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Hofnarren, Eibon oder Aibon und »große Meister«

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, Der Tee ist serviert... Du hast bestimmt noch was zu meiner beiläufigen Bemerkung vom Zamorra als Hofnarr zu sagen. Nun, tu Dir keinen Zwang an.

Hofnarren, Eibon oder Aibon und »große Meister«

Manchmal fallen mir im Zauberspiegel dann Artikel auf, zu denen ich Stellung nehmen müsste – oder möchte. Auch wenn diese Sachen manchmal schon etwas zurück liegen. Bei mir werden solche Stellungnahmen ja immer sehr lang und sind als Leserbriefe ungeeignet. So verbinde ich das Angenehme mit dem Nützlichen und mache immer gern eine Teestunde draus..

Hier betrifft es Hermanns Artikel über Jason Dark und sein geistiges Kind John Sinclair. Ein Name, der im Londoner Telefonbuch mindestens so oft vorkommt wie die Namen Jerry Cotton oder Phil Decker in New York.

 

Dagegen ist der Name ›Zamorra‹ einmalig. Selbst die Stadt »Zamora« in Spanien, die vermutlich als Namensgeber herhalten musste, hat nur ein ›r‹ im Schriftbild.. Denn das es das Reich ›Zamora‹ aus der ›Conan-Saga‹ ist (das auch im ersten Film genannt wird), das kann ich mir nicht vorstellen, wenn der Namensgeber Jason Dark ist
 
Helmut ›Jason Dark‹ Rellergerd, eigenen Angaben zufolge als Erfinder des Grundkonzeptes vom dämonenjagenden Professor, konnte oder wollte mir schon damals keine Auskunft darüber geben, woher er den Namen des Helden entnommen hat. Und auch nicht, warum eben jener Held keinen Vornahmen besitzt.  In einem der Romane vor Werner soll ihn mal einer ›Pierre Zamorra‹ genannt haben.

Aber das ist ja nicht nicht das ›hüpfende Komma‹ oder der ›springende Punkt‹ für diese Zeilen.

Da ist nämlich, was den Herrn von Chateau Montagne angeht, im Zusammenhang mit dem ewig auf Beförderung wartenden Oberinspektor vom Yard der Begriff »Hofnarr« gefallen, als würde sich der Vatikan plötzlich von der ›Unbefleckten Empfängnis‹ Mariens distanzieren. Und sofort ist das Geschrei so groß, als würde ich noch einige Sachen aus ›alter Zeit‹ erzählen, die wirklich unter den Begriff ›Privat‹ fallen.

Aber es gibt Sachen, da schweigt des Sängers Höflichkeit.

Was aber nicht bedeutet, dass ich nicht auch, wie Hermann mit seinem ›Hofnarren‹ auch mal einen Ausdruck benutze, der dann zwar meist satirische gemeint ist, von vielen Leuten aber todernst genommen wird. Nicht nur die Norddeutschen, auch wir Nordhessen haben so unsere Angewohnheiten, manches etwas drastisch auszudrücken.

Hermann kommt nun mal aus dem gleichen Land wie Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der ja auch immer ziemlich direkte und deutliche Worte benutzt hat, ohne danach zu fragen, ob er damit nicht einigen Leuten mächtig auf den Schlips tritt.

Dass mich die Art, wie Helmut Schmidt als Kanzler damals unser Land regierte dazu brachte, in die SPD einzutreten, sei hier nur mal am Rand erwähnt. Genau so wie ich aus der Partei ausgetreten bis, als er dann von den eigenen Genossen sturmreif gemacht wurde, dass durch Genschers FDP damals der Sturz eines der größten deutschen Staatsmänner gelang (ich nenne so was immer ›Freundesverrat‹).

So bekam der spätere ›Kanzler der Einheit‹ seine Chance, in die Geschichte einzugehen. Ich bin mir sicher, ein Helmut Schmidt hätte die Probleme, die bei der Zusammenführung zur neuen Einheit Deutschlands entstanden sind, besser geregelt. Doch das sind alles gedanklich Planspiele für Historiker, was wäre gewesen, wenn...

