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Petra, Damaskus, Cons, und die Exklusivgeschichten

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, da du ja ein paar Wochen weg sein wirst (und hoffentlich ach davon erzählst), setzt Du die Reihe mit Kurzgeschichten für Fanzines aus den Achtzigern fort. Was gibt es denn heute? Der Tee ist serviert...

Petra, Damaskus, Cons, und die Exklusivgeschichten

»Noch'n Gedicht!« war einer der berühmten Sprüche des unvergessenen Komikers Heinz Erhardt, das ich hier mal als Einleitung benutzen möchte. Nur bei mir ist es, weil die alten Geschichten gut angekommen sind, »noch 'ne Kurzgeschichte«.

Und die Geschichte, die ich heute mal bringe, ist für mich tatsächlich eine ›Kurzgeschichte‹. Aber ihr werdet es überstehen, wenn ich mal kein so abendfüllendes Programm biete, weil ich nämlich heute in einer Woche schon in Damaskus bin.

 

Eine Rundreise durch Jordanien und Syrien von zehn Tagen, die ich einfach machen muss, weil es zu viele Dinge zu sehen gibt, wo ich immer schon mal hinwollte.

Von Amman geht es zu den Wüstenschlössern der Sultane und nach dem altrömischen Jerash, dem antiken Gerasa, auch das ›Pompeji des Ostens‹ genannt. Von dort geht es nach Syrien, dass erst jetzt wieder vorsichtig von Touristen bereist wird, weil es bis vor kurzem noch zu den unsicheren Staaten gehörte.

Zuerst in die Hauptstadt Damaskus, wo es neben der großen Omajaden-Moschee und dem Mausoleum des Saladin auch noch das Tor zu sehen gibt, wo Paulus durch die blendende Sonne seinen Reitunfall in Verbindung mit einer Erscheinung hatte.

Über die Stadt Palmyra der Königin Zenobia, die sich gegen Rom auflehnte und dann von Kaiser Aurelian hinter seinem von vier Hirschen gezogenen Triumphwagen durch Rom laufen musste, geht es über die Stadt Hama zum ›Krak des Chevaliers‹, die größte bekannte Kreuzritterburg.

Ansonsten liegt dann wieder zurück in Jordanien der Berg Nebo auf der Strecke, von dem aus Moses ins Gelobte Land gesehen hat – übrigens seine Heiligkeit Benedikt Ratzinger auch. Naja, und jetzt ich... ähem...

Über die Kreuzritterburg Kerak geht’s zum Roten Meer, wo ich dann vielleicht doch mal meinen Freischwimmer machen werde. Hiernach der Höhepunkt – die Felsenstadt Petra, bekannt aus dem dritten Indiana-Jones-Film, weshalb ich da nicht viel drüber zu schreiben brauche. Ich setze auch voraus, dass die Stadt Akaba am Toten Meer durch den Film »Lawrence von Arabien« ebenfalls bekannt ist. Ich will mal nachsehen, ob die Kanonen tatsächlich nur seewärts zu richten waren. Und im Wadi Rum, wo seinerzeit der im gleichen Film von Anthony Quinn gespielte ›Auda von den Hobitat‹ seine Zelte hatte, geht’s dann noch mal auf die Kamele. Sicher werden einige aus der Reisegruppe auch mit Jeeps auf den Wüstenpisten  brausen. Aber für mich gibt es nichts Schöneres, als auf dem schwankenden Rücken eines Kamels durch die  Wüste zu reiten. Da kommt der kleine Junge mit seinen ›Kara-Ben-Nemsi‹-Träumen in mir wieder raus. Ja, danach zurück nach Amman und mit dem Flieger zurück – inch Allah.

Hach, was könnten das für schöne Geschichten werden, wenn ich die Erlebnisse und Eindrücke aus Ländern, die wirklich noch ›Orient sind, in eine Roman-Handlung mit einbauen könnte. Aber diese Sachen habe ich nach jeder meiner größeren Touren auch Werner vorgeschlagen – wie wir wissen, vergeblich.

