Versunkenes, Sagen und Glocken
Versunkenes, Sagen und Glocken
Rungholt ist jedoch während des 14. Jahrhunderts in einer gewaltigen Sturmflut untergegangen, der ›Groten Manndränke‹ - und mit einem ein späteren Exposè ›Mann-Dränke‹ habe ich mir das Thema Rungholt auch noch mal für einen Roman vorgenommen. Das Konzept gibts dann irgendwann auch mal zu lesen.
Zuerst aber wollte ich ›Vineta‹ bringen. Durch die noch nicht lange zurück liegende Deutsche Einheit hoffte ich hier, Interesse zu finden. Auch evtl. bei den ehemaligen DDR-Verlagen, weil ein Roman über Vineta ja gleichzeitig ein Werbe-Roman für die Insel Usedom ist. Ich nahm mit die Sagen von Vineta vor - und stellte fest, dass es zwei Sagenkreise gab. Eine der Sagen hat den Hintergrund das Mittelalter und Vineta wird mit der Stadt Wollin in Verbindung gebracht - und sicher eine historische Grundlage hat. Dieser Zweig der Sage musste Jahre später noch mal für ein zweites Vineta-Konzept herhalten. ›Die Glocke von Vineta‹ hat mir dem nachfolgenden ›Gold von Vineta‹ nur das gemeinsam, was die Sage erzählt.
Der zweite Sagen-Kreis verlegt Vineta in die Zeit Karls des Großen - und das erschien mir für einen Fantasy-Roman die bessere Zeit. Also dann auf in die Fantasy-Welt der Deutschen Sage. Aber das war noch die Zeit, wo es bei Verlagen hieß, das Deutsche eben keine Fantasy schreiben können. Und wie ich irgendwo gelesen habe, hat sich ein Autor schon des Themas Vineta angenommen. Was also sollte mich abhalten, dieses Uralt-Konzpt euch zu Lesen zu geben.
Das Gold von Vineta
Moin Rolf, heute geht es um das ›deutsche Atlantis‹ Vineta. Lass mal lesen, was Dir dazu eingefallen ist …
Versunkene Inseln, Sagen und Meer
Was bringt man als Fantasy, wenn man absolut nicht das machen will, was alle machen. Das berühmte Ei des Kolumbus meinte ich gefunden zu haben mit dem Versuch, aus bekannten und unbekannten deutschen Sagen Fanta-sy-Romane zu machen.
Die beiden versunkenen Städte Runhgolt und Vineta hatten mich schon im-mer fasziniert. Rungholt ist jedoch während des 14. Jahrhunderts in einer ge-waltigen Sturmflut untergegangen, der ›Groten Manndränke‹ - und mit einem ein späteren Exposè ›Mann-Dränke‹ habe ich mir das Thema Rungholt auch noch mal für einen Roman vorgenommen. Das Konzept gibts dann irgend-wann auch mal zu lesen.
Zuerst aber wollte ich ›Vineta‹ bringen. Durch die noch nicht lange zurück lie-gende Deutsche Einheit hoffte ich hier, Interesse zu finden. Auch evtl. bei den ehemaligen DDR-Verlagen, weil ein Roman über Vineta ja gleichzeitig ein Werbe-Roman für die Insel Usedom ist. Ich nahm mit die Sagen von Vineta vor - und stellte fest, dass es zwei Sagenkreise gab. Eine der Sagen hat den Hintergrund das Mittelalter und Vineta wird mit der Stadt Wollin in Verbindung gebracht - und sicher eine historische Grundlage hat. Dieser Zweig der Sage musste Jahre später noch mal für ein zweites Vineta-Konzept herhalten. ›Die Glocke von Vineta‹ hat mir dem nachfolgenden ›Gold von Vineta‹ nur das gemeinsam, was die Sage erzählt.
Der zweite Sagen-Kreis verlegt Vineta in die Zeit Karls des Großen - und das erschien mir für einen Fantasy-Roman die bessere Zeit. Also dann auf in die Fantasy-Welt der Deutschen Sage. Aber das war noch die Zeit, wo es bei Verlagen hieß, das Deutsche eben keine Fantasy schreiben können. Und wie ich irgendwo gelesen habe, hat sich ein Autor schon des Themas Vineta an-genommen. Was also sollte mich abhalten, dieses Uralt-Konzpt euch zu Le-sen zu geben.
