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Power Püppchen

StoryPower-Püppchen

Ich bin doch kein Modepüppchen. Trotzdem färbe ich meine Haare zu Tode. Ich habe mich schon mal nach guten Perücken umgesehen, aber die erschwinglichen sehen aus wie Auslegeware aus dem Baumarkt und für die guten Perücken kann ich mir ein gebrauchtes Auto kaufen.

Aber was soll ich machen? Mein Lebensabschnittsgefährte ist ein Dämonenjäger, der Vampire, Werwölfe, Zombies und anderes Höllengezücht erledigt. Wenn man so einen illustren Partner hat, ihm gar zur Hand geht, dann kann man nicht den Billigfriseur nehmen und die Haare schonend waschen. Da braucht man schon ein extravagantes Outfit. Da kann man nicht immer dieselbe Frisur tragen. Dann muss schon des Öfteren von schwarz zu blond, von rot zu Kastanie wechseln. Trends müssen gesetzt werden. Der Held will was fürs Auge… Auch er hat Hormone und ich halte sie im Fluss, damit er, nachdem er die Erde, das Universum und die umliegenden Gemeinden und Marktflecken gerettet hat, mal was zur Entspannung vorfindet.

Ich bin eine Powerfrau. Ich bin schlau, kann mich wehren. Schießen ist meine Leidenschaft, aber manchmal fühle ich mich, als wäre ich ein blondes Dummchen. Ich stehe mit beiden (wohlgeformten) Beinen fest im Leben.

Aber dann passiert’s… das muss ein Gendefekt sein. Anders kann ich es mir nicht erklären. Immer wenn ich besonders mutig sein will, tue ich Dinge, wie in Panik zu geraten, meine Waffen wegzuwerfen, in den Keller (aus dem es keinen Ausweg gibt) zu rennen und dann noch die Taschenlampe wegzuschmeißen. Und schon sitze ich in der Falle, aus der mein Held mich retten muss.

Auch wenn mein Held verschwunden und möglicherweise tot oder zumindest doch in großer Gefahr ist, fange ich nicht etwa an, meine Silberkugelpistole zu greifen und ihn zu suchen, sondern löse mich beinahe augenblicklich in Tränen auf. Sein Freund tröstet mich wortreich, aber trotzdem erfasst mich Panik, die sich erst wieder gibt, wenn mein Held zurückkehrt. Bisher ist er das immer. Aber was wenn nicht? Drehe ich dann durch? Muss ich in die Geschlossene? Meine Knie werden weich… Ich… Ruhig, Blondie, ganz ruhig. Er ist nur auf dem Klo.

Woran liegt das? Ich kann’s mir nicht erklären. An seiner Seite werde ich zum Superweib, aber kaum ist der Bursche mal eben Zigaretten kaufen oder Bier holen, öffne ich Vampiren die Tür, die mich dann entführen und auf ihrem Altar opfern wollen, um irgendeinen dahingeschiedenen Magier/Obervampir/Dämonen wiederzubeleben. Mit meinem Blut! Als wenn’s Schweineblut nicht auch täte. Was ist so besonderes an meinem Blut. Ich habe Blutgruppe 0. Das haben die meisten. Die sollen mich doch nur in Ruhe lassen.

Dabei ziehen sie mich immer aus. Ich bin ständig erkältet, weil ich auf diesen Steinaltären herum liegen muss. Man merkt, dass die meisten Vampire Männer sind. Ob tot oder nicht. Testosteron ist nicht tot zu kriegen. Ein paar Titten und eine hübsche Muschi spornen sie immer an. Nur einmal, wünsche ich mir am Ende einer Entführung angezogen zu sein.

Aber immer dann (man kann sich dran gewöhnen), wenn der Obsidiandolch niederfährt, erscheint pünktlich mein Freund, schießt dem Schwarzen Priester oder Obervampir den Dolch aus der Hand und boxt mich raus.

Meistens folgt ihm sein bester Freund und erledigt den Rest (und schlägt sich dabei irgendein Körperteil blutig und dann brummt er wieder irgendwas von ruinierter Kleidung). Und noch während er die letzten Diener des Obervampirs erledigt, überfällt mich der unwiderstehliche Drang, mit meinem Heldenschatz zu knutschen. Mehr fällt mir nicht ein. Ist das nicht beschämend?

Hat das der Feminismus gewollt? Hat Alice Schwarzer dafür die Emma gegründet? Ich schäme mich wirklich, so eine Frau zu sein.

Coitus Interruptus? Das ist bei uns der Normalzustand. Immer wenn wir mal einen Abend kuscheln wollen, er die Barry Manilow Platte auflegt und ich in was knappes Schwarzes schlüpfe und mich mit den Strapsen quäle, er dann seine Hände über meinen heißen Körper gleiten lässt und mit seinem Liebeskrieger meine Lusthöhle erkunden will, um uns in den Rausch der Ekstase versinken zu lassen, klingelt das Telefon oder eine Horde Werwölfe stürmt unser Schlafzimmer, das Knurren klingt irgendwie beifällig und nervt.

Ich möchte mal wieder ungestört Sex haben. Aber nein. Nie und nimmer.

Andere Frauen rettet er auch. Ich habe mir die Eifersucht schon abtrainiert. Immer wieder schleppt er irgendeine Tussi durch die Weltgeschichte, die auch gerettet worden ist. Alle sehen ihn mit diesem Blick an, der da sag: Unter meiner Kleidung bin ich nackt und du kannst mich haben…

Da soll man nicht verrückt werden.

Und schon klingelt es wieder. Wer mag das wohl sein. Ich öffne. Ach, Du großer Herrgott, ein Monster. Geht das schon wieder los?

Aber das wissen Sie ja alles selbst, Sie lesen ja Heftromane…

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