Werner selbst hat ja nach seinen eigenen Worten immer das gereicht, was er aus Büchern und Reiseführern über ferne Länder und Leute wusste – wie es Karl May damals ja auch gereicht hat. Für mich war das auch so lange  das ›Evangelium‹, bis ich beispielsweise Ägypten bereist habe. Da erst habe ich diverse Fehler in meinen Zamorra-Romanen festgestellt. Aber wie sagte Werner immer so schön: »Wer wird’s merken?« Nur in Italien, wo wir mit Werner zwei Mal waren, da stimmt alles. Aber das hat er ja auch selbst gesehen und erlebt.

Schwamm drüber, Strich drunter und Asche drauf! So brauche ich wenigstens kein Reisetagebuch zu führen, wo ich mir zusätzliche Besonderheiten notiere und unnötige Fotos zu machen, weil ich immer noch an meiner alten Rollenfilm-Kamera hänge.
 
Um in der Zeit, wo ich bei den Arabern unterwegs bin, die Teestunde nicht ausfallen zu lassen, gibt es eben in den nächsten drei Wochen etwas kürzere Geschichten, bevor wir uns wieder anderen Dingen wie z.B. mich den anlässlich seines Geburtstags geplanten weiteren Erinnerungen an Hubert ›Hugh Walker‹ Straßl“ zuzuwenden.   

Vorerst aber, wie üblich, gewisse einführenden Erklärungen zu den Storys.  Die sind notwendig, denn über zu viele Sachen ist die Zeit hinweg gegangen – und man muss diese Geschichten eben aus seiner Zeit sehen. Wie z.B. die antiken Satiren römischer Autoren der Kaiserzeit, über die vielleicht die Römer lachen konnten, die aber heute höchstens noch weltfremde Stubengelehrten wirklich in Erheiterung bringen. Selbst die »Ars Amanti« des Ovid, die »Liebeskunst«, die in Rom einen solchen Skandal auslöste, dass Augustus den Autor nach Pontus ans Schwarze Meer verbannte, würden heute nur noch bei einem Altphiologen fortgeschrittenen Alters erotische Gefühle wecken.

Also, ohne einige Worte vorher sind die meisten meiner Geschichten aus der damaligen Zeit nicht zu begreifen. Und auch die von Werner nicht – wenn sie speziell für das Fandom geschrieben wurden. Und das wurden ja die meisten Storys, weil die Clubleiter und Fanzine-Herausgeber damals wahnsinnig nerven konnten. Jeder wollte eine Geschichte für sein Zine – und die möglichst exklusiv. Allerdings gab es meines Wissens damals nur ein Zine, das grundsätzlich keine Nachdrucke machte – damals wenigstens – heute schon. Ich meine damit den „Zauberspiegel“. Quod erat demonstrantum! Aber Hermann hat ja akzeptiert, dass man auf diese Art „Kulturgut“ (ahem) erhalten kann. Denn es ist kaum anzunehmen, dass nach meinem Abschied von dieser Welt die Mappe mit den alten Sachen die Entrümpelung übersteht. 

Die Story in dieser Woche wurde tatsächlich speziell für einen Clubleiter geschrieben, der so herrlich nerven konnte, dass ich ihm irgendwann mal auf einem Con versprach, ihm tatsächlich was Exklusives zu machen. Und – er durfte dann in der Geschichte auch mitspielen.

Den bürgerlichen Namen haben die Winde der Zeit aus meinem Großhirn geblasen. Aber im Fandom war er nur bekannt unter dem Namen »Der grüne Ghoul«. So hieß, wenn ich mich recht erinnere, auch sein Fanzine. [Das war Ralph Göpfert aus Wuppertal, Anmerkung hva]

Aber nicht nur der Grüne Ghoul ist mit dabei, sondern auch neben diversen Heftromanhelden noch einige andere damals bekannte Figuren der Szene. Klar, Hexen-Hermann ist dabei, dazu Manni Feuerriegel und last not least Dan Shockers Privatsekretär Uwe Schnabel, der bekannterweise seinerzeit mit seinem Verbrauch an Coca-Cola dafür sorgte, dass den Aktionären in Atlanta eine satte Dividende ausgezahlt werden konnte.

