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Ein Abend bei Gaisbauers (Teil 10)

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, der Abend bei Gaisbauers ist noch nicht zu Ende. Es geht weiter. Der Tee ist serviert …

Ein Abend bei Gaisbauers (Teil 10)

Faszinierend, was die letzte Teestunde für eine Reaktion hervor gerufen hat. Leider ist jene Person, die meinen Satz im Kasseläner Dialekt aufgegriffen hat, dass »disses ahle Mährmull moh de Schnudde hahlen« soll von anderen Lesern überstimmt worden.

Ich weiß, er wollte mir einen Gefallen tun - dass ich meine Teestunden-Erzählungen beendet hätte.


Auf diese Weise hätte dann wieder etwas mehr Zeit für andere Dinge gehabt. Aber es gibt eben noch genug Leute, die verschiedene Dinge im Zusammenhang wissen wollen und nicht in fast fünf Jahren Teestunde kramen wollen, was denn der Grund zu den Ereignissen war.

Also behalten wir unser Plauder-Stündchen auch gegen den erklärten Willen eines - oder vielleicht auch mehreren Lesern - des Zauberspiegel bei. Wem es nicht gefällt oder auf diese Dinge auf die Nerven gehen, dem kann ich nur mit den Worten von Hans Sachs aus den »Meistersingern von Nürnberg« sagen: »Mein Freund, s' ist Euch nicht aufgezwungen!«  
 
Jeder liest und macht das, was er am liebsten macht. W.K. Giesa war beispielsweise überzeugter Heftroman-Autor und erklärte damals immer, er würde »am liebsten Roman-Hefte machen«. Wie sagte Helmut Pesch, als »Bastei-Fantasy« damals eingestellt wurde und sich sein Wunsch erfüllte, aus den ›Heften‹ in die ›Taschenbücher‹ und etwas später in die ›Hardcover‹ rein zu kommen. »Werner Kurt Giesa und ich haben beide unser Ziel erreicht. Ich mach Taschenbücher und Hardcover. Und er macht weiter Hefte!«

So ist das bei mir inzwischen auch. ›Visionia‹ hätte zwar mit einigen Umstellungen auch das Zeug zu einer langen, wenn auch befristeten Heft-Serie gehabt - aber so, wie ich die Gedanken jetzt ausarbeiten kann, wäre es für das Roman-Heft zu anspruchsvoll. Und so sehe ich eigentlich das derzeitige Zamorra-Konzept. Roman-Hefte, um die normalerweise ein fester Umschlag gehört.

Für Neueinsteiger ist der Zamorra meiner Meinung nach zum derzeitigen Zeitpunkt sehr kompliziert. Doch gibt es ab Band 1.000 die Chance, wie bei »Maddrax« jedem Band eine halbe Seite voran zu setzen, aus dem auf kurze, einprägsame Art und Weise das Große und Ganze der Handlung erkennbar ist. Und zwar der aktuellen Handlung - also das, was der neue Leser in diesem Roman zu lesen bekommt, ohne sich mit dem für diese Handlung wichtigen Roman mit dem Wissen der ganzen Serie zu belasten.

Ich hatte das mit Werner damals schon vorgehabt, um die ständigen Wiederholungen im Text zu vermeiden, die der Stammleser überlesen muss, weil sich gebetsmühlenartig immer alles wiederholt. Zumal solche für den Stamm-Leser der Serie, was die Gestaltung und Dramatik an geht, »fahrende Züge aufhält«, wie Dan Shocker das einst nannte.

Damals wurde diese Idee vom Redakteur genau so als undurchführbar abgelehnt wie die Leser-Kontaktseite, die W.K. und ich anboten, ohne Honorar zu machen. Aber heute steht mit Susanne Picard jemand auf der Kommandobrücke, der sich für die Zamorra-Serie engagiert und diese eigentlich alten Gedanken aufgreifen wird. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist das eine gute Möglichkeit, Neu-Lesern den Einstieg zu erleichtern. Aber man soll dem Kapitän nie vorschreiben, welchen Kurs er zu steuern hat.