Das Gold von Vineta
Vorbemerkungen
Versunkene Kontinente oder Städte haben die Phantasie der Menschheit schon immer an-geregt und beflügelt. In der klassischen wie der modernen Fantasy werden Handlungsrah-men immer wieder auf Atlantis, Mu, Lemuria oder ähnliche legendäre Reiche bezogen. Das sind Themen, die sicher noch Generationen von Autoren dazu bewegen, den Untergang von Atlantis nachzuempfinden.
Der Überlieferung nach besitzt Deutschland selbst zwei mehr oder weniger bekannte sa-genhafte versunkene Städte. Doch während man Rungholt recht gut als ehemalige Hafen-stadt zwischen der nordfriesischen Inseln Pellworm und Nordstrand lokalisieren kann, und es auch bekannt ist, dass sie am 16. Januar 1362 bei der ‘Groten Manndränke’ unterge-gangen ist, liegt über dem in der Ostsee versunkenen Stadt Vineta der Schleier geheim-nisvoller Legenden.
In den deutschen Sagen-Büchern finden sich zum Vineta-Thema (wenn überhaupt) nur wenige Zeilen. In einem volkstümlichen Lied der 50er Jahre, das heute vergessen ist, wur-de die ‘Glocke von Vineta’ besungen, die bei einem Seemanns-Begräbnis aus der Tiefe heraus zu läuten beginnt.
Der ehemalige Standort Vinetas kann nur aus der Überlieferung heraus bestimmt werden. In der heutigen Zeit versuchen immer wieder Wissenschaftler, die versunkene Stadt an verschiedenen Orten der Ostsee zu lokalisieren. In den Sagen-Büchern heißt es, dass die Stadt vor oder auf der Insel Usedom gelegen habe.
Doch ist dem Autoren nicht bekannt, ob man jemals ernsthaft versucht hat, die Fundamen-te Vinetas dort zu finden oder ob man sich überhaupt mit den Möglichkeiten der modernen Unterwasserarchäologie jemals auf die Suche nach der versunkenen Legenden-Stadt ge-macht hat. Gleichwohl hat es bereits in den 30er und 50er Jahren dieses Jahrhunderts ernsthafte wissenschaftliche Versuche gegeben, das versunkene Vineta zu finden.
Auf der benachbarten Insel Wollin, die bereits zu Polen gehört, förderte man bei Grabun-gen die Reste einer Handelsstadt zutage, die Ende des 12 Jahrhunderts zerstört wurde. Nach der Überlieferung habe diese Stadt Julin geheißen. Andere Namen der Überliefe¬rung sind Jumne oder Jumneta, was auf Vineta hindeutet.
In dieser Übersetzung bedeutet der Name Vineta ‘Wendenstadt’ und sie ist angeblich zwar im Mittelalter, aber in diesem Landstrich dennoch in vorchristlicher Zeit von nordischen Seefahrern zerstört worden. Diese radikale Zerstörung muss den Menschen so vorgekom-men sein, als sei die Stadt in den Fluten versunken.
In der Chronik des Bischofs Adam von Bremen ist ein aufschlußreicher Hinweis zu finden, der sich in den Fakten der Sage nie¬dergeschlagen hat. Dort heißt es:
„Hinter dem Gebiet der Wilzen trifft man auf die Oder, den reichsten Strom des Slawenlandes. Wo sie an ihrer Mündung in Skythenmeer fließt, da bietet die sehr berühmte Stadt Jumne einen vielbesuchten Treffpunkt. Es ist wirklich die größte von allen Städten, die Europa birgt. In ihr wohnen Slawen und andere Stämme, Griechen und Barbaren. Auch die Fremden aus Sachsen haben Niederlassungsrecht erhalten, wenn sie auch während ihres Aufenthaltes ihr Christentum nicht öffent-lich bekennen dürfen. Die Stadt ist angefüllt mit Waren aller Art des Nordens, nichts Begehrenswertes oder Seltenes fehlt. Hier steht auch ein ‘Vulkantopf’ (sicher ein Leuchtturm) und die Einwohner sprechen vom griechischen Feuer.“
Soweit Adam von Bremen, der hier eindeutig den Einflußss einer griechischen Kolonie un-terstreicht. Tatsächlich gibt es mehrere Varianten der Vineta-Sage.