Die ›markante Gestalt mit dem schwarzen Bart‹ ist übrigens W.K.Giesa, der damals tatsächlich kannenweise Kaffee in sich hineingeschüttet hat. Und möglichst nach einem alten Indianer-Rezept aus Texas gekocht.

Ein Kaffee, wie Werner ihn mochte, musste heiß wie die Liebe, schwarz wie die Hölle und so stark sein, dass er einen alten Mann aufs Pferd hebt und Tote aufschreien lässt. Das Rezept für „Texanischen Kaffee“ ist ganz einfach. Man kocht Kaffee und wirft dann ein Hufeisen hinein. Wenn das unter geht, ist der Kaffee nicht stark genug.   

Die anderen mitwirkenden Herrschaften aus den Horror-Phantastik-Serien der damaligen Zeit brauche ich sicher nicht besonders vorzustellen. Sie zu kennen gehört für einen Zauberspiegel-Leser zur Allgemein-Bildung.

Wie alle anderen Kurzgeschichten wurden auch diese unter meinem Pseudo »Erlik von Twerne« geschrieben. Unter meinem bürgerlichen Namen habe ich erst Schriftliches veröffentlicht, seit Dr. Helmut Pesch damals ohne mich zu fragen eben diesen Namen auf mein erstes Fantasy-TB gesetzt hat. Und dabei ist es dann, von Heften abgesehen, auch geblieben. Und natürlich ist wieder etwas die Feile über den Original-Text geglitten.

Also dann.. Vorhang auf... Film ab....
Mahlzeit 
„Hunger!“ Die Ausprache der Kreatur, die  wie eine entfernte Parodie auf ein menschliches Wesen wirkte, klang wie eine Mischung des grollenden Angriffs-Brummen eines gereizten Bären mit dem Keckern einer Elster,  die einen besonders schön glitzernden Gegenstand in ihr Nest geschafft hat.

Ja, Hunger wühlte in seinen Eingeweiden. Wie ein reißendes Tier tobte dieses Gefühl in ihm und riss sein Innerstes förmlich auseinander.

Hunger! Und dazu musste er diesen Anblick ertragen, der sich ihm bot...

Hunger! Nagender Hunger – während sich vor ihm und um ihn herum die Tische bogen, auf denen Schüsseln und Platten mit den ausgesuchtesten Köstlichkeiten zum Verzehr standen.

Hunger! Er hatte Hunger! Und die Festgäste, die ihn umgaben, schwelgten in einer wahren Fressorgie.

Kerzen spendete, von blank geputzen Messingscheiben reflektiert, mildes Licht in dem gewaltigen  Saal auf der alten Bastei. Blakender Fackelschein malte irrlichternde Schatten an die Wände der hochgewölbten Halle, in der mehrere große Festtafeln gerichtet waren. Durch aufmerksame Diener, die in den Tagen ihres Lebens einst Menschen waren, wurden immer neue Mengen an kulinarischen Köstlichkeiten aus aller Herren Länder herbei geschafft.

Jason Dark, der hohe Herr der Halle, achtete als aufmerksamer Gastgeber peinlich darauf, das jeder seiner illustren Gäste von den knöchernen Gestalten mit den seelenlosen Auge und den  pergamentgelben Hautfetzen über dem Gerippe aufs Beste bedient wurde. Auch der anspruchsvollste Gourmet kam bei diesem Gastmahl  voll auf seine Kosten.

Genießerisch schlürfte Dan Shocker, dem man als besonderem Ehrengast an der Tafel den vorzüglichsten Platz eingeräumt hatte, eine rubinrote Flüssigkeit aus einem Pokal aus kunstvoll geschliffenem Kristall. War das, was er trank, wirklich das, was alle hofften, annehmen zu dürfen? In den Facetten des Kristalls glich der Trank einem roten Burgunder.