So, und jetzt nach diesem langen Präludium gehen wir "in medias res" mit unserem Interview ...

W.K.Giesa: Völlig geschlossen wurde übrigens der Marken-Verlag, weil der Verleger keine Rentabilität mehr sah. Bauer wollte ursprünglich auch Kelter aufkaufen, wobei das Kartellamt sein Veto einlegte. Pabel kaufte dann nur den Vertrieb von Kelter, wobei aber das Kartellamt die Auflage machte, dass dieser Vertrieb nicht in die neuen Bundesländer gehen durfte.
Interessant ist auch, was die Fortsetzung von "Ren Dhark" betrifft. Gerhard Melchert junior vom Kelter-Verlag war drauf und dran, zu einem Treffen nach Frankfurt zu fahren, zu dem auch Kurt Brand aus Italien kommen wollte, um über eine Weiterführung zu sprechen. Wo gibt es das normalerweise, dass der Verleger zum Autor kommt?
Er wollte auch ein Rahmen-Exposè eines österreichischen Jungautors bringen, das aber allem Anschein nach für höchstens sechs Romane ausgereicht hätte. Ich arbeitete dann zusammen mit Heike ein Exposè aus, das bei Melchert junior Gnade fand. Ich war als Allein-Autor vorgesehen und bei einer vierzehntägigen Erscheinungsweise hätte ich das neben meinen anderen Verpflichtungen auch noch bewältigen können. Kurt war nämlich gesundheitlich nicht mehr in der Lage zu schreiben.

Bei diesen Exposè eines österreichischen Jung-Autors vermute ich, dass Werner da eine Weiterführung von Ren-Dhark meint. Das wäre aber nicht nötig. Denn und allen von der Tafelrunde hat Kurt Brand erklärt, dass er schon grobe Skizzen für eine Weiterführung von Ren Dhark gemacht habe. Wir von der ›Tafelrunde von Helleb‹ haben damals in Kalter das Exposè auch zu Lesen bekommen (das später nicht im Nachlass war). Kurt hatte nach seinen Angaben bis Band 600 (grob) geplant. W.K.Giesa kannte auch dieses Exposé.

Mehr kann ich zu Werners Worten dort nicht sagen - aber wenn man ein Konzept von Kurt Brand vorliegen hat, ist es sicher nicht notwendig, da noch jemanden anders zu bemühen. Wenn ich das damals so recht mitbekommen habe, dann hat Werner für die Hard-Cover-Ausgabe von Ren-Dhark die Ideen Kurt-Brands für die Weiterentwicklung mit einfließen lassen. Aber als die Hard-Cover geplant wurden, war an eine Neuauflage der Hefte schon lange kein Gedanke mehr.

Weiter mit Werners Ausführungen ...

Nach diesen Absprachen war Gerhard Melchert zwei Wochen lang nicht mehr zu erreichen. Ich erhielt keine schriftlichen Antworten. Am Telefon wurde ich abgewimmelt. Am Ende kam ein Brief: "Wir haben uns nach reiflichem Überlegen entschlossen, die "Ren-Dhark"- Serie doch nicht fortzusetzen". Das war genau die Zeit, in der Pabel den Kelter-Vertrieb aufkaufte.
H.H. v. Allwörden: Das war aber wohl nicht der Grund, warum es keine vierte Auflage gab. Die dritte Auflage von "Ren Dhark" hatte nämlich am Schluss eine Remissions-Quote von 80 Prozent.
W.K. Giesa: Weil es alte Hefte waren. Man kann innerhalb von zwanzig Jahren eines Serie nicht dreimal auflegen.
Franz Schröpf: Walter A. Fuchs, ein ehemaliger Mitarbeiter von Pabel, erzählte mir seine Theorie für das Serien-Sterben bei diesem Verlag.
Man hatte überprüft, welche Serie den wenigsten Gewinn abwarf beziehungsweise Verluste machte und stellte sie ein. Weil sich aber die Gesamt-Fixkosten (wie etwa vom Redaktions-Stab) nicht verminderten, mussten die Fixkosten nun unter weniger Serien aufgeteilt werden, wodurch wieder weitere Serien in die Verlustzone rutschten.
Diese wurden ebenfalls eingestellt. Die Kosten pro Serie stiegen erneut. Weitere Serien mussten eingestellt werden. Und so weiter - bis zum völligen Ende.

