Die Gestalt auf der Klippe
Die Gestalt auf der Klippe
Die gleich folgende Geschichte über die Gestalt auf der Klippe stammt aus der Feder eines bekannten Autors. Aber von welchem? Wer einen noch unbestimmten Preis gewinnen möchte, hat bis zum Sonntag, den 28. September 2014, 23:59:59 Uhr Zeit, die Lösung an gewinnspiel(at)zauberspiegel-online.de zu senden ...
Der Mann war aus dem Nichts aufgetaucht und war in diesem Moment nicht mehr als ein konturenloser Schatten vor dem rötlichen Abendhimmel.
Ein scharfer Wind strich über die Küste von Cornwall. Die grauen Fluten des Atlantiks spülten machtvoll gegen die steilen Klippen.
Der seltsame Mann stand am Rand des hohen Kliffs und machte einen bedrohlichen Eindruck, obwohl er sich überhaupt nicht bewegte. Er trug eine altertümliche, lange Pelerine mit einer Kapuze. Jenny setzte ihr Fernglas an die Augen, konnte den Fremden aber nicht deutlicher sehen. Die Dämmerung verdichtete sich, und die Gestalt auf der Klippe wurde eins mit der Dunkelheit.
Am nächsten Morgen stand Jenny früh auf. Niemand im Hotel war wach, als sie das Haus verließ. Sie ging zum Strand hinunter. Das heisere Geschrei der Möwen hallte ihr entgegen. Sie hatte sich an diesem kühlen Herbstmorgen eine Wollmütze über die Ohren gezogen und trug einen dick gestrickten Pullover und hohe Gummistiefel. Jenny konnte es nicht erklären, aber irgendetwas zog sie mit unwiderstehlicher Macht zur Klippe hin.
Sie blieb dort stehen, wo an den vergangenen Abenden der düstere Mann gestanden hatte, der ihr nicht mehr aus dem Sinn ging. Sie war seit einer Woche an der Atlantikküste, um im Auftrag ihrer Universität Seevögel zu beobachten. Außer dem kleinen, wenig besuchten Hotel an der Küste bei Land’s End, in dem sie Quartier gefunden hatte, gab es nur ein paar Fischerhütten in dieser weltabgeschiedenen Gegend. Fremde fielen sofort auf, und wer ging schon in der Dunkelheit so dicht an der Kante spazieren, wo ein Fehltritt den Tod bedeuten konnte?
Jenny schaute auf das blaugraue, aufgewühlte Meer hinaus, dessen dunkles, an- und abschwellendes Brausen im Gezeitenstrom in ihren Ohren klang. Unterhalb der zerklüfteten Steilwand sah sie einen wettergegerbten Mann in hochschäftigen Stiefeln mit einem Weidenkorb. Jenny schlenderte ihm entgegen.
„Man findet noch immer etwas“, sagte der Fischer. Er schaute zu Jenny hoch. In seinem Korb lagen Holzteile, die das Meer an den Strand geworfen hatte. „Die Klippen geben nichts an die See zurück.“
„Von was sprechen Sie?“
„Hier sind früher Schiffe gestrandet.“ Der Fischer musterte sie misstrauisch.
„Kennen Sie einen Mann der jeden Abend auf der Klippe spazieren geht?“ fragte Jenny.
Der Fischer schaute zu Boden. Er zuckte mit den Schultern.
„Vermutlich der alte Jonathan. Er sieht nach den Signalfeuern.“
„Nach welchen Feuern?“ fragte Jenny. Aber der Fischer ging weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen.
***
Am Spätnachmittag prasselte das Feuer im Kamin der Hotelhalle. Ein Sturm war aufgekommen und tobte über der Küste.
„Werden hier Feuer am Strand angezündet?“ fragte Jenny, als der Butler den Tee brachte.
„Schon lange nicht mehr.“ Der grauhaarige Mann senkte die Stimme. „Vor über fünfzig Jahren, als ich noch ein Kind war, gab es Strandräuber hier. Bei stürmischem Wetter zündeten sie am Strand Feuer an und lockten die Schiffe auf die Klippen.“
Seine Stimme wurde noch leiser: „Ihr Anführer war Jonathan Fallwell, ein Fischer aus der Gegend. Eines Tages kamen Soldaten, als die Lockfeuer schon brannten. Fallwell stürzte bei seiner Flucht über die Klippen.“
***
Jenny stand am Abend am Fenster ihres Zimmers. Sie sah den düsteren Mann wieder auf der Klippe stehen und unverwandt auf das Meer starren. Der Sturm toste und heulte, und Jenny fühlte ihr Herz schneller schlagen. Irgendetwas schnürte ihr fast die Kehle zu.
Kurzentschlossen griff sie nach ihrem Regenmantel und verließ das Hotel. Mit großen Schritten eilte sie zur Küste hinunter. Eiseskälte erfasste sie, je näher sie dem Wasser kam. Deutlich sah sie die hohe Gestalt auf dem Kliff. Regen klatschte ihr ins Gesicht. Sie rannte weiter.
Vielleicht zwanzig Schritte noch trennten Jenny von dem Mann – da glitt er plötzlich vornüber vom Kliff. Seine Pelerine flatterte; dann war er verschwunden.
Jenny stürmte wie von Sinnen auf die Klippe. Entsetzt starrte sie in die tintenschwarze Tiefe, wo sie ein hochaufloderndes Feuer zu sehen glaubte, während sich weit draußen auf der tobenden See die Umrisse eines Schiffes zeigten.
Angst ergriff sie. Durchnässt wich sie zurück. Vom Hotel hasteten Menschen durch die Regenschleier heran und riefen nach ihr.
„Da, Feuer!“ keuchte Jenny.
Sie deutete zum Strand hinunter. Aber da war nichts: Kein Mann, kein Schiff, kein Feuer.
Brüllend schlug das Meer gegen die Steilküste. Weißer Gischt tanzte auf den Wellen.
„Was ist passiert?“ Der alte Butler des Hotels blieb vor Jenny stehen. „Mein Gott, Sie sind ja ganz blaß, und…“
„Es ist nichts“, sagte Jenny. Sie fühlte wie die eisige Kälte, die sie erfüllt hatte, aus ihrem Körper wich.
Es war Jonathan, dachte sie – aber sie sagte es nicht …
Na, eine Idee wer der Autor ist?
Kommentare
Jepp. Dieser Tipp geht. Diese Geschichte ist bereits professionell (ja ein Zusatztipp) veröffentlicht worden.
Ich weiß nicht so recht, ob ich jetzt begeistert davon bin, dass man sich hier anscheinend mit einem bereits bestehenden Usernamen anmelden kann.
Andererseits poste ich hier so selten ...