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Verlorene Trilogien, Schicksalsvampire in Tanzpalästen und das »einfache Schreiben«

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, der erste Roman kam und dann... Wie ging es weiter. Da war doch die Rom-Trilogie, die so niemals kam. Wie war denn das?

Verlorene Trilogien, Vampire in Tanzpalästen und das »einfache Schreiben«

Über die Feuer-Reserve eines Verlages habe ich schon mal was erzählt. Wie bekannt ist  kauft ein Redakteur manchmal Romane an, die ihm zwar gefallen oder weil  er jemandem einen Gefallen tun muss, die ihm aber eigentlich gar nicht so recht ins Serien-Konzept passen. Die legt man dann in die Feuer-Reserve.

Es könnte ja ein Feuer ausbrechen, das Verlagshaus bis auf die Grundmauern niederbrennen und die vorhandenen Manuskripte vernichten. Dann hat man in der danach heißenden Reserve immer noch einige Romane, die man bringen kann. So können auf dem Markt keine Lücken entstehen, die von den Serien der Konkurrenz dann in den Regalen gefüllt  werden können.

 

Vielleicht lag sogar mein Debutroman „Herrscher des Krakenthrones“ in so einer Feuerreserve  zusammen mit dem „Mann der das Grauen erbte“, geschrieben von einem heute absolut nicht mehr unbekannten Wolfgang Hohlbein.

Aber unmöglich ist das nicht, denn der Eindruck des Abbaus einer Feuerreserve drängt sich auf. Und zu unseren beiden Romanen kam noch „Der Held von Zartas“ von W.A. Hary hinzu. Das hatte einen möglichen besonderen Grund.  Werner arbeitete an seinem Sechsteiler „Straße der Götter“ .Und der konnte natürlich erst gebracht werden, wenn alle Romane fertig waren, die den neuen Gegebenheiten nicht angepasst waren. Es könnte aber auch sein, dass nur mal wieder ein überlanger Vorlauf abgebaut wurde. Aber auch daran kann er Sechsteiler Schuld seinn.

Einen solchen langen Zyklus hatte es in einer auf Einzelromane ausgelegten Serie wie den „Zamorra“ meines Wissens vorher noch nie gegeben. Doppelbände kamen schon mal vor und Werner hatte mit dem Amulett-Zyklus auch eine Trilogie im Zamorra vorgelegt. Und diesmal eben mit der „Straße der Götter“ ein großer Rundschlag mit sechs Bänden. Nur durch die „Dynastie“ mit acht Bänden wurde das später überboten wurde.  Und den haben Werner und ich, wie ja bekannt ist, zusammen geschrieben.

Unter dem Titel „Der Kristall der Macht“ ist der 6-Teiler um die „Straße der Götter“ dann Jahre später auch als das einzige Zamorra-Taschenbuch raus gekommen. Und das gehört so mit zu den besten Sachen, die Werner je geschrieben hat. Wer das Buch auf dem Flohmarkt oder im Antiquariat  findet sollte zugreifen. Es lohnt sich wirklich.

Ich kann nicht mehr genau das Datum angeben, wann mein erster Roman als Zamorra Band 184 im Jahr 1981 unter dem Titel „Der Krakengötze“ rausgekommen ist. Aber es war genau der Tag, an dem mein Vater 40järiges Jubiläum im Rathaus hatte. Und so konnte ich ihm mit damals stolzgeschwellter Brust mein Erstlingswerk an seinen Ehrentag überreichen.

Jetzt sollte man ja eigentlich meinen, dass es danach Schlag auf Schlag gegangen wäre. Auch wenn das Umstellen des Zamorra auf wöchentliches Erscheinen schon lange vom Tisch war. Werner brauchte immer mal jemanden, der ihm einen Roman „abnahm“, wenn er mal  in  anderen Serien und Projekten schrieb.

