Leserpost, der Shocker-Charme und ein Wettbewerb...
Leserpost, der Shocker-Charme und ein Wettbewerb...
Aus einem Serien-Konzept, das in der ursprünglichen Planung wirklich außergewöhnlich und realistisch war, wurde eine typische Heft-Serie, wie es sie damals bei allen Verlagen gab. Es gab keine Leserkontaktseite und es waren, von Dan Shocker mal abgesehen, auch keine Namen bekannt, die hier am Werk waren.
Also nichts absolut nichts mehr was den Magier aus dem damaligen Angebot hervorgehoben und interessant gemacht hätte. Weder für Leser noch für Sammler. Ein No-Name-Produkt dass die Welt nicht brauchte
Und so reihte sich der Magier schon im Anfangsstadium bei den Heftroman-Serien ein, die man im damaligen Fandom unter die Rubrik ferner liefen stellte. Zumal es auch keinen Namen eines bekannten Autoren gab und jeder annahm, die Romane wären, wo nicht von jenem mysteriösen Erik van X, so doch von Dan Shocker höchstselbst verfasst.
Jedenfalls war es die vorherrschende Meinung, dass Dan Shocker trotz seiner Produktion von Larry Brent und Macabros noch ein Brikett mehr nachgelegt hätte. Es gab zwar Diskussionen über die Art und den Stil, in denen die Romane geschrieben waren, aber weil das Geheimnis streng gewahrt blieb, verloren die Stammleser von Grusel- und Horror-Romanen schnell das Interesse. Wenigstens vom organisierten Fandom wissen wir das. Es war damals ja genug Lesestoff dieser Art im Angebot. Der Magier das war für die Mehrheit der Leser eine Serie, die man nicht unbedingt haben musste
Zumal man ja, wie geflüstert wurde, von einem Dan Shocker Besseres gewöhnt war. Denn Jürgen war bei diversen Mutmaßungen innerhalb der Lesergemeinde ganz klar in Bezug auf dem Autoren der Hauptverdächtige.
Nun, man kann mit Radio Eriwan sagen: Im Prinzip Ja. Denn in seiner Eigenschaft als Redakteur hat Dan Shocker die Romane nämlich bearbeite und nach meiner Meinung hat er das auf die Art getan, wie mein Vater in Kindertagen gelegentlich meinen Hosenboden bearbeitet hat. Also so drastisch, dass die Haut an den Stellen aufplatzte, die nicht von der damals bei Jungen üblichen Lederhose geschützt waren.
Das, was Jürgen bei den Romanen Bearbeitung nannte war so gravierend, dass Werner und ich teilweise unsere eigene Schreibe nicht wieder erkannt haben.
In alternativen Kreisen der linken Demo-Szene würde man sagen, die Magier-Romane wurden von Dan Shocker instand besetzt. Ich bezeichne es einfach als verstümmeln. Jedenfalls was meine Romane angeht weil ich bei Werner nicht die Original-Manuskripte kannte. Aber er hat auch wie ein Rohrspatz geschimpft, wenn Jürgen es nicht gehört hat. Also ist es auch bei einem echten Heft-Schreiber nicht besser gewesen.
Als die Serie eingestellt und das Geheimnis des Magier offen war, gab ich Hermann einige meiner Originalmanuskripte, wo dann im damaligen Zauberspiegel gekürzte oder redigierte Stellen mit dem Originaltext nebeneinander gestellt wurde.
So konnte der Leser am, praktischen Beispiel sehen, wie es gemacht wird, einen Roman nach Meinung des Lektors lesbar zu schreiben. Das kommt übrigens sogar bei Hard-Covern und Autoren vor, die auch auf der internationalen Szene Rang und Namen haben. Allerdings die mir bekannten Namen nenne ich hier nicht aber so manchen Roman dieser Autoren möchte ich sehr gern mal im Directors-Cut lesen genau so, wie ich auch bei Filmen eine solche Fassung vorziehe
Vielleicht wollte Jürgen alle Magier-Romane im typischen Dan-Shocker-Stil haben. Dann hätte er das allerdings Werner alleine schreiben lassen müssen. Denn der kann durch das Lesen und Sammeln aller Dan-Shocker-Romane genau dessen Stil schreiben wie ich beispielsweise den von Felix Dahn (Kampf um Rom) oder Mika Waltari (Sinuhe, der Ägypter). Von denen habe ich nämlich alle Werke gelesen und in meiner Bibliothek.
