Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Philosophisches Zwischenspiel 2: Nicole, Aruula, Obst, Ideen und das Vergessen

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, und weiter geht’s mit der Teestunde. Bleiben wir noch ein Moment bei Nicole Duval und die Gefährtin im Heftroman an sich... Erzähl doch einfach mal. Der Tee ist bereitet...

Philosophisches Zwischenspiel 2:
Nicole, Aruula, Obst, Ideen und das Vergessen

Das Praktische an einer Teestunde, die ich wöchentlich schreibe ist die, dass ich sofort auf Leserbriefe eingehen kann. So auch hier. Ich meine den Einwurf, dass Werner die Figur der Nicole Duval überzogen dargestellt habe. Und auch ein Vergleich mit Aruula, der Gefährtin von Maddrax. Das ist, als ob man Äpfel mit Birnen vergleicht.

Es ist beides Obst. Und Nicole Duval und Aruula sind beides Frauen. Nur aus völlig verschiedenen Kulturstufen mit einer völlig anderen Weltanschauung. Aruula wird sich immer, im es mal „goreanisch“ auszudrücken, „als Frau fühlen“: Irgendwelche moralischen oder religiösen Bedenken in Sachen Sexualität sind ihr völlig fremd.

 

Auch wenn es die Romanhandlung manchmal so hergibt, aber Aruula steht auch als Mitkämpferin immer „hinter“ Maddrax – während Nicloe Duval ganz selbstverständlich neben Zamorra steht. Jedenfalls wurde das so entwickelt, seit Werner die Serie voll in den Griff bekommen hat. Wer alle über 900 Bände gelesen hat, der wird eine etappenweise Wandlung der Nicole Duval erkennen.

Aruula ist eben eine Fantasy-Heldin, die auch an der Seite Conans durch Cimmeria ziehen könnte oder in den nördlichen Wäldern von Gor eine Horde Panthermädchen anführen. Nicole Duval ist eine Frau unserer Tage, die sich seit den doch noch etwas prüderen 70er Jahren, als sie „geboren“ wurde, zu einer selbstbewussten Frau entwickelte, die genau wusste, was sie wollte.

Dass weder sie noch Zamorra ein diverses „Verhältnis“ hatten, lag nur daran, dass Werner hier den Bogen nicht überspannen wollte. Heftromanhelden, und das ist ja nicht nur Zamorra sondern eben auch Nicole Duval, haben moralisch völlig einwandfrei zu sein. Was ich ja dann auch akzeptieren musste.

Heute kann man ja mal drüber reden. Ich hatte Werner nämlich damals mal einen Handlungsstrang vorgeschlagen, wo Asmodis in seiner Tarnexistenz Nicole Duval verführt, um Zamorras Innenleben auf diese Art zu erschüttern und ihn angreifbar zu machen. Immerhin ist Admodis ein Teufel Und der Teufel verführt nun mal die Menschen zur Sünde. Nach mittelalterlichen Kirchenvorstellungen, siehe „Hexen“, sind Frauen seine bevorzugten Opfer.

Ich hatte die Sache grob auf zehn bis fünfzehn Bände angelegt, die Werner und ich hätten zusammen schreiben müssen. Natürlich nach vorher konkret ausgearbeiteten Exposes. Denn der „Verrat“ der Frau, die er liebte, hätte Zamorra halb in den Wahnsinn getrieben...ich hatte mir dann entweder einen Selbstmordversuch oder die Flucht in den Alkohol vorgestellt. Ins Lot gebracht hätte die Sache Pater Aurelian, der hier einmal etwas aus sich heraus gekommen wäre. Denn diese Figur und die Macht des Brustschildes von Saro-esh-dhyn konnte ich nie so richtig ausspielen. Aurelian hätte mit der Macht seines Schildes also Nicole dann aus ihren geistigen Besessenheit durch Asmodis mit einem besonderen Exorzismus befreit. Weil sie ja nicht wusste, was sie tat, musste ihr Zamorra natürlich verzeihen.

Ja, das was so einer der vielen Einfälle, die ich damals hatte. Aber es war klar, dass Werner das ablehnte. Schon vor Heike. Denn danach hätte er seiner angetrauten „Ersatz-Nicole“ das nicht antun können. So etwas war nicht seine Welt. Vorher nicht – und hinterher, also mit Heike, schon mal gar nicht.

