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Ein Abend bei Gaisbauers (Teil 8)

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, weiter geht’s mit dem Interview, dass es zum Nachtisch bei Gustav gab. Leg mal los. Der Tee ist serviert …

Ein Abend bei Gaisbauers (Teil 8)

Wir sind in unserem Interview bei dem damals von Franz Schröpf angesprochenen ›Heftroman-Fiasko‹. Wie wir ja heute wissen, ist das eine ›Unendliche Geschichte‹, deren letztes Kapitel noch lange nicht geschrieben ist. Aber es ist sicher ganz interessant, hier noch mal zu lesen, was damals schon von den ›drei Weisen von Helleb‹ darüber geredet wurde.


Es ist nicht nur deshalb interessant, W.K.Giesas damalige Einstellung zum Thema zu erfahren - die vielleicht nicht seine Einstellung am Schluss war, das werden wir nie so genau wissen, weil er ja seine Meinungen auch immer ›verlagskonform‹ äußern musste - sondern auch das der hochgeschätzte damalige und heutige Herausgeber des Zauberspiegels dazu sagte, der mit seiner Meinung ja gelegentlich ziemlich in der Kritik steht.

Vorher aber hatten wie die Thematik ›Leserkontakt-Seiten‹. Und wenn ich mich recht erinnere, wurde dazu mehr geredet - aber Werner hat das Interview ja so ›redigiert‹, dass er bei seinen Verlagen nicht in ›Erklärungsnotstände‹ kam. Nur die Meinungen von Hermann und mir sind völlig ›unplugged‹ wieder gegeben.

Um den Lesefluss des Interviews nicht unnötig zu zerstören, sei schon mal einiges vorab zur Thematik gesagt.

Leserkontakt-Seiten schafften eine Gemeinschaft der Leser und damit ein Fandom, in dem Gleichgesinnte sie sonstwo in Deutschland oder rund um den Erdball hausten Kontakte knüpfen konnten. Es ist nicht wie z.B. beim Western, wo es zwar regionale ›Country- and Western-Clubs‹ gibt, aber als normaler Western-Leser hat man kaum die Chance, über das Romanheft da Kontakte zu knüpfen.

Als wir in unserem Freundeskreis damals in Conan- und Gor-Begeisterung in den 70ern die ersten ›Barbaren-Feste‹ feierten und uns die ersten Schwerter kauften, dachten wir ja auch nicht daran, dass es da noch Gleichgesinnte gibt. Erst durch die Serie ›Dragon - Söhne von Atlantis‹ wurden wir ja durch die LKS und eine Werbeseite von FOLLOW darauf aufmerksam, das wir nur ein ›versprengtes Häufchen‹ von Sympathisanten waren. Die dann eben durch diese Leserkontakt-Seite schnell Zugang zur ›Szene‹ fanden. Das habe ich alles schon in diversen Teestunden erzählt.

Durch Leserkontakt-Seiten fand das SF-Fandom zusammen und der SFCD entstand - erst mal wie eine große Familie. Walter ›Clark Darlton‹ Ernsting bekam immer Glanz in die Augen, wenn er von diesen Zeiten erzählte. Was wäre Perry-Rhodan ohne die von Anfang an geführte LKS geworden, wenn die Leser hier nicht nur ein ›Forum‹ gefunden hätten, sondern wo auch ganz bewusst jeder Leser, den es interessierte, wissen konnte, wo was los war und wo was passierte. So konnte er dann auch mal als Mister Nobody auf einem Con erscheinen und ganz inkognito schnuppern gehen, ob das überhaupt was für ihn war.

In der letzten Teestunde brachte ich ja schon den Spruch: ›Von Perry Rhodan lernen heißt Auflagen steigern lernen! ‹ Als Werner und ich zusammen mit Manfred Weinland damals den Zamorra schrieben, haben wir bei Bastei Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um eine LKS für die Serie zu bekommen. ›Merlins Stern‹ oder ›Geisterstunde‹ sollte sie heißen - der eine Begriff wurde dann der Name für Stefan Bayerls erstes reines Zamorra-Fanzine - und der zweite Name wurde dann tatsächlich für die LKS genommen. Allerdings erst überraschend bei Band 500.

Vorher aber war Bastei zu unbeweglich. Auch wenn Werner und ich versprachen, die LKS honorarfrei zu führen, die Antwort des Redakteur war, es ›ginge einfach nicht‹. Und so mussten die damaligen Zamorra-Fans noch lange warten, bis sie ein gemeinsames Forum bekamen. Denn normalerweise rutschte man über die LKS von John Sinclair ins Fandom.

Um dem abzuhelfen und den Lesern, die keine ›fannischen Kontakte‹ hatten, anzusprechen, hatte ich in einigen Romanen Zamorra oder Nicole sagen lassen, dass man ja nur an eben jenen Stefan Bayerl zu schreiben brauchte, wenn man mit "Zamorra" selbst in Kontakt treten wollte. Das ist auch im Text drin geblieben - für den prüfenden Anwalt für Jugendschutzdinge war es nichts, was er beanstanden musste - und der Redakteur hat es vermutlich schlichtweg überlesen. Doch auf diesen Versuch, hier eine Art ›geheime Leserkontakt-Seite‹ zu schaffen brachte nichts. Kaum einer der unbedarften Leser hat sich gemeldet. Jedenfalls habe ich es mit diesen versteckten Hinweisen in PZ-Romanen dann sein gelassen.

