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# 32 Von Heldentenor nahtlos zum Baß

As Time Goes By# 32: Von Heldentenor nahtlos zum Baß

Meerbusch war tot und begraben zu den leisen Gesängen eines Männergesangsvereins. Dieses Fiasko war der Auslöser, um sich für das etablierte große Herbstreffen einen neuen Ort und einen frischen Veranstalter zu suchen. Uwe Schnabel, W. K Giesa und ein paar andere stellten fest: der logische Ort und die Zeit für einen Con im Herbst ist Frankfurt am Main zur Zeit der Buchmesse. Und wahrscheinlich ohne es zu ahnen, schufen sie eine Tradition, die in diesem Jahr ihr 21‑jähriges Bestehen feiert.

Auf jeden Fall wurde Meerbusch (der Ort mit einer sehr hohen Millionärsdichte) mehr als vollwertig durch Frankfurt (der Ort mit der höchsten Bankendichte) ersetzt. Was da sich änderte, darüber werde ich ein oder zwei Folgen später noch mal berichten. Frankfurt war einfach besser und die Veranstalter hatten mehr Ideen. Insofern hätte man den Sängern noch eine Runde zukommen lassen sollen.

Als der Abend dämmerte und der Con aus den umliegenden Restaurants vom Essen zurückkehrte, begann der gemütliche Teil. Die Veranstalter hatten einen kurzen Einakter vorbereitet. Danach fühlten sich einige berufen, auch ihr Können zum besten zu geben. Yakup gab unter anderem seinen Werwolf. Rolf Michael trug solo Schillers Wallenstein ("Das Volk, es murrt") vor. Ich stellte eine Personengruppe zusammen, die hintereinander durch den Saal marschierte, wobei die letzte aß. Das Ganze lief unter dem Motto: Die letzte Frist (frißt).

Aber dann rief W.K. Giesa Rolf Michael und mich zusammen. Aus seiner Zeit als Lehramtsstudent hatte er ein Interaktionsspiel in Erinnerung, das sich da "Der Graf und sein Pferdeknecht" nannte. Es besteht daraus, daß es klopft. Der Graf schickt seinen Butler und der meldet den Pferdeknecht. Der Knecht wird hineingebeten und meldet, dass die Pferde gesattelt  sind. Das Stück endet mit der gräflichen Bemerkung: "So lasset uns reiten."

Die Rollenaufteilung war: Werner als Graf, Rolf als Butler und ich als Pferdeknecht. In späteren Jahren spielten wir jeder mal alles. Dieses Basisstück wird in der Folge in Varianten gespielt. Wir nahmen Western, Krimi, Horror, SF und zum glorreichen Abschluss die Oper. Als wir die Basis aufgeführt hatten, ernteten wir schon den einen oder anderen Blick, der besagte, dass wir mit dem Langweiler aufhören mögen, das wäre doch besser. Aber schon mit dem Western begannen wir das Publikum auf unsere Seite zu ziehen. Der Krimi brachte wilde Lacher.

Beim Horror hatten wir lösten wir den ersten Orkan aus. Die Bemerkung des Pferdeknechts, daß der die reitenden Leichen des Imperators aus Erkrath sich näherten, löste ihn aus. Zumal Dieter Hovens im Publikum saß, der vom Rest des Publikums eindeutig als solcher identifiziert wurde.

Aber dann begann der absolute Höhepunkt ‑ nur zu vergleichen mit dem Showdown von Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone in einem Actionfilm oder mit einem gemeinsamen Roman von Dan Shocker und Jason Dark. Wir sangen. Werner und ich können das überhaupt nicht und Rolfs Stimme reicht für ein paar Oldies und Schlager (immerhin waren er und seine Orgel mal als Alleinunterhalter unterwegs).

Ich fiel nahtlos vom Tenor in den Bass, um dann wieder zum Tenor zurückzukehren. Werners nuschelnder Baßbariton dröhnte durch den Saal und unserer Wagnerianer Rolf verlieh dem Ganzen die nötige Dramatik und Tiefe. Wir sangen uns an und haben das kurze Stück auf mindestens fünf Minuten ausgedehnt.

Das Publikum tobte und raste und forderte massiv Zugaben, was mich, ob meiner wilden unmusikalischen Darbietung, kurz in Verwirrung stürzte. Aber die Leute lachten ohne Ende. Es war einer meiner größten Bühnenerfolge, den wir in den Folgejahren wiederholten.

Es wurden keine Berichte über temporäre oder dauerhafte psychische oder Gehörschäden überliefert.

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