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Krieg und Frieden - Vom Blaster zum Betäuber - Mutation einer Serie

1Krieg und Frieden
Vom Blaster zum Betäuber - Mutation einer Serie

Betrachten wir die Heftromane der älteren Generation, so ist der Paralysator natürlich schon lange eingeführt. Ab Band 120 haben die Mechanica-Wesen eine Narkosekanone und Kurt Brands berühmt/berüchtigter  »Para-Schocker« ist nicht die einzige Schockwaffe und auch nicht der einzige Schock der Serie.

Jüngst las ich in den alten Heften.

Wie mir wieder einmal  vergleichend auffiel, enthalten sie zwar jede Menge Mord und Totschlag, vom Zweikampf (Band 54) bis zur exzessiven Raumschlacht (etwa gegen die Druuf oder im M87-Zyklus).

Insbesondere Kurt Mahr neigt in seinen Agentenabenteuern immer zum Blaster in der Faust, der zwar oft nur als Nadler eingesetzt wird, also mit laserfeiner Mündung, dennoch aber fahren bei ihm scharfe Strahlen in die Schultern seiner Gegner und fällen diese so. Er tötet sie meist nicht … aber ein Paralysator kommt auch nicht zum Zuge. Sind eben selbst schuld, wenn die gegen das Gute aufstehen. Das ist ja die Moral nicht nur der frühen Serie. Im Ernstfall dröhnen auch mal die schweren  Blaster mit großem Kaliber. Der Feind ist eben der Feind. Da beißt auch der Mausbiber den Faden nicht ab. (Auch, wenn bei ihm die Gegner oft Roboter sind, was wir Walter Ernsting zu verdanken haben).

Im Silberband hingegen mutieren diese Kämpfe dann zum „Wir-haben-uns ja-alle-lieb“-Sitin. Schießt der Gegner auch scharf auf uns, wir müssen den Paralysator bemühen, weil wir die moralisch überlegene Macht sind ... damit wir nicht töten müssen (Huch!), auch, wenn wir scharf beschossen werdn. Kein: Auge um Auge. Wird eben der wedelnde Palmzweig bemüht. Neues Testament, nicht altes. Aber der Perry ist ja eben der moralisch Überlegene. Lieber hält er auch die andere Wange hin und lässt sich noch einmal beschießen, wenn die Betäubten wieder aufwachen.

Der Gutmensch war eben auch als Zielkäufer der Silberbände angepeilt, der normalerweise den Perry nicht im Heft liest und auch nicht mit „dem Blaster in der Faust“ aufgewachsen ist. Die Handlung musste dann sehr oft derart überarbeitet werden, dass der Scharfschütze eben (gegen die Schlafmütze?) gegen einen humanen Terraner ausgetauscht wurde, der eben nur Strahler zum Schocken verwendete. Dabei entstanden so manche Verwirrspiele, wenn ein Autor (Mahr) im SiBa überarbeitet wurde, ein anderer danach aber unbedenklich Strahler einsetzen durfte. Da  rutschte wohl dem „Zensor“, also dem Korrektor, dem Bearbeiter der Silberbände (wahrscheinlich war das damals HoHo) ein Wort durch, was ja immer `mal passieren kann.Macht nix, Schwamm drüber!

Andererseits werden ja auch die Helden oft gefangengenommen. Der Handlungslogik zufolge müssen sie ja weiterleben, da können wir dann nur froh sein, wenn auch der Gegner hier nur Schockstrahler einsetzt.(Es sei denn, die Expokraten beschließen wieder einmal, einen ZA-Träger abzuservieren wie weiland total überflüssig  Ronald Tekener …). Im Großeinsatz ist der Paralysator nur selten im Einsatz; die sehr guten Schutzschirme verhindern eben die Beeinflussung durch diese wohl eher energieschwache Strahlung. Bei Kommandounternehmen, wo man fremde Schiffe kapert, um sich irgendwo einzuschleusen, sind sie hingegen noch immer nützlich. Ist der gegnerische Schirm erst  einmal irgendwie beseitigt, durch Punkt-oder Guckybeschuss, so kann der Lähmstrahler  (dessen beliebter Tipp/Druck/Setzfehler übrigens der Lärmstrahler ist … vielleicht knallt ja diese harmlose Waffe besonders laut … und der Gegner fällt bereits vor Schreck  betäubt um) zum Einsatz gelangen, und die gegnerische Besatzung erst einmal schlafen schicken.