R. Michael: Ich möchte ein Beispiel aus der Zamorra-Serie bringen. Ich habe, um Kontakt zur Fan-Szene zu bekommen (besser sagt, zum normalen Leser, der noch an die Bastei-Geschichte glaubte, dass Robert Lamont sehr zurück gezogen in einem alten Schloss in Frankreich wohnt und diese Romane schreibt) zwei Mal in Zamorra-Romanen die Adresse des Fan-Clubs von Stefan Bayerl eingebaut. In der Art, dass Professor Zamorra über seine Korrespendenz schimpft und seinen Briefpartnern den Kontakt mit diesem Fan-Club empfiehlt. Auf diesem Weg könnten sie mit ihm korrespondieren.
Auf diesem Weg gab es insgesamt nur 14 Zuschriften. Soviel zu den "normalen Heftlesern".
W.K.Giesa: Und das bei einer geschätzten damaligen Auflage von 20.000.

Über die Höhe der Zamorra-Auflage, die Jason Dark Hermann und mit mal im Vertrauen auf der Buchmesse sagte, habe ich mich an anderer Stelle ja schon ausgelassen. Wenn das richtig ist, was er uns damals sagte, dann hatte Werner zu diesem Zeitpunkt seit seiner alleinigen Arbeit die Verkaufsauflage schon um die Hälfte reduziert. Aber es war das von 24.000 Auflage die Rede die auf 12.000 runter gefahren war.

Doch da scheint es sich dann erst mal für die nächsten Jahre eingependelt zu haben. Und der Rückgang der Verkaufszahlen kann verschiedene Gründe haben. Die zahlreichen Horror-Serien auf den vielen TV-Kanälen, wo man nicht mehr lesen muss sondern alles augengerecht vorgesetzt bekommt, ist bei dieser Bewertung sicher eine große Komponente. Das hat nichts mit schlechten Romanen oder so zu tun - für viele Leser war es jetzt einfacher, das, was man sonst gelesen hat, als Spielfilm zu sehen - und das kostenlos.

H.H.v. Allwörden: Nein, am Tot-Reden alleine liegt es nicht. Der Heftroman hat Schwierigkeiten. Er wird in dieser Form in den nächsten 10 bis 15 Jahren verschwinden.
W.K.Giesa: Das ist vor allem zu bedauern, weil es eine sehr preiswerte Lektüre ist.
H.H.v. Allwörden: Nun, das Taschenheft ist preiswert, verglichen mit einem Taschenbuch, das nicht mehr unter 8,80 DM zu haben ist.
W.K.Giesa: Ein Heftroman kostet 2,00 DM , ein Taschenheft 3,50 DM. Allerdings hat das Taschenheft einen etwa 30 % größeren Inhalt.
R. Michael:  Schau dir das Projekt von Helmut Pesch an. Er wollte eine astreine, gute und preiswerte Fantasy-Heft-Reihe heraus bringen, für die Leute die wenig Geld haben. Er wollte hier eine Art von Fantasy bringen, die sonst nur im Taschenbuch veröffentlicht wird.
G. Gaisbauer: Er hat jedoch den Fehler gemacht, die Themen zu breit zu spannen.
R. Michael: Der erste Band hätte kein Märchenroman werden dürfen, sondern ein Action-Knüller im Conan-Stil. Die Reihe bewegte sich über dem Niveau des Heftlesers.

Darüber habe ich mich schon in früheren Teestunden genug ausgelassen. Die wirklichen und organisierten Fantasy-Fans haben die Serie ignoriert. Man war ja über Heft-Romane erhaben und außerdem konnte gute Fantasy nur aus den USA oder England kommen. Was man in diesen elitären Kreisen dann auch im Original lesen konnte. In der SF gab es diesen "elitären Kreis" in einem noch in viel größeren Umfang.

Sicher ist für »Bastei-Fantasy« der Schlusspfiff viel zu früh erfolgt. Ich sagte schon mal, dass angedacht war, nur noch die bei den Lesern beliebtesten vier Handlungen laufen zu lassen und höchstens mal gelegentlich einen einzelnen abgeschlossenen Band einzufügen. Ich war bereits dran, Werners »Tempel der Schatten« für das damalige Konzept ›Straße der Götter‹ zu bearbeiten - besser gesagt, neu zu schreiben, weil es manchmal besser ist, eine Fehlkonstruktion einzureißen und neu zu bauen.

Den Roman »Tempel der Schatten« hatte Helmut ja angekauft, ohne ihn gelesen zu haben. Das war nichts ungewöhnliches, weil W.K.Giesa ein etablierter Autor des Bastei-Verlages war. Und immerhin sind die Romane von Walter Appel über ›Morgana - die schwarze Rose‹ ja auch problemlos übernommen worden - und diese Romane kann ich wirklich empfehlen.