Es gab kaum einen Magier-Roman, weder von Werner noch von mir, der nicht von Jürgen beanstandet wurde und teilweise oder manchmal ganz neu gefasst werden musst.
Ich erinnere mich an einen Tag, wo Werner und ich bei Jürgen in Altenstadt zu einer Magier-Konferenz antanzen mussten. Als erstes war ich dran. Jürgen hatte mein Manuskript schon in der Mangel gehabt und mit Änderungen versehen. Die Änderungen waren in Rot geschrieben und das Ding sah aus wie eine meiner früheren Mathe-Arbeiten mit entsprechender Bewertung.
Jürgen saß gemütlich am Tisch in seinem Rollstuhl, lächelte das unnachahmliche Dan-Shocker-Lächeln und redete mit der sanften Stimme eines Pfarrers im Beichtstuhl. Und ich saß mit hochrotem Kopf und angelegten Ohren daneben wie ein Schuljunge, unter dessen Aufsatz steht: Thema verfehlt. Fünf.
Man mag es mir glauben oder nicht aber ich war nahe daran, aufzuspringen und das Manuskript zu zerreißen. Man hält sich als Schriftsteller ja im Allgemeinen für unfehlbar und seine eigenen Formulierungen für genial und dann sitzt da jemand im Verlag und spielt das Streichorchester. Das , liebe Freunde, dastut weh sehr weh!
Jürgen hatte so seinen ganz eigenen Charme, jemandem auch in aller Freundschaft die Meinung zu sagen und verbale Ohrfeigen zu verpassen. Und man konnte ihm da noch nicht mal böse sein. Auch wenn man hundertprozentig der Meinung war, dass er Unrecht hatte.
Werner saß in überlegener Pose daneben, als ich vom Redakteur und Lektor runter geputzt wurde und grinste erhaben. Er war ja ein echter Heft-Autor, der wusste, was Verlag und Leser wollten und der auch so schrieb, wie es die Verlags-Onkels verlangten. Ich war ja immer derjenige, der mit seinem etwas poetischen Stil den Heftroman immer zu einem Werk der Weltliteratur gestalten wollte und sich damit natürlich nicht gerade den Beifall von Redaktion und Lektorat einfing.
Wie sagte Dr. Helmut Pesch mal so treffend: Um deine Hefte gehört ein dicker Buchdeckel.
Aber diese eigentlich lobende Bewertung eines echten Fachmannes nützte mir in dieser Situation, in der ich so flott gemacht wurde wie damals als Rekrut bei der Bundeswehr, ziemlich wenig. Werner als echter Heft-Schreiber war in seiner überlegenen Situation richtig zu beneiden, weil ich vom Chef meine Prügel bezog und er nicht.
Wer wollte ihm eine kleine Schadenfreude verdenken. Unter uns ich wäre in dieser Situation genau so schadenfroh gewesen. Aber ich war ja nun mit der Kopfwäsche dran und mein guter Freund saß dabei und grinste über alle vier Backen.
Allerdings WKG hatte sich zu früh gefreut.
Irgendwann gab es zwischendurch das typische Dan-Shocker-Lächeln: Lach nicht. Du bist auch gleich dran.
Und wie er dann dran war. Das, was mir so um die Ohren gehauen wurde, bekam WK auch zu hören. Sogar noch mehr weil er ja auch mehr Romane geschrieben hatte.
Und mir war es ein innerer Vorbeimarsch, als Jürgen auch über Werners Romane meckerte wie die Ziegen von Heidis Alm-Öhi
Ganz klar, dass Werner und ich sehr schnell die Lust am Projekt Magier verloren . Und hier nähern wir uns einem Komplex, der die Teestunde zu sehr ausweiten würde. Also brechen wir hier erst mal ab.
Doch es sei noch zum Schluss noch erwähnt, dass zu der Zeit als die Vorarbeiten zum Magier liefen und die ersten Romane zur Serie geschrieben wurden, uns auch etwas von einem Preisausschreiben des Überreuter-Verlages bekannt wurde. Da ging es um des Schreiben eines Kinder- oder Jugendromanes. Und der Erste Preis sollte als Hard-Cover gedruckt werden.