In Sachen Liebe und Sexualität war W.K.Giesa absolut Ritter Gallahad. Manche Dinge, in die er zwangsläufig mit reingezogen wurde, hat er absolut nicht begriffen. Dass man, wenn man die magischen Worte: “Ich lieb e dich“ gesagt hat, auseinander gehen kann, das war für undenkbar. Woher sollte er es auch wissen.

Werner war von Haus aus das, was man einen braven Jungen und folgsamen Sohn nennt, der an seinen Eltern gehangen hat. Als ich ihn kennen lernte, war er gerade so um die 18 oder 19 geworden. In seinem Umkreis befand sich außer dem „Clan der Lords“ über den ich schon erzählt habe, eine einzige Frau. Es war zu spüren, dass er sie gern als Freundin gehabt hätte. Aber es war dann eben nur eine „gute Freundin“.. und dabei ist es auch geblieben.

Woher ich das alles weiß? Naja, sie hat mich im Turm des Schreckens mal besucht...

Für Werner gab es immer nur die Ideale der „Hohen Minne“. Und ich bin sicher, dass er auch mit Heike nur geredet hätte, wenn da meine Ex die Sache nicht etwas forciert und Heike diverse Tipps gegeben hätte. Aber darüber habe ich schon geschrieben. Und über andere Sachen schreibe ich noch, soweit sie nicht unter die Gürtellinie gehen.

Die Hohe und die Niedere Minne – diesen Sachen huldigten wir beide. Nur, während ich eben meine Hohe Minne innerlich verehrte machte es mir gar nichts aus, zu nehmen, was eben kam und sich anbot. Und da war Werner eben völlig anders. Genau so, wie ich auf meinen Reisen möglichst immer dahin will, wo kein Fremder hin darf, ist das bei mir auch mit den Mädels.

Übertragen gesagt – Werner hat sich von außen an der Schönheit der Tempel berauscht. Ich bin eingedrungen und habe sie ausgeraubt. Wo Werner drei mal überlegt hat, habe ich schon gehandelt. So einfach war das. Auch wenn Michael Ullich und Carsten Möbius unter anderen Gedankengängen das Licht der Heftroman-Welt erblickten. Aber der Vergleich liegt schon recht nah. Nur - dass Werner niemals, wie Carsten Möbius, eine Ente gefahren hätte. Unter Jaguar oder Porsche hätte es da nichts gegeben.

Jaja, mein Freund Werner Kurt Giesa...jetzt im Literaten-Walhall und hoffentlich mit Heike auf den Inseln der Seligen...

Und damit kommen wir zu meiner Bemerkung, dass Werner Kurt Giesa vielleicht beim Zamorra irgendwann mal bei Neulesern vergessen sein wird. Eine Bemerkung, gegen die natürlich protestiert wurde.

Dieses Vergessen, das ist natürlich auf Jahre gesehen. Also so in fünf bis sechs Jahren, wenn neue Autoren völlig neue Ebenen entwickelt haben... falls die Serie noch so lange läuft. Allerdings auch nur bei den Lesern, die eben ausschließlich dem aktuellen Faden folgen. Doch das dürfte die überwiegende Mehrheit sein. Wer sich tiefer nach den Wurzeln gräbt, kommt um Werner und was er im Zamorra geschaffen hat, natürlich nicht drum herum. Genau so wenig wie er um die Sachen aus meiner Ideenkiste drum herum kommt.

Innerhalb der Serie „Professor Zamorra“ ist ja alles wie in einem Dschungel, wo die Lianen ineinander über greifen und man sich, um vorwärts zu kommen, immer voran hangeln muss. Wobei dann die Lianen hinter dir bald vergessen sind, weil du sie jetzt nicht mehr brauchst. Es sei den, du willst den Weg zurück gehen. Und dann wunderst du dich, dass auch in den alten „Lianen“ starke Stränge und saftiges Grün ist.

Der heutige Autor muss also eine ganze Menge Hintergrundwissen über das „Zammi-versum“ haben, wenn er mitschreiben will und die Stammleser das, was er schreibt akzeptieren sollen. Im Gegensatz zu den Autoren vor Band 111. die eben Einzelromane der damaligen Standard-Ausführung geschrieben haben, ohne das ein großräumiger Hintergrund aufgebaut wurde. Dass ich in meinem angedachten Neukonzept vorhatte, alle Handlungs-Stränge bis auf drei oder vier Hauptstränge zu kappen, um für Neuleser einen besseren Einstieg zu geben, sagte ich schon. Aber – die Leute, die heute schreiben, machen das ja auf ihre Art auch. Nur eben ohne meinen Knalleffekt.