Die Vineta-Sage geriet wegen der knappen Quellen mehr oder weniger in Vergessenheit. Doch nach der deutschen Vereinigung bietet es sich förmlich an, die alte Legende, die sich durch vorhandene und nachempfundene Fakten historisch bis zu einem gewissen Grade untermauern lässt, als Grundlage für einen ebenso romantischen wie auch abenteuerlichen Fantasy-Roman zu benutzen.
Die Handlung
Welfo, der Sachse, Wulfegars Sohn, ist auf der Flucht vor den Häschern der Franken. Ob-wohl auch er nach Herzog Widukinds ‘Bekehrung’ (zwangs)getaufter Christ ist, hat er heim-lich die Götter seiner Ahnen weiter verehrt.
Als der fränkische Graf deshalb nicht nur seinen Hof niederbrennen ließ, sondern auch noch seine Frau schändete und tötete, erschlug er ihn und ist jetzt vogelfrei. Er weiß die fränkischen Häscher auf seiner Spur und flieht über die Elbe ins Land der Abodriten. Doch dieses Volk ist mit Karl dem Großen verbündet und die Nachricht von seiner Tat und seiner Flucht dringt schneller durch die Wälder, als Wulfegar laufen kann.
Der Roman beginnt mit einer Verfolgung Welfos durch die Schergen des fränkischen Gau-grafen, die von Abodriten durch die unbekannte Landschaft geführt werden. Doch während der wilden Jagd durch die unwegsame Wälder und Sümpfe des heutigen Mecklenburg er-kennt Welfo, dass nicht er das menschliche Wild ist, das sie hetzen.
Da ist ein hochgewachsener Mann im beginnenden Greisenalter, der verfolgt wird. Welfo eilt diesem Mann zu Hilfe und geemeinsam gelingt es den beiden Kämpfern, ihre Verfolger nach hartem Gefecht auszuschalten (Einstiegsszene). Mit dem verwundeten Greis erreicht Welfo die Hütte einer alten Waldfrau, die ihm von den Stadt Vineta erzählt, wo noch die alten Götter wohnen. Dorthin soll er ziehen.
Der alte Mann, der sich Welfo als Friedemuth, der Chatte, vorstellt, ist niemand anderes als Karl der Große selbst, der hier auf der Jagd einem heimtückischen Anschlag auf sein Le-ben entkommen ist. Die Hintergründe des Anschlages werden in der Handlung nicht be-sonders erklärt, denn die Erzählung von Vineta reizt auch die Abenteuerlust des Kaisers, der diese Stadt unbedingt sehen will.
Wenn es tatsächlich so sagenhafte Reichtümer in Vineta gibt, wird er sie mit seinen Fran-ken überfallen und erobern. Wenn es um Reichtümer ging, wusste Karl immer schon das Angenehme (d.h. für ihn, Krieg führen) mit dem Nützlichen (Beute machen) zu verbinden. Die Tatsache, dass die Bewohner von Vineta im Heidentum verharren, genügt ihm, einen Krieg vor seinem fränkischen Heerbann zu verantworten.
Die Wunde ist jedoch zu schwer, als das der Kaiser sich Welfo anschließen könnte, der freimütig erzählt, warum er den Frankengrafen erschlug. Karl bittet Welfo, eine Spur durch die Wildnis zu legen, der er folgen kann. In der Stadt Vineta wollen sie dann wieder zu-sammen treffen. Welfo verspricht, in gewissen Abständen mit seiner Axt Rinde von den Bäumen zu schlagen, so dass man seinen Weg erkennen kann.