Werner und ich maßen der Sache einerseits keine Bedeutung bei, weil es solche Preisausschreiben öfter gab, man aber niemals was davon hörte. Außerdem hatten wir mit dem Zamorra, Werner zusätzlich noch mit Mythor und jetzt noch mit dem Magier genug um die Ohren, als dass wir noch nebenher eine lange Story schreiben konnten. Ein Manuskript für ein Buch, das wenn es nicht Nummer Eins wird, wie Blei auf den Verlagsschreibtischen liegt das mochten andere schreiben. Das war viel Arbeit ohne Aussicht auf Lohn. Und da war Werner und mir die Spatzen in der Hand lieber wie die Taube auf dem Dach.
Für uns war es viel wichtiger, für Geld Hefte zu schreiben, uns im Kasseler Western-Club zu engagieren, am Wochenende auf Cons fahren oder gemütliche Bierchen zu trinken. Stattdessen sich zusammenreißen und Zusatzschichten an der Schreibmaschine zu fahren und damit das unkalkulierbare Risiko einzugehen, dass die ganze Schreibe für die Katz war darauf wollten wir uns gar nicht erst einlassen.
Vielleicht haben Werner und ich jeder für sich damals den Fehler unseres Lebens gemacht. Denn ein Autor aus unserem Bekanntenkreis brachte die Energie auf und ging das Risiko ein. Bekannt war er bis dahin unter dem Namen Henry Wolf weil sich Wolfgang Hohlbein nach Meinung der Verlagsstrategen nicht verkaufte. Einige Zeit später wären sie froh gewesen, diesen Namen auf ein Heft drucken zu dürfen.
Wolfgang Hohlbein schrieb seinerzeit zusammen mit seiner Frau Heike das Buch Märchenmond, dass, wie jeder weiß, ein Riesenerfolg wurde und seinen Autoren in den Literaten-Himmel katapultierte. Natürlich, W. Hohlbein war auch danach sehr fleißig und schrieb neben verschiedenen Heften immer neue Bücher, die von den Lesern aus den Regalen gerissen wurden. Ja und plötzlich war er ganz ganz oben wo man ein Heft-Honorar nicht mal als Vorschuss akzeptiert und Hefte brauchte W. Hohlbein schon lange nicht mehr zu schreiben
Vielleicht, wenn Werner und ich nicht so faul gewesen wären und uns mit etwas Disziplin mit rangesetzt hätten. Aber das ist ein nur ein Vielleicht und mal zugegeben so ein Jugend-Konzept, wie es die Hohlbeins mit dem Märchenmond erschaffen haben, eine Synthese zwischen Märchen- und Spannungsroman, wäre Werner und mir damals bestimmt nicht eingefallen. Das mag daran liegen, dass seine Frau mit gearbeitet hat und Frauen haben besondere Gedankengänge. Und, was nicht zu vergessen ist Wolfgang Hohlbein hat Kinder und verstand es damals richtig, sich in die kindlichen Gemüter einzufinden. Werner und ich lagen damals auf einer ganz anderen Gedankenschiene.
Mit dem Märchenmond hat Wolfgang Hohlbein nicht nur damals den Ersten Preis gemacht sondern auch einen echten Bestseller geschrieben, der heut noch in den Regalen steht. Also hat er den Nerv seiner Zielgruppe mit seiner Story getroffen.
Ehre wem Ehre gebührt. Wolfgang Hohlbein hat auf das richtige Pferd gesetzt und es durchs Ziel gebracht. Und seinen Erfolg hat man ihm nicht geschenkt den hat er sich hart erarbeitet. Und er sei ihm wirklich neidlos gegönnt das war damals auch Werners Meinung. Wer zu spät kommt den bestraft das Leben und wir sind da zu spät gekommen.
Ich habe Wolfgang Hohlbein nur einmal während eines Cons kennen gelernt und festgestellt, dass er ein sehr angenehmer Zeitgenosse ist. Außerdem habe ich gehört, dass er einige Hunde und jede Menge Katzen hat. Ganz klar, dass mir solche Leute s e h r sympathisch sind. Ich wünsche ihm jedenfalls, dass ihm der Erfolg treu bleibt, damit er immer genügend Hunde- und Katzenfutter kaufen kann
Womit ich feststellen muss, dass ich auch ohne langes Abschweifen mein Magier-Thema nicht beendet habe. Aber beim nächsten Mal klappt das ganz sicher.
Also, dann bis nächste Woche und immer schön fröhlich bleiben