Oh, meine Götter, Teil 18: Herakles II – Gigantischer Wahnsinn und die erste Arbeit

Oh, meine Götter!Teil 18:
Herakles II –
Gigantischer Wahnsinn und die erste Arbeit

Wer trug eigentlich „Eulen nach Athen“?

Wurde Sisyphus je mit seiner Arbeit fertig? Und kam der Götterbote auch immer ausgerechnet dann, wenn der Empfänger gerade leider nicht Zuhause war? Kleine Ausflüge in das Reich der griechischen Mythologie.

Gustav Schwab: Sagen des klassischen AltertumsNach Herakles´ Kampf gegen die Minyer zeichnet sich schon bald ein Krieg von viel größerem Ausmaß ab. Gaia, quasi Mutter Erde selbst, beschließt, Rache an Zeus zu nehmen. Ganz am Anfang der griechischen Schöpfungsgeschichte hatte Zeus ja ihre Kinder, die Titanen, in den Tartaros verbannt. Nun hat Gaia aber noch andere Kinder, nämlich die Giganten, Riesen mit geschuppten Schwänzen anstelle von Füßen. Diese schickt sie nun aus, die verbannten Kinder zu rächen und den Olymp zu stürzen.

Während die Giganten sich auf den Weg machen, versammelt sich im Olymp die gesamte Götterschaft, um gegen Gaias Kinder zu kämpfen. Allerdings hat ein Orakel den Göttern prophezeit, dass keiner von ihnen die Giganten töten kann. Dies kann nur gelingen, wenn auch ein Sterblicher mitkämpft. So schickt Zeus Athene aus, um Herakles zum Olymp zu holen.

Als Herakles auf dem Berg der Götter ankommt, ist der Kampf mit den Giganten bereits in vollem Gange. Der Kriegsgott Ares hat bereits einen der Riesen niedergestreckt, doch erst beim Anblick von Herakles stirbt das Ungetüm. Und nun, da auch ein Sterblicher am Kampf teilnimmt, können auch die anderen Giganten von den Göttern besiegt werden. Auch Herakles kann mit seinen Pfeilen einige Giganten töten und kämpft nicht weniger tapfer wie die Götter selbst.

Als der Kampf gewonnen ist, erklärt Zeus all jene Götter, die den Olymp verteidigt haben, zu „Olympiern“, um in Zukunft die Feigen von den Mutigen zu unterscheiden. Und auch sein Sohn Herakles soll von nun an zu den Olympiern gehören.

Gustav Schwab: Sagen des klassischen AltertumsNun also offiziell zum Halbgott erklärt, kann sich Herakles eigentlich glücklich schätzen. Aber eines ist dem Sohn des Zeus noch ein Dorn im Auge: Nachdem sein Stiefvater Amphytrion im Kampf gegen die Minyer gefallen ist, hat Eurytheus seinen Thron bestiegen. Zwar hatte Zeus vor Herakles´ Geburt erklärt, der erstgeborene Enkel von Perseus solle über alle anderen Perseus-Nachkommen herrschen (und das wäre eigentlich Herakles gewesen). Aber Hera, die Herakles wie bereits erwähnt nicht besonders gut leiden kann, sorgte dafür, dass Eurytheus noch vor Herakles geboren wurde.

So ist nun also Eurytheus König in Tiryns. Und auch bis dorthin dringen die Neuigkeiten von Herakles´ Wundertaten. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass Eurytheus etwas nervös wird. Der König hat Sorge, dass der Halbgott auf die Idee kommen könnte, ihm den Thron streitig zu machen. Da hält man den jüngeren Vetter besser beschäftigt, denkt sich Eurytheus wohl, und bestellt Herakles zu sich, um für ihn verschiedene Arbeiten zu verrichten.

Das findet Herakles überhaupt nicht lustig. In seinen Augen steht er mit seiner Halbgöttlichkeit weit über Eurytheus und sieht es gar nicht ein, dessen Befehle zu befolgen. Als auch Zeus ihm befiehlt, dem König zu gehorchen, wird Herakles noch störrischer. Er fragt das Orakel von Delphi nach einem Ausweg, doch auch hier bekommt er nichts Anderes zu hören. Auch das Orakel rät ihm, dem Befehl von Eurytheus zu folgen. Wenn er aber zehn aufgetragene Arbeiten vollbringe, solle er dafür unsterblich werden.

Das reicht allerdings immer noch nicht aus, um Herakles zu überzeugen. Immer noch hadert er mit sich, unwillig, einem Geringeren zu dienen. Doch andererseits will er auch Zeus nicht verärgern. Ein ziemliches Dilemma, dass unseren Helden in eine tiefe Sinnkrise fallen lässt.

Als Hera das mitbekommt, sieht sie eine erneute Chance, Herakles zu vernichten. Sie nutzt seine angeschlagene psychische Verfassung, um ihn vorrübergehend in einen Wahn zu stürzen. Völlig von Sinnen geht Herakles zuerst auf seinen Neffen los. Als dieser fliehen kann, erschießt er seine eigenen Kinder, die ihm Megara inzwischen geboren hat, in dem Glauben, er schieße auf Giganten.