Tagelang wandert Welfo in der angegebenen Richtung durch Wälder und Sümpfe des heu-tigen Mecklenburg. Als er endlich in der Ferne staunend die in dieser Gegend ungewöhnli-che Akropolis von Vineta sieht, wird er von Wenden angegriffen und nach hartem Kampf überwältigt. Wie ein gefangenes Tier wird er fortgetragen und nach tagelangem Marsch und stürmischer Überfahrt zur heutigen Insel Rügen gebracht.
Am heutigen Kap Arkona ist das größte Heiligtum der Wenden-Völker, der Waldtempel der Swantewit. Diese Gottheit hat vier Gesichter, eingeschnitten in einen aufrechten, vierecki-gen Balken, der im Zentrum des Haines steht. Darum sind Weihegeschenke in Form von Skulpturen, Vasen oder Waffen gestreut. Doch alle diese Votivgegenstände sind aus pu-rem Gold gefertigt. So jedenfalls erzählt es ihm das dänische Wikinger-Mädchen, das sein Schicksal teilen soll. Denn beide sind ausersehen, zu Ehren von Swantewit zu sterben.
Hergard, so ist der Name des Mädchens, kam als Magd im Gefolge eines verbannten Dä-nenfürsten in dieses Land, der entgegen dem Gebot seines Königs Göttrik das Christentum angenommen hatte. Die kleine Siedlung der Dänen wurde von den Wenden gestürmt und niedergebrannt. Hergard wurde gefangengenommen und als Opfer ausersehen. Doch da man alle dänischen Männer erschlagen hatte, Swantewit jedoch stets ein Paar von jeder Art als Opfer fordert, mussten die Wenden durch die Wälder streifen, um einen Fremden zu fangen.
Die Opferung soll während einer Vollmondnacht auf grausamste Art vor sich gehen. Im Roman wird Swantewit als die Göttin ‘Schwanenweiß’ übersetzt und die Schwäne sind ihr heilig. Die geschilderte Opferung war sinngemäß bereits bei den keltischen Druiden be-kannt. Man schneidet dem Opfer den Nabel heraus, an dem die Därme hängen und heftet ihn an einen Schwan. Je mehr der Schwan sich bewegt und läuft um so mehr werden die Därme herausgerissen und das Opfer stirbt unter entsetzlichen Qualen. Aus den Bewe-gungen der Schwäne wird dann von den Priestern die Zukunft gelesen. Das ist nicht unbe-dingt historisch, aber schließlich soll es ja ein Fantasy-Roman werden.
Schon sind Welfo und Hergard am heiligen Baum festgebunden und die Priester beginnen mit der Zeremonie. Doch bevor das Opfermesser die Haut ritzt, werden die Wenden von unheimlichen schwarzen Kriegern überfallen. Es sind die ‘Nachtreiter’ von Vineta. Sie wer-den von drei Griechen kommandiert, deren Gesichter hinter korinthischen Helmen verbor-gen sind. Es sind Pausanias, der Archont und seine Gefährten Kleitos und Timon.
Auf ihren Befehl werden die Wenden von den untoten Kriegern Vinetas vollständig nieder gemacht. Dann sammeln die unheimlichen Gestalten auf Befehl des Pausanias die golde-nenen Votivgegenstände ein. Der sterbende Oberpriester der Swantewit verflucht Vineta. Wenn das geraubte Gold seine Stimme erhebt, werden die Götter die Stadt vernichten.
Welfo und Hergart werden zwar losgebunden, jedoch nicht freigelassen. Pausanias erin-nert sich an die Spiele, die bald beginnen. Nach einer Tragödie und einer Komödie im Theater soll ein Gladiatorenkampf stattfinden, für das man einen kräftigen Germanenkrie-ger benötigt. Als Hergard unvorsichtigerweise das Wort ‘Christus möge es dir lohnen’ sagt, als man sie losbindet, wird sie als Opfer für den Bären ausersehen, den man gefangen hat. Denn Christen werden in Vineta verfolgt.
Bevor die Sieger in Vineta einziehen, warnt ein prophetischer Greis davor, Gold in die Mauern der Stadt zu bringen. Nur Silber haben die Götter Vineta gewährt. Silber, das aus dem Berg zu dringen scheint. Nur eine kleine Gruppe der Stadtoberen weiß, dass es von gefangenen Wenden abgebaut wird, die im Berg unter der Akropolis so lange in der Sil-bermiene arbeiten müssen, bis sie sterben.