Normalerweise erwähne ich das auch kaum irgendwo, weil ich in der SPD auch mehr eine Kartei-Leiche  war. Als ich vor Jahren mal in Fanzines diverser linkslastiger Leute der SF-Szene als Neo-Nazi angegangen wurde, weil  ich mal fünfzehn oder zwanzig Jahre vorher Christian Worch gekannt habe (wie schon in der Teestunde ausgiebig erzählt), da  hat Werner in einem Artikel zur  „Ehrenrettung“ meiner Person die Karte ›Zugehörigkeit zur SPD in jener Zeit‹ gespielt. Und das war auch tatsächlich diese Zeit.

Ich wusste eigentlich gar nichts von den Angriffen aus  dem linken Lager, weil ich damals aus allen Aktivitäten des Fandoms raus war und mich um nichts gekümmert habe. Die Herausgeber dieser Unterstellungen haben mir auch weder einen Hinweis noch gar einen Abdruck des Textes zukommen lassen, in dem diese Beschuldigungen standen. Die bekam ich erst nachträglich von Werner präsentiert und bin aus allen Wolken gefallen.

Die Namen der Leute, die hinter dieser Sache standen, sind heute noch alle aktiv und im shakepear'schen Sinne ›ehrenwerte Männer‹. Da ich diese Seiten, die mir Werner damals zeigte, nicht habe, um einen Beweis anzutreten, behalte ich auch die Namen des Zines samt der Herausgeber für mich.

Aber die sollen noch mal kommen und bei mir im Klo die Brötchen einweichen wollen.... ahem....

Dennoch, Werners Stellungnahme hat dafür gesorgt, dass danach Ruhe war. Jedenfalls habe ich nichts mehr davon gehört. Es muss wohl nicht extra gesagt werden, dass Werner damals genau so von diesen Leuten angegriffen wurde. Immerhin hat auch W.K. Giesa Christian Worch gut gekannt. Nur – wir hatten unsere Gemeinsamkeiten ausschließlich in Phantastik und Fantasy.  Und da wäre aus Christian Worch mit Garantie auch ein erfolgreicher Autor geworden.

So war dann noch viele Jahre später meine Mitgliedschaft in der SPD noch mal zu was nütze. Nur habe ich danach einen heiligen Eid geschworen, nie wieder einer Partei beizutreten. Und den habe ich auch bis heute gehalten.

Aber eigentlich wollte ich ja hier nur sagen, das man eben oben an der Nordseeküste eine gewisse Art hat, alles treffend zu sagen und sich ›n'Schiet‹ drum zu kümmern, ob es den Leuten passt.

Es sei hier mal gleich gesagt, dass ich den Begriff ›Hofnarr‹ auch nicht bejubelt habe – obwohl Hermann dann in seinem Leitartikel auch diesem Wort einen Sinn gegeben hat.

Das Wort ›Experimentierfeld‹ ist sicher ein richtiger Ausdruck für den Zamorra. Und die Experimente, die wir teilweise im Zamorra gemacht haben, hat Jason Dark in gewissen Teilen, die ihm passten, auch verändert in den Sinclair übernommen. 

Nur Werner war der erste, der sich an solche Experimente  rangetraut hat. Manfred Weinland und ich schwammen nur in seinem Kielwasser.

Ein Begriff davon ist, der im Sinclair übernommen wurde, ist „Aibon“.

Wer meine Zamorra-Texte genauer liest, wird immer mal wieder den Begriff »Das Buch von Eibon« lesen. Er steht auch in den Texten drin, die ich hier in der Teestunde gebracht habe. Ich habe das »Buch von Eibon« mit einigen anderen pseudo-realen Werken der Magie wie auch dem »Necronomicon« sehr früh in die Handlung einbezogen.

Das Buch von Eibon ist ja auch keine Erfindung von mir, sondern wie einige andere Begriffe aus den Storys der ›Altmeister‹ wie Clark Ashton Smith, H. P. Lovecraft und auch Robert E. Howard übernommen.

Diese Autoren einer vergangenen Epoche haben sich damals nämlich gegenseitig diverse Begriff überlassen und so ihren Geschichten des Grauens einen pseudo-realen Hintergrund gegeben.

Seinen es Bücher wie eben jenes »Buch von Eibon«, der Band »Von Juntzts - Unaussprechliche Kulte« oder das »Necronomicon« des wahnsinnigen Arabers ›Abdul la Hazred‹. Alle diese Bücher finden sich immer wieder in den Storys amerikanischer Pulp-Autoren jener Epoche. So schufen die ›alten Meister‹ einen Pseudo-Hintergrund für ihre Geschichten, die sie zwar einzeln schreiben – wo aber der Leser Parallelen ziehen konnte.

