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Die Zeitkamera

StoryDie Zeitkamera

Natürlich hatte ich mich an eine der großen Fernsehgesellschaften wenden können, doch mir war eine der kleinen unbedeutenden New-Yorker-Stationen lieber. Schließlich hatte ich mich für RAG-TV entschieden, deren Abendprogramm kaum hunderttausend Zuseher anlockte.

Dan Hagin, der Präsident dieser Gesellschaft, war ein dicker triefäugiger Fünfziger, der so aussah, wie man sich einen Chefredakteur der dreißiger Jahre vorstellte.


"Horst Zimmer", sagte er und stierte meine Karte an. Dann hob er den Kopf und musterte mich durchdringend.

"Welche Sensation haben Sie mir anzubieten?"

Ich legte eine Videokassette auf den Schreibtisch.

"Hier haben Sie die Sensation, Mr. Hagin."

"Na schön, aber bevor ich mir das Zeug ansehe, sagen Sie mir wenigstens, worum es geht."

"Seit drei Monaten läuft in New York ein Mörder herum, den die Presse als 'Würger von New York' bezeichnet. Bisher hat er elf Prostituierte erdrosselt."

Hagin brummte angewidert.

"Sehen Sie sich doch einmal den Film an, Mr. Hagin."

Er beäugte die Kassette mißtrauisch, brummte wieder und stand schwerfällig auf.

Ich lächelte, als er den Videorecorder anstellte, die Kassette hineinschob, auf den Wiedergabeknopf drückte und sich setzte. Mißmutig kaute er an einer dünnen Zigarre herum und sah den Bildschirm an.

Es war Nacht. Ein altes Backsteinhaus war zu erkennen; ein paar Autos fuhren vorbei. Plötzlich tauchte ein breitschultriger Mann auf, der nur von hinten zu sehen war.

"Miserable Kameraführung", beschwerte sich Hagin.

Ich schwieg. "Warte nur", dachte ich, "du wirst bald nicht mehr auf die Kameraführung achten."

Vor dem Haus blieb der Mann stehen, stieg die Stufen hoch, öffnete das Haustor und trat ein.

"Diesen Film hat ein Stümper gedreht", ärgerte sich Hagin.

Ich hielt weiter den Mund.

Der Mann war noch immer nur von hinten zu sehen, als er im ersten Stock vor einer Tür stehenblieb und auf den Klingelknopf drückte.

"Bisher ist der Film nicht gerade aufregend, Mr. Zimmer."

"In wenigen Sekunden wird es spannend", sagte ich.

Ein junges Mädchen lächelte nun vom Bildschirm. Es war stark geschminkt, das pechschwarze Haar war schulterlang, und der Morgenrock über den großen Brüsten halb geöffnet.

"Das ist doch diese Hure, die ..."

"Das elfte Opfer des Würgers, Mr. Hagin", sagte ich sanft. "Susan Ryler."

Ich beobachtete Dan Hagin. Nun beugte er sich interessiert vor.

Noch immer war das Gesicht des Mannes nicht zu sehen. Er reichte Susan einen Geldschein, dann öffnete er ihren Morgenrock und betastete lüstern ihren nackten Busen. Die Kamera folgte dem Paar in ein einfach eingerichtetes Schlafzimmer, das von einem riesigen Bett beherrscht wurde. Der Mann hatte es anscheinend eilig, denn er öffnete nur den Zipp seiner Hose, zog das Mädchen auf das Bett und glitt zwischen ihre willig geöffneten Beine und...

*

"Mann, das dürfen wir nicht senden", keuchte Hagin und sah fasziniert zu, wie es der Mann mit dem Mädchen trieb.

Ich zuckte die Schultern. "Diese Stelle kann man herausschneiden", sagte ich sachlich.

Eben erhob sich der Mann und verstaute seinen Lümmel in der Hose. Als das Mädchen lächelnd aus dem Bett kroch, schlug der Kerl zu. Halb bewußtlos fiel Susan Ryler zurück. Der Mann schlug nochmals zu, dann zog er aus der Brusttasche seiner Jacke einen weißen Seidenschal hervor, den er um den Hals des Mädchens schlang. Dann zog er zu.