Die Nachtreiter jagen die Wenden und bringen sie auch in der Nacht als Gefangene in die Stadt, wo sie dann unter dem Berg arbeiten müssen. Da niemand mehr auf die Straße darf, wenn die große Glocke die Mitternacht geschlagen hat, glauben die Leute von Vineta, dass ein Totenzug durch die Straßen der Stadt zieht und sie wagen es nicht, aus dem Fenster zu sehen, damit sie nicht gezwungen werden, dem gespenstischen Leichenzug zu folgen.
Man bringt trotz der Warnung das Gold in die Stadt und von der Akropolis aus sieht der Oberpriester des Zeus die Stadt als Fata Morgana noch einmal über dem Wasser des Meeres auftauchen. Das sichere Zeichen für ihren bevorstehenden Untergang.
Drei Tage später beginnen die Spiele. Es gelingt Welfo, seine drei Gegner zu besiegen und in einem weiteren Kampf Hergard vor dem Bären zu erretten. Welfo wird zum umjubelten Liebling des Volkes und er tritt als Leibwächter in die Dienste des Kallistos, des ersten Künstlers von Vineta. So lernt er die Stadt und die Bevölkerung kennen.
Kallistos ist eine Art Universalgenie, der nicht nur bildende Kunst, sondern auch Musik, Dichtung und Philosophie betreibt. Durch seine Vermittlung findet Hergard Zugang zur ge-heimen Christengemeinde ohne zu ahnen, dass Kallistos ein falsches Spiel treibt und durch sie mit einem Schlag die ganze Gemeinde ausheben will, damit sie bei den nächsten Spielen in der Arena sterben. Welfo ist im Herzen Heide geblieben, weigert sich aber den-noch, mit den Füßen ein Kreuz zu zertreten. Denn so stellt man in Vineta fest, ob man ei-nen Christen vor sich hat.
Auf Beschluss der Volksversammlung soll das geraubte Wendengold zu einer gewaltigen Glocke geschmolzen werden, die im Hafen aufgehängt weit über die Wasser der See den Ruhm der Stadt verkünden soll. Kallistos will das Werk vollbringen. Doch damit sind einige Leute vom Rat nicht einverstanden, da sie hofften, einen Teil des Goldes an sich bringen zu können.
Es kommt zu ‘Scherbengerichten’ und einige Adlige müssen in die Verbannung gehen. Und sie gehen nach Dänemark und erzählen dort so viel von den gewaltigen Gold- und Silber-mengen, dass Schiffe gegen Vineta ausgerüstet werden. Auch Karl der Große, von seinen Wunden genesen, reitet an der Spitze einer ausgesuchten fränkischen Hundertschaft den Wegmarkierungen Welfos nach und findet Vineta genau am Tage des Untergangs.
Interessiert vernimmt Welfo die Erzählungen im Hause des Kallistos von den ‘Nachtreitern’ und den ‘Totenzügen’. Die Nachtreiter sind für ihn die Einherier Wotans. Doch der Ges-pensterzug zur Akropolis, das sind für ihn die Schatten von Hela-Heim. Und wenn die her-vorbrechen, ist die Götterdämmerung da.
Also gilt es für ihn, den guten Sohn Wotans, diese Toten zu vernichten, bevor sie Walhalla stürmen können. Zu nächtlicher Stunde folgt Welfo dem Zug und stellt fest, dass es gefan-gene Wenden sind, die man geblendet hat und denen man die Zunge herausgeschnitten hat, dass sie nur noch heulende, unartikulierte Laute von sich geben.
Er schleicht hinter ihnen her und sieht das Elend im Inneren des Berges. Es gelingt ihm, einen der Wenden zu befreien und ihn in die Unterstadt zu bringen. Mit Handzeichen er-zählt er, was sich dort im Berg tut. Welfo ist empört und will den Wenden von Vineta hel-fen, das Joch der Griechen abzuschütteln. Bei Kallistos hat er das ‘Griechische Feuer’ kennengelernt. Damit soll das Innere des Bergwerks zerstört werden, nachdem man einen Ausbruch gemacht hat.