Und weil ich bei meinem damaligen Zamorra-Konzept eben an die Werke dieser alten Meister anknüpfen wollte und möglichst auch in einigen Fällen diese wundervollen Ideen vollenden, habe ich natürlich diese Bücher immer mal erwähnt.

Leider konnte mir Werner damals nicht genügend Romane überlassen, dass ich an dieser Schiene weiter arbeiten konnte. Ich musste ja auch sehen, dass meine Handlungen sich nicht zu sehr von Werners und Manfred Weinlands parallel laufenden Handlungsebenen entfernten. Zumal dann meine Zeitreisen gut ankamen und Werner der Meinung war, hier auf die Wünsche der Leserschaft einzugehen.

Als ich dann meinen Textbeitrag zum 666er ablieferte, wollte ich anschließend an diese Schiene mit den verbotenen Büchern, den uralten Kulten und Dämonen-Göttern wieder anknüpfen. Natürlich war im 666er ein Tor zwischen den Welten geschlossen worden – aber es war nur ein Tor.

Aber wie wir wissen, wurde das, was im im Original als Ausblick auf das ›Kommen der Namenlosen Alten‹ in den letzten Seiten geschrieben habe, von Werner so geändert, dass er Tsat-Hogguah und die Blutgötzen von Atlantis mit den ›Namenlosen Alten‹ gleich setzte. Und die waren ja, seiner Meinung nach, nun für immer vernichtet. Und so konnte diese ganze Handlungsebene eben nicht realisiert.

Und so liegt das Konzept, wie so vieles andere, auf meinem geistigen Abfallhaufen. Die Sache ist jetzt auch schon zu lange her, als dass sich einer der Neu-Autoren dran machen würde, auf magischen Wege die drei Schwerter die das Weltentor sperren, zu entfernen und die Blutgötzen neu loszulassen. Das wäre auch eine Handlungsebene, die in den ›neuen‹ Zamorra nicht mehr rein passt.

Aber zurück zum Buch von Eibon....

Helmut „Jason Dark“ Rellergerd las natürlich unsere Zamorras nicht so genau, weil er ja seinen John Sinclair schreiben musste. Aber irgendwann wurde ich damals von einem Fan auf das Land „Aibon“ aufmerksam gemacht. Den anderen Lesern ist das nicht aufgefallen. Klar, es ist doch alles ganz einfach – wie ändern einen Buchstaben und haben einen neuen Begriff.

Da ist schließlich nichts Schlimmes dran. Und da Sinclair- und Zamorra-Leser zwei verschiedene Altersgruppen waren (dazu kommen wir gleich – weil das nämlich, wie ich das sehe, einer wichtigsten der Gründe für John Sinclairs Erfolg ist) ist das auch keinem aufgefallen.

Ebensowenig wie die Tatsache, dass der Name ›Salazar Slytherin‹ aus dem Harry Potter sich mächtig dem Namen der Stadt ›Salassar‹ ähnelt, wo in der BASTEI-Fantasy meine Heldin ›Sina, die Katze‹ ihre Abenteuer erlebt hat.

Nur dass diese Romane eben vor ca. 25 Jahren rausgekommen sind – und Miss Rowlings die sicher nicht gelesen hat, weil es sie nämlich nur in Deutsch gibt. Abgesehen davon hat diese Frau so geniale Ideen, dass sie nicht zu adaptieren braucht.

Womit ich mich hier mal ganz offiziell als Harry-Potter-Fan oute... wie man heute so sagt... früher hätten wir ›bekenne‹ gesagt...

Ja, der Sinclair hatte zu allen Zeiten eine höhere Auflage als der Zamorra. Das von Anfang an. Wobei, wenn ich mich recht erinnere, der Sinclair ungefähr in der Zeit als eigenständige Serie an den Start ging, als Werner im Jahr 1978 damals den ersten Zamorra schrieb und die Serie dann im Lauf der Zeit komplett übernahm. Da mögen einige Monate dazwischen liegen – aber viel war das ganz gewiss nicht.

Während Jason Dark mit seinem John Sinclair geradlinig der Horror-Schiene folgte, begann Werner im Zamorra seine Science-Fiction-Experimente. Das, was in seiner Handlung Asmodis und die Hölle darstellte, hätten auch die Vertreter einer interplanetarischen Rasse sein können, die sich anschickt, den Planeten Erde zu übernehmen. Wenn man genau liest, erkennt man die gleichen Grundmuster.

