nicht mehr gibt, ließ der „Meister“ nicht gelten.

 

Es wäre ja keiner der Leser da gewesen und ich auch nicht. Woher ich das also wüsste. Und wenn schon, wen interessiert das, wie es heute in den fragmentarischen Ruinen von Memphis aussieht. Da kommt ja doch keiner hin.  

 

Es ist ja schließlich kein Sachbuch, was da geschrieben werden soll, sondern ein spannender Unterhaltungsroman. Und da kommt es nun mal nicht so drauf an, ob das alles so richtig ist. Hauptsache es geht rund und der Leser ist bis zur letzen Zeile von der Handlung gefesselt.

 

„Ich will das so haben!“ Punkt! Schluss! Aus! Der Pharao hat gesprochen. So soll man es schreiben, so wird es geschehen.

 

Ja, in gewisser Weise muss ich Jürgen ja recht geben – von seinem Standpunkt aus. Aber ich sah das damals alles nun mal anders – und ich sehe es heute noch so.

 

Aber wenn der Big-Boss seine Anweisung gibt oder der Herr Oberleutnant was befohlen hat, dann gibt es nur ein „Jawohl!“ Also saß ich da und grummelte vor mich hin. Was galt es nun zu tun? Meine Leser wussten, dass man meine Romane notfalls als Reiseführer verwenden kann und dass ich mir in dieser Hinsicht keine Fehler erlaube. Ich setze echten Ehrgeiz in die Sache, dass alles bis auf Details stimmt. Genau das unterscheidet mich ja vom echten Heft-Schreiber. Da kommt es nicht so richtig drauf an- Hauptsache – Spannung und Action stimmen.

 

Aber ich weiß genau, dass gerade diese Hintergrundarbeit in Sachen Geschichte oder Umgebung dafür gesorgt hat, dass ich bei einigen Lesern bis heute nicht vergessen bin und ich immer mal wieder alte Zamorras zum Signieren zugeschickt bekomme. Meine Adresse ist ja auf meiner Web-Seite einfach in Erfahrung zu bringen.

 

Und viele Leute sehen, wenn es sie dann selbst mal an die von mir beschriebenen Orte verschlägt, nach, ob ich alles richtig geschildert habe. Es gab sogar mal einen Leser, der den Zamorra-Roman „Geister-Party“ bei einem Besuch in London so benutzt hat wie weiland Heinrich Schliemann die „Ilias“ bei der Suche nach Troja.

 

Ich wusste in meinem damaligen Hotel, dem „Regent-Palace“ am Picadilly-Circus durch gewisse Beziehungen eine kleine, verschwiegene Räumlichkeit, in der man auch nach Einbruch der damaligen Sperrstunde um 23 Uhr noch problemlos Alkoholika jeder Art bekam. Und das ganze wurde mit Porno- und Erotik-Filmen garniert. Nicht gerade billig – aber was tut man nicht alles, wenn der Durst weh tut?

 

In jenem Zamorra hatte ich den genauen Weg links an der Rezeption vorbei, eine Treppe tiefer durch verschiedene Gänge bis zu einer Tür mit der Aufschrift „Washing-Room“ genau beschrieben. Und auch, dass man eben drei Mal klopfen müsste. Nun, der Zamorra-Leser war am Ziel seiner Wünsche und ich bekam über den Verlag einen Brief, die „Quelle sprudelt noch“. Heute ist die Sperrstunde um 23,00 Uhr in England aufgehoben und die „Quelle“ vermutlich mangels Nachfrage versiegt. Also, kein Abenteuer mehr für dich, lieber Leser, falls du mal nach London kommst…

 

Ja, wie zaubert man altägyptische Tempel in einer Wüstenlandschaft, in der kaum noch ein Stein auf dem anderen steht? Sollte es tatsächlich so sein, dass ich das erste Mal meinen Leser etwas bewusst Falsches schreiben sollte.

 

Doch dann hatte ich beim Schreiben einen Einfall. Der kam voll aus der Handlung, weil Roy de Voss, der Magier, und mein Alter Ego Shane Enders, der kanadische Weltenbummler und UFO-Sucher, zufällig in den Fragmenten von Memphis dem verborgenen Eingang zu einen unterirdischer Gang fanden. Es war dann im Verlauf der Handlung nicht nur ein Gang sondern ein ganzes Katakombensystem.

 

Nach den Erläuterungen im Roman hatte Pharao Cheops diese Gänge unter seiner Hauptstadt anlegen lassen, um seine Untertanen zu bespitzeln und unter Kontrolle zu halten. Man kann dann schnell mal eben eine Abteilung der Wache losschicken und den einen oder anderen Unzufriedenen festnehmen lassen. In den Bergwerken Nubiens wurden ja immer Arbeitskräfte benötigt, weil die Lebenserwartung mit maximal einem halben Jahr angegeben wurde.