"Das gibt es nicht", sagte Hagin keuchend.

In Großaufnahme war nun das Gesicht Susans zu sehen. Ein schauderhafter Anblick.

Als der Mann das Mädchen erdrosselt hatte, lachte er zufrieden und steckte den Geldschein ein, den er ihr vorhin gegeben hatte.

Jetzt war erstmals sein Gesicht genau zu sehen. Es war schmal, hatte grüne Augen, einen blonden Schnurrbart, eine fleischige Nase und extrem kurz geschnittenes dunkelblondes Haar.

"Das ist der Würger von New York", sagte ich. "Der Mord geschah vor drei Tagen."

"Ich weiß. Woher haben Sie diese Aufnahmen?"

"Das ist meine Sache."

Der Film lief noch ein paar Minuten weiter. Der Mörder verließ das Haus und betrat ein paar Straßen weiter eine Bar, trank einen Bourbon, zahlte, trat aus dem Lokal und winkte ein Taxi heran.

Einen Augenblick folgte die Kamera dem Taxi, dann war der Film zu Ende.

"Ich kenne den Namen des Mörders", sagte ich. "Ich weiß auch, wo er wohnt."

Hagin ließ sich krachend zurückfallen, schloß die Augen und klopfte mit der rechten Hand auf die Schreibtischplatte.

"Dieser Film wird die Sensation der TV-Branche", sagte ich rasch. "Sie veröffentlichen morgen in der 'New York Post' eine ganzseitige Anzeige, in der Sie die sensationslüsternen Leser darauf aufmerksam machen. daß um 21 Uhr auf Kanal 18 zu sehen ist, wer der 'Würger von New York' ist. Außerdem weisen Sie noch darauf hin, daß man die Festnahme des Mörders live miterleben wird."

"Verdammt, das ist stark, wirklich stark", sagte Hagin und sprang aufgeregt auf. "Wie stellen Sie sich das mit der Festnahme vor, Horst?"

Ich lächelte. Er hatte angebissen. "Ganz einfach. Ich weiß, wo der Mörder sich während der Sendung aufhalten wird. Ein Anruf bei der Polizei genügt. Vor dem Haus, in dem der Kerl wohnt, postieren Sie zwei Kameras. Der Rest dürfte klar sein, oder?"

Hagin nickte.

*

Alles war so abgelaufen, wie ich es erwartet hatte. Etwa fünfhunderttausend Zuseher hatten auf die Anzeige in der "Post" den Kanal der RAG-TV eingeschaltet.

Das Programm lief unter dem von mir vorgeschlagenen Titel "Face the Truth", und natürlich hatten sie eine gekürzte Version des Filmes gesendet, den ich Hagin gegeben hatte. Die Sendung war recht geschickt gestaltet, und auch der Höhepunkt hatte ausgezeichnet geklappt.

Live konnte das Publikum miterleben, wie zwei Streifenwagen vor dem Haus in der 36. Straße hielten und Sam Preston festgenommen wurde, der später die Morde an den elf Prostituierten gestand.

"Face the Truth" war am nächsten Tag "das Gespräch" von New York.

Seither waren ein paar Monate vergangen, und ich hatte wöchentlich eine Sensation geliefert, die jeden Dienstag um 21 Uhr gesendet wurde. Dutzende Stationen in den USA Übernahmen "Face the Truth", und Zuschauerzahlen von 80 Millionen waren keine Seltenheit.

Ich hatte Politiker zu Fall gebracht, Korruptionsfälle aufgezeigt, Bestechungen bei Baseball-Spielen in Bild und Ton gezeigt, Schiebungen bei Football-Matches und Pferderennen aufgedeckt, Mordfälle aufgeklärt und einige Unschuldige vor Fehlurteilen gerettet. Ich hatte dafür gesorgt, daß drei Mafia-Bosse hinter Gitter wanderten, und hatte den begeisterten Zusehern einen offenherzigen Blick hinter die Kulissen von Film, Fernsehen, Theater und dem ganzen Showbusiness gestattet.