Aber war es wirklich Wein, was jener geheimnisumwitterte  Dan Shocker hier trank? Befremdet glaubten einige Gäste gesehen zu haben wie sich die Oberlippe genießerisch nach oben schob und ein raubtierhaftes Gebiss freigab. Zähne von der Art, mit denen ein Leopard seiner Beute mit einem einzigen Biss die Kehle zerreißt.

War der Trank wirklich der Saft der Reben, den ihm einer der unheimlichen Diener, um deren skelettierten Körper Fetzen der ehemals weißen Gewänder flatterten, mit denen man sie vor undenklichen Zeiten in ihren Särgen zu ewigen Ruhe gebettet hatte, eingeschenkt hatte? Oder war es echtes Blut? Der Lebenssaft eines Menschen, den man in den grauenhaften Verliesen der Bastei  aus den geöffneten Adern in die Karaffe aus Bleikristall fließen ließ. Niemand wusste etwas Genaues und keiner der Gäste wagte es, auch nur an so was zu denken. Geschweige denn brachte jemand der Anwesenden den Mut auf, jenen Dan Shocker, um den sich geheimnisvolle Legenden rankten, direkt danach zu fragen.

Doch es hatte sich herum gesprochen, dass Jason Dark heute zur Feier des Tages jeden Wunsch seiner Gäste erfüllen würde.

Jeden! Auch wenn er noch so absonderlich war.

Hunger! Großen Hunger!! Gewaltigen Hunger!!!

Das sonderbare Wesen, das halb  gebeugt mit schlurfenden Schritten die Halle durchzog, konnte die wahnsinnige Begierde in seinem Inneren kaum bezähmen. Alle aßen – nein, besser sie schlemmten – oder noch besser – sie fraßen – und - zwischen mehr animalischen als menschlichen Essgeräuschen zuzuordnenden Laute – das Mahl schien ihnen nicht  nur vorzüglich zu munden, auch hörbare Austritte von Luft aus der oberen und unteren Öffnung des menschlichen Körpers zeigte an, dass hier schon die höheren Grade der Sättigung erreicht wurden.

Mit gierigen glitzernden Augen sah das Wesen mit der Haut in der Farbe des blühenden Sommerwaldes eine fröhliche Horde junger Männer beim ausgedehnten Schmause.

Einer dieser lustigen Gesellen, ein breitschultriger Wikingertyp mit hellem Vollbart und vollem, bis in den Nacken fallendem Haar, fischte eben mit blank gezogenem Schwert knusprig gebratene Hühner von einer Platte, die zwei Diener mit Mühe vorbei trugen.

„Das ist ja Hexerei, Hermann!“ rief man laut, als der Mann vom Elbdeich dieses Kunststück immer wieder fertig brachte und die knusprig gebratenen Hühner den anderen Zechgenossen zu schleuderte.

Vor Neid zischelnd stellte das Wesen fest, wie diese ganze Bande zugriff, kräftig einhieb und Fetzen des knusprig gebratenen Hühnerfleischs verschlangen.  Die vorher sprudelnde Unterhaltung  ging über in ein Schmatzen und Schlürfen und nur eine untersetzte, schwarzhaarige Gestalt, die man eigentlich nur unter der Bezeichnung „Kampfkugel von Bremen“ kannte, brachte hier und da zwischen dem Kauen noch diverse Sprüche hervor.

Sprüche, die den anderen Anwesenden nach einer gewissen Zeit auf die Nerven gingen. Und so kam es, dass irgendwann eine grollende Stimme mit dem Satz Ruhe schaffte: „Halts Maul, sonst gibt’s Feuer und dann mache ich dir einen Riegel vor die Schnauze!“

„Halt den Schnabel!“ kam es wie eine Antwort aus einer Ecke. Doch es war kein Beitrag oder Kommentar zu der Rede, die eben für Ruhe und Gemütlichkeit gesorgt hatte. Nein, in diesem Augenblick rauschte eine wohlgenährte Gestalt durch die Halle und torkelte auf die Hühnerbein-Verzehrer zu. Sein Rauschzustand war ganz klar zu erkennen. Es war ein totaler Coca-Cola-Rausch.