 

Ja, und diese Gewirr von Gängen und Sälen ersetzte eben bei mir die Tempelruinen. Also das , was Jürgen auf der Erde haben wollte, unter der Erde. Und der Meister war zufrieden.

 

Ja, und dann war ich selbst in Ägypten und in den Ruinen von Memphis. Unser Reiseleiter war ägyptischer Archäologe und hatte an unter anderem an Ausgrabungen in Karnak teilgenommen, als man auf eine „Müllgrube“ des Tempels stieß, wo die Artefakte aufbewahrt wurden, die fromme Leute seinerzeit zwar den Göttern geopfert hatten, für die sich im Tempel aber kein Platz mehr fand. Also wurde immer mal was verbuddelt und den Leuten erzählt, die Götter hätten es abgeholt. Für Archäologen ist so eine „Müllgrube“ natürlich ein absoluter Glücksfall.

 

Es dürfte klar sein, dass mir dieser Ägyptologe einiges mehr erzählt und gezeigt hat als den normalen „Neckermännern“. Als ich ihm dann in Memphis von dem Roman mit den unterirdischen Gängen erzählte, zuckte er zusammen.

 

„Wann hast du den Roman geschrieben?“ wollte er wissen. Nun, das war so ungefähr 1983 gewesen – also fast zehn Jahre früher.

 

Und was mir der Archäologe dann unter dem Siegel der Geheimhaltung erzählte, hat mich echt umgeworfen.

 

Zwei Jahre vor meiner Zeit hat man unter der Fläche, auf der damals die Stadt Memphis stand, ein wahres Labyrinth an Gängen entdeckt, deren Größe und Ausmaß nicht abzuschätzen seien. In Fachzeitschriften habe ich bisher nur Andeutungen gefunden – es gibt in Ägypten so viel auszugraben, dass man es hier wohl macht wie in gewissen Gebieten von Pompeji oder Herkulaneum – man lässt es erst einmal zugeschüttet, bis die Mittel für eine ordentliche wissenschaftliche Untersuchung vorhanden sind.

 

Hätte mir sonst ein Reiseleiter das erzählt, dann hätte ich das Ganze als Ente angesehen. Aber einem von „Schliemanns Erben“ muss man da wohl vertrauen.

 

Also, nicht alles was von einem Schriftsteller erfunden wird, muss tatsächlich erfunden sein. Aber umgehauen hat mich das doch, dass eine von der Verzweiflung geborene Idee sich schlussendlich als Realität heraus stellte.

 

Womit wir mal wieder am Ende wären … und noch eine Ägypten-Episode übrig bleibt…die von den Mamelucken-Gräbern…wobei ich dann auch etwas mehr über Shane Enders erzähle.

 

Also, wie sagt man kleinen Kindern?

 

Noch sieben mal Schlafen…

 

Kommentare  

#1 Paul Panzer 2008-09-11 08:46
>Übrigens hat Uwe Schnabel für seine Exposés einen bestimmten Prozentsatz meines Honorars bekommen. Reine Freundschaftsdienste waren seine Bemühungen auch nicht. Aber in dieser Zeit ist er auch nicht gerade vom Schicksal mit Reichtum überschüttet worden ? und was bei Uwe viel Geld war, das war für mich seinerzeit keine Erwähnung wert.<

Hach, dafür (unter anderem) lieben wir dich! ;-)
#2 Christian Montillon 2008-09-11 11:10
Ich nehme mal dasselbe zitat wie paul panzer und habe eine frage: was will der dichter uns damit sagen? dass jemand, der exposes schreibt, dafür geld bekommt, ist ja wohl eine ziemlich normale angelegenheit, oder?
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"In jenem Zamorra hatte ich den genauen Weg links an der Rezeption vorbei, eine Treppe tiefer durch verschiedene Gänge bis zu einer Tür mit der Aufschrift ?Washing-Room? genau beschrieben. Und auch, dass man eben drei Mal klopfen müsste. Nun, der Zamorra-Leser war am Ziel seiner Wünsche und ich bekam über den Verlag einen Brief, die ?Quelle sprudelt noch?. "


HERRLICH!!! (ohne ironie jetzt)
#3 Harantor 2008-09-11 12:12
Rolf hat ja damals im Grund ein doppeltes Gehalt. Da brauchte er sich wegen der Schnabel-Abgabe nicht sonderlich aufzuregen... :-* :lol:

Und Christian: Du bist wohl von Perry Rhodan verwöhnt, nicht jeder Verlag zahlt für Exposés... ;-)
#4 Christian Montillon 2008-09-11 12:23
das weiß ich natürlich, harantor ... dennoch halte ich es für etwas völlig normales.

:-*

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