Das waren damals z.B. die SF-Serie „Die Terranauten“. Und mit seinem „Reporter des Grauens“ Ted Ewigk, womit W.K. ja eigentlich seine Profi-Karriere begann, wollte er ja zehn Bände im „Gespenster-Krimi“ machen. Was er auch getan hat. Und wenn ich mich recht erinnere war. Werner auch noch bei Serien anderer Verlage im Geschäft – ich habe aber heute vergessen, welche das waren. Zumal das teilweise auch Geschäfte waren, über die man damals nicht öffentlich reden durfte.

Warum ausgerechnet zehn Bände für den Geister-Reporter Ted Ewigk, der ja auch den heutigen Zamorra-Lesern kein Unbekannter ist?  

Ganz einfach. Werners ewiges Vorbild, unser spätere Freund Kurt Brand, hatte zehn Bände über den „Weltraum-Reporter“ geschrieben – da musste W.K. was dagegen setzen. Übrigens – einer dieser Weltraum-Reporter-Romane hieß: „Der Sternen-Baron“ - was gleichzeitig Kurts Titel als Baron von Helleb war. Über das Fürstentum Helleb etc. wurde schon in der Teestunde ausgiebig berichtet.

Ja, eigentlich hätten bei mir die Romane jetzt Schlag auf Schlag kommen müssen. Immerhin hatte ich inzwischen einen Agentur-Vertrag. Und die wollten auch wissen, wann denn mal was käme.

Es kam auch was – sogar gleich eine Trilogie - und sie kam auch zurück.

Zu kompliziert. Zu abgehoben. Zu außergewöhnlich. Völlig ungeeignet für Heftromane. Und noch dazu – gleich eine Trilogie. Ist dieser Neu-Autor den größenwahnsinnig geworden, gleich so in die Vollen zu gehen?

Was ich da gebastelt hatte, war eine etwas an Werners „Amulett-Trilogie“ angelehnte Zeitreise Zamorras ins antike Rom zur Zeit Kaiser Neros. Schon deshalb, weil ich die damals bei den Lesern recht beliebte „versoffene Bande der Helleber“ mit ins alte Rom nahm. Die konnten ja quer durch die Zeit gehen und so gab es mal wieder ein Treffen mit Professor Zamorra.

Dass die Helleber später sang und klanglos aus der Serie rausflogen lag an einer Anweisung des Redakteurs. Obwohl sie Werner zu den „kleinen Riesen“ gemacht und ihnen damit noch echt interessante Aspekte gegeben hatte.  

Andererseits gehört die Thematik „Kleine Riesen“ zu vielen Dingen innerhalb der Serie, wo es nicht schadet, wenn sie einfach „untergeackert „ wird.  Die kann man nämlich auch hunderte von Bänden später bei Bedarf wieder ausgraben.

Motive und Teile der Handlungen des abgelehnten „Rom-Zyklus“ finden sich später in den Romanen 227 „Gefangen in der Totenstadt“ und Bd. 266 „Der Flammengürtel“ wieder. Den Original-Text habe ich damals übrigens W.K.Giesa gegeben, der wollte ihn unbedingt haben. Also falls jemand meint man könnte da...und im Zauberspiegel hätte man doch die Möglichkeit....man kann nicht...das Teil ist für alle Zeiten verloren.

Werner gefiel die Story damals. Aber schon einige Zeit später war mir klar, dass sie Ablehnung der Story in der Form damals völlig gerechtfertigt war. Das war was für Leute, die Fans von Büchern wie „Ben-Hur“ oder „Quo Vadis“ waren.  Also wirklich nichts für den normalen Heft-Leser.

Jürgen als mein Agent sah meine Zukunft als Autor ziemlich  dunkel.  Zumal ich schon damals nicht besonders kompromissbereit war, wenn ich eine Idee für eine Story durchsetzen wollte. Und das hat sich eigentlich bis heute nicht geändert.

Dazu kamen Stil und Satzbau, der sich nicht an die gewollte Einfachheit des Heftromans anlehnte sondern eben an die Werke der Altmeister wie Lovecraft, Clark Ashton Smith, Abraham Merrit, R.E. Howard, Sprague de Camp...von Felix Dahn ganz zu schweigen. Der stellte damals für mich das oberste Vorbild dar. Noch heute muss ich  manchmal aufpassen, nicht in Felix Dahns mächtige abgehobenen Stil des 19 Jahrhundert zu rutschen. Da ich ja zum besseren Verständnis in nächster Zeit einige Passagen  aus meinen alten Romanen im Teestunden-Text bringen will, werdet ihr genau erkennen, was ich damit meine.