Immer war ich im Hintergrund geblieben. Nie war mein Name auf dem Bildschirm aufgetaucht, nie hatte ich mit jemand anderem außer Dan Hagin verhandelt.

Mein Honorar war von Sendung zu Sendung gestiegen, doch Hagin hatte es gerne gezahlt.

Aber es konnte nicht ausbleiben, darüber war ich mir völlig klar, daß gewisse Stellen ein großes Interesse daran hatten zu erfahren, wer diese aufregenden Berichte lieferte, und vor allem: wie sie gedreht wurden.

*

Begonnen hatte alles vor mehr als zwei Jahren. Nichts war so gekommen, wie ich es erhofft hatte. Ich war damals gerade 28 Jahre alt geworden, schuldig geschieden - und meine Frau hatte den besseren Anwalt gehabt, der mir das Weiße aus den Augen herausgeholt hatte. Meine Arbeit in einer Warenhauskette als Manager war unbefriedigend und frustrierend. Marion, meine bildschöne Freundin, war äußerst verwöhnt und in jeder Hinsicht überaus anspruchsvoll.

Ich bekam Magengeschwüre, war total verschuldet und litt unter Potenzstörungen, die mir einige höhnische Bemerkungen meiner Freundin einbrachten.

Und es kam, wie es kommen mußte. In der Arbeit war ich unaufmerksam und baute ein paarmal Mist, daher war es keine Überraschung, als ich eines Tages den blauen Brief bekam.

Marion schrieb mir nicht, sie griff einfach zum Telefon und teilte mir gehässig mit, daß ich in jeder Weise ein Totalversager sei.

Immer wenn es mir dreckig ging, besuchte ich meinen um neun Jahre älteren Bruder Dieter. Er ist ein erstklassiger Techniker, leider aber auch ein wenig weltfremd. Dieter ging ganz in seiner Forschungsarbeit auf; nicht genug, daß er in der Firma wie ein Verrückter arbeitete, verwendete er auch seine ganze Freizeit mit der Entwicklung von neuen Techniken, die das Fernsehen revolutionieren sollten.

Ich klagte ihm mein Leid und hielt einen endlos langen Monolog über das Scheißleben im Allgemeinen und über die Schlechtigkeit der Frauen im Besonderen.

"Sieht wirklich nicht gut für dich aus, Horst", meinte er.

Ich nickte kummervoll.

"Hm, hm", brummelte er und kniff die Augen zusammen. Er musterte mich so, als würde er mich erstmals bewußt sehen.

"Dein 'hm, hm' hilft mir auch nicht weiter."

"Vielleicht bist du der richtige Mann, den ich suche", sagte er geistesabwesend.

Dann nickte er bekräftigend und sah mich wieder forschend an.

"Raus mit der Sprache, Dieter."

"Du weißt, daß ich Leiter der Forschungsabteilung in einem großen Elektronikkonzern bin. Ganz zufällig stieß ich da auf etwas, das einfach unmöglich ist. Ich werde es dir zeigen."

Dieter stand auf und griff nach einer Videokamera, drehte einen Schalter herum und reichte mir die Kamera.

"Geh zur Tür, Horst, und richte die Kamera auf den Sessel, auf dem du jetzt sitzt, dann drücke etwa zehn Sekunden auf den Auslöser."

Ich gehorchte und hielt die Kamera in Richtung Sessel und blickte durch den Sucher.

Ich traute meinen Augen nicht!

Der Sessel hätte eigentlich leer sein sollen. doch ich konnte mich selbst dort sitzen sehen, sprach heftig und gestikulierte wild mit den Händen.

Mein Bruder bemerkte mein Erstaunen.

"Drück auf den Auslöser!"

Ich drückte den Auslöser nieder und verstand die Welt nicht mehr.

Dieter nahm mir die Kamera ab, holte aus der mit einem Kabel verbundenen Tasche die Kassette heraus und steckte sie in den Recorder.

Auf dem Bildschirm war ich zu sehen.