Und – diese Variante mit dem Knalleffekt hatte ich Werner schon vorgeschlagen. Und zwar ungefähr ein Jahr vor seinem Tod als wer wieder mal über seine Co-Autoren meckerte. Inwieweit das berechtigt war, konnte der Leser ja damals wie heute entscheiden. Mich ging die Sache ja nichts mehr an, also habe ich auch nicht nachgesehen, ob Werner da Recht hatte.

Also, wenn Werner vergessen wird, dann gewiss von den Leuten, die eben nur mal einen spannenden Phantastik-Roman lesen wollen. Auf gar keinen Fall wird Werner von den Leuten vergessen, sie sich überhaupt mit deutscher Phantastik - Unterhaltungsliteratur im Allgemeinen und dem Heftroman im Besonderen beschäftigen.

Immerhin steht der Name „W.K. Giesa“ mit Hinweisen auf sein Werk in den einschlägigen Lexika der Phantastik. Also, nichts ist vergessen – und nichts wird je vergessen werden. Aber eben nur für Leute, die sich auch dafür interessieren. Wer sich nie für SF und Perry Rhodan interessiert hat, dem sagt auch der Name William Voltz nichts... der hier im genannten Leserbrief vergleichsweise als unvergessen angegeben wird. Und ob ich Recht habe, zeigt uns ja erst die Zukunft.

Jeder Mensch hat seine Zeit in der man ihn kennt und mehr oder weniger schätzt. Und irgendwann heißt es: „Ach, der ist auch nicht mehr da?“ Und dann wird schon zur Tagesordnung übergegangen. Das ist nun mal der Lauf der Welt. Man kommt – um irgendwann wieder zu gehen. Wie in dem Lied „In the Ghetto“ von Elvis Presley. Während ein Underdog aus den Slums als Krimineller erschossen wird, „another Baby-Child is born....in the Ghetto“..

Wenn so am Grabstein stehe, wo schon die Urnen meiner Eltern drunter sind und wo auch mein Bruder Peter und ich dann irgendwann drunter sind, mache ich mir so meine Gedanken.

Besonders, weil ich ja vor vier Jahren schon mal auf des Teufels Speisekarte stand und die Ärzte meinem Bruder damals sagten, dass er meine Eltern schon mal drauf vorbereiten sollte, dass ihr Ältester stirbt. Wie mir der Chefarzt später sagte, stand ich noch bei 20 % Überlebenschance. Und einige Jahre vorher haben sie mir in der Lungenklinik attestiert, dass ich so in einem halben Jahr weiß, ob es den lieben Gott gibt. Oder im letzten Jahr an meinem Geburtstag, als mich Peter in einer Alarmfahrt von der Wartburg, wo ich den Tag stilvoll begehen wollte, mit 40 Fieber ins Krankenhaus brachte und die mich gleich da behielten. Ich habe also schon Gründe, mir so manchmal meine Gedanken zu machen. Nicht nur, weil Werner, obwohl einige Jahre jünger, mit voran gegangen ist.

Wer auch immer sich von dieser Welt verabschiedet, sei es Peter oder ich, wenn der letzte von uns gegangen ist, dann bleibt die Platte auf dem Grab, wo jetzt schon die Urnen unserer Eltern drin sind, noch 35 Jahre. Und dann kommt alles weg. Die Namen unserer Eltern sind auf der Platte drauf. Peter und ich sind der Meinung, wer uns sucht, der findet uns da schon. Ich wollte ja eigentlich im Friedwald unter eine Esche... der Wotans-Baum. Aber nun ist die Grabstätte in Nassenerfurth schon gekauft und hat Platz für vier Urnen. Dann kann ich den Tausender für den Friedwald sparen.

Werner und Heike hatten sich ja schon für das namenlose Urnengrab entschieden. Werner sagte mir seinerzeit, er weiß, wo Heike liegt und er besucht sie fast täglich. Aber danach soll es keine mehr wissen. Er sagte mir auch, ich solle nicht zu seiner Beerdigung kommen. Was ich dann auch nicht getan habe. Ich hätte auch gar nicht gewusst, wann und wo.