Besonders spannend wird es dann, wenn man auf ein Volk trifft, dass immun ist gegen Paralysatoren oder die freigewordene Energie, mit der man bestrahlt wird, sogar freudig aufnimmt. Dann wird das Betäuben schwierig. Da bleiben nur noch Giftnadler, die aber oft nur die Geheimdienste einsetzen. Für das Militär ungebräuchlich. Überhaupt ist das Konzept der Energiebestrahlung, also Herauspumpung zur Schädigung des Feindes ein klassisches, unwidersprochenes Paradigma. Der „Raubstrahl“ hingegen, der Energie vom Feinde absaugt, wird eher marginal behandelt, obwohl er als Konzept bereits bei den Topsidern in den ersten hundert Bänden kurz eingeführt wurde.Dieses Konzept verdient es, so finde ich, auch als Handwaffe Verwendung zu finden. Sauge die Lebensenergie des Gegners teilweise ab, bis er betäubt umfällt. Das ist ja auch human, und auch noch nützlich für den Träger dieser wahrhaftigen „Vampirwaffe“. Nützlich ja, aber sicher nicht sehr sympathisch. Also hilft es nix: bleiben die von der Moral überlegenen Humanisten (gleich Terraner) eben doch beim „Para-Schocker“.

Das schockt nur die Gegner der Handlung … nicht die Leser der Silberbände.

© 2018 by H. Döring

Kommentare  

#1 Larandil 2018-02-13 21:34
Karl Herbert Scheer persiflierte diesen Trend in PR 1101, als er Clifton Callamon und seine Mannen mit den (später niemals wieder erwähnten!) KontEv-Stufern ausrüstete ...
www.perrypedia.proc.org/wiki/KontEv-Stufer
#2 matthias 2018-02-14 09:54
Und genau deswegen lese ich nicht die Silberbände.
Ich habe mir die 1. Auflage (Hefte) besorgt, und werde die Serie von Anfang an lesen. Mal sehen, wie weit ich kommen werde. Vielleicht verliere ich die Lust, oder das Alter macht mir einen Strich durch die Rechnung.
Aber die ersten 500 Nummern würde ich gerne nochmal lesen (jedoch auf keinem Fall als SILBERBAND)
#3 Larandil 2018-02-14 10:12
Allerdings war das "Weichspülen" nicht nur bei Perry Rhodan anzutreffen. Mein persönlicher Tiefpunkt war 1990 erreicht, als mit "Star Quest" ein Brettspiel vor dem Hintergrund von Games Workshop's "Warhammer 40.000"-Universum von Milton-Bradley ins Deutsche übertragen und kindergerecht entschärft wurde. Wo im englischsprachigen Original großkalibrige Schußwaffen mit Sprengmunition, Flammenwerfer, Raketenwerfer und Gatlingkanonen zum Einsatz kommen, sieht das bei "Star Quest" ganz anders aus. Hier umfasst das Arsenal Laser, Holowerfer, Nullzeitkanonen und Black-Hole-Blaster, die allesamt nicht tödlich wirken. Oder in den Worten der Spielanleitung:
"Die GSG gehorcht einem hohen moralischen Standpunkt: Selbst die härteste Auseinandersetzung wird ohne Tötungsabsicht geführt. Es wird immer nur das Mittel eingesetzt, das geeignet ist, den gegenwärtigen Angriff auf das menschliche Leben oder die Menschenrechte gerade unwirksam zu machen!
So sind denn auch die Waffen der GSG allesamt nicht tödlich.
Und dennoch ist jede einzelne von ihnen äußerst wirksam: Zum Beispiel kann man Robotlings durch Blendgranaten oder Elektroschocks lähmen, sie in ein paralleles Raum-Kontinuum beamen, ihre Bewegung durch Zeitspaltung um den Faktor 10.000 verlangsamen, so daß sie praktisch unbeweglich werden, und vieles andere mehr. "
#4 matthias 2018-02-14 10:47
Das ist meiner Ansicht nach ein typisch deutsches PROBLEM: Nämlich das irgendwelche selbsternannten Moralapostel meinen, dass sie angeblich vollmündigen Bürgern bestimmte Szenen in Büchern oder Filmen nicht zumuten dürfen.
Wie in vielen anderen Dingen entscheidet das nicht der Konsument selbst. Eine Parallele zur DDR ist nicht so ganz abwegig. Dort wurde es gar nicht erst veröffentlicht, hier wird verstümmelt (stimmt der Ausdruck "zensiert"?)
Laut Grundgesetz doch gar nicht zulässig. Aber hier kenne ich mich nicht so gut aus.
Dennoch ist über dieses Thema viel geschrieben worden. Lassen wir es dabei. Wir ändern es sowieso nicht.
#5 matthias 2018-02-14 10:54
Wobei die Silberbände den unschlagbaren Vorteil haben, dass die Handlung gestrafft ist.
Wenn jemand PR komplett lesen will, ist er hier natürlich gut bedient, wenn er die oben angesprochen Dinge akzeptiert. Aber viele Leser wissen das nicht bzw, wollen das nicht wissen.
#6 Grubert 2018-02-14 12:09
zitiere matthias:
Das ist meiner Ansicht nach ein typisch deutsches PROBLEM: Nämlich das irgendwelche selbsternannten Moralapostel meinen, dass sie angeblich vollmündigen Bürgern bestimmte Szenen in Büchern oder Filmen nicht zumuten dürfen.