Der Meister des Übersinnlichen ging also damals schon eigene Wege, weg von der ›Grusel-Serie‹. Nachdem diverse Romane anderer Autoren in einigen Schüben noch zwischendurch mit gebracht waren - wozu dann in einer der ›Schübe‹ auch Hohlbeins »Mann der das Grauen erbte«, W.A. Harys ›Held von Zartas‹ und mein ›Krakengötze‹ gehörte - dominierten nur noch Werners Ideen, die weit über den ›normalen›‹ Horror hinaus gingen.

Als ich dann 1982 mit dem »Herrn der Grünen Hölle« richtig dazu kam und regelmäßig mitschrieb, entstand das gemeinsame Konzept, das so ziemlich alles Spielarten des Phantastischen mit drin hatte. Was allerdings auch bedeutete, dass die Romane anspruchsvoller wurden. Und zwar stiegen sie noch über die Ansprüche, die Werner schon mit seinen eigenen Ideen gesetzt hatte.

Nun sind Heftromane, wie mir immer wieder gepredigt wurde, aber keine Art Literatur, die großen Anspruch an den Intellekt des allgemeinen Lesers stellen sollte. Damals wollte ich das nicht recht wahr haben. Und dennoch hatten Dan Shocker, Jason Dark und was weiß ich wer nicht noch alles mit dieser Bemerkung recht.

Dan Shockers Spruch: »Wir wollen früher alle mal den deutschen Heftroman verbessern« trifft genau das, was Werner und ich wollten. Nur das Werner eben in deiner Schreibweise auch mehr dem Heftroman entsprach als ich, der ich lieber diverse historische Romane las, die schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hatten und ich teilweise den antiquierten Schreib-Stil übernommen habe.

Den perfekten Heftroman in Sachen Grusel und Phantastik aber schreiben nach meiner heutigen Meinung eben Leute wie Jason Dark, A.F.Morland oder Earl Warren. Ich denke, ich brauche die Namen hinter den Pseudos für euch nicht zu nennen.

Ein Heftroman muss nämlich so geschrieben sein, dass ihn nicht nur ein Erwachsener lesen kann – sondern auch ein Heranwachsender. Oder besser gesagt, der Jugendliche, der die Comics beiseite legt, weil er der Meinung ist, dass es nun Zeit wäre, ›Erwachsenen-Literatur‹ zu lesen.

Ich kann da ja nur von mir ausgehen, weil ich keinen Vergleich habe. Bei uns zu Hause wurden in den 50ern viele Hefte gelesen, wenn sie mein Vater geschenkt bekam – kaufen konnten wir uns nicht leisten. Immerhin hatten wir seinerzeit noch keinen Fernseher und es war klar, dass ich dann, als ich einigermaßen lesen konnte, auch zu den Heften griff. Meine Sigurd-Comics und sonstige Sagen- und Ritterbücher kannte ich auswendig.

Meistens waren es Wild-West-Romane, die ich schon als Kind geschmökert habe. Und diesem Genre bin ich als Leser bis heute treu geblieben. Auch wenn ich nie welche geschrieben habe – von meinen beiden »Lassiter« mal abgesehen, aber darüber reden wir ein andres Mal.

Manchmal war auch ein »Utopia-Großband« dabei, wenn mein Vater wieder neue Hefte vom Nachbarn mitbrachte. Einige davon habe ich gelesen. Aber die Technik der Science-Fiction hat mich nie sonderlich fasziniert, wenn es nicht »Nick, der Weltraumfahrer« im Comic war.

An Kriminal-Romane bin ich als Kind nicht dran gegangen. Irgendwie hatte ich davor eine Scheu. Was dann noch gelesen wurde, waren der »Landser« und was es damals in den 50ern sonst noch für Kriegsromane gab – nämlich eine ganze Palette.

Mein Vater hat nie viel vom Krieg erzählt, die Großväter auch nicht. Und meine Begeisterung für den »Landser« erstarb dann abrupt, als ich als Panzergrenadier all die Sachen machen musste, die sich da so toll lasen.

Dass mir so nach einer Übung mal der Gedanke gekommen ist, dass ich im Ernstfall zehn bis fünfzehn Menschen auf dem Gewissen hätte, hat mich zum echten Umdenken gebracht. Zumal ich nach dieser Übung (wenns Ernst gewesen wäre) gar kein Gewissen mehr gehabt hätte – weil unsere ganze Kompanie durch ›gezielten Artilleriebeschuss‹ vernichtet worden war und man dann meinen Eltern zu einem ›Heldensohn‹ gratuliert hätte.