„Sie müssen viel einfacher schreiben!“  wurde mir gesagt. „Sie setzen beim Leser einfach zu viel Wissen voraus!“ Was – wie ich heute weiß, auch nicht so ganz verkehrt war und immer noch ist. Nur habe ich dann immer versucht, innerhalb des Textes „Wissen“ zu vermitteln. Eine „Unsitte“, wenn es um Hefte geht, die ich mir aber nie so recht abgewöhnen kann.

Ich sehe das so wie Karl May seinen Old-Shatterhand im „Winnetou“ sagen lässt, er wolle der „Lehrer seiner Leser sein“. Für meine Leser war ich so was wie Geschichtslehrer, Geographie und artverwandte Gebiete kamen auch mit dazu. Natürlich waren auch jede Menge der Dinge dabei, die man heute als „Esoterik“ bezeichnet.

Und heute – beim Durchblättern aktueller Zamorra-Romane habe ich festgestellt, dass es auch unter den neuen Autoren einige Leute gibt, die echt interessantes Wissen  in die Textzeilen einschmuggeln. Nicht immer – aber immer öfter.

Nachdem ich den Rom-Zyklus zurückbekommen habe, wurde mir empfohlen, mal einen Einzelroman für eine Gespenster-Krimi zu mache. Ich machte dann so verschiedene Anfänge, die ich wieder abbrach, weil die Thematiken schon wieder ausgefallen wurden.

Es waren auch ganz skurille Einfälle drunter, die absolut nicht in die Thematik des Horror-Heftes passten.  Man bedenke, ein Vampir, der zwar zu Lebzeiten gebissen wurde, aber gar nicht weiß, was ein Vampir ist.  Zudem lebt er völlig im Gedankenbild der Biedermeierzeit. lebt  Mit der heutigen Zeit konfrontiert, ergeben sich Dinge, die eher lustig als gruselig sind.  Und dieser Vampir verliebt sich in ein Mädchen, statt es  vorschriftmäßig zu beißen und auszusaugen.

Das war als Thema damals völlig untragbar – und deshalb habe ich den Text nach einigen Seiten erst mal auf Eis gelegt. Das wurde später der „Disco-Vampir“ - mein Schicksalsroman - durch den ich dann meine damalige Frau kennen gelernt habe. Und der für die Leser ein echter Knaller wurde.

Allerdings – Jason Dark wollte den „Disco-Vampir“ eigentlich ablehnen und zurück schicken, weil dieses Thema nun völlig aus dem Rahmen fiel. Vampire hatten eben böse zu sein. Klar, der „Disco-Vampir“  war auch ein „Teenage-Vampir“ – aber an Twilight und was es da heute sonst noch so gibt war im Jahr 1983 noch kein Gedanke.

Dass ein Weißdorn für Vampire tödlich ist, steht zwar nicht im Leitfaden aller Vampirjäger. d.h. Im „Dracula“ von Bram Stoker  sondern in diversen Sachbücher über Aberglaube und Vampirismus.

Genau deshalb habe ich dann im „Disco-Vampir“  diese Todesart benutzt – für den Selbstmord eines Vampirs.  Denn weil er das Mädchen zu sehr liebt, stürzt sich der Disco-Vampir in einen Weißdornbusch. Und das war in der damaligen Zeit und den Bewertungskriterien eines Horror-Heft-Romans eben einfach unerhört. Vampire hatten gefälligst gepfählt zu werden (oder zumindest eine Silberkugel aus der Schusswaffe des Helden ins Herz gejagt zu bekommen). Selbstmord  eines Vampirs als Liebestod?  Ich weiß nicht, ob es das vorher schon mal in der Art gegeben hat.

Aber so konnte ich die Passage aus dem „Faust“ übernehmen. „Gerichtet – Gerettet!“ Wer sich so meine Romane durchguckt wird immer wieder das „Erlösungsmotiv“ durchscheinen sehen. Zamorra und sein Amulett vernichten nicht nur – sie erlösen auch. Natürlich – das ist der Einfluss von Richard Wagners Werk und seiner Musik.