Das unheimliche Wesen schlich weiter durch die Halle. So köstlich die Horror-Hühner dufteten – für ihn war es als Speise genau so abwegig als wollte man einen Löwen mit Spinat oder Krautsalat füttern.

Alle hatte die köstlichsten Speisen, die sich der Erfindungsreichtums menschlicher Kochkunst von Lucullus  bis McDonalds erfinden konnte. Nur das, was er suchte - das war nicht da. Jedenfalls hatte er es noch nicht gefunden.

Aus den Augenwinkeln beobachtete er zwei hochgewachsene Männer mit  schlanker, drahtiger und doch muskulöser Gestalt mittleren Alters, die sich über die Vorzüge der französischen und der englischen Küche stritten. An der gewählten Konversation war zu erkennen, dass der Franzose einen akademischen Grad haben musste und vermutlich sogar ein Professor war. Aus den Reden des anderen Mannes war zu entnehmen, dass er im Polizeidienst ihrer britischen Majestät stand.

Die Gestalt im blütenweißen Anzug, die sich neben den beiden Diskutanten aufgebaut hatte und ihnen aufmerksam zuzuhören schien, war schon viel sympathischer.

Sie aß nichts. Aber sie schüttete  kannenweise Kaffee in sich hinein. Und auch wenn aus der Zigarette kein Rauch kam, weil sie nicht aus Tabak gerollt, sondern mit Schokolade gefüllt war, das Wesen wagte es einfach nicht, die markante Gestalt mit dem fast schwarzen Vollbart und dem Dallas-Gedächtnis-Hut auf dem halblangen dunklen Haar anzusprechen. Nur seinen Namen hörte er immer wieder flüstern. Roberto Alimento oder so was...

Weiter schlich das grauenhafte Wesen durch die Halle. Es wurde von allen wahr genommen. Aber von niemandem angesprochen. Niemand wusste mit diesem merkwürdigen Gast mit dem sonderbaren Aussehen etwas Rechtes anzufangen. Und aus dem erst schlurfenden Gang wurde nun ein eigenartiges Hoppeln.

„Was bist du denn für ein komischer Heiliger ohne Ikone, Tawaritsch?“ fragte eine breitschultrige Gestalt, zwischen dessen wild zerzausten Bart der Mund nur deshalb zu erahnen war, weil in ihm eine zerknitterte Zigarette hing, die ganz offensichtlich Marke Eigenbau war. Vom Akzent in der Stimme konnte der Mann nur einer Nationalität angehören – Russe.

„Sicher ist das der Glöckner von Notre Dame, der einer alternativen politischen Bewegung beigetreten ist und seine Gesinnung durch seine Haut ganz offen zeigt!“  erklärte ein hochgewachsener Nordlandtyp, der in seinem Pass als Wohnort eine gewisse Insel mit der sonderbaren Bezeichnung „Marlos“ angegeben hatte. Wer genau hinsah, konnte erkennen, dass sich sein Gesicht zeitweilig in einen Totenschädel verwandelte.

„Nein, Mijnheers, das ist der grasgrüne Steinfresser oder der Hulk aus Tolkiens Auenland!“ setze ein dritter Mann mit dem unverkennbaren Akzent eines Holländers hinzu. Vorher hatte er geistesabwesend in einem Buch mit dem Titel „Wie werde ich Magier“ geblättert.

„Nun lass dich mal nicht von X-Ray 3 erwischen!“ Mit diesen Worten klopfte die bärenhafte Pranke des Russen der kleinwüchsigen Gestalt des Wesens so auf die Schultern, dass ihr die Knie weich wurden. „Wenn der dich so sieht, dann gibts echt Larry. Verzieh dich lieber irgendwo hin, wo du einen brennen kannst.“

„Und geh besser auch dem Tony aus dem Wege!“ empfahl der Holländer. „Der ballert sonst mit seiner Weihwasserpistole...!“

„Hunger!“ würgte das Wesen hervor. „Großer Hunger!! Gewaltiger Hunger!!!“

„???“ machte man in der Runde, zu der sich nun auch der Engländer und der Franzose gesellt hatten.