"Meine Frau war ein unerbittliches Scheusal", hörte ich meine Worte, die ich vor einer halben Stunde gesagt hatte.

"Marion war um nichts besser, sie wollte immer toll ausgehen und war auch sonst höchst anspruchsvoll. Schließlich..."

Das Bild erlosch.

"Du kannst dir wohl denken, was das für eine Kamera ist, Horst?"

Langsam nickte ich. "Wenn kein Trick dabei ist, dann kann man mit dieser Kamera in die Vergangenheit sehen."

"Es ist kein Trick dabei. Ich kann bis zu drei Stunden in die Vergangenheit zurücksehen. Aber das ist nicht alles. Mit dieser Kamera kann man auch durch Wände hindurchsehen!"

Kopfschüttelnd ließ ich mich auf den Stuhl fallen. Es dauerte einige Sekunden lang, bis mir die Bedeutung und die Möglichkeiten der Kamera halbwegs klar wurden.

"Ich arbeite wie verrückt daran, damit ich mehr als drei Stunden in die Vergangenheit blicken kann, doch das ist nicht so einfach."

"Diese Kamera ist die Sensation des Jahrhunderts, Dieter. Man kann mit ihr..."

"Keine Erpressungen", sagte Dieter scharf.

Er mußte meine Gedanken gelesen haben.

Eine Woche lang hatte ich mit der Kamera experimentiert. Zuerst hatte ich ganz einfach von meiner Wohnung aus das gegenüberliegende Haus gefilmt, später war ich dann auf Straßen und in Parkanlagen gegangen. Immer besser waren mir die Aufnahmen gelungen.

Dann hatte ich den Polizeifunk abgehört und eine Brandstiftung und unzählige Autounfälle gefilmt.

Kurze Zeit danach bekam ich von Dieter eine weiterentwickelte Kamera, mit der man bis zu 30 Stunden in die Vergangenheit blicken konnte.

Wir berieten lange, wie wir Geld aus dieser Erfindung herausholen konnten.

Deutschland kam für unsere Zwecke nicht in Frage. Aber in den USA mit den vielen TV-Stationen mußte es einfach klappen.

Und es hatte auch geklappt.

*

Ich war nicht überrascht, als eines Tages Dan Hagin unangemeldet in meiner Wohnung in Manhattan erschien.

"Nehmen Sie Platz, Dan", sagte ich lächelnd. "Ich habe Sie schon erwartet und alles vorbereitet."

"Woher wußten Sie, daß ich komme werde?"

"Ich weiß viel mehr, als Sie vermuten, Dan."

Hagin setzte sich und steckte sich eine seiner dünnen Zigarren an, dann legte er das goldene Feuerzeug auf das Tischchen.

Blitzschnell beugte ich mich vor und nahm das Feuerzeug an mich und richtete es auf Hagin.

"Was soll dieser Unsinn?" fragte er empört.

Ich weiß, daß dies kein normales Feuerzeug ist, Dan. Mir ist auch bekannt, wer Sie zu mir geschickt hat." Ich warf einen Blick auf das Feuerzeug. "Drückt man hier auf diesen Knopf, dann springt das Feuerzeug auf und ein daumenlanger Pfeil schießt hervor, dessen Spitze mit einem starken Lähmungsgift präpariert ist, das in Sekundenbruchteilen wirkt."

"Woher wissen..."

"Es war zu erwarten, daß meine Filme bei einigen Herrschaften Panik auslösen mußten. Früher oder später würden sich CIA und FBI dafür interessieren. Woher kommen diese Aufnahmen? Wie ist es möglich, Filme von Ereignissen zu zeigen, von denen eigentlich nur die Betroffenen wissen können? Vor zehn Tagen bekamen Sie Besuch vom CIA. Seither versuchten mich die Burschen dreimal vergeblich zu fassen. Nun sollen Sie es versuchen, doch es wird auch diesmal nicht klappen. Ich verschwinde, Dan. In einer Stunde bin ich nicht mehr in New York."

"Sie zwangen mich dazu, Horst."