Ich habe ihm zwar damals bei seinen Umzügen geholfen und kannte ungefähr den Weg zur Wohnung in Lindheim. Aber nach dem Umzug war ich nur ein einziges Mal noch mit Hermann für eine Stunde da... nach dem abgebrochenen Gesprächen mit dem Milton-Verlag. Also vermutlich hätte ich nicht mal Werners Wohnung gefunden. Und jetzt ruht er irgendwo unter dem grünen Rasen und ist hoffentlich in den Gefilden der Seligen mit seiner Heike wieder vereint.

Also, irgendwann ist man ganz vergessen. Und die Grabplatte haben wir gleich so gekauft, das keine Blumen drauf stehen müssen. Da hat dann keiner mehr Ärger mit uns. Praktisch denken...Särge schenken...

So, genug der trüben Gedanken. Wir sind ja eigentlich an der Entwicklung der Romanfigur Nicole Duval.

Wenn Jason „Helmut Rellergerd“ Dark, wie er immer sagte, den Zamorra erfunden hat, dann hat er auch die Nicole mit erfunden. Da Zamorra ja Franzose ist, man wollte hier mal auf den ewigen Ami oder Engländer als Helden verzichten, sondern „neue Wege“ gehen, musste sie natürlich auch Französin sein. Und einen Allerweltsnamen wie „Duval“ haben. Er hätte vielleicht auch Dupont sein können... aber da gab es ja den deutschen Schlager „Monsieur Dupont“ von Manuela

Andere französische Allerweltsnamen wie „Lefebre“ waren nicht so recht heftromantauglich. Und Nicole war damals „der“ Modename für Mädchen, ließ sich gut lesen und noch besser begreifen und im Kopf behalten. 

Ähnlich wie der Dritte im damaligen Zamolrra-Bunde, nämlich Bill Fleming, bei dessen Nachnamen vermutlich de Autor der James-Bond-Romane Pate stand, die damals gerade (und heute auch noch) Kassenrenner sind.

Also, drei Namen, die der Leser Behalten kann. Wobei Zamorra eben als Name nirgendwo so recht hinpasst. Es gibt in Spanien die Stadt „Zamora“. Und auch in der Conan-Saga gibt es das Land Zamora mit Arenjun, der Stadt der Diebe. Und, wenn ich mich recht erinnere, einen Fußballspieler dieses Namens – mal sehen, ob Hermann das weiß... (Stimmt war spanischer Nationalspieler...)

Man müsste Jason Dark mal fragen, wie er auf den Namen „Zamorra“ kam. „Professor“ schon deshalb, um ihn über den berühmten „Doktor“ zu stellen, heiße er nun Frankenstein oder Morton. Und dann gibt es noch ein Chateau Montagne an der Loire, womit in der Planung der größte Bock geschossen wurde.

Montagne ist ja das französische Wort für Berg. Und das Chateau wurde auch als Höhenburg geschildert, wie man sie in Frankreich zwar findet, speziell in den Pyrenäen, aber auf gar keinen Fall im Tal der lieblichen Loire. Aber sei es drum. Schloss Berg, wo der Märchenkönig seine letzte Nacht verbrachte, liegt ja auch am Starnberger See und nicht auf einem Berg.  Und außerdem würde Jason Dark jetzt sagen. „Das liest sich gut runter.. das begreift der Leser...und das kauft er auch...“

Und Recht hat er. Kein Hahn kräht danach und kein Schwein regt sich drüber auf. Genau so wenig, wie damals Werner aus einem spanischen Verwandten Zamorras einen „Don Christofero“ gemacht hat, der ja eigentlich im Spanischen Don Cristobal heißen musste. Oder dass er bei einem Zeitabenteuer in die Zeit der Schreckensherrschaft der Französischen Revolution Einkerkerungen in der Bastille vorgenommen hat, als die längst abgerissen war.

Aber so was kommt vor und ich war auch selbst nicht frei davon gewesen. Speziell zu der Zeit, als ich die Orte, an denen die Handlung spielte, nur aus Büchern und Reiseführern kannte...

Ich habe beispielsweise im Roman „Die Stunde der Ghouls“ in den Nil bei Luxor Krokodile gesetzt, die Zamorra & Co. bei der Überquerung des Flusses gewisse Schwierigkeiten bereitet haben.