Werners zweiter Band »Die Sturmrösser von Khe-She« ging dann als für diese Serie völlig ungeeignet zurück. Richtige Fantasy war nicht Werners Sache - der wurde dann gut, wenn er Raumschiffe fliegen lassen konnte - möglichst Ring-Raumer wie Ren Dharks ›Point-Of‹. Werner konnte zwar Action und ›Prügel-Opern‹ schreiben - aber das magisch-mystische, was bei einem guten Fantasyroman dazu gehört, das war einfach nicht seine Sache.

Diese beiden Fantasy-Romane W.K. Giesas sind auch in der Festschrift zum 500sten Zamorra in der Original-Form. Für den Zamorra hat er die Romane leicht verändert und eingepasst - ähnlich wie Werner ja aus nicht mehr veröffentlichten Magier-Romanen dann Zamorra-Romane gemacht hat. Und auch die Handlung unseres Magier-Films wurde als Zamorra-Roman recykelt.

Nun ja, hin ist hin - und ihr könnt wenigstens im Zauberspiegel meine alten Fantasy-Romane aus der Bastei-Serie noch mal nachlesen - wenn auch in neuer Fassung als »Chrysalitas - Die Adamanten-Welt«. Machen wir mal beim Interview weiter.

H.H.v. Allwörden: Der Tod des Heftromans wird in kleinen Zirkeln diskutiert. Der normale Leser, der Woche für Woche zum Kiosk geht, bekommt davon doch überhaupt nichts mit.
Franz Schröpf: Am Beispiel des Pabel-Verlages bekommt man aber den Eindruck, dass das Totreden zwar nicht auf die Leser wirkt, aber sehr wohl auf die Verlagsleiter. Denn es sind doch offenbar Pabel-Serien eingestellt worden, die ebenso gut noch hätten weiter laufen können, wenn sich der Verlag mit einer etwas geringeren Gewinn-Marge zufrieden gegeben hätte.
H.H.v.Allwörden: Die Entscheidung über die Serieneinstellung fiel nicht in Rastatt bei Pabel sondern in Hamburg beim Mutterkonzern Bauer. Bauer ist ganz andre Umsatzzahlen gewöhnt als Pabel. Wenn man beispielsweise die "Quick" mit einer Auflage vom 700.000 einstellt und stattdessen ein Blatt in der Art von "Super-Illu" auf den Markt wirft, das Anzeigen-Kunden anzieht, braucht man sich über Heftromaneinstellungen nicht mehr zu wundern.
W.K.Giesa: Hier muss ich wieder einen ehemaligen Zauberkreis-Redakteur zitieren - "Wir schreiben für die Dummen".

Was ich von mit aus immer angezweifelt habe. Der Leser eines Romanheftes ist meiner Meinung nach durchaus nicht ungebildet oder kommt gerade mit der Qualität eines Schulaufsatzes klar. Wäre er ›dumm‹ würde er nicht lesen - oder höchstens die Bild-Zeitung, weil man da viel Papier mit wenig Text hat - und es doch so toll aussieht, wenn man eine richtige große Zeitung liest. Man ist immer im BILD - und BILD bildet ... ahem.

Die Leute, die ich damals auf Cons getroffen habe, waren alles andere als dumm. Wenn ich den ganzen Tag hart arbeite, dann habe ich Abends keine Lust, mit dann auch noch ›Weltliteratur‹ zu Gemüte zu führen, wo ich jede Seite drei Mal lesen muss, um sie halbwegs zu begreifen.

Für mich waren, was Stil und Form meiner Storys anging, immer die Leute wichtig, mit denen ich schriftliche Kontakte hatte oder mit denen ich mich auf Cons unterhalten konnte. Sie mochten diese Art Grusel-Action Geschichten nun mal. Und sie wollten bei aller Action in der Handlung auch ein paar außergewöhnliche Dinge darin haben. Genau für diese Leute habe ich geschrieben - und schreibe inzwischen wieder für sie.

Und deswegen stoppen wir hier erst mal wieder - denn ich muss mal wieder dran gehen, mit Visionia etwas Vorlauf zu bekommen. Deswegen ist diesmal der Tee bereits am Sonntagvormittag gekocht ... während ich sonst meistens Mittwochs so ab 19 Uhr anfange ... weil dann nämlich von Witzenhausen herüber die Peitsche knallt.

Alsdann viel Spaß in Visionia ... und es sei mal gestanden, als ich das Kapitel davor beendet hatte, wusste ich selbst nicht, wie ich meine Helden da raus holen sollte. Inzwischen weiß ich es ... nur nicht, wie sie die Gefahren meistern sollen, in denen sie sich jetzt befinden.

Deswegen musste die Teestunde vorgezogen werden, weil ich unbedingt wissen will, wie es in Visionia weiter geht.

Ach ja, nächsten Sonntag könnt ihr euch dann mit einer Kerze vor den Spiegel stellen. Zweiter Advent in Schottland ...

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