Als Herakles wieder zu sich kommt und begreift, was er getan hat, fällt er in tiefe Trauer. Er schließt sich in seinem Haus ein und möchte mit keinem Menschen mehr etwas zu tun haben. So verbringt er einige Monate abgeschottet von der Außenwelt. Als schließlich die Zeit seinen Kummer zu lindern beginnt, ist er endlich bereit, nach Tiryns zu reisen und Eurytheus´ Ruf zu folgen.

Die erste Arbeit, die König Eurytheus Herakles auferlegt, ist das Töten des nemeischen Löwen, womit Herakles gleich am Anfang eine ziemlich heikle Aufgabe erwartet. Der nemeische Löwe lebt auf Peleponnes, und ist mit einem normalen Löwen an Größe und Stärke nicht zu vergleichen. Woher genau das Tier stammt, weiß niemand so genau, doch es heißt, er sei mit menschlichen Waffen nicht zu verwunden.

So reist Herakles also nach Peloponnes, bewaffnet mit seinen göttlichen Geschenken und einem eigenhändig ausgerissenen Baum als Keule. Einen ganzen Tag lang durchstreift er die Wälder auf der Suche nach dem Löwen, ohne eine Spur von ihm zu entdecken. Als der Abend anbricht, sieht Herakles ihn endlich weit entfernt auf einem Waldweg auf ihn zukommen. Noch größer und noch entsetzlicher ist das Tier, als Herakles vermutet hat. Bevor der Löwe ihn auch sieht, springt Herakles in einem Gebüsch in Deckung. Als der Löwe nah genug herangekommen ist, schießt Herakles einen Pfeil auf ihn ab. Das Geschoss trifft die Bestie zwar, prallt aber einfach ab, ohne es zu verwunden. Nun bemerkt der Löwe den Schützen aber natürlich, und kommt rasend vor Wut auf Herakles zu. Der versetzt ihm einen Hieb mit seiner Baumkeule, doch auch der scheint dem Löwen nichts anzuhaben. Da wird Herakles klar, dass er den Löwen nur auf eine Art besiegen kann, wenn Waffen ihm nicht helfen: Er springt auf den Rücken des Tiers, schlingt die Arme um seinen Hals und erwürgt ihn mit bloßen Händen.

Gustav Schwab: Sagen des klassischen AltertumsWie bei den griechischen Helden nach Erlegen eines Tieres so üblich, will Herakles nun auch dem nemeischen Löwen Haut und Fell abziehen. Das stellt sich aber als schwieriges Unterfangen dar. Mit keiner seiner Klingen kann Herakles die Haut des toten Löwen durchdringen, bis er auf die Idee kommt, es mit dessen Krallen zu versuchen. Das gelingt dann auch sofort, und so hängt er sich das Fell lässig über den Arm und spaziert zurück nach Tyrins, um Eurytheus von seinem Erfolg zu berichten.

Als der König Herakles mit dem blutigen Löwenfell in den Palast kommen sieht, bekommt er solche Angst vor ihm und seinen Kräften, dass er sich vor ihm in einer großen Vase verkriecht. Von nun an möchte der König nicht mehr direkt mit Herakles kommunizieren und lässt ihm seine weiteren Arbeiten vor den Mauern der Stadt von einem Boten überbringen. Herakles nutzt die Zeit bis zur nächsten Aufgabe, um sich aus dem Fell des Löwen einen neuen Panzer und einen Helm zu fertigen, was ihn in Zukunft nahezu unverwundbar machen wird. Und das wird Herakles auch brauchen, denn Eurytheus hat noch einige weitere scheinbar unlösbare Aufgaben für unseren Helden in petto, aber dazu mehr in der nächsten Woche.

Mehr dazu in:  »Sagen des klassischen Altertums« (1838-1840) von Gustav Schwab

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Kommentare  

#1 Holger1969 2024-01-05 16:09
Der Nemeische Löwe

Die erste Aufgabe des Herakles konnte im Grunde nicht erledigt werden, weil die Bestie Nemeischer Löwe unverwundbar war.

Wie konnte Herakles diesem Ungeheuer trotzdem das Fell abziehen?

Der Nemeische Löwe trieb zwischen Nemea und Kleonai (Peloponnes) sein Unwesen. Nachdem Herakles bemerkt hatte, dass diese Bestie unverwundbar ist, zimmerte er dem Nemeischen Löwen einen Olivenbaum mit voller Wucht über die Rübe.

Schließlich erwürgte Herakles den Nemeischen Löwen. Allerdings benötigte Herakles das Fell dieser Bestie. Herakles ersann eine List. Er nutzte die Krallen vom Nemeischen Löwen. Nur diese Krallen konnten das Fell vom Nemeischen Löwen abtrennen. ->

www.mythologie-antike.com/t66-nemeischer-lowe-unverwundbares-ungeheuer-herakles-musste-dieser-bestie-das-fell-abziehen

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