Natürlich habe ich diese Romane nach meinen Reiseführern geschrieben, ohne damals selbst da gewesen zu sein – wie Werner das ja auch getan hat... von Italien mal abgesehen. Dann musste ich mich einige Jahre später belehren lassen, dass es erst hinter dem Assuan-Damm im Nil Krokodile gibt.

Also, Schnappi schnappt erst hinter der Staumauer und sich bei Abu Simbel im Stausee die Füße zu waschen kann leicht dazu führen, dass man alle seine Treter zu Hause in die Kleiderspende geben kann. Den ganzen Fluss vom Assuan-Damm bis zum Delta hat man die Tiere ausgerottet. Das stand natürlich nicht in meinem Reiseführer.

Nach Ägypten bin ich übrigens erst einige Jahre nach der Zamorra-Zeit gekommen. Die Schilderungen vom Tal der Könige im 666er Zyklus sind allerdings authentisch. Den da war ich ja schon einige Male am Nil gewesen und konnte mich ganz gut umsehen.

Wer ins Grab des Haremhab geht (wenn es geöffnet sein sollte) und dem Grabwächter ein ordentliches Bakschisch gibt, den führt er auch in die geheime Kammer mit dem Bild des Osiris. Allerdings kaum zwei Mädels wie Kerstin und Sabrina, die sich in dieser Kammer ganz lieb haben. Und schon gar keinen Amun-Re, der da seine Freude dran hat. Aber das Bild des Osiris in der geheimen Kammer, das ist tatsächlich ein Bakshish wert...

Ich war im letzten Jahr wieder im Tal der Könige. Es finden derzeit neue Ausgrabungen statt. Wie bei Tut-Ankh-Amun, dessen Grab ja vergessen wurde, weil man in Pharaonenzeiten den Schutt des Aushubes für ein Grab oberhalb einfach über die Grabstelle schüttete und es damit unkenntlich machte, so vermutet man noch mehrere Pharaonengräber unter dem Boden, wo heute der Touristenweg durch das Tal führt. Genau an diesem Weg hatte man sich schon ziemlich tief in den Boden gewühlt.

Zurück zur Figur der Nicole Duval. Sie war ja ursprünglich die Tippse des Helden mit der Lizenz zum Gerettet werden. Also Zamorras Angestellte zu der er in den ersten Romanen, soweit ich sie gelesen habe und soweit ich mich erinnere, kein Verhältnis hatte. Schon gar kein sexuelles Verhältnis. Das gab es damals innerhalb der Bastei-Romane höchstens für Lassiter, weil es ja die Grundlage und Substanz dieser Art Western ist.

Wir dürfen das alles nicht mit der heutigen Zeit verwechseln. Immerhin gibt es die Serie „Professor Zamorra“ seit 1974. Das war eine andere Zeit, wo manches anders gesehen wurde. Viele, die heute die Teestunde lesen, waren damals noch nicht geboren oder zu klein, um sich das alles in Erinnerung zu rufen. Es ist ja schon „Geschichte“... wie für meine Generation der Kaiser Wilhelm.... oder die Nazis.

Ich bin 1948 geboren und habe die Not- und Hungerzeiten nicht mehr miterlebt. Aber dafür das „Wirtschaftswunder“. Und dann natürlich als Jugendlicher den „Aufbruch der 68er“. Wobei ich eben zu arbeiten hatte und an den Wochenenden versuchte, ein guter Schlagzeuger zu werden und mit der Band Erfolg zu haben.

Demonstrieren konnten nur die Studenten, die eben die Vorlesungen auffallen lassen konnten. Und die nicht acht Stunden täglich durchgehend im Geschäft standen und jeden Morgen zwei bis drei Möbelwagen mit ausräumten. Aber den Geist dieser Zeit habe ich schon mitbekommen. Wenn ich auch mehr zur der Love and Peace-Bewegung hin tendierte und mit dem geplanten Umsturz des Systems durch eine gewaltsame Revolution nichts zu tun haben wollte.

Aber die Stimmung damals, daran kann ich mich noch gut erinnern. Wenn auch in Woodstock oder in der Kommune 1 in Berlin die Grundlagen für die Abschaffung diverser gesellschaftlicher Zwänge zu suchen sind so bedeutet das nicht, dass sich sofort alles radikal änderte.