„Essen!“ sabberte das grüne Ungeheuer. „Viel Essen!! Mächtig viel Essen!!!“

Die Umstehenden sahen sich erst einmal befremdet an. Immer wieder fixierten sie die sonderbare Gestalt mit den langen, affenartigen Klauenhänden, die in an Grabschaufeln erinnernde Nägel ausliefen und fast den Erdboden berührten. Besonders die schmutziggrüne Haut wirkte in dieser exklusiven Gesellschaft etwas befremdlich.

Doch plötzlich verstanden alle. Dieses hier war eins der Geschöpfe, dass sie alle in gewissen Abständen immer mal bekämpfen mussten. Dieses Exemplar schien jedoch etwas Besonderes zu sein.

Das Kreuz wurde diskret in die Jacke zurück geschoben und das halb geöffnete Hemd mit der darunter hervor lugenden Silberscheibe wieder geschlossen. Man war heute ja zum Feiern hier und nicht dienstlich. Und die Probleme dieses Wesens waren für Leute vom Fach eigentlich ganz klar zu erkennen.

Augenblicke später war Jason Dark informiert. Der Mann, der Millionen in seinen Bann schlug, eilte sofort herbei und wollte wissen, wo das Problem liege.

Unartikulierte Krächzlaute und ein nur halb verständliches Gebrabbel klangen auf, als das Albtraumwesen seine Wünsche vorbrachte.

Der Gastgeber nickte verstehend. Einige rasche Befehle und drei der unheimlichen Diener verließen mit klappernden Knochen die Halle.

Kurze Zeit später eilten schattenhafte Gestalten mit Pickeln und Schaufeln zum nächsten Friedhof. Nasen schoben sich in den Wind, um Witterung aufzunehmen. Den Gestank des Todes. Leichenwind, der zwischen den Grabsteinen wehte.

Nach kurzen Suchen war ein frisch aufgeworfenes Grab gefunden...

Die Nase des Grünen Wesens schien sich nach oben zu kräuseln, als die Diener des Grauens mit einem lehmbeschmierten Sarg zurück kehrten. 

Das.... jaaaa... das würde ihm behagen. Und es würde ihn satt machen.

Es klang wie der dumpfe Ton einer gewaltigen Totenglocke, als der  Sarg vor ihm abgesetzt wurde.

„Mahlzeit, grüner Ghoul!“ sagte Jason Dark...


Ende
Ach, das waren schöne Zeiten damals im Fandom... man könnte vor Nostalgie zerfließen. Aber heute nicht mehr.

Bis nächste Woche also...
 

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2011-02-10 20:00
Bin schon auf den Reisebericht von dir gespannt.
Ich werde mir im Urlaub ein paar diese Plätze anschauen, über die ich in meinem Artikel über die Philippinsche Mythologie berichtet habe - falls mir mein Chef wirklich die 3 Wochen Urlaub im Sommer gibt.

Ach ja, die Story mit dem Ghoul weckt wirklich nostalgische Erinnerungen. :)
Wenn ich mich recht entsinne stammt das Wort Ghoul ursprünglich aus dem ägyptisch/arbischen Sprachkreis (Ghula) und war ein Wesen mit dem Aussehen einer menschlichen Frau. Sie lockte Menschen in ihr Behausung und verspeiste Sie. Gegen Tote, die in der Wüste rumlagen war sie aber auch nicht abgeneigt.
#2 Kongo Müller 2011-04-11 19:38
Immer wieder taucht auf diesen Seiten der Name des "Grünen Ghouls" auf. Angeblich soll dieser einmal bei einem Interview den Stecker gezogen haben. Ansonsten erfährt man nichts Genaues über diesen Fan. Vielleicht kann ja jemand Abhilfe schaffen und ein Portrait von ihm schreiben? Dann wäre meine Neugierde befriedigt.

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