"Ich weiß", sagte ich sanft. "Ich mache Ihnen auch keinen Vorwurf. Mir ist auch bekannt, daß sich die Polizei für meinen Bruder in Deutschland zu interessieren begann, doch er konnte rechtzeitig flüchten."

"Die Jungs vom CIA vermuten, daß Ihr Bruder eine Kamera entwickelt hat, mit der man in die Vergangenheit blicken kann. Eine Art Zeitmaschine."

"Richtig vermutet. Anfangs konnten wir nur wenige Stunden in die Vergangenheit blicken, jetzt kann ich bis zu fünftausend Jahre zurückgehen. Ich kann nun auch Aufnahmen in einer Art Zeitlupensystem machen. Hauptsächlich arbeite ich aber mit dem Zeitraffer-System. Sieht man sich den Film an und stößt auf ein Ereignis, welches besonders interessant ist, dann läßt man den Film einfach normal weiterlaufen."

"Und Sie können damit auch durch Wände hindurch filmen?"

"Wieder richtig. Stellen Sie sich vor, Dan, so eine Kamera könnte jeder kaufen."

"Das ist unvorstellbar! Es würde keine Privatsphäre mehr geben. Mit dieser Kamera kann man alles über seine Freunde, Bekannten und Feinde erfahren. Jedes Zusammenleben wäre praktisch unmöglich. Diese Erfindung ist eine fürchterliche Waffe, aber das ist Ihnen wahrscheinlich selbst klar, Horst."

Deshalb ist mir auch das Interesse von CIA-uno FBI verständlich: Mit der Zeitkamera, wie mein Bruder sie nennt, gibt es keine Geheimnisse und Lügen mehr."

"Sicherlich wird man irgendetwas erfinden, das die Wirksamkeit der Kamera stört."

"Möglich", aber das wird Jahre dauern."

Dan nickte langsam. "Ich vermute aber, daß die Kamera noch mehr kann."

Ich lachte. "Erraten, Dan." Ich drückte auf den Knopf der Fernbedienung, die vor mir lag.

Auf dem Bildschirm war der Rennplatz Belemont Park zu sehen. Nun kamen die Anzeigetafeln ins Bild, auf denen die rasch wechselnden Odds des ersten Rennens zu sehen waren.

"Sie werfen nun einen Blick in die Zukunft. Das erste Rennen wird um 13 Uhr gelaufen. Nach den Odds ist Little Dear der Favorit. Schauen Sie sich das Rennen an."


Der Pulk der Pferde kam die Zielgerade herunter. Plötzlich löste sich ein  Fuchshengst aus dem Rudel und zog dem Feld mit zwei, drei Längen davor.

"Something Royal wird das erste Rennen gewinnen", sagte ich. "Er wird auf Sieg 230 für ein Zwei-Dollar-Ticket zahlen."

"Hm, und was würde geschehen, sollten Sie zehntausend Dollar auf Something Royal setzen? Würde er dann auch so viel zahlen?"

"Eine gute Frage, Dan", lobte ich ihn.

"Wahrscheinlich nicht. Er würde viel weniger zahlen."

"Das bedeutet, wenn ich es richtig durchschaut habe, daß die Zukunft veränderbar ist?"

"Genau. Die Vergangenheit ist unveränderbar, aber die Zukunft ist es nicht. Sehen Sie weiter zu."

Nun war auf dem Bildschirm das Zimmer zu sehen, in dem wir uns gerade aufhielten. Dan Hagin saß mir gegenüber, griff nach dem goldenen Feuerzeug und der Pfeil schoß hervor und bohrte sich in meine Brust. Das Bild erlosch langsam.

"Ich wußte, was geschehen wird, doch ich konnte es ändern. Ich nahm Ihnen einfach das Feuerzeug weg."

"Was werden Sie jetzt unternehmen, Horst?"