Auch in einen späteren speziellen Vampir-Roman PZ 327 „Wer die Blutfrau lockt“ ist dieses Erlösungs-Thema sehr stark. Aber – das ist sie auch bei Bram Stokers Dracula, als Minna Harker dann schreibt, das unmittelbar vor dem Zerfall über das „Antlitz des Grafen tiefer Friede fiel“.   

Und bei meinen Figuren war es ja so, dass sie beide völlig ohne eigene Schuld zu Vampiren wurden.  Also, da musste schon das „Erlösungs-Motiv“ gespielt werden.

Dieses Abweichen von allen immer wieder kehrenden und feststehenden Themen der damaligen Horror-Literatur,  das war es eben, was mir im Anfang so viele Schwierigkeiten machte, in die Reihen der Heft-Autoren zu kommen.  

Es waren einfach nicht die geraden Straßen, die alle gegangen sind sondern die dunklen Gassen, die ich genommen habe.  Übrigens ist auf seine Art auch Wolfgang Hohlbein dann bei seinen Romanen immer eigene Wege gegangen. Und sie Serie „Der Hexer“ ist heute immer noch Kult.

Auch Hohlbein  hatte mit seinem „Hexer“ eine Heldenfigur, die nicht gerade mit der damals gültigen Schablone gefertigt worden war. Und von Zamorra und Nicole als Strahle-Helden  mal abgesehen hatten auch meine Zusatzfiguren immer Ecken, Kanten und menschliche Schwachstellen. Das galt übrigens teilweise auch für die Figuren, die Werner damals mit in die Serie nahm. Die waren auch nicht immer so „weichgespült“ wie unser damalige Redakteur sie  damals gerne gehabt hätte.

Und genau das war es, was den Erfolg des „Professor Zamorra“ bei den Lesern ausmachte und die Serie gegen die damals noch starke Konkurrenz am Leben hielt – und sie zu dem machte, was man heute eine „Kult-Serie“ nennt.  

Wobei Werner anfangs immer noch etwas die „offiziellen Richtlinien“ einhielt. Aber schon bei der Schilderung der Hölle bin ich abseits von Werner eigene Wege gegangen.

Doch davon erzähle ich in der nächsten Woche. Und ich habe auch die alten Bände wieder ausgekramt und denke, es kann nichts schaden, hier innerhalb der Teestunde mal einige Passagen aus dem „Krakengötzen“ zu bringen. Denn dann könnt ihr heutigen Zamorra-Leser mal sehen, wie das wirklich alles angefangen hat.

Auch, wenn mein Stil damals etwas in der Art der „alten Meister“ war und gar nicht so „heftromangerecht“, wie man es damals wie heute haben möchte.

Also dann – freut euch drauf...

Kommentare  

#1 Karin 2010-02-11 09:35
Na ja. Ein Autor, der Lehrer seiner Leser sein will, dürfte immer ein schlechter Autor sein. Denn das sollte ein Autor nie sein wollen.
#2 Larandil 2010-02-11 13:33
Es gab und gibt eine stattliche Anzahl von Autoren, die einen unterhalten und trotzdem mit mehr Wissen zurücklassen als man vorher hatte. Die Dosis macht's, und die Art der Vermittlung. James Michener war z.B. der richtige Mann für die Geschichte von Regionen und amerikanischen Bundesstaaten, und bei Martin Cruz Smith kann man interessante Details über das Restaurieren von Kunstwerken aufschnappen.
Es macht eben einen Unterschied, ob der Lehrstoff der Geschichte Kolorit verleiht oder ob die Geschichte nur als Vehikel für den InfoDump dienen soll.
#3 Cartwing 2010-02-11 18:33
Hat Rellergerd nicht selbst einen Disco - Vampirroman geschrieben? War doch ein TB damals. Anscheinend hat da jemand mit zweierlei Maß gemessen...
Jetzt wissen wir ja von wem er die Idee hatte :D

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