Welfo und seine Gefährten stellen den gefürchteten Nachtreitern eine Falle. Den dieser Wende ist einer der größten Schamanen seines Volkes. Mit Hilfe eines Geisterheeres, das beschworen wurde, gelingt es die Nachtreiter zu besiegen.
Einige Tage später sind genügend Zutaten für das ‘Griechische Feuer’ beschafft und ein Plan geschmiedet. Unter der Führung des Blinden soll eine Gruppe beherzter Wenden ei-nen ‘Totenzug’ simulieren und so in das Bergwerk eindringen. Unter dem Gewand trägt man nicht nur Waffen, sondern zwei kleine Fässer der flüssigen Substanz, die bei Entzün-dung zum Feuer wird, das sich selbst mit Wasser nicht löschen lässt. Sie tragen die Ge-wänder und reiten die Pferde der Nachtreiter, damit der ‘Totenzug’ echt aussieht.
Inzwischen ist es Kallistos nicht nur gelungen, die goldene Glocke von Vineta zu gießen und sie in einem improvisierten Turm über dem Theater aufzuhängen, sondern auch der Schlag gegen die Christen ist gelungen. Gemeinsam sollen sie in der Arena sterben. Bis zu den Hüften werden sie im Sand eingegraben. Dann will man eine große Herde Wisente so lange durch die Arena treiben, bis alle tot sind.
Es gelingt Welfo im letzten Augenblick, quer durch die Arena eine Wand mit griechischem Feuer zu legen, vor der die Wisente scheuen. Im gleichen Augenblick prescht Karl der Große an der Spitze seiner Franken in die Arena. Eine christliche Frau, die aus der Stadt geflohen ist, hat ihn getroffen und die Franken alarmiert. Da die befreiten Wenden gleich-zeitig daran gingen, die Besatzung auf den Wällen nieder zu machen, wurden die Franken-reiter Karls nicht aufgehalten.
Doch jetzt kommen Kaiser Karl und seine Mannen in arge Bedrängnis. Denn um das Are-na-Rund erheben die Bogenschützen der Stadtwache ihre Waffen. Mit den Schilden sich und die eingegrabenen Christen schützend igeln sich die Franken in der Arena ein.
Im gleichen Augenblick läutet die goldene Glocke von Vineta zum ersten Male. Und der Klang wird von gröhlenden Schreien beantwortet. Die dänischen Wikinger sind in den Ha-fen eingelaufen und beginnen, die Stadt zu plündern. Gleichzeitig dringen die Wenden aus dem Bergwerk von der Akropolis herab.
Feuer bricht aus dem Boden, denn die Stollen-Gänge des Bergwerkes durchziehen den ganzen Untergrund der Stadt. Dazu kommt ein Erdbeben, das Vineta langsam im Meer versinken lässt.
In den Straßen rast während des Infernos der Kampf und die Plünderung. Die Wenden machen die Griechen nieder und die Wikinger die Wenden. Hier vollendet sich das Schick-sal der Negativ-Figuren des Romans. Zusammen mit Karls Franken fliehen die germani-schen Bürger über den Knüppeldamm aus der Stadt, einige Wenden schließen sich an. Auch Welfo und Hergard sind unter ihnen, nachdem Welfo das Mädchen noch in letzter Sekunde vor dem Tod gerettet hat..
Aus der Ferne sehen sie, wie Vineta im Meer versinkt. Zuletzt ist nur noch die Glocke zu hören, deren Schall selbst aus dem Meer herauf zu dringen scheint.
Welfo wird von einem der Frankenkrieger als Grafenmörder bezeichnet. Doch Karl der Große, der den wahren Hintergrund kennt, gibt dem Sachsen eine Chance. Freisprechen kann er ihn nicht, aber verbannen. Und so wird sich Welfo mit Hergard und den Flüchtlin-gen von Vineta auf der Nachbarinsel Wollin ansiedeln und dort eine neue Stadt gründen, in der Vineta weiterleben soll.