"Vorerst einmal die USA verlassen. Ich habe genügend Geld, denn ich bekam nicht nur die Honorare von Ihnen,  Ich wettete auf Pferde, bei den Buchmachern auf Baseball-Matches und alle möglichen anderen Sportarten. Prächtig klappte es auch in Spielkasinos. Ich gebe Ihnen noch einen Tip, Dan. Fahren Sie morgen in das Spielkasino in Atlantic City. Am dritten Tisch wird um 21 03 Uhr die Kugel auf Zero fallen."

"Danke für den Tip."

"Eigentlich wollten wir ursprünglich die Zeitkamera patentieren lassen. Jeder sollte die Möglichkeit erhalten, sich so eine Kamera zu besorgen, aber das war ein naiver Gedanke. Wir hofften durch diese Maßnahme mehr Ehrlichkeit in die Politik unter die Menschen zu bringen, doch das ist leider unmöglich. Die Erfindung meines Bruders würde die Welt völlig verändern, wenn nicht sogar zerstören. Das wollen wir nicht. Kurze Zeit dachten wir daran, die Erfindung an die Regierungen verschiedener Länder weiterzugeben, doch auch das schied aus, denn wir hätten niemals untertauchen können. Hätte der CIA so eine Kamera, dann könnte er meine Flucht verfolgen. Die Burschen würden wissen, welchen Namen ich annehmen würde - und  welches Aussehen. So bleibt uns keine andere Wahl, als vorerst einmal diese Kamera für uns zu behalten."

"Ich, glaube, daß Sie da die richtige Entscheidung getroffen haben."

Ich hob das Feuerzeug, und mein Daumen berührte leicht den Knopf.

"Drücken Sie nicht ab, Horst. Bitte."

"Mir bleibt keine andere Wahl. Ihr Körper wird nur eine Stunde lang gelähmt sein. Sie können sich nicht bewegen und nicht sprechen, aber Sie können denken und sehen. Ich habe ein Abschiedsgeschenk für Sie vorbereitet, Dan."

"Und das ist?"

"Eine Kassette, die genau eine Stunde Laufzeit hat und Ihnen die Zeit verkürzen wird. Ich habe mich selbstverständlich über Sie genau informiert. Mir ist Ihre Schwäche für vollbusige Frauen bekannt. Sie sehen sich gerne Pornofilme an - und dabei lassen Sie sich von einer Dame, der Sie großzügig zweihundert Dollar zahlen, mit dem Mund bedienen.''

Dan kniff die Augen und den Mund zusammen.

"Ich wünsche Ihnen viel Spaß für die nächste Stunde. Sie werden nun Brigitte Bardot, Liz Taylor, Jane Mansfield, Sophia Loren und viele andere Topstars in Aktion sehen. Ich hoffe, daß Ihnen mein Geschenk viel Vergnügen bereiten wird."

Ich drückte auf den Knopf, der Pfeil zischte heraus und blieb in Hagins Brust stecken. Der TV-Produzent war augenblicklich gelähmt.

Rasch steckte ich die Kassette in den Recorder und drehte Hagin so herum, daß er den Bildschirm genau vor sich hatte, auf dem nun Jane Mansfield zu sehen war. Sie war völlig nackt lag auf  einer Couch und hatte die Beine willig geöffnet. Einen Augenblick war ihr gewaltiger Busen in Großaufnahme zu sehen, dann beugte sich ein junger Mann über sie, der nach den wippenden Brüsten griff und...

"Viel Spaß, Dan", sagte ich. "Pech für Sie, daß Sie im Augenblick keinen hochbekommen. Lassen Sie die Jungs vom CIA schön grüßen."

Ich verließ das Appartement,  stieg in den Aufzug und fuhr zum Dachgeschoß, wo bereits der Hubschrauber wartete, der mich zum Kennedy Airport bringen sollte.

© by Kurt Luif 1983 & 2011

Kommentare  

#1 Remis Blanchard 2011-02-25 09:36
Die Story hat mir sehr gut gefallen. Kurt verzichtet auf unötige Beschreibungen, welche die Story nur in die Länge gezogen hätte. Auch bei den Dialogen weiss man immer genau wer im Augenblick spricht. Ich kan nnur sagen, er hat sich an die Regeln gehalten und es ist sehr gute Story daraus geworden.

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