Dem sucht man vermutlich bei Bastei jetzt mit den Außen-Lektoren entgegen zu wirken. Beim Zamorra war das so, dass erst W. K. Giesa für ein gewisses Honorar die Redaktions-Arbeit übernahm - und Susanne Picard, diese Arbeit übernommen hat. Und auch von zu Hause aus. Das spart die Kosten für die Einrichtung eines Büros und die sonstigen laufenden Kosten eines festen Arbeitsplatzes im Verlag.

Und ich denke, dass die Arbeitsverträge mit dem, was früher den ›Redaktions-Stab‹ darstellte, so angelegt sind, dass sie mit dem Zeitpunkt enden, mit dem eine Serie eingestellt wird - und bei einer evtl. Nachfolge-Serie ein neuer Vertrag geschlossen wird.

So würde ich es als ›Geschäftsmann‹ machen - und die Leute in der kaufmännischen Abteilung des Bastei-Verlages kennen sich in diesen Dingen garantiert viel, viel besser aus. Was also, um beim Zamorra zu bleiben, bedeuten würde, dass bei einer Einstellung nicht nur die Autoren sehen müssten, wie sie ihre Auftragsblöcken voll bekommen, sondern dass auch Frau Picard sich nach einem neuen Arbeitsbereich umsehen müsste. Denn das kaufmännische Geschäft mit ›Soll‹ und ›Habe›‹ ist gnadenlos und die Zeiten, in denen es sich ein Verlag leisten konnte, langjährige Autoren zu halten, die nicht mehr so recht beim Leser ankamen sind lange vorbei. Zauberkreis und auch Bastei hatten damals den Ruf, eine ›große Familie‹ zu sein, wo man sich gegenseitig half und wo keiner fallen gelassen wurde.

Das ist alles Vergangenheit. Die Winde im Geschäft wehen rau und eisig und im ›Überlebenskampf‹ ist sich jeder selbst der Nächste. Gut, dass ich da raus bin. Das Ruhestands-Gehalt reicht zum Leben und mit ›Visionia‹ erzähle ich mir und euch noch mal eine Geschichte. Auch, wenn sie ›nur‹ im Internet und ohne Honorar erscheint - ›Schriftsteller‹ kann ich mich (auch aufgrund der früheren Veröffentlichungen) schon noch nennen...

Gustav Gaisbauer: Nach diesem System wird auch die Deutsche Bundesbank saniert.
W.K. Giesa: Ein schlauer Mann. Man nannte ihn nicht umsonst den "Spar-Fuchs". Er ist jetzt bei Burda, wenn ich mich recht entsinne.
Franz Schöpf: Aber für das große Horror-Heftroman-Sterben muss es wohl andere Gründe geben. Schließlich wurden auch zuhauf Serien anderer Verlage eingestellt. Hat die Zensur daran einen Anteil?
R. Michael: Bei "Dr. Morton" ganz eindeutig. Aber das ist eher ein Einzel-Phänomen, ähnlich wie bei der Einstellung der Erstauflage vom "Dämonen-Killer".
H.H. v. Allwörden: Als aber 1985/86 die große Einstellungswelle kam, war der Jugendschutz schon nicht mehr beteiligt. Er hatte inzwischen bessere Betätigungsfelder gefunden wie Video-Filme oder Computer-Spiele. Die große Zeit des Jugendschutzes im Heftroman endete1983 als A.F.Morland den Ausspruch tat: "Wir können nur noch Märchen schreiben".
1985/86 hatte dann bei Pabel der Tod von Müller-Reimann großen Anteil bei den Einstellungen. Bei Bastei ging nur "Der Hexer" über den Jordan, weil er nicht mehr gut genug lief. Dafür erzielen jetzt die Nachdrucke von Wolfgang Hohlbein im Taschenbuch Spitzen-Auflagen.