Was soll denn daran typisch deutsch sein?

Ich vermute mal daß in jedem Land auf dieser Erde munter zensiert wird, egal ob es sich um eine Diktatur oder eine Demokratie handelt. Jedoch natürlich in unterschiedlichen Ausmaßen.

Ob Deutschland sich dabei auf dem demokratischen Sektor generell stärker hervortut als andere europäische Länder vermag ich jetzt nicht sicher zu beurteilen, aber es entspricht nicht meinem Eindruck.

Daß Zensur, auch wenn sie in Form von Selbstzensur statt findet, auch oftmals etwas grotesk ist, bzw auch in sich oft unlogisch ist, das liegt fürchte ich in der Natur der Sache.

Jedenfalls eine Gesellschaft zu erwarten die vollkommen auf jegliche Einflußnahme auf Medieninhalte verzichtet, das halte ich für utopisch.
#7 Hermes 2018-02-15 00:04
Zitat:
Das ist meiner Ansicht nach ein typisch deutsches PROBLEM: Nämlich das irgendwelche selbsternannten Moralapostel meinen, dass sie angeblich vollmündigen Bürgern bestimmte Szenen in Büchern oder Filmen nicht zumuten dürfen.
Ich habe den Eindruck, dass diese Tendenz zu Zensur bzw. Selbstzensur sich in den letzten Jahren verstärkt hat. Dahinter steckt ein übergroßes Misstrauen gegen den "mündigen" Bürger, dem man so manche Information und einige Inhalte dann sicherheitshalber lieber doch nicht zukommen lässt.
#8 Larandil 2018-02-15 12:30
zitiere Hermes:
Zitat:
Das ist meiner Ansicht nach ein typisch deutsches PROBLEM: Nämlich das irgendwelche selbsternannten Moralapostel meinen, dass sie angeblich vollmündigen Bürgern bestimmte Szenen in Büchern oder Filmen nicht zumuten dürfen.


Ich habe den Eindruck, dass diese Tendenz zu Zensur bzw. Selbstzensur sich in den letzten Jahren verstärkt hat. Dahinter steckt ein übergroßes Misstrauen gegen den "mündigen" Bürger, dem man so manche Information und einige Inhalte dann sicherheitshalber lieber doch nicht zukommen lässt.
"Informationen"?
"Misstrauen gegenüber dem mündigen Bürger"?
Meines Erachtens steckt dahinter vor allem die Furcht, nach spektakulären Gewalttaten in den Fokus der BILD-Zeitung zu rücken und von findigen Anwälten und bestürzten Erziehungsberechtigten eine Mitschuld oder sogar mehr in die Schuhe geschoben zu bekommen. "Die Weltraumlandserheftchen haben meinen armen Jungen ins Unglück gestürzt!"
So wie es regelmäßig den Computerspielen und -spielern widerfährt.
#9 Heiko Langhans 2018-02-15 16:14
Die Silberbände gibt es nun schon seit 40 Jahren. Die Bearbeiter haben ebenso gewechselt wie die Art der Bearbeitungen.