Nur wer keinen gesellschaftlichen Zwängen unterworfen war, der konnte sofort jeden neuen Trend mitmachen und anders sein. Als Möbelkaufmann beim Kaufhof hatte ich gefälligst dem Standard-Muster „Netter junger Mann von nebenan“ zu entsprechen. Das ging beim „ordentlichen Haarschnitt“ und bartlosem Gesicht los über das weiße Hemd, den Schlips und die Tuchhose mit Bügelfalte. Nur das Sakko war im Geschäft nicht notwendig – wir trugen weiße Kittel. Und so wie bei mir war das beim überwiegenden Teil meiner Altersklasse. Es dauerte sehr lange, bis wir das hatte, was wir unter „Freiheit“ verstanden.
 
Die Veränderungen, so dass man sie allgemein feststellen konnte, kamen erst ganz langsam in den 70ern.

Das ging schon mit der Kleidung los. Mein Vater ist grundsätzlich mit Tuchhose und Schlips ins Rathaus gegangen. Ich musste ja auch so rumlaufen.. im Kaufhof... in der Möbelabteilung...so wie Mamas Liebling. Aber das hat sich schnell geändert, als ich dann bei der Stadtverwaltung Kassel anfing.

Nur noch die „Alten“ trugen konventionelle Kleidung. Seit Mitte der 70er setzte sich immer mehr die Jeans durch und auf Schlipse und so was wurde verzichtet. Es sei denn, man war in einer gewissen Position. Aber noch den 60ern ging an Schlips und Kragen nichts vorbei. Genau so wenig, wie man „ohne“ in manchen Beat-Schuppen nicht rein kam. Es waren eben andere Zeiten, in die man sich versetzen muss, will man gewisse Ursprünge und Veränderungen bei einer Serie bewerten, die inzwischen schon gut 35 Jahre läuft.

Und, so Crom will, und die kaufmännische Abteilung des Bastei-Verlages, auch noch weiter laufen wird. Nur ich muss jetzt abbrechen. Denn das hier ist wieder ein „Erlkönig-Text“. Erreicht den Hof mit Müh und Not... In einer halben Stunde soll er ins Netz...

Also dann, wir machen mit Nicole und den anderen Zamorra-Mädels nächste Woche weiter...

Kommentare  

#1 Cartwing 2010-06-10 08:32
Ich wollte Nicole nicht mit Aruula vergleichen, ich habe nur gesagt, dass "immer willig" eher auf Letztere zutrifft. Dass es völlig verschiedene Figuren sind, ist mir auch klar, Rolf.

Ich denke aber, dass Werner Zamorra und Nicole nicht nur deshalb nicht trennen wollte, weil sie als Paar zusammenbleiben sollten, sondern vor allem, weil Nicole als Sidekick natürlich ebenso zum Proff gehörte, wie Suko zu Sinclair.
#2 Hermes 2010-06-10 11:15
Hallo Rolf,

hochinteressant was du so zu Nicole sagen kannst. Es klingt so, als ob Werner irgendwann angefangen hat, das reale Leben (Heike) mit der Fantasiewelt bei Zamorra (Nicole) untrennbar zu verknüpfen. Das macht es für andere Autoren natürlich nicht einfacher, da bruchlos anzuknüpfen.
#3 Pisanelli 2010-06-10 11:27
"Aruula wird sich immer, im es mal ?goreanisch? auszudrücken, ?als Frau fühlen?: Irgendwelche moralischen oder religiösen Bedenken in Sachen Sexualität sind ihr völlig fremd."
Also, Aruula ist einfach eine Barbarin, aber Matt mußte schon des öfteren feststellen, dass sie durchaus nicht immer verfügbar ist ;)
Und keine religiösen Bedenken in Sachen Sex - nun auch das würde ich bezweifeln. Aruula ist ja sehr religiös - sie glaubt an Wudan. Sex zu Ehren Orguudoos würde sie sicher nicht mitmachen.
Aruula läuft auch nicht ständig "hinter" Matt her. Sie geht durchaus ihren eigenen Weg, aber sie versucht eben beides zu verknüpfen und das ist nicht immer einfach. Aber grundsätzlich folgt sie im Großen und Ganzen schon Matt und seinen Reisezielen. Den Traum vom seßhaften Leben hat sie wohl vorerst aufgegeben. Da sind die Macher aber auch in einer Zwickmühle. Seßhaftigkeit verträgt sich eben nicht mit dem Konzept des Reiseromans.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.