Klar, die ›Hexer-Hefte‹ erschienen unter dem Pseudonym ›Robert Craven‹ genau so wie W. Hohlbein andere Horror-Romane und Phantastik unter ›Henry Wolf‹. Auch die »Waldkönig«- Trilogie bei »Bastei-Fantasy« lief nicht unter W. Hohlbein - sondern das musste der ›Henry Wolf‹ noch mal ran. Sicher geschah das, weil W. Hohlbein, das »Flaggschiff der deutschen Fantasy«, annehmen musste, dass die Leser seiner Hardcover- und Taschen-Bücher sich von einem Autoren abwenden würden, der mal diese ›anrüchigen Groschen-Romane‹ geschrieben hat, die eine elitäre literarische Clique heute noch als ›Schund- und Schmutz-Literatur‹ bezeichnet.

Dass aus vielen Henry-Wolf-Romanen dann mit etwas Bearbeitung achtbare Hohlbein-Romane geworden sind, wissen ja nur Leute, die sich etwas näher mit dieser Art Literatur beschäftigen. Ansonsten gilt der berühmte Spruch: »Das macht doch nichts. Das merkt doch keiner!« Ich bin mal gespannt, ob Wolfgang Hohlbein in der Fernseh-Doku im Januar auch über seine Zeiten als Heft-Autor etwas erzählen wird.  

R.Michael: Und die Serie "Tony Ballard" wurde eingestellt, weil sich der Autor A.F.Morland mit dem Bastei-Verlag nicht über das Honorar einigen konnte.
Gustav Gaisbauer: Er schreibt jetzt Kriminal-Kurzgeschichten, an denen er offenbar besser verdient.

Ganz sicher. Nachdem was ich so gehört habe, hatte man damals für drei bis fünf Manuskriptseiten Kurz-Krimi oder Love-Beziehungs-Story (je nach Art des Illustrierten) ungefähr ein Drittel des Honorars von eine Romanheft - das ungefähr 90 Manuskriptseiten haben muss. Wie viel Geld das war? Über Honorare herrscht in der Branche die gleiche Schweigepflicht wie bei den Freimauren über Losungsworte und Zeichen.   

Gustav Gaisbauer: Und warum erscheinen jetzt wieder "Tony-Ballard"-Romane innerhalb von "Dämonen-Land"?
H.H.v. Allwörden: Weil es immer noch eine Stammleserschaft für diese Serie gibt.

Danach gibt Gustav Gaisbauer dem Interview eine anderes Thema. Es geht das speziell um W.K. Giesa als alleiniger Autor der Zamorra-Serie. Deshalb halten wir hier erst mal inne...

...und vor nächstem Samstag werde ich keine neue Teestunde anfangen. Falls es am nächsten Freitag doch passiert und es den großen ›Bang‹ gibt, habe ich dann wenigstens nichts für die Katze geschrieben.

Wenn das aber nicht passiert - dann wünsche ich allen ein ›Good Jul‹ zur Winter-Sonnenwende - denn die findet auf jeden Fall statt - genau am Tag des ›Weltuntergangs‹.

Und dann - für die einen »Ein frohes, gesegnetes und gnadenreiches Weihnachtsfest« und für die anderen einfach »Frohe Fresstage«.

Bis - inch Allah - nächste Woche ...

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