Und wohin sich die Diskussion gerade versteigt, ist albern.
#10 Hermes 2018-02-15 16:42
Zitat:
Meines Erachtens steckt dahinter vor allem die Furcht, nach spektakulären Gewalttaten in den Fokus der BILD-Zeitung zu rücken und von findigen Anwälten und bestürzten Erziehungsberechtigten eine Mitschuld oder sogar mehr in die Schuhe geschoben zu bekommen. "Die Weltraumlandserheftchen haben meinen armen Jungen ins Unglück gestürzt!"
Als William Voltz die ersten Silberbände bearbeitete, gab es noch keine Computerspiele. Und die entsprechenden Diskussionen, ob Spiele, in denen der Spieler aktiv fiktive Menschen tötet, Einfluss auf sein reales Verhalten haben, lässt sich nicht ohne weiteres auf den passiven Konsum von SF-Heften übertragen.
#11 Hermes 2018-02-15 16:50
Zitat:
Die Silberbände gibt es nun schon seit 40 Jahren. Die Bearbeiter haben ebenso gewechselt wie die Art der Bearbeitungen.
Hier geht es um die Bearbeitung der ersten Silberbände. Dort hat William Voltz versucht, die von K.H. Scheer geprägten ersten Zyklen der Serie in seinem Sinne zu entschärfen. Insofern ist auch Dein Argument der wechselnden Bearbeiter hier nicht wirklich hilfreich. Wenn später andere die Bände aus der Ära Voltz bearbeitet haben, gab es diesen Gegensatz nicht.

K.H. Scheer hat in seiner Zeit als Expokrat ein ganz anderes Menschen- und Geschichtsbild vertreten als später William Voltz. Während Scheer Geschichte (und damit auch zukünftige Entwicklungen) als eine Abfolge von kriegerischen Auseinandersetzungen sah, verfocht Voltz den Ansatz, dass es immer und mit jedem eine friedliche, zumindest unblutige Lösung gibt, wenn man sich nur genügend anstrengt. Deshalb gab es in der Scheer-Zeit Kriege und tödliche Waffen (wie in der Realität).

Die Idee hinter einer solchen Bearbeitung erschließt sich am besten, wenn man den Klassiker "1984" liest. Da gibt es Mitarbeiter, deren einzige Tätigkeit darin besteht, alte Zeitungen und Bücher derart zu bearbeiten, dass sie nicht mehr im Widerspruch zur gerade aktuellen Lage und Politik stehen.
#12 Laurin 2018-02-15 19:37
Nun ja, Voltz war Humanist, weshalb er wohl mit der Sichtweise von Scheer nie ganz klar kam. Ob dies allerdings ausreicht, um hier massiv umzuschreiben, wage ich zu bezweifeln. Da hätte Voltz besser mal die Finger von gelassen. In dem Punkt hat die Ära Voltz bei mir durchaus viele schwarze Flecken hinterlassen.

zitiere matthias:
Wobei die Silberbände den unschlagbaren Vorteil haben, dass die Handlung gestrafft ist.
Wenn jemand PR komplett lesen will, ist er hier natürlich gut bedient, wenn er die oben angesprochen Dinge akzeptiert. Aber viele Leser wissen das nicht bzw, wollen das nicht wissen.


Nun ja, ich hatte auch mal eine Zeit lang die Silberbände gelesen (so die ersten 15 Stück) und leider feststellen müssen, dass gerade die Romane, die mir am meisten gefallen hatten, eben der Straffung zum Opfer gefallen sind. Von daher kann ich die Silberbände auch nicht mit gutem Gewissen empfehlen. Wer die alten Heftromane allerdings nicht kennt, der wird hier auch nichts vermissen.

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