Also habe ich als heranwachsendes Kind hauptsächlich eben das gelesen, was ›einfach‹ geschrieben war - nämlich Western. Als ich dann so um die 13 war und jeder meinte, meine Ritterbücher wären was für Kinder und in unserem Alter würde man Kriminal-Romane lesen, borgte ich mir von einem Schulfreund den ersten »Jerry-Cotton«. Es war der Beginn einer wundervollen Freundschaft, die bis heute anhält. Wie ich ja schon sagte , Unger-Western und »Jerry Cotton« sind die einzigen Hefte, die ich ziemlich regelmäßig kaufe – und auch lese.

Und noch mehr als die neuen Romane machen mir die alten »Jerry-Cotton-Classics« aus meiner Jugend-Zeit Freunde, als Jerry und Phil noch Hüte getragen und geraucht haben. Wer diese alten Romane heute liest und mit den Aktuellen vergleicht, der erkennt, dass sie damals viel, viel einfacher geschrieben waren. Die konnte eben auch ein Zwölfjähriger lesen und sich dafür begeistern.

Genau so wie sich dann die Zwölfjährigen, als die Grusel-Welle lief (die es zu meiner Zeit noch nicht gab), dann für John Sinclair begeisterten.

Hier gab es erst mal keinen großartigen Hintergrund. Man was sofort drin in der Handlung. Und auch wenn sie sich über mehrere Bände erstreckte war es für das kindlich-jugendliche Gemüt kein Problem, sofort in der Handlung drin zu sein.

Ganz klar, dass diese Kids genau auf das wöchentliche Sinclair-Heft warteten wie wir früher in der Kinderzeit auf »Micky Maus« oder »Fix & Foxi« - und später auf »Sigurd« oder »Falk« die ritterlichen Helden, »Akim« oder »Tibor« aus dem Dschungel, den Weltraumfahrer »Nick« oder »Silberpfeil« den edlen Indianer.

John Sinclair stellte das Bindeglied zwischen der einfachen Comic-Welt, in der das Bild das geschriebene Wort dominiert. Zumal es damals noch keine Privat-Programme im Fernsehen ab und Horror-Filme im Fernsehen äußerst selten waren. Den ›Nachholbedarf‹ für diese Art gruseliger Unterhaltung konnte das Romanheft damals decken.

Und genau das war die Zielgruppe, für die Jason Dark schrieb. In seiner Bibliothek habe ich nicht allzu viele ›Sachbücher‹ gesehen, wie sie beispielsweise Dan Shocker in seiner Bibliothek hatte – und bei mir stehen auch grob gesehen zweieinhalb Festmeter Fachliteratur über Grenzwissenschaften, Religionen, Dämonismus und andere Gebiete.

All diese Dinge brauchte Jason Dark nicht. Er nahm sich irgendwelche Begriffe, vermutlich überwiegend aus den alten ›Hammer-Filmen‹ und fabulierte frisch drauf los. Während unsereins lange suchte, um für die Verwandlung in einen Werwolf einen authentischen Zauberspruch zu finden, hatte Jason Dark diese Sache nicht nötig. Er schrieb dann einfach »Unheimliche Zaubersprüche klangen« oder so was. Für die Leserschaft, für die er schrieb, reichte das völlig aus.

Anlässlich eines Besuches im Verlag erklärte mir der Meister, er wolle was »mit den Templern machen«. Klar, Jason Dark hatte den Film »Die Nacht der reitenden Leichen« und seine Nachzügler gesehen. Verständlich, dass einem dann die Templer-Thematik kommt. Heute sind die Templer in aller Munde – damals waren sie noch allgemein Unbekannt und die ›reitenden Leichen‹ brachten was völlig Neues.

Mein Angebot, ihm Fotokopien von authentischem Material und spekulativ-esoterische Artikel über die ›Religion der Templer‹ zu schicken, wurde von Helmut dankende abgelehnt. Was er für seine Romane bräuchte, das wüsste er. Das stimmt auch, nämlich genau das, was man wissen sollte, um in Gesellschaft von Leuten mit Allgemeinbildung zu diesem Thema vorbringen kann, ohne sich zu blamieren.