Nachbemerkung
Mit „DAS GOLD VON VINETA“ wird Geschichte und Sage zur Fantasy verwoben. Mit allen Fakten, Spekulationen und Entlehnungen aus Sagen-Zyklen der Ostsee-Region entsteht ein Stück Fantasy, dass modernen Anforderungen an das Genre vollauf gerecht wird. Da-bei wird das übernatürliche Element eher im Detail vorkommen, aber trotzdem genügend Fantasy-Stimmung aufkommen lassen.
Dieses Romankonzept kann der Auftakt zu einer ganzen Reihe Sagenadaptionen mit histo-rischem Kern sein, welche sich nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränken müssen. Aber gerade hier gibt es noch einige ergiebige Legenden (Dietrich von Bern, Kyff-häuser) und dergleichen, die eine interessante Abwechslung zur x-ten Version der Artus-Sage abgeben würden.
Kassel, im August 1994 -
neu gefasst in Felsberg-Rhünda im Februar 2000
Letzte Hand in Borken-Nassenerfurth am 5.04.2013
Rolf Michael
Kommentare
Mit dem vorliegenden "Gold" -Exposè hat die "Glocke" nur den Namen "Vineta" gemeinsam - weil es eben ein ein historischer Roman ist, für dessen Grundlage ich ein damals gerade heraus gekommenes Sachbuch über die Ausgrabungen im polnischen Wollin hatte. Wollin ist vermutlich das reale Vineta.
Irgendwann kommt auch das Konzept "Die Glocke von Vineta" noch mal im Zauberspiegel. Damals wäre "Vineta" etwas völlig Neues auf dem Markt gewesen. Und wenn ich ehrlich sein soll - mir gefallen diese eigentlich uralten Ideen heute noch. Schade, in den verlorenen 20 Jahren hätte ich viel machen können... da war noch der Ehrgeiz drin, ein gedrucktes Buch aus eigener Produktion in die Hand zu bekommen...
Es ist schon ein paar Jahre her, da hielt ich ein Buch in den Händen, das Vineta westlich von Rügen in der Gegend um Barth und Zingst vermutete: d-nb.info/961495154
Nur liegt da jetzt eben alles unter Wasser und Schlamm.
Bei dem Sachbuch handelt es sich um "Vineta - Die Wiederentdeckung einer versunkenen Stadt" von Klaus Goldmann und Günter Wermusch. Es erschien 1999 bei Lübbe und Dr. Helmut Pesch, der mein "Gold von Vineta"-Konzept gelesen hatte, aber die Thematik fr die derzeit gewünschte Fantasy unpassend fand hat mir dieses Buch zugeschickt.
In diesem Buch sind nicht nur die Ausgrabungen und archäologischen Funde mit allen dasraus zu zieheden Schlüssen dokumentiert - was dann die Grundlage für das zweite Konzept "Die Glocke von Vineta" wurde - sondern auch alle vorhandenen zeigenössischen Texte und die bekannten Sage, werden dort gebrach. So konnte Helmut Pesch feststellen, wie sehr ich eine "Fantasy-Räuber-Pistole" in den Mantel der überlieferten Sage gepackt hatte. Bei "Troja" hatte ich das ja ähnlich gemacht - und in dieser Art wäre noch viel mehr möglich gewesen. Aber was soll ich mir Gedanken machen, wenn es keinen Markt für diese Sachen gibt.
Ich will den heutigen Lesern ja nur mal zeigen, das nicht nur die "genialen Autoren der Gegenwart" neue Ideen haben - nur sind die Verlage vielleicht soweit, sich inzwischen für diese neuen Ideen zu interessieren. Damals waren sie es nicht. Vielleicht war ich mit einigen Dingen meiner Zeit weit voraus - wie ja auch meine Band "Black Skill" (wo Hans Klipp Bass spielte und ich am Drum saß)von der Musik her "Punk" und "Garagen-Rock" machten - ohne das es das damals schon gegeben hat.
Mir fehlt eben die Zeit ab 1986, wo in Sachen Fantasy, von den drei Taschenbüchen abgesehen, für mich nichts mehr lief. Und deshalb werden viele Geschichten eben nicht so erzählt, wie ich sie hätte erzählen mögen...