Heute sehe ich ein, dass Helmut damit völlig Recht hatte. Denn zu viel Wissen lähmt in gewisser Weise die Kreativität. Oder es besteht die Gefahr, dass gerade bei historisch fundierten Sachen gravierende Fehler gemacht werden, was besonders Werners Spezialität bei seinen wenigen Zeit-Reisen im Zamorra war.

All diese Sachen kann man Jason Dark nicht vorwerfen. Er hat, was Überlieferungen, Historie und Esoterik angeht keine Fehler gemacht – weil er eben alles selbst erfunden hat.

Natürlich gibt es den alten Lacher, dass der lateinische Spruch aus den alten Sinclairs das Fragment eines ›Zauberspruches‹ für schmerzende Füße ist. Keinen seiner Leser hat das sonderlich berührt – und auch mein Hinweis damals, dass ein solcher ›uralter, geheimer Spruch‹ mindestens in Alt-Etruskisch gesprochen werden müsse, wurde beiläufig vom Tisch gefegt.

»Wer wird’s merken?« fragte Werner immer, wenn ich ihm später per Telefon die aus einem seiner Zamorras ausgegrabenen Schnitzer erklären wollte. Und beim Sinclair hat es schon gar keiner gemerkt.

Den lesen die Kids runter und freuten sich auf das neue Heft in der nächsten Woche. So blieben sie einige Jahre John Sinclair erhalten. Dann wanderte viele zum »Professor Zamorra« ab – oder zu anderem Lesestoff – wenn noch gelesen wurde.

Der »Professor Zamorra« war spätestens seit Werners Übernahme die Bastei-Serie für den etwas anderen und exklusiveren Geschmack. Ähnlich wie dann der »Dämonenkiller« bei der Konkurrenz.

Werner hatte hier eine Lücke gefunden um sich einerseits selbst Geschichten zu erzählen (was ich ja auch immer getan habe und heute noch tue) und zum zweiten eine Leserschicht zu bedienen, die nicht sofort zu »Perry Rhodan« abwandern wollten. Allerdings ist das dann nicht mehr die Masse der Leser gewesen, die eben die Comics beiseite gelegt und John Sinclair gelesen haben.

Jason Dark hat eine (dem Trend folgend fallende, aber) ›nachwachsende Leserschaft‹. So nach vier bis fünf Jahren wandern zwar seine Leser zum größten Teil ab – wohin auch immer. Aber es sind schon neue Leser nachgewachsen und sorgen dafür, dass sie Auflage halbwegs stabil bleibt.

Hermann hat schon ganz Recht, wenn er sagt, dass der Fall von John Sinclair den Professor Zamorra mit in den Abgrund reißen würde. Und auch damit, dass die Serie oft haarscharf an der Einstellungsgrenze lang segelt. Wäre vor zwanzig Jahren nicht von jenseits der Werra eine neue Leserschaft dazu gekommen, wäre der Zamorra seit dieser Zeit Geschichte.

In einer früheren Teestunde habe ich mal recht offen über ein Gespräch mit Jason Dark geschrieben, als er wissen wollte, warum ich keinen Zamorra mehr schreiben würde. Wenn ich mich recht erinnere, bin ich da auch was die Höhe der Auflage angeht deutlicher geworden, als ich durfte. Hermann war damals bei diesem Gespräch auf der Buchmesse dabei.

Als damals das Horror-Fandom noch aktiv war, hatten Werner und ich keine Probleme, bei den Fans für unsere Serie zu werben. Den Sinclair tat das keinen Abbruch. Die Leser liefen dann zum Zamorra über – oder lasen beide Serien. Heute gibt es kaum noch Cons ...

Also der Erfolg von John Sinclair ist einfach die Tatsache, dass Jason Dark das Alter seiner Leser kennt und genau für diese Zielgruppe schreibt. Genau so, wie die Autoren von »Lassiter« sicher den Wilden Westen besser kennen – aber »Lassiter« eben so schreiben müssen, wie ihn der Leser haben will. Auch wenn das Rudel brüllender Comanchen nur noch fünfhundert Yards entfernt ist, Lassiter findet immer noch vorher die Zeit, Conchita das zu geben, was ihr heißblütiger Körper verlangt und was sie sich in feuchten Nächten herbei geträumt hat.

Genau das macht den Erfolg der Serie aus. »John Sinclair« ist auch heute noch immer übersichtlich und man ist auch als Neueinsteiger sofort drin.

Beim Zamorra ist fast ein Studium von drei bis vier Semestern notwendig, um sich jetzt in der Handlung noch zu Recht zu finden. Der ›Baum‹ ist so aus seinem starken Stamm gewuchert, dass er gehörig beschnitten werden müsste, um echt neuen und jungen Lesern einen Einstieg zu ermöglichen.

Im antiken Rom sagte man: »Mögen die Konsuln zusehen, dass die Republik keinen Schaden erleide.« Und so kann ich nur sagen: »Mögen die Zamorra-Autoren zusehen, dass die Auflage nicht weiter abgleitet.«

Aber ich denke, ›Captain Picard‹ und ihre Crew werden ihr Bestes geben, um die Existenz des ›Zamorra-Systems‹ zu sichern.

Kommentare  

#1 c.r.hays 2010-11-04 05:44
Ich kann es kaum glauben, in welcher Weise Helmut Schmidt und seine Kanzlerschaft immer wieder verklärt werden.
Schmidt ist letztendlich von seiner EIGENEN Partei- der SPD - geschasst worden! Die FDP hat damals (1982) lediglich darauf reagiert, daß der Kanzler (Schmidt) keine Mehrheit in der eigenen Partei mehr hatte. Die SPD war schlicht nicht mehr regierungs- bzw. koalitionsfähig!
Dies sind Tatsachen! Und wenn der NATO-Doppelbeschluß, die klare Linie von Reagan und Helmut Kohl nicht gewesen wären, würde das Foltern, Morden und Unterdrücken jenseits des eisernen Vorhangs noch weiter gehen! Es ist immer wieder erstaunlich, wie Leute so leichtfertig über die Geschichte urteilen. Weil es so einfach und opportun erscheint?
Helmut Kohl ist ein Staatsmann, der Geschichte schrieb! Helmut Schmidt ist eine tragische Figur, die völlig überschätzt im Rauch der Geschichte vernebelt wird...
#2 karl 2010-11-04 07:08
Über das leidige Thema Politik will ich kein weiteres Wort mehr verlieren. Da kann man stundenlang diskutieren und kommt irgendwann ins Streiten.

Der zweite Teil dieser Teestunde war wunderbar nostalgisch und sehr schön zu lesen.
Mein Vater (1948 - 2005) erzählte mir auch immer mit Begeisterung Geschichten aus seiner Kindheit und die Fünfziger und Sechziger waren eine andere Kindheits- und Jugendgeneration als die Siebziger und Achtziger und das war wiederum eine andere Generation als die heutige.

Das Romanheft hatte seine große Zeit. Heute muß es einfach anders werden, wenn man noch weiter überleben will.
#3 Laurin 2010-11-04 09:15
Wie sagt man so schön, die (...) Kälber wählen ihren Metzger selber. Man kann den Hollywood-Präsident und den ewigen Aussitzer mit Ehrenwortsvergehen auch durch die rosarote Brille sehen! Schmidt ist mit seinen heutigen Einschätzungen jedenfalls immer noch auf der höhe der Zeit (was ich manchem SPDler heute nicht unterstellen will). Nur das eigendliche Thema war ein anderes und ich meine man sollte sich schon eher darauf konzentrieren! :-*
#4 joe p. 2010-11-04 10:27
Aber Hays, die Rolle der SPD beim Sturz von Helmut Schmidt wird doch von Rolf gar nicht vergessen. ("von den eigenen Genossen sturmreif gemacht") Ob man dann das Verhalten einer F.D.P., die zwei Jahre zuvor den Namen des Kanzlers auf ihren Plakaten hatte (und ein gutes Wahlergebnis) als "Verrat" sieht oder als "politische Notwendigkeit", ist Geschmackssache. Genausogut können Leute über das Wembley-Tor streiten.
#5 ro 2010-11-04 18:31
Man lernt immer noch was dazu. Ich dachte bisher immer, Schmidt sei über den Nato-Doppelbeschluss gestolpert. Jetzt hat ihn Kohl erfunden, genau wie die ?Wiedervereinigung? *schmunzel*
#6 Yugoth 2010-11-05 07:40
War das jetzt Zufall, dass Aibon hier erwähnt wird? Nach mehreren hundert Heften, wenn ich es richtig sehe, taucht nämlich mit #1697 "Aibons Echsenfalle" dieser Name zumindest im Titel wieder auf. Vielleicht liest der gute Jason hier heimlich mit? ;-)

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